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Konzernabschluss


Begriff und Bedeutung des Konzernabschlusses

Der Konzernabschluss stellt einen zentralen Begriff im Unternehmens- und Bilanzrecht dar und bezeichnet den Abschluss, der von einer Unternehmensgruppe (Konzern) als wirtschaftliche Einheit aufgestellt wird. Im Unterschied zum handelsrechtlichen Einzelabschluss spiegelt der Konzernabschluss die wirtschaftliche Lage der gesamten Unternehmensgruppe wider, als ob sie ein einziges Unternehmen wäre. Er dient damit primär der Information von Anteilseignern, Gläubigern, Arbeitnehmern sowie weiteren Interessengruppen über die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns.

Rechtsgrundlagen des Konzernabschlusses

Handelsgesetzbuch (HGB)

Die maßgeblichen Vorschriften für die Verpflichtung und Ausgestaltung eines Konzernabschlusses ergeben sich im deutschen Recht aus den §§ 290 ff. HGB. Die gesetzlichen Grundlagen bestimmen, unter welchen Voraussetzungen ein Mutterunternehmen verpflichtet ist, neben dem eigenen Jahresabschluss auch einen Abschluss für den Gesamtkonzern zu erstellen. Dabei ist insbesondere hervorzuheben:

  • Pflicht zur Konsolidierung: Ein Mutterunternehmen ist dann konsolidierungspflichtig, wenn es auf ein oder mehrere Tochterunternehmen einen beherrschenden Einfluss ausübt (§ 290 Abs. 1 HGB).
  • Befreiungsvorschriften: Unter bestimmten Umständen kann ein Mutterunternehmen von der Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses befreit sein, etwa wenn der Konzernabschluss in einen übergeordneten Abschluss einbezogen wird und bestimmte Bedingungen erfüllt sind (§ 291 HGB).

IFRS und internationale Vorschriften

Für kapitalmarktorientierte Unternehmen gilt die Pflicht zur Aufstellung des Konzernabschlusses nach International Financial Reporting Standards (IFRS) gemäß der EU-Verordnung Nr. 1606/2002. Diese Regelung sorgt für eine europaweite Vergleichbarkeit der Abschlussdaten. Die IFRS unterscheiden sich zum Teil erheblich von der nationalen Bilanzierung nach HGB, insbesondere im Hinblick auf Ansatz, Bewertung und Konsolidierungsmethoden.

Steuerliche Vorschriften und weitere Gesetze

Zusätzlich können steuerrechtliche Vorgaben und andere Gesetze (etwa das Publizitätsgesetz, das Mitbestimmungsgesetz oder das Wertpapierhandelsgesetz) Anforderungen an die Erstellung und Veröffentlichung von Konzernabschlüssen enthalten.

Aufbau und Inhalte eines Konzernabschlusses

Pflichtbestandteile

Ein vollständiger Konzernabschluss umfasst nach § 297 Abs. 1 HGB folgende Bestandteile:

  • Konzernbilanz: Darstellung des Vermögens und der Schulden des Konzerns zum Abschlussstichtag.
  • Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung: Erfassung der Ertragslage der Unternehmensgruppe während des Berichtszeitraums.
  • Konzernanhang: Erweiterte Erläuterungen zu Bilanz und GuV, einschließlich Angaben zu Konsolidierungsgrundsätzen, Tochterunternehmen, Risiken und Eventualverbindlichkeiten.
  • Konzernlagebericht: Ergänzender Bericht zur wirtschaftlichen Lage, Chancen und Risiken des Gesamtkonzerns (rechtlich getrennt vom eigentlichen Konzernabschluss).

Für kapitalmarktorientierte Unternehmen ist zudem eine Kapitalflussrechnung und eine Eigenkapitalveränderungsrechnung als Bestandteil des Konzernabschlusses nach den IFRS erforderlich.

Konsolidierungspflicht und Konsolidierungskreis

Es gilt, alle Tochterunternehmen, auf die das Mutterunternehmen einen beherrschenden Einfluss ausübt, in den Konzernabschluss einzubeziehen. Der Konsolidierungskreis kann auch assoziierte Unternehmen und Gemeinschaftsunternehmen umfassen, je nach Ausgestaltung der Beteiligungsverhältnisse (§ 311 HGB).

Konsolidierungsmethoden

Vollkonsolidierung

Bei der Vollkonsolidierung werden sämtliche Vermögenswerte, Schulden, Aufwendungen und Erträge der in den Abschluss einbezogenen Tochterunternehmen mit denen des Mutterunternehmens nach bestimmten Konsolidierungsgrundsätzen zusammengeführt (z. B. Kapitalkonsolidierung, Schuldenkonsolidierung).

Quotenkonsolidierung

Für Gemeinschaftsunternehmen, an denen der Konzern mit anderen Partnern gemeinsam beteiligt ist, kommt unter gewissen Voraussetzungen die sogenannte Quotenkonsolidierung in Betracht (§ 310 HGB).

At-Equity-Methode

Bei assoziierten Unternehmen, auf die ein maßgeblicher Einfluss ausgeübt wird, wird die At-Equity-Methode zur Bilanzierung verwendet (§ 312 HGB).

Formvorschriften und Veröffentlichungspflichten

Der Konzernabschluss ist grundsätzlich in deutscher Sprache und nach den gesetzlichen Formvorschriften aufzustellen und unterliegt bestimmten Fristen. Für große Kapitalgesellschaften beträgt diese Frist regelmäßig vier Monate nach dem Abschlussstichtag (§ 325 HGB). Zudem sind Hut und Lagebericht beim Betreiber des Bundesanzeigers elektronisch einzureichen und werden öffentlich zugänglich gemacht.

Verstöße gegen die Veröffentlichungspflichten können mit Bußgeldern sanktioniert werden (§ 335 HGB).

Prüfung des Konzernabschlusses

Konzernabschlüsse unterliegen der Prüfungspflicht durch einen von der Hauptversammlung bestellten Abschlussprüfer (§ 316 HGB). Dieser hat zu beurteilen, ob der Konzernabschluss und der Konzernlagebericht den gesetzlichen Vorschriften entsprechen, ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage des Konzerns vermitteln und die Konsolidierungsmaßnahmen korrekt durchgeführt wurden.

Haftung und Sanktionen bei Pflichtverletzungen

Bei Verstößen gegen die Pflicht zur Aufstellung und Veröffentlichung des Konzernabschlusses drohen zivil- und strafrechtliche Konsequenzen für die Organmitglieder des Mutterunternehmens (§§ 331-335a HGB). Wird der Prüfungsbericht grob fahrlässig oder vorsätzlich unrichtig erstellt, können Schadenersatzansprüche bestehen.

Bedeutung in der Unternehmenspraxis

Der Konzernabschluss gewährleistet Transparenz für Investoren, Gläubiger und sonstige Stakeholder, erleichtert die Steuerung der Unternehmensgruppe und erfüllt wesentliche Anforderungen des Kapitalmarkts und der Bankenaufsicht. Darüber hinaus dient er diversen Aufsichtsbehörden sowie Tarifparteien und Arbeitnehmervertretungen zur Überwachung und Mitbestimmung.

Literaturhinweise und weiterführende Vorschriften

Für eine weitergehende Vertiefung empfiehlt sich die Konsultation der relevanten Normtexte sowie einschlägige Kommentare zum HGB, spezielle Monografien zum Konzernrecht und IFRS-Kommentare. Auch die Veröffentlichungen des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committee (DRSC) sowie internationale Leitlinien bieten weiterführende Informationen zur Thematik.


Siehe auch:

Weblinks:

Kategorie: Handelsrecht, Rechnungslegung, Gesellschaftsrecht

Häufig gestellte Fragen

Wann besteht nach deutschem Recht eine Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses?

Nach deutschem Recht besteht die Pflicht zur Aufstellung eines Konzernabschlusses grundsätzlich nach § 290 HGB (Handelsgesetzbuch). Demnach ist jedes Mutterunternehmen, das mindestens ein Tochterunternehmen beherrscht, verpflichtet, einen Konzernabschluss sowie einen Konzernlagebericht für den Konzern aufzustellen. Eine Beherrschung liegt insbesondere bei Mehrheit der Stimmrechte oder einer vertraglichen Beherrschung vor. Die Pflicht kann jedoch unter bestimmten Voraussetzungen entfallen, beispielsweise wenn das Mutterunternehmen in einen übergeordneten Konzernabschluss eines Mutterunternehmens mit Sitz in einem EU- oder EWR-Mitgliedstaat einbezogen wird (sog. Befreiung nach § 291 bzw. § 292 HGB) oder wenn der Konzern bestimmte Größenklassen nach § 293 HGB nicht überschreitet (sog. Größenabhängige Befreiung). Allerdings gelten besondere Regelungen für kapitalmarktorientierte Unternehmen, bei denen die Befreiungsmöglichkeiten eingeschränkt sind und teils weitergehende oder zusätzliche Pflichten zur Anwendung kommen (u.a. International Financial Reporting Standards, IFRS). Im Einzelfall ist das Vorliegen der Voraussetzungen zur Aufstellungspflicht sorgfältig zu prüfen, auch im Hinblick auf beherrschende Verträge oder indirekte Beteiligungsverhältnisse, da hier komplexe Rechtsfolgen entstehen können.

Wie lauten die gesetzlichen Fristen für die Aufstellung und Offenlegung des Konzernabschlusses?

Die gesetzlichen Fristen zur Aufstellung des Konzernabschlusses richten sich nach § 315 HGB i.V.m. § 264 Abs. 1 S. 3 HGB. Der Konzernabschluss (einschließlich Konzernlagebericht) ist innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Konzernabschlussstichtages aufzustellen, sofern das Mutterunternehmen kapitalmarktorientiert im Sinne des § 264d HGB ist. Für nicht kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Die anschließende Offenlegungspflicht regelt § 325 HGB: Der Konzernabschluss muss unverzüglich nach Feststellung, spätestens jedoch innerhalb von zwölf Monaten nach Abschlussstichtag im Bundesanzeiger hinterlegt werden. Kapitalmarktorientierte Unternehmen sind verpflichtet, die Unterlagen binnen vier Monaten zu veröffentlichen (§ 325 Abs. 4 HGB). Verstöße gegen diese Fristen können Bußgelder durch das Bundesamt für Justiz auslösen und organkundliche Sanktionen nach sich ziehen.

Welche Bestandteile sind gesetzlich für einen Konzernabschluss vorgeschrieben?

Ein vollständiger Konzernabschluss im Sinne der §§ 297 ff. HGB besteht zwingend aus der Konzernbilanz, der Konzern-Gewinn- und Verlustrechnung, dem Konzernanhang und – sofern erforderlich – einer Kapitalflussrechnung sowie einer Eigenkapitalveränderungsrechnung (§ 297 Abs. 1 HGB). Ergänzt wird dies durch den Konzernlagebericht gemäß § 315 HGB. Für kapitalmarktorientierte Konzerne mit IFRS-Pflicht gelten zusätzlich die international anerkannten Rechnungslegungsvorschriften. Der Konzernanhang dient der Erläuterung der im Abschluss verwendeten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden sowie der Entwicklung der einzelnen Posten und der Zusammensetzung des Konsolidierungskreises, unter Angabe aller einbezogenen und nicht einbezogenen Unternehmen mit Begründung. Mangelt es an einem der Bestandteile, gilt der Konzernabschluss als unvollständig und ist rechtlich angreifbar.

Welche Konsequenzen drohen bei Verstößen gegen die gesetzlichen Vorschriften zum Konzernabschluss?

Rechtsverstöße im Zusammenhang mit der Pflicht zur Aufstellung, Prüfung und Offenlegung von Konzernabschlüssen können vielfältige rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Gemäß § 334 HGB können Ordnungsgelder verhängt werden, deren Höhe sich nach Art und Schwere des Verstoßes bemisst und auch für Altgesellschafter und Organe, insbesondere Geschäftsleitung und Aufsichtsrat, Relevanz hat. Zudem kann bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Missachtung der Offenlegungspflicht eine Strafbarkeit nach § 331 HGB oder sogar nach § 400 AktG wegen Bilanzfälschung gegeben sein. Zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz, sowohl von Gesellschaftern als auch von Gläubigern, können aus § 823 BGB in Verbindung mit drittschützenden Normen entstehen. Schließlich kann die Verletzung der Vorschriften die Nichtigkeit der Feststellung des Abschlusses und weitere kapitalmarktrechtliche oder aufsichtsrechtliche Maßnahmen im Falle von Börsennotierung nach sich ziehen.

Wer ist für die Feststellung und Unterzeichnung des Konzernabschlusses verantwortlich?

Die rechtliche Verantwortung für die Aufstellung, Feststellung und Unterzeichnung des Konzernabschlusses trägt grundsätzlich das Leitungsorgan des Mutterunternehmens. Das ergibt sich aus §§ 264 Abs. 1 S. 4, 298 Abs. 1 HGB. Bei Aktiengesellschaften (AG) und Kommanditgesellschaften auf Aktien (KGaA) obliegt dies dem Vorstand, bei der GmbH den Geschäftsführern. Die Feststellung erfolgt – sofern ein Aufsichtsrat vorhanden ist – nach Prüfung durch diesen, wobei die rechtzeitige Feststellung vor der Hauptversammlung zu erfolgen hat (§ 173 AktG, § 42a GmbHG analog). Der Abschluss ist von allen gesetzlichen Vertretern eigenhändig zu unterzeichnen; andernfalls ist er rechtlich unwirksam. Deckt die Wirtschaftsprüfung Mängel auf, ist über deren Beseitigung zu entscheiden, da ansonsten Haftungs- und Strafbarkeitsrisiken für das Leitungsorgan entstehen können.

Welche gesetzlichen Anforderungen bestehen hinsichtlich der Konzernabschlussprüfung?

Nach deutschem Recht, insbesondere § 316 Abs. 1 Satz 1 HGB, ist der Konzernabschluss grundsätzlich durch einen Abschlussprüfer (Wirtschaftsprüfer oder Prüfungsgesellschaft) zu prüfen. Dies gilt, soweit Konzerne nicht vollständig von der Prüfungspflicht befreit sind (z.B. nach § 293 HGB wegen Unterschreitens von Schwellenwerten). Die Prüfungspflicht umfasst sowohl den Konzernabschluss als auch den Konzernlagebericht und hat sich insbesondere auf die Ordnungsmäßigkeit, Gesetzeskonformität sowie auf die Einhaltung der einschlägigen Bilanzierungs- und Bewertungsgrundsätze zu erstrecken. Die Auswahl des Abschlussprüfers erfolgt durch das Aufsichtsorgan (bei börsennotierten Unternehmen durch den Aufsichtsrat) und die Bestellung ist dem Handelsregister mitzuteilen. Das abschließende Prüfungsurteil sowie etwaige Testate, Versagensvermerke oder eingeschränkte Bestätigungsvermerke sind Bestandteil der Offenlegung und wirken sich rechtlich und haftungsseitig auf das Management aus. Bei Pflichtverletzungen im Rahmen der Prüfung haften Prüfer nach Berufsrecht und zivilrechtlichen Haftungsbestimmungen.

Unter welchen Voraussetzungen können Tochterunternehmen von der Einbeziehung in den Konzernabschluss ausgenommen werden?

Die gesetzlichen Ausnahmen zur Einbeziehung von Tochterunternehmen regelt § 296 HGB. Danach können Tochterunternehmen ausnahmsweise vom Konzernabschluss ausgenommen werden, wenn erhebliche und andauernde Beschränkungen hinsichtlich der Ausübung der Rechte des Mutterunternehmens gegenüber dem Tochterunternehmen bestehen (Abs. 1 Nr. 1). Weitere Ausnahmegründe sind die fehlende Bedeutung für die Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes unter Beachtung des Wesentlichkeitsprinzips (Abs. 1 Nr. 2); dies ist regelmäßig im Prüfungsbericht zu begründen. Außerdem kann der Einbezug unterbleiben, wenn die erforderlichen Informationen nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand oder mit erheblicher Verzögerung erlangt werden können (Abs. 1 Nr. 3). Jede Ausnahme ist im Konzernanhang ausführlich zu erläutern, um rechtliche Angreifbarkeit, insbesondere im Hinblick auf die Informationsinteressen der Anteilseigner und Gläubiger, auszuschließen. Ein Missbrauchsverbot greift, wenn die Ausnahme nur zum Zweck der Verschleierung wirtschaftlicher Tatsachen genutzt werden soll.