Begriff und rechtliche Einordnung
Krankenkassen sind Träger der gesetzlichen Krankenversicherung in Deutschland. Sie sichern die medizinische Versorgung ihrer Mitglieder nach dem Solidarprinzip: Beiträge richten sich grundsätzlich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, während der Leistungsanspruch vom individuellen Bedarf abhängt. Krankenkassen sind in der Regel Körperschaften des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Sie handeln auf Grundlage spezifischer sozialrechtlicher Regelungen, unterliegen staatlicher Aufsicht und erfüllen Aufgaben der Daseinsvorsorge. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird der Begriff „Krankenkassen“ häufig für die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung verwendet; private Krankenversicherungsunternehmen sind demgegenüber Unternehmen des Privatrechts und gehören begrifflich nicht zu den Krankenkassen im engeren Sinne.
Arten von Krankenkassen in der gesetzlichen Krankenversicherung
Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK)
AOKen sind regional strukturierte Kassen mit grundsätzlich offenem Zugang für Versicherte im jeweiligen Zuständigkeitsbereich. Sie sind historisch gewachsene Träger mit umfassender regionaler Versorgungsorganisation.
Ersatzkassen
Ersatzkassen stehen Versicherten bundesweit offen. Sie bündeln Verträge und Versorgungsangebote ohne regionale Bindung und sind traditionell mitgliederstark.
Betriebskrankenkassen (BKK) und Innungskrankenkassen (IKK)
BKKen sind aus betrieblichen Strukturen hervorgegangen, IKKen aus handwerklichen Innungen. Heute sind viele dieser Kassen für weitere Personenkreise geöffnet; die Mitgliedschaft ist in der Regel nicht mehr auf den ursprünglichen Betrieb oder das Handwerk beschränkt.
Knappschaft und besondere Kassen
Die Deutsche Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See unterhält mit der Knappschaft eine besondere Krankenkasse mit eigenständigen Versorgungsstrukturen. Daneben bestehen besondere landwirtschaftliche Träger für bestimmte Personengruppen.
Öffnung und Wahlrechte
Viele Krankenkassen sind bundesweit oder landesweit geöffnet, andere haben regionale Zuständigkeiten. Die Wahlrechte der Versicherten ergeben sich aus der jeweiligen Öffnung und dem Mitgliedschaftsstatus.
Mitgliedschaft und Versicherungspflicht
Versicherungspflicht und Versicherungsfreiheit
Die Zugehörigkeit zur gesetzlichen Krankenversicherung ist für große Personengruppen verpflichtend, vor allem für abhängig Beschäftigte bis zur Versicherungspflichtgrenze. Weitere Gruppen sind u. a. Auszubildende, Studierende, Beziehende bestimmter Sozialleistungen sowie Rentenbeziehende, sofern Voraussetzungen erfüllt sind. Versicherungsfreiheit kann insbesondere bei Überschreiten bestimmter Einkommensgrenzen oder aufgrund besonderer Tätigkeiten bestehen.
Freiwillige Mitgliedschaft
Wer versicherungsfrei ist oder aus der Versicherungspflicht ausscheidet, kann unter bestimmten Voraussetzungen freiwilliges Mitglied einer Krankenkasse werden. Dabei wird die Beitragshöhe nach den einschlägigen Bemessungsgrundlagen bestimmt.
Familienversicherung
Familienangehörige können beitragsfrei mitversichert sein, wenn festgelegte persönliche und wirtschaftliche Voraussetzungen erfüllt werden. Umfang und Dauer dieser Mitversicherung sind gesetzlich geregelt.
Beginn, Ende und Bindungsfristen
Die Mitgliedschaft beginnt anlassbezogen (z. B. mit Aufnahme einer Beschäftigung) und endet mit Eintritt eines Beendigungsgrundes (z. B. Wechsel des Versicherungsstatus). Für die Wahl der Krankenkasse gelten Bindungsfristen; besondere Ereignisse können ein außerordentliches Wahlrecht auslösen.
Wechsel der Krankenkasse
Versicherte können ihre Krankenkasse im Rahmen der gesetzlichen Wahlrechte wechseln. Dabei sind Fristen, der bestehende Mitgliedschaftsstatus und die Öffnung der Zielkasse zu beachten. Ein Wechsel führt nicht zu Versorgungslücken; die Leistungszuständigkeit geht geordnet über.
Finanzierung und Beitragssystem
Beiträge und Bemessung
Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung bemessen sich grundsätzlich prozentual nach dem beitragspflichtigen Einkommen bis zu festgelegten Höchstgrenzen. Für bestimmte Gruppen gelten besondere Bemessungsregeln.
Arbeitgeber- und Mitgliederanteile
Bei versicherungspflichtig Beschäftigten tragen Arbeitgeber und Mitglieder die Beiträge gemeinsam. Die Aufteilung richtet sich nach gesetzlich vorgegebenen Grundsätzen.
Gesundheitsfonds und Risikostrukturausgleich
Die Beiträge fließen in einen zentralen Gesundheitsfonds. Von dort erhalten die Krankenkassen Zuweisungen, die die Versichertenstruktur berücksichtigen. Ein morbiditätsorientierter Ausgleich soll Unterschiede in der Krankheitslast zwischen Kassen ausgleichen.
Zusatzbeitrag und kassenindividuelle Gestaltung
Ergänzend zum allgemeinen Beitragssatz erheben Krankenkassen einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag. Dessen Veränderung kann gesetzlich ein besonderes Wahlrecht der Versicherten auslösen.
Beitragsrecht in besonderen Lebenslagen
Für Selbstständige, Studierende, Rentenbeziehende und Beziehende von Entgeltersatzleistungen bestehen besondere Regelungen zur Beitragsberechnung und -zahlung. Der Staat beteiligt sich an Ausgaben, die nicht durch Beiträge gedeckt sind.
Leistungen und Leistungsanspruch
Leistungsprinzipien
Leistungen müssen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Das Sachleistungsprinzip bedeutet, dass Versicherte medizinische Leistungen in der Regel ohne Vorkasse über zugelassene Leistungserbringer erhalten.
Katalog der Regelversorgung
Zum Leistungsumfang zählen insbesondere ambulante und stationäre Behandlungen, Arznei‑, Heil‑ und Hilfsmittel, Mutterschaftsleistungen, Vorsorge und Früherkennung, häusliche Krankenpflege, Rehabilitation sowie Leistungen zur Krankengeldzahlung, soweit die jeweiligen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind.
Wahl- und Satzungsleistungen
Krankenkassen können zusätzliche Leistungen vorsehen, etwa erweiterte Vorsorgeangebote oder Bonusprogramme. Umfang und Voraussetzungen sind in den Satzungen geregelt.
Zuzahlungen und Belastungsgrenzen
Für bestimmte Leistungen sind gesetzlich Zuzahlungen vorgesehen. Es gelten Belastungsgrenzen, die sich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Versicherten orientieren.
Krankengeld und Entgeltersatz
Nach Ablauf der arbeitsrechtlichen Entgeltfortzahlung kann ein Anspruch auf Krankengeld bestehen, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Anspruchsdauer und Höhe sind gesetzlich festgelegt.
Prävention, Rehabilitation und strukturierte Programme
Krankenkassen fördern Präventionsleistungen, beteiligen sich an medizinischer Rehabilitation und bieten strukturierte Behandlungsprogramme für chronische Erkrankungen an. Ziel ist eine qualitativ gesicherte, koordinierte Versorgung.
Digitale Versorgung
Die Versorgung umfasst digitale Anwendungen wie elektronische Rezepte, die elektronische Patientenakte und erstattungsfähige digitale Gesundheitsanwendungen. Zugangs- und Nutzungsrechte sind gesetzlich umrissen.
Organisation und Aufsicht
Rechtsform und Selbstverwaltung
Krankenkassen sind selbstverwaltete Körperschaften. Die Vertreterversammlung (Verwaltungsrat) wird in regelmäßigen Sozialwahlen von Versicherten- und Arbeitgeberseite bestimmt. Der Vorstand führt die Geschäfte und ist an Recht und Satzung gebunden.
Aufsichtsbehörden und Steuerung
Die Rechtsaufsicht über die Krankenkassen üben je nach Kasse der Bund oder die Länder aus. Auf Bundesebene ist das Bundesministerium für Gesundheit zuständig; das Bundesamt für Soziale Sicherung nimmt zentrale Aufsichtsfunktionen wahr. Der Gemeinsame Bundesausschuss legt als Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung den Rahmen der Versorgung fest.
GKV-Spitzenverband
Der GKV-Spitzenverband vertritt die Krankenkassen auf Bundesebene, schließt Verträge und Richtlinien mit bundesweiter Bedeutung und koordiniert kassenübergreifende Aufgaben.
Vertrags- und Versorgungsstrukturen
Kollektivvertragliche Versorgung
Die wohnortnahe ambulante Versorgung wird über Kassenärztliche Vereinigungen und kollektivvertragliche Strukturen organisiert. Krankenhausleistungen beruhen auf Zulassung und Versorgungsverträgen. Apotheken und weitere Leistungserbringer sind in einheitliche Rahmenbedingungen eingebunden.
Selektivverträge und besondere Versorgungsformen
Krankenkassen können selektive Verträge mit Leistungserbringern schließen, etwa Hausarztverträge oder integrierte Versorgungsmodelle. Ziel sind Versorgungsqualität und Wirtschaftlichkeit.
Qualitätssicherung und Prüfverfahren
Qualitätsvorgaben, Dokumentationspflichten und Wirtschaftlichkeitsprüfungen sichern den sachgerechten Mitteleinsatz. Bei Abrechnungs- und Qualitätsfragen bestehen geregelte Prüf- und Schlichtungsverfahren.
Datenschutz und digitale Infrastruktur
Elektronische Gesundheitskarte
Die elektronische Gesundheitskarte dient der Identifikation der Versicherten und dem Zugriff auf notwendige Versichertenstammdaten. Sie ist Voraussetzung für die Abrechnung im Sachleistungssystem.
Elektronische Patientenakte
Die elektronische Patientenakte wird von den Krankenkassen bereitgestellt. Nutzung und Datenfreigaben beruhen auf Einwilligung und können differenziert gesteuert werden.
Datenverarbeitung und Auskunftsrechte
Krankenkassen verarbeiten Sozialdaten nur für gesetzlich vorgesehene Zwecke. Betroffene haben Rechte auf Information, Auskunft und Berichtigung. Technische und organisatorische Maßnahmen schützen Vertraulichkeit und Integrität.
Internationaler Bezug
Versicherungsschutz im EU-/EWR-Ausland und der Schweiz
Die Ansprüche von gesetzlich Versicherten werden durch europäische Koordinierungsvorschriften abgesichert. Für vorübergehende Aufenthalte besteht ein Zugang zu medizinisch notwendigen Leistungen im Gastland nach dortigen Regeln.
Geplante Behandlungen im Ausland
Geplante Behandlungen im Ausland sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Je nach Fall ist eine vorherige Genehmigung erforderlich; Umfang und Kostenerstattung sind gesetzlich umrissen.
Beitragseinzug und Meldesystem
Rolle der Arbeitgeber und Meldungen
Arbeitgeber berechnen, führen Beiträge ab und erstatten Meldungen an die zuständige Krankenkasse. Melde- und Nachweispflichten dienen der korrekten Zuordnung von Versicherungs- und Beitragszeiten.
Selbstzahler und Säumnisfolgen
Bei selbst zu entrichtenden Beiträgen gelten Fälligkeits- und Nachweisregeln. Für nicht fristgerecht gezahlte Beiträge können Säumniszuschläge und Vollstreckungsmaßnahmen vorgesehen sein.
Insolvenz von Krankenkassen und Bestandsübertragung
Kommt es zur Schließung oder Insolvenz einer Krankenkasse, sichern gesetzliche Verfahren die Fortführung des Versicherungsschutzes durch Überleitung auf andere Kassen oder durch geregelte Anschlusslösungen.
Rechtsdurchsetzung und Rechtsschutz
Verwaltungsakte der Krankenkassen
Leistungs- und Beitragsentscheidungen ergehen als Verwaltungsakte und sind mit einer Begründung sowie Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.
Widerspruchsverfahren
Gegen belastende Entscheidungen ist ein Widerspruch möglich. Das Vorverfahren dient der Überprüfung in eigener Zuständigkeit der Krankenkasse oder der zuständigen Stelle.
Gerichtsweg
Bleibt das Vorverfahren ohne Abhilfe, ist der Weg zu den Sozialgerichten eröffnet. Das gerichtliche Verfahren ist mehrstufig organisiert.
Abgrenzung zur privaten Krankenversicherung
Struktur- und Prinzipunterschiede
Krankenkassen arbeiten im Solidar- und Sachleistungsprinzip. Private Krankenversicherungsunternehmen beruhen auf dem Äquivalenzprinzip mit individuell kalkulierten Prämien und Erstattungsprinzip. Die Systeme sind unterschiedlichen Rechtsregeln unterworfen.
Wechselwirkungen und Optionsrechte
Ein Wechsel zwischen Systemen ist nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Dabei sind Bindungswirkungen, Anrechnungen und Koordinationsregeln zu beachten.
Häufig gestellte Fragen
Was umfasst der Begriff Krankenkassen im deutschen Recht?
Krankenkassen sind die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie sind selbstverwaltete Körperschaften, sichern den Zugang zu medizinischen Leistungen nach dem Solidarprinzip und unterscheiden sich von privaten Krankenversicherungsunternehmen, die dem Privatrecht zugeordnet sind.
Wer ist bei einer Krankenkasse pflichtversichert?
Pflichtversichert sind insbesondere abhängig Beschäftigte bis zur Versicherungspflichtgrenze sowie weitere Gruppen wie Auszubildende, Studierende, Beziehende bestimmter Sozialleistungen und Rentenbeziehende, sofern sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen.
Welche Rechte bestehen beim Wechsel der Krankenkasse?
Versicherte haben ein Wahlrecht zwischen geöffneten Krankenkassen. Es gelten Bindungsfristen; bei bestimmten Ereignissen, etwa der Veränderung kassenindividueller Beiträge, kann ein besonderes Wahlrecht entstehen. Der Versicherungsschutz bleibt im Wechsel geordnet bestehen.
Welche Leistungen müssen Krankenkassen grundsätzlich gewähren?
Krankenkassen stellen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung sicher. Dazu zählen ambulante und stationäre Behandlung, Arznei‑, Heil‑ und Hilfsmittel, Vorsorge, Rehabilitation sowie unter Voraussetzungen Krankengeld und Mutterschaftsleistungen.
Wie werden Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung erhoben?
Beiträge werden grundsätzlich prozentual vom beitragspflichtigen Einkommen bis zu festgelegten Höchstgrenzen erhoben. Bei Beschäftigten tragen Arbeitgeber und Mitglieder die Beiträge gemeinsam; zusätzlich erheben Kassen einen kassenindividuellen Zusatzbeitrag.
Welche Rolle spielen Aufsichtsbehörden gegenüber Krankenkassen?
Die Rechtsaufsicht liegt je nach Kasse beim Bund oder den Ländern. Auf Bundesebene sind das Bundesministerium für Gesundheit und das Bundesamt für Soziale Sicherung maßgeblich. Sie überwachen die Rechtmäßigkeit des Handelns der Kassen.
Wie werden Streitigkeiten mit einer Krankenkasse ausgetragen?
Gegen Entscheidungen der Krankenkasse ist ein Widerspruch möglich. Bleibt dieser ohne Erfolg, kann der Rechtsweg zu den Sozialgerichten beschritten werden. Das Verfahren ist mehrstufig und folgt festgelegten Verfahrensregeln.