Legal Lexikon

Law Clinic


Begriff und Konzept der Law Clinic

Eine Law Clinic ist eine Einrichtung an Hochschulen, insbesondere an Universitäten mit rechtswissenschaftlichen Fakultäten, in der Studierende im Rahmen ihrer universitären Ausbildung praktische Erfahrungen sammeln, indem sie unter Anleitung von Lehrkräften oder berufserfahrenen Praktikern rechtliche Fragestellungen bearbeiten. Im Mittelpunkt steht dabei die Kombination von theoretischem Wissen mit praxisnaher Anwendung. Law Clinics sind vor allem im Common Law, etwa im angloamerikanischen Raum, verbreitet, haben jedoch inzwischen auch in Deutschland und anderen europäischen Ländern Einzug gehalten.

Historische Entwicklung der Law Clinic

Ursprung und Entwicklung im internationalen Vergleich

Das Modell der Law Clinic entstand Anfang des 20. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten. Ziel war es, die Lücke zwischen theoretischer Ausbildung und praktischer Tätigkeit zu schließen. In den USA gelten Law Clinics heute als integraler Bestandteil der juristischen Ausbildung an vielen Hochschulen. Im angelsächsischen Raum bieten sie regelmäßig Studierenden die Möglichkeit, Mandanten zu betreuen und praktische Fertigkeiten wie Mandantenkommunikation, Rechtsberatung oder Schriftsatzfertigung zu erlernen.

Einführung und Entwicklung in Deutschland

In Deutschland gibt es seit den 2010er Jahren an zahlreichen Universitäten Law Clinics, wobei deren Angebote, Strukturen und Schwerpunkte variieren. Neben klassischen Beratungsleistungen werden auch projektbezogene und interdisziplinäre Angebote geschaffen.

Rechtliche Grundlagen und Rahmenbedingungen

Rechtsstellung und Organisationsform

Law Clinics sind in der Regel Teil einer Universität oder Hochschule. Ihre rechtliche Einbindung erfolgt dabei meist als Projekt der jeweiligen rechtswissenschaftlichen Fakultät oder als eingetragener Verein, sofern sie extern kooperieren.

Hochschulrechtliche Vorgaben

Die Organisation und der Betrieb von Law Clinics unterliegen universitärer Selbstverwaltung und den jeweiligen hochschulrechtlichen Vorgaben des Bundeslandes. Lehrveranstaltungen, die im Rahmen einer Law Clinic durchgeführt werden, können als benotete Studienleistungen angerechnet werden.

Arbeitsrechtliche Aspekte

Studierende in Law Clinics stehen grundsätzlich nicht in einem Arbeitsverhältnis zum Rechtssuchenden und erhalten in der Regel keine Vergütung. Die Teilnahme erfolgt auf Basis von Studienordnungen beziehungsweise hochschulinternen Regelungen.

Beratungskompetenz und rechtliche Zulässigkeit

In Deutschland unterliegt die unbefugte Rechtsberatung dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG). Law Clinics bewegen sich daher in einem rechtlich sensiblen Bereich. Rechtliche Dienstleistungen dürfen grundsätzlich nur von besonders befugten Personen erbracht werden.

Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG)

Nach § 2 Abs. 1 RDG gilt jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald sie eine rechtliche Prüfung des Einzelfalles umfasst, als Rechtsdienstleistung. Ohne Befugnis nach dem RDG ist eine solche Tätigkeit untersagt. Allerdings eröffnet § 6 RDG Ausnahmen zu Lehr- und Ausbildungszwecken. Unter Anleitung und Verantwortung einer qualifizierten Aufsichtsperson ist die Rechtsberatung in Law Clinics möglich, sofern diese Tätigkeit Teil der Ausbildung ist.

Verantwortlichkeit und Haftung

Die Verantwortung für die erteilte Beratung liegt bei der anleitenden Person, also regelmäßig den Lehrbeauftragten oder Dozenten der Law Clinic. Sie müssen sicherstellen, dass die Beratung sachgerecht erfolgt und den rechtlichen Rahmenbedingungen entspricht. Haftungsfragen können insbesondere im Kontext der fehlerhaften Rechtsauskunft relevant werden. Universitäten sichern sich durch interne Richtlinien und Haftpflichtversicherungen gegen Risiken ab.

Datenschutz und Verschwiegenheit

Rechtsberatung ist mit einer besonderen Sorgfalt hinsichtlich des Datenschutzes verbunden. Studierende und betreuende Personen unterliegen während ihrer Tätigkeit in Law Clinics der Verschwiegenheitspflicht. Die Verarbeitung personenbezogener Daten muss den Anforderungen der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und nationalen Datenschutzgesetzen entsprechen.

Vertraulichkeit der Beratung

Zur Wahrung der Vertraulichkeit ist es erforderlich, organisatorische Maßnahmen zu treffen, um die unbefugte Offenbarung von Beratungsinhalten zu verhindern. Dies umfasst unter anderem die Verpflichtung der Beteiligten zur Verschwiegenheit und die Sicherung elektronischer sowie physischer Beratungsunterlagen.

Ziele und Funktionen der Law Clinic

Law Clinics erfüllen mehrere zentrale Aufgaben im Rahmen der rechtswissenschaftlichen Ausbildung:

  • Praxisorientierte Ausbildung: Studierende erhalten unmittelbaren Einblick in die Fallbearbeitung und Mandantenkommunikation.
  • Gesellschaftliches Engagement: Law Clinics bieten häufig Beratungen für Personengruppen an, die ansonsten nur eingeschränkten Zugang zu rechtlicher Unterstützung hätten.
  • Förderung rechtlicher Kompetenzen: Die Teilnehmenden vertiefen ihre Fachkenntnisse und entwickeln berufspraktische Schlüsselkompetenzen.

Tätigkeitsbereiche und Arbeitsweise

Beratungsfelder

Law Clinics können unterschiedliche Schwerpunkte haben, beispielsweise im Mietrecht, Sozialrecht, Ausländerrecht, Arbeitsrecht, Verbraucherrecht oder Umweltrecht. Inhaltlich orientieren sie sich an gesellschaftlich relevanten Fragestellungen und den Bedarfen der Ratsuchenden.

Ablauf eines Beratungsfalles

  1. Fallannahme: Ratsuchende wenden sich mit ihrem Anliegen an die Law Clinic.
  2. Bearbeitung: Studierende analysieren gemeinsam mit der betreuenden Person den Sachverhalt, recherchieren und erarbeiten eine Lösung.
  3. Rückkopplung: Die Endauswertung und Besprechung der Ergebnisse erfolgt gemeinsam.
  4. Beantwortung: Ratsuchende erhalten, oftmals in schriftlicher Form, eine Zusammenfassung der Ergebnisse und Empfehlungen.

Qualitätssicherung

Die Sicherstellung der Beratungsqualität erfolgt durch regelmäßige Supervision, kontinuierliche Weiterbildung und Feedbackmechanismen. Hochschulinterne Evaluationen und die Überwachung der Lehrenden tragen zur nachhaltigen Verbesserung des Angebots bei.

Bedeutung und Herausforderungen

Bedeutung für die Ausbildung

Law Clinics fördern den Praxisbezug innerhalb des Studiums und bereiten Studierende gezielt auf den Berufseinstieg im Rechtswesen vor. Sie tragen dazu bei, den theoretischen Unterricht um praxisrelevante Aspekte zu erweitern.

Gesellschaftlicher Beitrag

Law Clinics übernehmen eine bedeutende Rolle bei der Förderung des Zugangs zum Recht für Bevölkerungsgruppen mit eingeschränkten Ressourcen. Sie leisten somit einen gesellschaftlichen Mehrwert und unterstützen das Gemeinwohl.

Herausforderungen und Perspektiven

  • Rechtssicherheit: Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben und Abgrenzung zur erlaubnispflichtigen Rechtsberatung stellt eine kontinuierliche Herausforderung dar.
  • Finanzierung: Häufig ist die langfristige Finanzierung und institutionelle Einbettung nicht ausreichend gesichert.
  • Weiterentwicklung: Der Ausbau interdisziplinärer und internationaler Angebote gewinnt zunehmend an Bedeutung.

Literatur und weiterführende Links


Hinweis: Dieser Artikel richtet sich an Studierende, Bildungsinstitutionen und Interessierte, die sich einen umfassenden Überblick über das Konzept, die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die praktische Ausgestaltung von Law Clinics verschaffen möchten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für die Tätigkeit von Law Clinics in Deutschland?

Die Tätigkeit von Law Clinics in Deutschland ist rechtlich komplex, da Studierende rechtliche Beratung anbieten, ohne Volljuristinnen oder Volljuristen zu sein. Nach deutschem Recht, insbesondere dem Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG), dürfen Rechtsdienstleistungen grundsätzlich nur von Personen angeboten werden, die hierzu qualifiziert und zugelassen sind (z.B. Rechtsanwälte). Allerdings sieht das RDG in § 6 eine Ausnahme für unentgeltliche Rechtsdienstleistungen vor, wenn sie im Rahmen einer Ausbildung unter Anleitung erfolgen. Law Clinics nutzen diese Regelung, indem die studentische Beratung stets unter Aufsicht qualifizierter Volljuristinnen oder Volljuristen erfolgt. Daneben müssen die Law Clinics sicherstellen, dass die Studierenden keine umfassenden Vertretungsbefugnisse übernehmen und dass der Mandant transparent über den Ausbildungscharakter der Tätigkeit informiert wird. Die Zusammenarbeit mit den betreuenden Rechtsanwälten oder Hochschullehrenden sollte in einer dokumentierten Form vorliegen, um rechtliche Klarheit zu gewährleisten. Besonders im Bereich Datenschutz und Verschwiegenheitspflichten sind sowohl Studierende als auch betreuende Fachkräfte zur sorgfältigen Einhaltung gesetzlicher Standards verpflichtet.

Inwieweit sind Studierende in Law Clinics rechtlich zur Verschwiegenheit verpflichtet?

Studierende, die in Law Clinics tätig sind, unterliegen einer Verschwiegenheitspflicht, die sich aus verschiedenen rechtlichen Vorgaben ableitet. Während sie noch keine Berufsträger im Sinne der BRAO (Bundesrechtsanwaltsordnung) sind, wird ihnen dennoch im Rahmen der Ausbildungsfunktion eine Verschwiegenheitspflicht auferlegt. Diese resultiert meist aus vertraglichen Vereinbarungen mit der Law Clinic und der jeweiligen Hochschule, kann aber zudem aus Datenschutzgesetzen abgeleitet werden, insbesondere aus der DSGVO für personenbezogene Daten. In vielen Law Clinics müssen Studierende vor Aufnahme ihrer Tätigkeit eine explizite Verschwiegenheitserklärung unterschreiben, die vergleichbar mit der Schweigepflicht von Berufsgeheimnisträgern ausgestaltet ist. Ein Verstoß kann zu hochschulrechtlichen, zivilrechtlichen und in besonderen Fällen auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen, vor allem wenn sensible oder besonders schützenswerte Daten unbefugt weitergeben werden.

Welche Haftungsrisiken bestehen für Studierende und Betreuer*innen in Law Clinics?

Die Haftung in Law Clinics verteilt sich grundsätzlich auf verschiedene Ebenen: Studierende haften in der Regel nicht persönlich für ihren Beratungsfehler, solange sie im Rahmen der Anweisungen und unter Aufsicht agieren. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz könnte jedoch eine persönliche Haftung denkbar sein, allerdings ist sie durch die Ausbildungs- und Aufsichtsstruktur stark eingeschränkt. Die betreuenden Rechtsanwältinnen oder Rechtsanwälte beziehungsweise Hochschullehrkräfte tragen hingegen das Hauptverantwortungsrisiko, denn sie stehen für die Richtigkeit der Beratung ein und müssen ihrerseits sicherstellen, dass die Beratung ordnungsgemäß überwacht wurde. Viele Law Clinics schließen darüber hinaus eine spezielle Haftpflichtversicherung ab, um potenzielle Schadensersatzansprüche aufgrund von Beratungsfehlern abzudecken. Die genaue Haftungssituation richtet sich maßgeblich nach der konkreten Ausgestaltung der Law Clinic (z.B. als Verein, Projekt der Universität etc.).

Welche rechtlichen Beschränkungen gibt es hinsichtlich der Mandatsannahme in Law Clinics?

Law Clinics unterliegen bezüglich der Mandatsannahme mehreren rechtlichen Restriktionen. Sie dürfen grundsätzlich keine Mandate gegen Entgelt annehmen – die Beratung ist stets unentgeltlich zu leisten, um nicht mit der berufsmäßigen Rechtsberatung in Konflikt zu geraten. Darüber hinaus müssen Mandate abgelehnt werden, die eine tiefgehende oder prozessuale Vertretung voraussetzen, da diese ausschließlich zugelassenen Berufsrechtsträgern vorbehalten ist. Regelmäßig ausgeschlossen sind zudem Mandate mit Interessenkonflikt, sehr komplexe Sachverhalte und Fälle, in denen eine anwaltliche Pflicht zur Vertretung vor Gericht oder umfangreiche rechtliche Vertretungsbefugnisse erforderlich wären. Oftmals gibt es interne Guidelines der Law Clinic, die Art und Umfang der Mandate sowie spezifische Ablehnungsgründe regeln.

Inwieweit greifen Datenschutzvorschriften bei der Beratung durch Law Clinics?

Law Clinics müssen bei der Erhebung, Speicherung und Verarbeitung personenbezogener Daten unbedingt die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sowie das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) beachten. Bereits bei der Kontaktaufnahme durch Ratsuchende werden oft personenbezogene Daten verarbeitet, weshalb Informationspflichten nach Art. 13 DSGVO bestehen. Die Law Clinic ist verpflichtet, für die Sicherheit der Daten zu sorgen, unbefugten Zugriff zu verhindern und Daten nur so lange zu speichern, wie dies für die Beratung notwendig ist. Es empfiehlt sich, ein Datenschutzkonzept zu erstellen, das die Datenerhebung, -verarbeitung und -löschung detailliert regelt. Zusätzlich muss gewährleistet werden, dass auch die Studierenden – in ihrer beratenden Funktion – über ihre Pflichten hinsichtlich Datenschutz und IT-Sicherheit umfassend instruiert werden.

Welche rechtlichen Anforderungen bestehen beim Übergang von der außergerichtlichen zur gerichtlichen Vertretung?

Für Law Clinics ist der Übergang von außergerichtlicher Beratung zur gerichtlichen Vertretung nicht gestattet, da dies ausschließlich organisierten und zugelassenen Rechtsträgern vorbehalten ist (vgl. § 78 ZPO für die Anwaltszwangsvorschriften). Studierende und Law Clinics dürfen keine rechtsverbindlichen Erklärungen oder Schriftsätze für Mandanten bei Gericht einreichen und treten nicht als Prozessvertreter auf. Sollte sich im Verlauf der Beratung ein gerichtliches Verfahren abzeichnen, muss das Mandat an eine professionelle Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt übergeben werden. Auch die Beratung zu konkreten Verhaltensweisen für ein gerichtliches Verfahren sollte mit großer Zurückhaltung erfolgen, da dies faktisch eine Vertretung voraussetzen könnte. Die Law Clinic ist verpflichtet, deutlich auf die eigene Begrenzung hinzuweisen und die Ratsuchenden bei Bedarf an geeignete Stellen weiterzuleiten.

Unterliegen Law Clinics einer besonderen staatlichen Aufsicht oder Meldepflicht?

Law Clinics unterliegen keiner besonderen staatlichen Aufsicht in dem Sinne, dass sie etwa bei der Rechtsanwaltskammer oder anderen Behörden registriert werden müssten. Jedoch können je nach Trägerschaft (z.B. durch Universität, Verein oder gemeinnützige GmbH) unterschiedliche Vorgaben hinsichtlich Melde- und Dokumentationspflichten bestehen. Hochschulrechtliche Rahmenbedingungen, steuerliche Vorgaben bezüglich der Gemeinnützigkeit sowie datenschutzrechtliche Berichtspflichten können dabei eine Rolle spielen. Auch im Falle von Kooperationen mit externen Kanzleien oder Organisationen sind ggf. vertragliche Regelungen notwendig, um Rechte und Pflichten der Beteiligten rechtskonform zu gestalten. Regelmäßig müssen Law Clinics im Sinne der Qualitätssicherung und Risikoabwägung nachweisen, wie sie sicherstellen, dass die juristische Ausbildung und rechtskonforme Beratung gewährleistet sind.