Begriff und rechtliche Einordnung des Kündigungsgrundes
Der Kündigungsgrund ist ein zentrales Element des deutschen Arbeitsrechts und bezeichnet das den Kündigungsentschluss tragende Motiv einer Vertragspartei, insbesondere bei der einseitigen Beendigung eines Dauerschuldverhältnisses, etwa eines Arbeits-, Miet- oder sonstigen Dienstverhältnisses. Von erheblicher praktischer Bedeutung ist der Kündigungsgrund im Arbeitsrecht, da dort die Anforderungen an eine Begründung und die rechtliche Überprüfbarkeit besonders hoch sind.
Definition und systematische Einordnung
Der Kündigungsgrund beschreibt den tatsächlichen Anlass, der den Ausspruch einer Kündigung rechtfertigen soll. Im deutschen Recht wird danach unterschieden, ob und in welchem Maße das Gesetz oder der Vertrag einen Kündigungsgrund fordert und ob dieser inhaltlich bestimmten Anforderungen genügen muss. Insbesondere im Bereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) ist die Angabe eines sozial gerechtfertigten Grundes zwingend erforderlich.
Kündigungsgrund im Arbeitsrecht
Gesetzliche Grundlagen
In Arbeitsverhältnissen sind die Anforderungen an einen kündigungsberechtigenden Grund im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) kodifiziert. Gemäß § 1 Abs. 2 KSchG ist eine ordentliche Kündigung nur wirksam, wenn sie „sozial gerechtfertigt“ ist und auf personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe gestützt werden kann.
Personenbedingte Kündigungsgründe
Hierunter fallen Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen, z. B. langanhaltende Krankheit, fehlende Eignung oder das Fehlen einer notwendigen Arbeitserlaubnis. Entscheidend ist, dass der Arbeitnehmer aus Gründen, die außerhalb seines Willens liegen, dauerhaft nicht mehr in der Lage ist, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen.
Verhaltensbedingte Kündigungsgründe
Verhaltensbedingte Gründe basieren auf objektiven Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers, zum Beispiel wiederholtes Zuspätkommen, Arbeitsverweigerung oder Diebstahl am Arbeitsplatz. Voraussetzung ist in der Regel eine vorherige Abmahnung.
Betriebsbedingte Kündigungsgründe
Betriebsbedingte Kündigungsgründe stützen sich auf innerbetriebliche Umstände, wie etwa Rationalisierungsmaßnahmen, Auftragsmangel oder Betriebsschließungen, welche einen Wegfall des Arbeitsplatzes verursachen. Eine soziale Auswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG ist hierbei verpflichtend.
Außerordentlicher Kündigungsgrund (§ 626 BGB)
Eine außerordentliche (fristlose) Kündigung kann gemäß § 626 BGB ausgesprochen werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Solche Gründe sind etwa schwere Pflichtverletzungen oder Straftaten gegenüber dem Arbeitgeber oder Kollegen.
Darlegung und Beweislast
Der Arbeitgeber muss im Falle einer Kündigung die Tatsachengrundlage des Kündigungsgrundes im Streitfall darlegen und beweisen, insbesondere wenn der Arbeitnehmer Kündigungsschutzklage erhebt. Die gesellschaftliche und gerichtliche Nachvollziehbarkeit des Kündigungsgrundes ist für die Wirksamkeit der Kündigung von zentraler Bedeutung.
Kündigungsgrund in anderen Rechtsgebieten
Mietrecht
Im Mietrecht (§§ 573 ff. BGB) ist die ordentliche Kündigung des Vermieters nur möglich, wenn ein berechtigtes Interesse vorliegt, wie etwa Eigenbedarf, erhebliche Vertragsverletzungen des Mieters oder wirtschaftliche Verwertung des Grundstücks.
Dienstvertrag und sonstige Schuldverhältnisse
Auch in Dienst- und anderen Dauerschuldverhältnissen können Kündigungsgründe notwendig sein, insbesondere wenn eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund (§ 626 BGB) vorgesehen ist.
Besonderheiten und Ausschluss des Kündigungsgrundes
Kündigungsfreiheit und besondere Schutzvorschriften
Nicht in allen Bereichen ist das Vorliegen eines Kündigungsgrundes zwingend. In besonders schutzwürdigen Vertragsverhältnissen, wie befristeten Arbeitsverhältnissen, wird der Kündigungsgrund meistens durch Spezialgesetze, Tarifverträge oder einzelvertragliche Regelungen näher definiert oder ausgeschlossen. Besonders schutzwürdige Personengruppen, wie Schwangere, Schwerbehinderte oder Betriebsratsmitglieder, genießen einen erweiterten Kündigungsschutz, sodass zusätzlich zum Kündigungsgrund weitere Voraussetzungen erfüllt sein müssen.
Schriftform und Angabe des Grundes
Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses bedarf gemäß § 623 BGB der Schriftform. Die Mitteilung des Kündigungsgrundes muss nur dann im Kündigungsschreiben erfolgen, wenn gesetzlich vorgeschrieben (z. B. bei Ausbildungsverhältnissen, § 22 BBiG), ansonsten erst auf Verlangen.
Rechtsprechung und Tendenzen
Die Anforderungen an die Konkretisierung und Substantiierung eines Kündigungsgrundes sind durch die umfangreiche Rechtsprechung, vor allem der Arbeitsgerichte und des Bundesarbeitsgerichts, zunehmend präzisiert worden. Auch das Unionsrecht und Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs können den nationalen Kündigungsschutz und damit die Anforderungen an Kündigungsgründe beeinflussen.
Zusammenfassung
Der Kündigungsgrund ist ein wesentlicher Bestandteil des Kündigungsschutzes im deutschen Recht. Seine Notwendigkeit, Ausgestaltung und rechtliche Überprüfbarkeit hängen maßgeblich von der Art des Vertragsverhältnisses, den gesetzlichen Vorgaben sowie der einschlägigen Rechtsprechung ab. Eine genaue Kenntnis der jeweiligen Anforderungen an den Kündigungsgrund ist zur wirksamen Beendigung von Dauerschuldverhältnissen unverzichtbar.
Häufig gestellte Fragen
Welche typischen Kündigungsgründe werden im Arbeitsrecht unterschieden?
Im deutschen Arbeitsrecht werden Kündigungsgründe grundsätzlich in drei Hauptkategorien unterteilt: personenbedingte, verhaltensbedingte und betriebsbedingte Gründe. Personenbedingte Kündigungsgründe liegen vor, wenn der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mehr erfüllen kann, etwa wegen Krankheit oder Verlust einer erforderlichen Fahrerlaubnis. Verhaltensbedingte Kündigungen knüpfen an das schuldhafte Fehlverhalten des Arbeitnehmers an, etwa wiederholtes Zuspätkommen, Arbeitsverweigerung oder Diebstahl. Betriebliche Kündigungsgründe greifen, wenn dringende betriebliche Erfordernisse, wie Umstrukturierungen, Rationalisierungsmaßnahmen oder Auftragsmangel, den Arbeitsplatz wegfallen lassen und keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht. In allen Fällen ist die soziale Rechtfertigung der Kündigung gemäß § 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) erforderlich, sofern das Gesetz auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist.
Muss der Arbeitgeber den konkreten Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben angeben?
Nach deutschem Recht ist der Arbeitgeber grundsätzlich nicht verpflichtet, den Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben anzugeben. Gemäß § 623 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) ist das Kündigungsschreiben lediglich schriftlich zu verfassen, eine Begründung ist nicht zwingend erforderlich. Eine Ausnahme gilt bei einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung gemäß § 626 Abs. 2 BGB, wenn der Arbeitnehmer dies verlangt – auf Verlangen muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen. Bei ordentlichen Kündigungen besteht diese Verpflichtung nicht, allerdings kann das Unterlassen einer Angabe in arbeitsgerichtlichen Verfahren die Chancen des Arbeitgebers schmälern, da er im Streitfall den Kündigungsgrund substantiiert darlegen und beweisen muss.
Wie ist die Nachweispflicht des Arbeitgebers bezüglich des Kündigungsgrundes?
Im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahrens nach § 4 KSchG trägt der Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast für die sozial gerechtfertigten Kündigungsgründe. Er muss nicht nur den Kündigungsgrund benennen, sondern auch detailliert darlegen und beweisen, dass dieser tatsächlich vorliegt und die Kündigung objektiv rechtfertigt. Beispielsweise muss bei einer betriebsbedingten Kündigung nachgewiesen werden, dass der Arbeitsplatz weggefallen ist und keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht. Bei verhaltensbedingten Kündigungen ist regelmäßig eine vorherige Abmahnung nachzuweisen, sofern nicht ein besonders schwerwiegendes Fehlverhalten vorliegt.
Welche Rolle spielt der Kündigungsgrund im Zusammenhang mit dem besonderen Kündigungsschutz?
Bestimmte Arbeitnehmergruppen (z.B. Schwangere, schwerbehinderte Menschen oder Betriebsratsmitglieder) genießen besonderen Kündigungsschutz nach unterschiedlichen gesetzlichen Vorschriften wie MuSchG, SGB IX und BetrVG. In diesen Fällen genügt ein allgemeiner Kündigungsgrund nicht; es müssen vielmehr besonders gravierende, in der Person oder im Verhalten des Arbeitnehmers liegende Gründe vorliegen, die eine Kündigung trotz des besonderen Schutzes rechtfertigen. Zusätzlich ist häufig die Zustimmung der zuständigen Stellen (z.B. Integrationsamt bei schwerbehinderten Menschen) erforderlich, bevor eine Kündigung ausgesprochen werden darf. Der Arbeitgeber ist hier in der Beweispflicht, die außergewöhnlichen Umstände darzulegen, die eine Kündigung ausnahmsweise ermöglichen.
Wann ist eine personenbedingte Kündigung rechtlich zulässig?
Eine personenbedingte Kündigung ist rechtlich zulässig, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen, die in seiner Person liegen und für die er in der Regel keine Schuld trägt, dauerhaft unfähig ist, seine vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Der häufigste Fall ist die krankheitsbedingte Kündigung. Zur Wirksamkeit müssen u.a. eine negative Prognose hinsichtlich der gesundheitlichen Entwicklung, eine erhebliche Beeinträchtigung betrieblicher Interessen sowie eine Interessenabwägung zugunsten des Arbeitgebers vorliegen. Der Arbeitgeber muss zudem prüfen, ob der Arbeitnehmer auf einem anderen freien Arbeitsplatz beschäftigt werden kann (sog. milderes Mittel). Ohne diese Voraussetzungen ist die personenbedingte Kündigung in der Regel unwirksam.
Welche Besonderheiten gelten für betriebsbedingte Kündigungsgründe?
Bei betriebsbedingten Kündigungen ist der Arbeitgeber verpflichtet, darzulegen, dass dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen, die eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unmöglich machen. Hierzu können z.B. Auftragsrückgänge, Outsourcing, Betriebsschließungen oder Umstrukturierungen zählen. Der Arbeitgeber muss des Weiteren eine korrekte Sozialauswahl unter vergleichbaren Arbeitnehmern nach Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung vornehmen. Außerdem ist zu belegen, dass keine Beschäftigung auf einem anderen, freien Arbeitsplatz im Unternehmen möglich ist. All diese rechtlichen Vorgaben werden vom Arbeitsgericht im Streitfall eingehend geprüft.
Welche Folgen hat ein nicht ausreichend begründeter Kündigungsgrund für die Kündigung?
Ist der angeführte Kündigungsgrund rechtlich nicht ausreichend oder kann er im Streitfall nicht bewiesen werden, ist die Kündigung unwirksam. Dies kann dazu führen, dass das Arbeitsverhältnis fortbesteht und der Arbeitnehmer Anspruch auf Weiterbeschäftigung und gegebenenfalls auf Annahmeverzugslohn erhebt. Das Arbeitsgericht prüft jede Kündigung im Kündigungsschutzprozess daraufhin, ob der angegebene Grund ausreichend, schlüssig und beweisbar ist. Scheitert diese Prüfung, wird die Kündigung für unwirksam erklärt. Der Arbeitgeber trägt dabei das volle Risiko der Beweisführung.