Legal Lexikon

Kryptowerte


Definition und rechtlicher Rahmen von Kryptowerte

Kryptowerte sind digitale Wertrepräsentationen, die auf kryptografischen Technologien wie der Blockchain basieren und als Tausch- oder Zahlungsmedium, zur Wertaufbewahrung oder für andere Finanzierungs- und Investitionszwecke genutzt werden können. Die rechtliche Einordnung von Kryptowerten variiert je nach nationalem und internationalem Rechtsrahmen und ist maßgeblich für regulatorische Anforderungen, zivilrechtliche Gestaltung und aufsichtsrechtliche Praxis.

Begriffsklärung und Abgrenzung

Gesetzliche Definition von Kryptowerte

Im deutschen Recht werden Kryptowerte seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie im Kreditwesengesetz (KWG) § 1 Abs. 11 Satz 4 genau definiert. Hiernach sind Kryptowerte digitale Darstellungen eines Wertes, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurden, nicht notwendigerweise an eine gesetzlich festgelegte Währung gekoppelt sind, und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzen, aber von natürlichen oder juristischen Personen als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert werden können oder Anlagerzwecken dienen und elektronisch übertragen, gespeichert und gehandelt werden können.

Abgrenzung zu anderen digitalen Vermögenswerten

Kryptowerte unterscheiden sich von elektronischem Geld (E-Geld), klassischen Zahlungsmitteln, Wertpapieren und Finanzinstrumenten. Entscheidend ist die digitale Ausgestaltung sowie der dezentralisierte Charakter und die Möglichkeit der Übertragbarkeit und Handelbarkeit. Insbesondere Token, Coins, Stablecoins und Non-Fungible Tokens (NFTs) können als Kryptowerte klassifiziert werden, sofern sie bestimmte Eigenschaften des § 1 Abs. 11 KWG erfüllen.

Regulatorische Einordnung und aufsichtsrechtliche Pflichten

Finanzaufsichtsrechtliche Behandlung

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hat Kryptowerte als Finanzinstrumente im Sinne des Kreditwesengesetzes eingestuft. Als Folge unterliegen Unternehmen, die im Zusammenhang mit Kryptowerten Dienstleistungen anbieten (insbesondere Kryptoverwahrung, Handel, Vermittlung), den entsprechenden Erlaubnispflichten nach dem KWG. Die Erlaubnispflicht betrifft insbesondere Anbieter von Kryptoverwahrungsgeschäften, Kryptohandelsplattformen und -börsen.

Kryptoverwahrgeschäft

Das Kryptoverwahrgeschäft ist seit 2020 ein eigenständiges Finanzdienstleistungsgeschäft im Sinne des KWG. Wer für andere Kryptowerte verwahrt, verwaltet oder sichert, benötigt dafür eine Genehmigung der BaFin.

Geldwäsche- und Sorgfaltspflichten

Die Einordnung von Kryptowerten als Finanzinstrumente bringt eine Vielzahl von geldwäscherechtlichen Pflichten mit sich. Anbieter müssen nach dem Geldwäschegesetz (GwG) Sorgfaltspflichten zur Identifizierung und Überwachung von Transaktionen einhalten. Die Einstufung von Kryptowerten als besonders risikobehaftete Anlageform erfordert zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen.

Europäischer Rechtsrahmen

Mit der Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCA) verfolgt die Europäische Union das Ziel, Kryptowerte harmonisiert zu regulieren. MiCA führt eine eigene Legaldefinition für Krypto-Assets ein und regelt den Umgang, das Angebot sowie die Dienstleistungserbringung über nationale Grenzen hinweg. Die neue Verordnung bringt umfassende Transparenz-, Informations- und Zulassungspflichten mit sich.

Steuerliche Behandlung von Kryptowerten

Einkommensteuerrechtliche Aspekte

Im deutschen Steuerrecht gelten Erträge aus dem Handel und der Veräußerung von Kryptowerten als sonstige Einkünfte nach § 23 EStG, sofern sie außerhalb von gewerblichen Aktivitäten erzielt werden. Die Spekulationsfrist beträgt ein Jahr. Innerhalb dieses Zeitraums erzielte Gewinne sind steuerpflichtig, außerhalb sind sie steuerfrei. Bei gewerbsmäßigem Handel, Mining oder Verwendung im Betriebsvermögen greifen die Besteuerungsgrundsätze des Einkommensteuergesetzes sowie gegebenenfalls die Gewerbesteuer.

Umsatzsteuerliche Behandlung

Kryptowährungen wie Bitcoin werden von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs nicht als Sachen, sondern als Zahlungsmittel betrachtet, sodass bestimmte Umsätze von der Umsatzsteuer befreit sein können. Die Behandlung anderer Kryptowerte hängt von deren individueller Ausgestaltung und Funktion ab.

Zivilrechtliche Aspekte von Kryptowerten

Eigentum und Verfügung

Da Kryptowerte typischerweise nicht als körperliche Sache im rechtlichen Sinne gelten, ist ihre Behandlung im Kontext des Eigentums und der Übertragung zivilrechtlich besonders komplex. Die Übertragung erfolgt regelmäßig durch den Transfer kryptografischer Schlüssel, was die Anwendung klassischer eigentumsrechtlicher Vorschriften erschwert und neue Fragestellungen im Hinblick auf Besitz, Eigentumserwerb und Sicherheitenordnung aufwirft.

Vertragsrecht und Haftung

Der Handel mit Kryptowerten erfolgt meist über Internetplattformen oder außerhalb geregelter Märkte. Hier gelten die allgemeinen Regeln des BGB sowie handelsrechtliche Besonderheiten. Haftungsfragen sind insbesondere relevant, wenn Transaktionen aufgrund von Fehlern, Manipulationen oder Systemausfällen unwiderruflich verloren gehen.

Insolvenzrechtliche Behandlung von Kryptowerten

Im Falle eines Insolvenzverfahrens stellt sich die Frage nach der Zuordnung von Kryptowerten zur Insolvenzmasse. Die rechtliche Einordnung als Vermögensposition und die Möglichkeit eines Aussonderungsrechts ist weiterhin Gegenstand der Rechtsentwicklung. Die praktische Durchsetzbarkeit hängt regelmäßig von der technischen Beherrschung der kryptographischen Zugangsdaten ab.

Fazit

Kryptowerte sind ein rechtlich hochkomplexes und dynamisches Themenfeld, das zahlreiche Fragestellungen im Bereich des Zivil-, Steuer-, Aufsichts- und Insolvenzrechts aufwirft. Die laufende Rechtsentwicklung, insbesondere durch europäische Regulierungsinitiativen wie MiCA, wird die Einordnung und Behandlung von Kryptowerten weiter prägen und harmonisieren. Für Marktteilnehmer und Unternehmen sind die genaue Kenntnis der regulatorischen Rahmenbedingungen und die Einhaltung der bestehenden gesetzlichen Anforderungen von zentraler Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen gelten für die Verwahrung von Kryptowerte in Deutschland?

In Deutschland unterliegt die Verwahrung von Kryptowerte, insbesondere von Kryptowährungen und sogenannten Tokens, einer klaren Regulierung durch das Kreditwesengesetz (KWG). Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Änderungsrichtlinie zur Vierten EU-Geldwäscherichtlinie (2020) wurde das Kryptoverwahrgeschäft als neue Finanzdienstleistung eingeführt und bedarf einer Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Dies bedeutet, dass Unternehmen, die für Dritte Kryptowerte oder private kryptographische Schlüssel verwahren, verwalten oder sichern, als Finanzdienstleister angesehen werden und den strengen Anforderungen des KWG sowie zusätzlichen geldwäscherechtlichen Bestimmungen unterliegen. Insbesondere sind sie verpflichtet, über ausreichende Eigenmittel und eine angemessene Geschäftsorganisation zu verfügen, Sorgfaltspflichten zur Verhinderung von Geldwäsche einzuhalten und Transparenzvorschriften zu befolgen. Privatpersonen, die ausschließlich eigene Kryptowerte verwalten, fallen hingegen nicht unter diese Regelung.

Welche Pflichten bestehen im Hinblick auf Geldwäscheprävention bei Kryptowerte-Dienstleistungen?

Anbieter von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerte, etwa Börsen und Verwahrer, sind nach dem Geldwäschegesetz (GwG) als Verpflichtete klassifiziert. Dies verpflichtet sie, umfassende Maßnahmen zur Geldwäscheprävention zu implementieren. Dazu zählt insbesondere die Durchführung von Identitätsprüfungen (Know Your Customer – KYC), sowohl bei der Kontoeröffnung als auch bei verdächtigen Aktivitäten. Weiterhin besteht die Pflicht zur laufenden Überwachung der Geschäftsbeziehungen und Transaktionen, einschließlich der Meldung von Verdachtsfällen an die zuständige Financial Intelligence Unit (FIU). Unternehmen müssen darüber hinaus ein wirksames Risikomanagementsystem etablieren, Mitarbeitende regelmäßig schulen und interne Sicherungsmaßnahmen verankern. Verstöße gegen diese Bestimmungen können empfindliche Sanktionen und Bußgelder nach sich ziehen.

Wie werden Kryptowerte im Insolvenzfall rechtlich behandelt?

Im Falle einer Insolvenz eines Dienstleisters, der Kryptowerte für Kunden verwahrt, stellen sich komplexe rechtliche Fragen hinsichtlich der Zuordnung der Kryptowerte zur Insolvenzmasse. Entscheidend ist, ob die Kryptowerte dem Eigentum des Kunden oder des Dienstleisters zuzurechnen sind. Häufig wird argumentiert, dass Kryptowerte als „sonstige Gegenstände“ im Sinne des § 93 InsO betrachtet werden und damit nicht in die Insolvenzmasse fallen sollten, sofern eine treuhänderische oder segregierte Verwahrung nachweisbar ist. Allerdings existieren noch Unsicherheiten in der Einordnung, da Kryptowerte nach deutschem Recht kein klassisches Eigentum im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) darstellen. In der Praxis empfiehlt sich eine vertragliche Absicherung sowie getrennte Aufbewahrung der Kryptowerte zugunsten der Kunden, um das Risiko des Vermögensverlustes im Insolvenzfall zu minimieren.

Welche steuerrechtlichen Aspekte sind bei Kryptowerte zu beachten?

Im steuerlichen Kontext sind Kryptowerte in Deutschland nach aktueller Verwaltungspraxis als sonstige Wirtschaftsgüter einzustufen. Bei Privatpersonen unterliegen Gewinne aus dem Verkauf grundsätzlich der Einkommensteuer, sofern zwischen Anschaffung und Veräußerung weniger als ein Jahr liegt (Spekulationsfrist). Wird diese Frist überschritten, ist der Gewinn steuerfrei. Gewerbliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit Kryptowerte, etwa Mining oder der professionelle Handel, führen zu Einkünften aus Gewerbebetrieb und lösen entsprechende steuerliche Pflichten aus, inklusive Gewerbesteuer und Umsatzsteuer (je nach Sachverhalt). Für Unternehmen sind buchhalterische und bilanzielle Vorschriften zu beachten, insbesondere hinsichtlich der Bewertung und Dokumentation der Kryptowerte.

Inwiefern ist die Ausgabe von Token (ICO, STO) regulierungsbedürftig?

Die Ausgabe von Token im Rahmen von Initial Coin Offerings (ICO) oder Security Token Offerings (STO) kann je nach Ausgestaltung unterschiedlichen regulatorischen Vorgaben unterliegen. Handelt es sich bei den ausgegebenen Token um Wertpapiere oder andere Finanzinstrumente im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG) oder KWG, greifen umfassende Prospektpflichten, Erlaubnispflichten sowie weitere kapitalmarktrechtliche Vorgaben, beispielsweise für die Ausgestaltung des Whitepapers und die Informationspflichten gegenüber Anlegern. Utility Token, die ausschließlich als „Gutscheine“ für spätere Leistungen des Emittenten fungieren, unterliegen in der Regel keiner Finanzmarktregulierung, müssen jedoch gegebenenfalls nach sonstigen zivilrechtlichen und steuerlichen Kriterien beurteilt werden. Die Einzelfallprüfung durch Experten ist dringend empfohlen, da die BaFin im Zweifel restriktive Maßstäbe anlegt.

Können Kryptowerte Gegenstand einer Pfändung oder Zwangsvollstreckung sein?

Grundsätzlich sind Kryptowerte als pfändbare Vermögenswerte anerkannt, sofern sie eindeutig einem Schuldner zugeordnet werden können und über sie tatsächlich verfügt werden kann. Die praktische Durchsetzung einer Pfändung gestaltet sich jedoch aufgrund der technischen Eigenschaften (dezentrale Speicherung, Verschlüsselung der Schlüssel) und der häufig grenzüberschreitenden Verfügbarkeit als herausfordernd. Die Zwangsvollstreckung kann insbesondere dann scheitern, wenn der Schuldner private Schlüssel selbst verwahrt und nicht herausgibt. In solchen Fällen bleibt der Zugriff regelmäßig erfolglos, da bereits die Kenntnis oder Herausgabe des privaten Schlüssels Voraussetzung zur Verfügung über die Kryptowerte ist. Bei Verwahrung durch Dritte (z. B. Kryptoverwahrer) ist eine Pfändung im Wege der Drittschuldnerpfändung formell möglich.

Welche regulatorischen Anforderungen gelten für Kryptovermittler?

Kryptovermittler, die den An- oder Verkauf von Kryptowerte im Namen von Kunden vermitteln, können unter das KWG als Finanzdienstleister im Sinne der Anlagevermittlung oder des Kryptoverwahrgeschäfts fallen und benötigen gegebenenfalls eine Erlaubnis der BaFin. Damit verbunden sind weitreichende organisatorische, aufsichtsrechtliche und personelle Anforderungen, etwa zuverlässige Geschäftsleiter, geeignete IT-Sicherheitsvorkehrungen und eine transparente Geschäftsorganisation. Zudem müssen laufende Melde- und Berichtspflichten an die Aufsichtsbehörden eingehalten werden. Ohne entsprechende Erlaubnis begeht ein Vermittler in der Regel eine strafbare unerlaubte Finanzdienstleistung, die mit Geld- oder Freiheitsstrafe geahndet werden kann.