Begriff und recht
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Vorgaben gelten für Kleinanleger bei der Investition in Finanzprodukte?
Kleinanleger unterliegen im deutschen und europäischen Recht einem besonderen Schutzregime. Dies ergibt sich insbesondere aus den Regelungen des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG), der EU-Prospektverordnung sowie der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II). Vor dem Erwerb von Finanzinstrumenten, wie z. B. Aktien, Investmentfonds oder Anleihen, müssen Anbieter lesbare, verständliche und umfassende Informationsdokumente zur Verfügung stellen. Für bestimmte Produkte wie Wertpapierprospekte, Key Investor Information Documents (KIID) oder Basisinformationsblätter (PRIIP KID) gelten strenge Offenlegungspflichten. Zudem gelten Beratungsprotokollpflichten und Eignungsprüfungen, falls eine Anlageberatung erfolgt. Die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) überwacht die Einhaltung dieser Vorgaben und kann bei Verstößen einschreiten. Überdies besteht das sogenannte Widerrufsrecht bei bestimmten Vertragsabschlüssen außerhalb von Geschäftsräumen oder im Fernabsatz.
Welche Haftungsrisiken bestehen für Kleinanleger im Verlustfall?
Im Verlustfall haftet grundsätzlich der Kleinanleger selbst für seine getroffenen Anlageentscheidungen, es sei denn, es liegt eine Pflichtverletzung des Finanzdienstleisters vor. Typische Haftungstatbestände sind fehlerhafte oder unvollständige Aufklärung über Risiken (Beratungsfehler), das Verschweigen von Interessenkonflikten oder das Angebot nicht genehmigter Produkte. Kommt es zu solchen Pflichtverletzungen, können Ansprüche auf Schadensersatz gegen den betreffenden Anbieter geltend gemacht werden, wofür allerdings der Nachweis der Pflichtverletzung, der Kausalität und des Schadens erbracht werden muss. Im Fall von Insolvenz des Anbieters oder Emittenten greifen gegebenenfalls Einlagensicherungssysteme, jedoch nicht für alle Arten von Finanzinstrumenten, sondern in der Regel nur für Bankeinlagen.
Welche Melde- und Steuerpflichten haben Kleinanleger?
Für Kleinanleger besteht keine generelle Meldepflicht gegenüber behördlichen Stellen beim Erwerb von Finanzprodukten; allerdings können ausländische Depots oder größere Transaktionen nach dem Geldwäschegesetz (GwG) meldepflichtig sein. Steuerrechtlich unterliegen Kleinanleger der Kapitalertragsteuer (Abgeltungsteuer) auf erzielte Kapitalerträge, wie Zinsen, Dividenden oder Gewinne aus Wertpapierverkäufen. Die Banken führen diese Steuer in der Regel direkt für ihre Kunden ab (Abzugsbesteuerung). Jahressteuerbescheinigungen und Freistellungsaufträge müssen entsprechend eingereicht werden. Bei ausländischen Erträgen kann zudem eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung bestehen.
Welche Anlegerschutzrechte stehen Kleinanlegern zu?
Kleinanleger genießen umfangreiche Anlegerschutzrechte. Zentrale Anlaufstelle ist der Ombudsmann der Banken und der Bundesverband deutscher Banken, bei dem kostenfreie außergerichtliche Schlichtungsverfahren durchgeführt werden können. Zudem existieren zahlreiche gesetzliche Widerrufsrechte, wie das Fernabsatzwiderrufsrecht oder bei Haustürgeschäften. Beim Kauf von Anlageprodukten sind Emittenten zur Bereitstellung vollständiger und wahrheitsgemäßer Unterlagen verpflichtet. Im Falle von fehlerhaften Angeboten oder Falschberatung stehen Schadenersatz- und Rückabwicklungsansprüche zur Verfügung. Die BaFin kann Verbraucherhinweise geben, verbotene Produkte öffentlich anprangern und unter bestimmten Bedingungen den Vertrieb untersagen.
Wann wird ein Kleinanleger als professioneller Anleger eingestuft?
Die rechtliche Unterscheidung zwischen Kleinanleger und professionellem Anleger ist im Wertpapierhandelsgesetz (§ 67 WpHG) geregelt. Kleinanleger gelten als Kunden, die weder professionelle Anleger noch geeignete Gegenparteien sind. Eine Einstufung als professioneller Anleger setzt voraus, dass der Anleger bestimmte Erfahrungen, Kenntnisse und Sachverstand im Umgang mit Finanzinstrumenten nachweisen kann – beispielsweise durch nachgewiesene Transaktionshäufigkeit, eine bestimmte Portfolio-Mindestgröße oder durch Tätigkeit in der Finanzbranche. Nach Wechsel in den professionellen Status entfallen viele Schutzrechte und Informationspflichten, weshalb eine solche Einstufung für Privatkunden nur nach gesonderter Beantragung und Prüfung zulässig ist.
Welche Einschränkungen gelten bei Schwarmfinanzierungen (Crowdinvesting) für Kleinanleger?
Bei Schwarmfinanzierungen gelten gemäß dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) und dem europäischen Crowdfunding-Regime besondere Einschränkungen für Kleinanleger. Investitionssummen über 1.000 Euro sind in der Regel nur zulässig, wenn der Anleger eine Selbstauskunft über sein Vermögen und Einkommen abgibt oder bestimmte Schwellenwerte nicht überschreitet. Obergrenzen verhindern übermäßige Klumpenrisiken und sollen vor Totalverlusten schützen. Plattformen müssen detaillierte Informationsblätter bereitstellen und sind zu Transparenz bezüglich der Risiken und Kosten verpflichtet. Zudem bestehen Belehrungspflichten über die Gefahren dieser Art von Beteiligungen.
Wie gehen Gerichte mit Streitigkeiten zwischen Kleinanlegern und Finanzdienstleistern um?
Im Streitfall gibt es spezielle zivilrechtliche Schutzmechanismen für Kleinanleger. Deutsche Gerichte prüfen regelmäßig, ob Beratungspflichten beachtet, Informationspflichten eingehalten und Risikohinweise ausreichend dargestellt wurden. Besonders bei strukturierten Finanzprodukten und beratungsintensiven Verträgen sind die Voraussetzungen für eine Haftung des Finanzdienstleisters Gegenstand umfangreicher Rechtsprechung. Die Gerichte berücksichtigen dabei den Wissensstand, das Anlageziel und die persönliche Situation des Anlegers. Bei Massenverfahren kann das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) Anwendung finden, das die Rechte vieler geschädigter Anleger bündelt. Parallel dazu kann die BaFin Aufsichtsmaßnahmen ergreifen, die allerdings keinen individuellen Schadensersatzanspruch begründen.