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Kapitalgesellschaft


Begriff und Grundlagen der Kapitalgesellschaft

Die Kapitalgesellschaft ist eine zentrale Rechtsform des Gesellschaftsrechts, die juristische Selbstständigkeit sowie Haftungsbeschränkung kennzeichnet. Sie unterscheidet sich von Personengesellschaften insbesondere durch die Trennung zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, was zu einer beschränkten Haftung der Anteilseigner auf ihre Einlage führt. Zu den wesentlichen Kapitalgesellschaften zählen die Aktiengesellschaft (AG), die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) sowie die europäische Variante, die Societas Europaea (SE).


Rechtliche Einordnung und Charakteristika

Durch Gesetz geregelte Gesellschaftsformen

Kapitalgesellschaften sind in Deutschland im Handelsgesetzbuch (HGB), Aktiengesetz (AktG) sowie GmbH-Gesetz (GmbHG) umfassend geregelt und unterliegen zwingendem Recht. Im Gegensatz zu Personengesellschaften besitzen sie eigene Rechtspersönlichkeit (Rechtsfähigkeit), können Träger von Rechten und Pflichten sein, Vermögen erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden.

Gesellschaftsvertrag und Satzung

Die Gründung von Kapitalgesellschaften erfordert stets eine notarielle Beurkundung eines Gesellschaftsvertrags bzw. einer Satzung. Diese enthalten zwingende Angaben wie Firma, Sitz, Unternehmensgegenstand, Höhe des Grund- oder Stammkapitals sowie Anzahl und Vertretung der Geschäftsführung oder des Vorstands.


Haftung und Kapitalstruktur

Beschränkte Haftung der Gesellschafter

Das herausragende Merkmal der Kapitalgesellschaft ist die Haftungsbeschränkung der Anteilseigner. Diese haften grundsätzlich nur mit ihrer Einlage und nicht mit ihrem Privatvermögen. Gläubiger können im Insolvenzfalle nur auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen. Ausnahmen von dieser strikten Haftungsbeschränkung existieren beispielsweise beim Rechtsmissbrauch nach § 826 BGB oder im Fall der sogenannten Durchgriffshaftung.

Mindestkapital

Für die Gründung und das Bestehen einer Kapitalgesellschaft ist, je nach Gesellschaftsform, die Erbringung eines gesetzlich vorgeschriebenen Mindestkapitals erforderlich:

  • GmbH: mindestens 25.000 Euro (§ 5 GmbHG)
  • AG: mindestens 50.000 Euro (§ 7 AktG)
  • KGaA: mindestens 50.000 Euro (§ 278 ff. AktG)
  • SE: mindestens 120.000 Euro (Art. 4 SE-VO)

Das Kapital dient der Sicherung der Gläubigerinteressen und ist vor der Eintragung in das Handelsregister aufzubringen.


Organe und Organisation

Gesellschaftsorgane

Ein wesentliches Strukturmerkmal der Kapitalgesellschaft sind die gesetzlich vorgeschriebenen Organe, wobei insbesondere zwischen Leitungs- und Überwachungsorganen unterschieden wird. Zu den bedeutendsten Regelungen zählen:

  • Bei der GmbH: Geschäftsführung und Gesellschafterversammlung
  • Bei der AG: Vorstand, Aufsichtsrat und Hauptversammlung
  • Bei der KGaA: Komplementär, Aufsichtsrat, Hauptversammlung
  • Bei der SE: Entweder monistisches oder dualistisches System

Rechte und Pflichten der jeweiligen Organe sind gesetzlich festgelegt, z.B. hinsichtlich Vertretungsbefugnis, Geschäftsführung sowie Überwachung der Geschäftsleitung.

Vertretung und Geschäftsführung

Kapitalgesellschaften handeln durch ihre Organe. Die Vertretungsbefugnis liegt bei der Geschäftsleitung (bei der GmbH: Geschäftsführer, bei der AG: Vorstand), die Gesellschaft nach außen repräsentiert. Die Gesellschafterversammlung oder Hauptversammlung nimmt dagegen Einfluss auf grundlegende Entscheidungen, etwa Satzungsänderungen, Kapitalmaßnahmen oder die Bestellung und Abberufung der Organmitglieder.


Gründung, Entstehung und Eintragung

Gründungsverfahren

Die Gründung einer Kapitalgesellschaft unterliegt formellen und materiellen Anforderungen. Nach Abschluss des Gesellschaftsvertrags/Satzung ist die Gesellschaft im Handelsregister zur Eintragung anzumelden. Erst mit Eintragung entsteht die Kapitalgesellschaft als juristische Person mit Rechtsfähigkeit.

Vorgesellschaft und Vorgründungsgesellschaft

Ebenfalls zu unterscheiden ist die Vorgründungsgesellschaft, die mit der Aufnahme der Gründungsaktivitäten entsteht, und die sogenannte Vorgesellschaft, die nach notarieller Beurkundung aber vor Eintragung besteht. Mit der Eintragung wird die Haftungsbeschränkung wirksam.


Beteiligung, Übertragbarkeit und Nachfolge

Anteilsübertragung

Anteile bzw. Aktien einer Kapitalgesellschaft können grundsätzlich veräußert oder vererbt werden. Für GmbH-Anteile ist dabei die notarielle Beurkundung erforderlich, Aktien können, je nach Art, formlos oder durch Indossament übertragen werden. Satzungsbestimmungen oder Vereinbarungen können die Übertragbarkeit restringieren.

Gesellschafterwechsel

Beteiligte Personen haben keinen Einfluss auf das Bestehen der Gesellschaft. Die Kapitalgesellschaft bleibt unabhängig von Gesellschafterwechsel oder Tod eines Gesellschafters erhalten; dies unterscheidet sie maßgeblich von Personengesellschaften.


Buchführung, Offenlegung und Rechnungslegung

Handelsregister und Publizität

Kapitalgesellschaften unterliegen der Pflicht zur ordnungsgemäßen Buchführung und zur regelmäßigen Offenlegung von Jahresabschlüssen (§§ 242 ff. HGB, § 325 HGB). Diese Jahresabschlüsse sind beim Bundesanzeiger einzureichen und im Handelsregister veröffentlicht. Ziel ist die Sicherstellung der Transparenz gegenüber Gläubigern, Geschäftspartnern und Investoren.


Steuern und Besteuerung

Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer

Kapitalgesellschaften sind kraft Gesetzes körperschaftsteuerpflichtig (§ 1 KStG) und unterliegen zusätzlich der Gewerbesteuerpflicht nach dem Gewerbesteuergesetz (GewStG). Besteuerungsgrundlage ist das Gesellschaftseinkommen unabhängig von der Gesellschafterstruktur, weshalb Doppelbesteuerung vermieden oder gemildert werden muss (z.B. durch das Anrechnungsverfahren oder Teileinkünfteverfahren).


Auflösung, Liquidation und Insolvenz

Beendigung der Kapitalgesellschaft

Die Beendigung erfolgt regelmäßig durch Auflösung, Liquidation und Löschung im Handelsregister. Gründe für die Auflösung können Beschluss der Gesellschafter, Ablauf der Gesellschaftsdauer, gerichtliches Urteil oder Insolvenz sein. Im Insolvenzfall treten die Regelungen der Insolvenzordnung (InsO) in Kraft, wobei das schuldnerische Vermögen zur gemeinsamen Gläubigerbefriedigung verwertet wird.


Internationale Ausgestaltung

Europäische und ausländische Kapitalgesellschaftsformen

Neben den nationalen Kapitalgesellschaften existieren Varianten auf europäischer Ebene (z.B. Societas Europaea, engl. Limited) sowie nach internationalem Recht (insbesondere angelsächsisch geprägte Rechtsformen). Die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Europäischen Union ermöglicht in bestimmten Grenzen die freie Wahl der Rechtsform, wobei jeweils nationales Umsetzungsrecht und Kollisionsnormen zu berücksichtigen sind.


Zusammenfassung

Die Kapitalgesellschaft stellt eine eigenständige und haftungsbeschränkte Unternehmensform dar, welche durch klare gesetzliche Regelungen zur Kapitalausstattung, internen Organisation und öffentlichen Dokumentationspflichten geprägt ist. Sie ist insbesondere für größere Unternehmen und Investoren von Interesse, die Wert auf Haftungsbegrenzung, Kapitalbeschaffung und langlebige Unternehmensstrukturen legen. Die umfassende Regulierung gewährleistet Schutz für Gesellschaft, Gesellschafter und Gläubiger gleichermaßen und schafft Transparenz im Wirtschaftsverkehr.

Häufig gestellte Fragen

Was sind die Voraussetzungen für die Gründung einer Kapitalgesellschaft in Deutschland?

Die Gründung einer Kapitalgesellschaft in Deutschland erfordert die Erfüllung mehrerer gesetzlicher Voraussetzungen. Zunächst muss ein Gesellschaftsvertrag (bei der GmbH und UG als Gesellschaftsvertrag, bei der AG als Satzung bezeichnet) notariell beurkundet werden. Weiterhin ist die Festlegung eines gesetzlichen Mindestkapitals erforderlich: Bei der GmbH beträgt dieses 25.000 Euro, bei der UG mindestens 1 Euro und bei der AG mindestens 50.000 Euro. Es müssen mindestens eine (bei der AG mindestens zwei) geschäftsfähige natürliche oder juristische Person(en) als Gründer benannt werden. Eintragung der Kapitalgesellschaft in das Handelsregister ist verpflichtend und Voraussetzung für ihre Rechtsfähigkeit. Darüber hinaus sind die organschaftliche Vertretung (Geschäftsführer oder Vorstand) sowie je nach Gesellschaftsform die Einsetzung weiterer Organe (wie etwa der Aufsichtsrat bei der AG) vorgeschrieben. Die Anmeldung zum Handelsregister erfordert zudem verschiedene Nachweispflichten, z.B. bezüglich der Einzahlung des Kapitals, der Bestellung der Geschäftsführung sowie der Herkunft und Verwendung der Einlagen.

Wie haften die Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft?

Die Haftung der Gesellschafter ist bei Kapitalgesellschaften grundsätzlich auf die Einlage der jeweiligen Gesellschaftsanteile beschränkt (§ 13 Abs. 2 GmbHG, § 1 Abs. 1 S. 2 AktG). Das Privatvermögen der Gesellschafter bleibt grundsätzlich unberührt. Die Gesellschaft selbst haftet mit ihrem eigenen Vermögen für Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern. Allerdings gibt es Ausnahmen, zum Beispiel bei einer sogenannten Durchgriffshaftung: In Fällen wie Missbrauchs der Rechtsform (z.B. Existenzvernichtungshaftung), vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung, Insolvenzverschleppung oder Nichterfüllung steuerlicher Pflichten durch die Geschäftsführung kann eine Haftung des Geschäftsführers oder in seltenen Fällen der Gesellschafter mit ihrem Privatvermögen eintreten. Die rechtlichen Normen sind dabei streng und im Einzelfall nur unter bestimmten Voraussetzungen anwendbar.

Welche Organe sind bei einer Kapitalgesellschaft gesetzlich vorgeschrieben?

Je nach Form der Kapitalgesellschaft unterscheiden sich die zwingend vorgeschriebenen Organe. Bei der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) sind das zwingend die Gesellschafterversammlung und mindestens ein Geschäftsführer. Bei der Aktiengesellschaft (AG) besteht eine strenge Trennung der Organe in den Vorstand (leitendes Organ), den Aufsichtsrat (kontrollierendes Organ) und die Hauptversammlung (beschlussfassendes Organ). Die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), als Sonderform der GmbH, hat dieselben Organe wie die „klassische“ GmbH. Je nach Größe der Gesellschaft können gesetzlich zusätzliche Mitbestimmungsorgane, etwa beim Erreichen bestimmter Arbeitnehmerzahlen, erforderlich werden.

Welche gesetzlichen Pflichten gelten für Buchführung und Jahresabschluss?

Kapitalgesellschaften unterliegen nach deutschem Handelsrecht (§§ 238 ff., §§ 264 ff. HGB) strengen Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften. Sie sind verpflichtet, während des Geschäftsjahres ordnungsgemäß Buch zu führen und nach Ablauf des Geschäftsjahres einen Jahresabschluss, bestehend aus Bilanz, Gewinn- und Verlustrechnung sowie – je nach Größe – ggf. Anhang und Lagebericht, aufzustellen. Dieser Jahresabschluss ist innerhalb gesetzlicher Fristen (bei der GmbH und AG zumeist innerhalb von drei bzw. vier Monaten für große Gesellschaften) zu erstellen und in den meisten Fällen von einem Abschlussprüfer (Wirtschaftsprüfer) zu prüfen. Die Offenlegung des Jahresabschlusses beim elektronischen Bundesanzeiger ist – abhängig von der Größenklasse – verpflichtend, Verstöße werden mit Sanktionen und Bußgeldern belegt.

Welche Mitteilungspflichten bestehen gegenüber dem Handelsregister?

Kapitalgesellschaften haben fortlaufend umfangreiche Mitteilungspflichten gegenüber dem Handelsregister, wie beispielsweise Änderungen bei Geschäftsführung, Satzung oder Firmenname, Sitzverlegung oder Veränderungen beim Stamm- bzw. Grundkapital. Diese einzelnen Veränderungen sind notariell zu beurkunden und unverzüglich zur Eintragung anzumelden. Die Registergerichte prüfen die Einhaltung der materiell- und formellrechtlichen Voraussetzungen und lehnen die Eintragung bei festgestellten Mängeln ab. Außerdem sind spezielle Mitteilungen wie die Bestellung und Abberufung von Organen, die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens oder Satzungsänderungen zeitnah dem Handelsregister zu melden.

Welche Regelungen gelten für die Gewinnausschüttung bei Kapitalgesellschaften?

Die Ausschüttung von Gewinnen bei Kapitalgesellschaften ist gesetzlich klar geregelt (§ 29 GmbHG; §§ 58 ff. AktG). Voraussetzung für eine ordnungsgemäße Gewinnausschüttung ist ein durch die Gesellschafterversammlung (GmbH) oder Hauptversammlung (AG) festgestellter und devinitiv ausgewiesener Jahresüberschuss. Vor der Gewinnausschüttung müssen gesetzliche und satzungsmäßige Rücklagen gebildet und eventuelle wirtschaftliche Verluste aus Vorjahren ausgeglichen werden. Ein etwaiger Gewinnverwendungsvorschlag des Geschäftsführers oder Vorstands wird durch das entsprechende Organ beschlossen. Auszahlungen, die nicht durch einen festgestellten Bilanzgewinn gedeckt sind, sind unzulässig und können Rückzahlungsansprüche und ggf. Schadenersatzpflichten nach sich ziehen.

Wann besteht für Kapitalgesellschaften die Pflicht zur Anmeldung der Insolvenz?

Gemäß § 15a Insolvenzordnung (InsO) besteht für Kapitalgesellschaften die unverzügliche Verpflichtung zur Stellung eines Insolvenzantrags, sobald Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung festgestellt wird. Unter Zahlungsunfähigkeit versteht man, dass die Gesellschaft ihre fälligen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr erfüllen kann; Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und keine positive Fortführungsprognose besteht. Die Antragspflicht obliegt in der Regel dem gesetzlichen Vertreter (Geschäftsführer, Vorstand) und ist bei Vorliegen der Insolvenzgründe ohne schuldhaftes Zögern, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen, zu erfüllen. Verstöße stellen eine Straftat dar (§ 15a Abs. 4 InsO) und können auch zivilrechtliche Ansprüche zur Folge haben.