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Konzernabschluss

Konzernabschluss: Begriff, Zweck und rechtlicher Rahmen

Ein Konzernabschluss ist der Jahresabschluss eines Unternehmensverbunds, der aus einem übergeordneten Unternehmen (Mutterunternehmen) und einem oder mehreren beherrschten Unternehmen (Tochterunternehmen) besteht. Er fasst die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage aller einbezogenen Unternehmen so zusammen, als handele es sich um ein einziges Unternehmen. Ziel ist eine umfassende und transparente Darstellung für Adressaten wie Anteilseigner, Gläubiger, Beschäftigte, Geschäftspartner und die Öffentlichkeit.

Der rechtliche Rahmen für den Konzernabschluss wird durch nationale Rechnungslegungsvorschriften und – bei kapitalmarktorientierten Unternehmensgruppen – durch internationale Standards wie die International Financial Reporting Standards (IFRS) geprägt. In der Europäischen Union gelten zudem unionsrechtliche Vorgaben zur Konsolidierung, Prüfung und Offenlegung. Auch wenn die Detailanforderungen je Rechtsordnung variieren, folgen sie gemeinsamen Grundprinzipien wie Klarheit, Vollständigkeit, Vergleichbarkeit und Verlässlichkeit.

Abgrenzung: Einzelabschluss und Konzernabschluss

Einzelabschluss

Der Einzelabschluss bildet die Lage eines einzelnen rechtlich selbständigen Unternehmens ab. Er dient häufig als Grundlage für Ausschüttungen und steuerliche Bemessungen nach nationalem Recht.

Konzernabschluss

Der Konzernabschluss bündelt die wirtschaftlichen Verhältnisse des gesamten Verbunds. Er hat Informationsfunktion für den Gesamtverbund und orientiert sich an konsolidierten Werten, die konzerninterne Beziehungen neutralisieren.

Zusammenspiel und rechtliche Bedeutung

Einzelabschlüsse bleiben trotz Konzernabschluss rechtlich eigenständig bestehen. Der Konzernabschluss ergänzt diese um einen Gesamtüberblick. In vielen Rechtsordnungen bestehen gesonderte Pflichten zu Aufstellung, Prüfung und Offenlegung beider Berichtsebenen.

Wer ist zur Aufstellung verpflichtet?

Mutterunternehmen und Beherrschung

Ein Mutterunternehmen ist verpflichtet, einen Konzernabschluss zu erstellen, wenn es auf ein oder mehrere Unternehmen einen beherrschenden Einfluss ausübt. Beherrschung liegt insbesondere vor bei Stimmenmehrheit, der Möglichkeit zur Bestellung der Leitungsorgane, der Steuerung der Finanz- und Geschäftspolitik oder aufgrund vertraglicher oder faktischer Kontrolle.

Kriterien der Beherrschung

  • Mehrheit der Stimmrechte oder vergleichbare Rechte
  • Recht zur Bestellung oder Abberufung der Leitungs- und Überwachungsorgane
  • Kontrollverträge oder tatsächliche Beherrschung trotz Minderheitsbeteiligung
  • Entscheidender Einfluss auf wesentliche Finanz- und Geschäftsentscheidungen

Konsolidierungskreis

Tochterunternehmen

Alle Unternehmen, die beherrscht werden, sind grundsätzlich vollständig einzubeziehen (Vollkonsolidierung). Dies gilt unabhängig von der Beteiligungshöhe, solange Beherrschung vorliegt.

Gemeinschaftsunternehmen und assoziierte Unternehmen

Unternehmen mit gemeinsamer Führung durch mehrere Partner werden je nach Ausgestaltung anteilig oder mittels einer Beteiligungsmethode einbezogen. Unternehmen, auf die ein maßgeblicher, aber nicht beherrschender Einfluss besteht, werden in der Regel über eine Beteiligungsmethode abgebildet. Ziel ist es, den wirtschaftlichen Anteil des Konzerns am Ergebnis und Eigenkapital darzustellen.

Ausnahmen

Ausnahmen vom Einbezug können bestehen, wenn das betreffende Unternehmen für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes ohne Bedeutung ist, wenn erhebliche und dauerhafte Beschränkungen die Ausübung der Rechte verhindern oder wenn ein kurzfristiger Verkauf beabsichtigt ist. Derartige Ausnahmen sind eng auszulegen und in den Erläuterungen zu begründen.

Befreiungen und Größenabhängigkeiten

Untergruppenbefreiung

Ein Mutterunternehmen kann von der Pflicht zur Aufstellung eines eigenen Konzernabschlusses befreit sein, wenn es selbst in einen übergeordneten, ordnungsgemäß aufgestellten und offen gelegten Konzernabschluss einbezogen ist und bestimmte zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sind. In solchen Fällen spricht man von einem befreienden übergeordneten Abschluss.

Erleichterungen für kleine Gruppen

In vielen Rechtsordnungen bestehen größenabhängige Erleichterungen oder Befreiungen für kleine Unternehmensgruppen. Umgekehrt bestehen für kapitalmarktorientierte Gruppen häufig erweiterte Anforderungen, etwa die Anwendung internationaler Standards und strengere Offenlegungsvorgaben.

Inhalt und Bestandteile des Konzernabschlusses

Pflichtbestandteile

Konzernbilanz

Die Konzernbilanz stellt Vermögenswerte, Schulden und das Eigenkapital des Konzerns zum Stichtag dar. Sie basiert auf einer einheitlichen Gliederung und Bewertungslogik.

Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung bzw. Gesamtergebnisrechnung

Diese gibt Erträge und Aufwendungen des Berichtszeitraums wieder. Je nach Regelwerk kann zusätzlich eine Gesamtergebnisrechnung gefordert sein, die weitere erfolgsneutrale Veränderungen umfasst.

Konzernkapitalflussrechnung

Die Kapitalflussrechnung zeigt Mittelzuflüsse und -abflüsse aus laufender Geschäftstätigkeit, Investitionen und Finanzierung und verdeutlicht die Liquiditätslage.

Eigenkapitalveränderungsrechnung

Diese Rechnung erläutert die Veränderungen des Eigenkapitals inklusive der Anteile ohne beherrschenden Einfluss.

Anhang (Erläuterungen)

Der Anhang erläutert angewandte Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, Konsolidierungskreis, wesentliche Ermessensentscheidungen, Risiken, Eventualverbindlichkeiten und weitere obligatorische Angaben.

Konzernlagebericht

Der Konzernlagebericht ergänzt den Abschluss um eine verbale Darstellung des Geschäftsverlaufs, der Lage des Konzerns, der Chancen- und Risiken sowie der voraussichtlichen Entwicklung. Je nach Rechtslage sind Angaben zu nichtfinanziellen Aspekten, einschließlich Nachhaltigkeitsthemen, gefordert.

Währung und Sprache

Der Abschluss wird grundsätzlich in der Währung des Mutterunternehmens erstellt. Ausländische Abschlüsse werden in die Konzernwährung umgerechnet. Für die Offenlegung gelten nationale Vorgaben zur Sprache; bei kapitalmarktorientierten Gruppen bestehen häufig zusätzliche Anforderungen.

Grundsätze der Konzernrechnungslegung

Einheitliche Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden

Für alle einbezogenen Unternehmen sind weitgehend einheitliche Methoden anzuwenden. Abweichungen werden, soweit erforderlich, angepasst, um Vergleichbarkeit sicherzustellen.

Stichtagseinheit

Der Konzernabschluss bezieht sich auf einen einheitlichen Stichtag. Abweichende Abschlussstichtage von Tochterunternehmen werden, soweit zulässig, durch Zwischenabschlüsse oder zeitnahe Anpassungen überbrückt.

Konsolidierungsmaßnahmen

Kapitalkonsolidierung

Bei der Erstkonsolidierung werden die Anschaffungskosten der Beteiligung dem anteiligen Nettovermögen des Tochterunternehmens gegenübergestellt. Ein verbleibender Unterschiedsbetrag wird als Geschäfts- oder Firmenwert oder als negative Differenz behandelt und im Zeitablauf entsprechend den maßgeblichen Regeln erfasst.

Schuldenkonsolidierung

Wechselseitige Forderungen und Verbindlichkeiten innerhalb des Konzerns werden eliminiert, um Doppelzählungen zu vermeiden.

Zwischengewinneliminierung

Gewinne aus konzerninternen Lieferungen und Leistungen, die noch nicht durch Dritte realisiert wurden, werden neutralisiert.

Aufwands- und Ertragskonsolidierung

Konzerninterne Aufwendungen und Erträge werden gegeneinander aufgerechnet, um den Außenumsatz und die externe Ergebnislage darzustellen.

Anteile ohne beherrschenden Einfluss

Eigenkapital- und Ergebnisanteile von Minderheitsgesellschaftern werden gesondert ausgewiesen.

Beteiligungsmethoden

Bei assoziierten Unternehmen wird der Anteil des Konzerns am Eigenkapital und Ergebnis über eine Beteiligungsmethode erfasst. Bei gemeinschaftlich geführten Strukturen erfolgt die Darstellung je nach Ausgestaltung der Rechte und Pflichten der Partner.

Wesentlichkeit und Segmentberichterstattung

Angaben richten sich nach dem Grundsatz der Wesentlichkeit. Größere Konzerne veröffentlichen zusätzlich Segmentinformationen zu Geschäftsbereichen und Regionen, um die Ergebnis- und Risikostruktur nachvollziehbar zu machen.

Form, Prüfung und Offenlegung

Aufstellung und Fristen

Der Konzernabschluss ist für jedes Geschäftsjahr aufzustellen. Es gelten feste Fristen für Aufstellung, Vorlage an Aufsichtsorgane, Prüfung und Offenlegung, die sich nach der Größe und der Kapitalmarktorientierung des Konzerns richten.

Prüfungspflicht

Der Konzernabschluss unterliegt regelmäßig einer unabhängigen Jahresabschlussprüfung. Der Bestätigungsvermerk gibt Auskunft darüber, ob der Abschluss den maßgeblichen Rechnungslegungsregeln entspricht und insgesamt ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild vermittelt.

Offenlegung und Bekanntmachung

Der geprüfte Konzernabschluss sowie der Konzernlagebericht sind innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Fristen offenzulegen. In Deutschland erfolgt dies regelmäßig über den Bundesanzeiger. Emittenten an geregelten Märkten haben zusätzliche Publizitätspflichten, einschließlich der Einreichung in einem einheitlichen elektronischen Berichtsformat.

Durchsetzung und Überwachung

Die Einhaltung der Rechnungslegungsvorschriften wird behördlich überwacht. Für kapitalmarktorientierte Unternehmen bestehen besondere Prüf- und Durchsetzungsmechanismen; bei kleineren Gruppen liegt der Schwerpunkt auf fristgerechter Offenlegung. Festgestellte Fehler können zu Berichtigungen und Bekanntmachungen führen.

Besondere Konstellationen

Erstkonsolidierung und Entkonsolidierung

Beim Erwerb einer Beherrschung beginnt die Einbeziehung in den Konzernabschluss; beim Verlust der Beherrschung endet sie. Zu- und Abgänge werden zeitanteilig und nach den jeweils geltenden Regeln abgebildet.

Unternehmenszusammenschlüsse

Bei Zusammenschlüssen ist der Kaufpreis auf identifizierbare Vermögenswerte und Schulden zu verteilen. Ein verbleibender Überschuss wird als Geschäfts- oder Firmenwert erfasst und anschließend regelmäßig auf Werthaltigkeit überprüft.

Umstrukturierungen innerhalb des Konzerns

Interne Umgliederungen, Verschmelzungen oder Abspaltungen innerhalb des Verbunds werden so dargestellt, dass wirtschaftliche Kontinuität gewahrt bleibt und keine künstlichen Gewinne entstehen.

Auslandsbezüge und Fremdwährungsumrechnung

Abschlüsse ausländischer Tochterunternehmen werden in die Konzernwährung umgerechnet. Wechselkursänderungen werden nach den geltenden Regeln im Eigenkapital oder Ergebnis erfasst.

Nichtfinanzielle Berichtspflichten

Größere Konzerne unterliegen erweiterten Berichtspflichten zu Umwelt-, Sozial- und Governance-Themen. Diese Informationen werden zumeist im Konzernlagebericht oder in gesonderten Berichten offengelegt und unterliegen zunehmend formalen Vorgaben.

Rechtliche Folgen bei Verstößen

Ordnungsgelder und Zwangsmaßnahmen

Bei verspäteter Offenlegung oder Nichterfüllung der Aufstellungspflicht können Ordnungsgelder oder Zwangsmaßnahmen verhängt werden. Zuständig sind in Deutschland insbesondere das Bundesamt für Justiz sowie Registerstellen.

Kapitalmarktrechtliche Maßnahmen

Bei kapitalmarktorientierten Konzernen können Aufsichtsbehörden die Rechnungslegung überprüfen, Fehler beanstanden und Korrekturen verlangen. In gravierenden Fällen kommen weitere kapitalmarktrechtliche Maßnahmen in Betracht.

Haftung der Leitungs- und Überwachungsorgane

Leitungs- und Aufsichtsorgane tragen Verantwortung für die Ordnungsmäßigkeit des Konzernabschlusses. Bei Pflichtverletzungen können zivilrechtliche Haftungsansprüche in Betracht kommen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist ein Konzern im rechtlichen Sinn?

Ein Konzern ist der Zusammenschluss rechtlich selbständiger Unternehmen unter einheitlicher Leitung, bei dem ein Mutterunternehmen auf ein oder mehrere Tochterunternehmen beherrschenden Einfluss ausübt. Maßgeblich ist die tatsächliche Möglichkeit zur Steuerung der Finanz- und Geschäftspolitik.

Wann besteht die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses?

Die Pflicht entsteht, sobald ein Mutterunternehmen mindestens ein Tochterunternehmen beherrscht. Die Pflicht kann entfallen, wenn eine Untergruppe in einen übergeordneten, ordnungsgemäß offengelegten Konzernabschluss einbezogen ist und die weiteren Voraussetzungen einer Befreiung erfüllt sind oder wenn gesetzliche Erleichterungen für kleine Gruppen greifen.

Welche Unternehmensteile werden in den Konzernabschluss einbezogen?

Grundsätzlich alle beherrschten Tochterunternehmen. Gemeinschaftlich geführte Strukturen und Beteiligungen mit maßgeblichem Einfluss werden je nach Ausgestaltung anteilig oder über eine Beteiligungsmethode dargestellt. Unerhebliche oder dauerhaft beschränkt steuerbare Einheiten können ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben.

Muss der Konzernabschluss geprüft werden?

Ja. In der Regel unterliegt der Konzernabschluss einer unabhängigen Prüfung. Das Ergebnis wird in einem Bestätigungsvermerk zusammengefasst, der über den Grad der Übereinstimmung mit den maßgeblichen Vorschriften informiert.

Worin unterscheidet sich der Konzernabschluss vom Einzelabschluss?

Der Einzelabschluss zeigt die Lage eines einzelnen Unternehmens und ist häufig Basis für Ausschüttung und steuerliche Bemessung. Der Konzernabschluss stellt den Unternehmensverbund als wirtschaftliche Einheit dar und eliminiert konzerninterne Beziehungen, um ein Gesamtbild zu vermitteln.

Welche Fristen gelten für die Offenlegung?

Für Aufstellung, Prüfung und Offenlegung bestehen feste Fristen. Sie hängen von der Größe des Konzerns und einer möglichen Kapitalmarktorientierung ab. In Deutschland erfolgt die Offenlegung regelmäßig über den Bundesanzeiger.

Welche Folgen haben Fehler im Konzernabschluss?

Festgestellte Fehler können Berichtigungen und ergänzende Bekanntmachungen nach sich ziehen. Bei Verstößen gegen Aufstellungs- oder Offenlegungspflichten sind Ordnungsgelder oder weitere Maßnahmen der zuständigen Behörden möglich.