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Jagdwilderei


Definition und rechtliche Einordnung der Jagdwilderei

Jagdwilderei bezeichnet die unerlaubte Aneignung, Tötung oder Beschaffung von Wildtieren unter Verletzung bestehender jagdrechtlicher Vorschriften. Dieser Begriff ist sowohl im alltäglichen Sprachgebrauch als auch im deutschen Strafrecht verankert und beschreibt in rechtlicher Hinsicht eine Straftat, die innerhalb des Systems von Natur-, Umwelt- und Tierschutzgesetzen eine zentrale Rolle spielt.

Gesetzliche Grundlagen der Jagdwilderei

Strafgesetzbuch (StGB)

Die Strafbarkeit der Jagdwilderei ist in Deutschland primär im Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. § 292 StGB bildet den Kern der Regelungen zur Jagdwilderei und lautet:

„Wer unter Verletzung fremden Jagdrechts oder Jagdausübungsrechts dem Wild nachstellt, es fängt, erlegt oder sich oder einem Dritten zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“

Das Strafmaß kann sich nach Tatmodalitäten und individuellen Umständen erhöhen, etwa wenn eine Waffe verwendet wird (Wildern mit Waffen, § 292 Abs. 2 StGB) oder wenn die Tat zur Nachtzeit, im Zusammenwirken mehrerer Personen oder in besonders geschützten Gebieten erfolgt.

Tierschutzrecht und Naturschutzrecht

Neben dem Strafgesetzbuch greifen weitere Gesetze begleitend ein. Das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) und das Tierschutzgesetz (TierSchG) setzen ergänzende Rahmenbedingungen. Hier werden etwa besonders geschützte Arten gelistet, deren unbefugte Bejagung oder Aneignung zusätzliche Straftatbestände oder Ordnungswidrigkeiten begründen kann.

Bundesjagdgesetz (BJagdG)

Das Bundesjagdgesetz regelt die Voraussetzungen für die Jagd umfangreich. Es legt fest, wer zur Jagdausübung befugt ist, welche Wildarten bejagt werden dürfen, und unter welchen Bedingungen eine Jagdausübung illegal ist. Verstöße gegen jagdrechtliche Vorschriften können auch als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, soweit sie nicht eine Straftat (im Sinne des StGB) darstellen.

Tatbestandsmerkmale der Jagdwilderei

Geschütztes Rechtsgut

Die Jagdwilderei stellt einen Verstoß gegen den Schutz des Eigentums sowie der öffentlichen Ordnung hinsichtlich des Umgangs mit Wildtieren dar. Primär geschützt werden das Aneignungsrecht des Jagdausübungsberechtigten und die Bewahrung der gesetzlich festgelegten Wildbestände.

Tathandlungen

Die Straftat Jagdwilderei umfasst das Nachstellen, Fangen, Erlegen oder Sich-Zueignen von Wild. Darunter fallen sowohl aktive Handlungen wie das Abschießen oder Fallenstellen als auch das Anbringen von Fangeinrichtungen und das Wegnehmen von bereits verendeten Tieren, sofern sie dem Jagdausübungsberechtigten zustehen.

Täterkreis

Täter können alle natürlichen Personen sein, die ohne jagdrechtliche Befugnis handeln. Dies betrifft nicht nur Personen ohne Jagdschein, sondern auch solche, die außerhalb ihres vorhandenen Jagdrechtsgebiets oder entgegen jagdrechtlicher Beschränkungen tätig werden.

Subjektiver Tatbestand (Vorsatz)

Jagdwilderei ist stets vorsätzlich zu begehen. Der Täter muss sich darüber im Klaren sein, dass er zu Unrecht jagt oder sich Wild aneignet.

Strafzumessung und Ahndung

Regelstrafe und Strafrahmen

Die Regelstrafe für Jagdwilderei beläuft sich auf eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Erfolgt die Tat unter erschwerenden Umständen wie bewaffnet oder gemeinschaftlich, ist eine Strafschärfung möglich.

Sichergestellte Gegenstände und Einziehung

Im Zuge der Ahndung können benutzte oder zum Erzielen der Tat bestimmte Gegenstände (z. B. Waffen oder Fahrzeuge) eingezogen werden. Zudem kann das mit der Tat erlangte Wild oder dessen Erlös eingezogen und eingezogen werden.

Nebenstrafen und weitere Folgen

Neben der eigentlichen Strafe können weitere Maßnahmen, wie der Entzug des Jagdscheins oder ein befristetes Jagdverbot, angeordnet werden. Besonders relevant ist dies bei Personen mit bestehender jagdrechtlicher Befugnis, da eine Verurteilung wegen Wilderei die Zuverlässigkeit im Sinne des Waffengesetzes und Jagdrechts infrage stellt.

Jagdwilderei im Kontext internationaler Abkommen und Artenschutz

Im Zusammenhang mit internationalem Tier- und Artenschutz spielt Wilderei ebenfalls eine relevante Rolle. Verstöße gegen Schutzbestimmungen im Rahmen der Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (CITES) beziehungsweise Washingtoner Artenschutzübereinkommen können nicht nur national, sondern auch international geahndet werden.

Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Unterscheidung zu Diebstahl und Hehlerei

Während die Zueignung von Wild vom Tatbestand des Diebstahls (§ 242 StGB) abzugrenzen ist, weil Wild herrenlos ist, greift die Wilderei mit ihrer spezialgesetzlichen Regelung an dieser Stelle mit Vorrang ein. Die anschließende Veräußerung, etwa des gewonnenen Wildbrets, kann eine Hehlerei darstellen, sofern das Wild als im Sinne der Vorschrift „erlangte Sache“ gilt.

Jagd- und Schonzeitverstöße

Nicht jeder Verstoß gegen Jagdregeln ist automatisch als Wilderei zu klassifizieren. Verstöße gegen Schonzeiten oder bestimmte Auflagen werden teilweise nur als Ordnungswidrigkeit sanktioniert, es sei denn, sie erfüllen die Voraussetzungen des § 292 StGB.

Prozessuale Aspekte

Strafverfolgung

Jagdwilderei ist ein Offizialdelikt. Die Strafverfolgungsbehörden ermitteln von Amts wegen, sobald ihnen Hinweise bekannt werden. Anzeigen werden häufig von Förstern, Jagdausübungsberechtigten oder anderen aufmerksamen Dritten erstattet.

Beweisfragen und Ermittlungsmaßnahmen

Die Ermittlungen umfassen Spurensicherung, Auswertung von Wildkameras, Ballistik-Gutachten und gegebenenfalls DNA-Spurenauswertung am erlegten Wild. Auf Grundlage einer gesicherten Beweislage entscheidet die Strafverfolgung über Anklageerhebung und weitere Maßnahmen.

Zusammenfassung und Bedeutung der Jagdwilderei im Recht

Jagdwilderei ist als Straftat im deutschen Recht klar definiert und differenziert geregelt. Sie schützt nicht nur Eigentumsrechte, sondern dient gleichzeitig dem Wildtierschutz, der Aufrechterhaltung der Jagdordnung und dem Artenschutz. Die umfassenden gesetzlichen Regelungen und Strafandrohungen unterstreichen die Bedeutung des Themas in Rechtsprechung und Umweltpolitik. Darüber hinaus stellt die konsequente Ahndung einen zentralen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung und dem Schutz natürlicher Ressourcen dar.

Häufig gestellte Fragen

Welche Strafen drohen bei festgestellter Jagdwilderei?

Die Jagdwilderei stellt in Deutschland gemäß § 292 Strafgesetzbuch (StGB) eine Straftat dar und wird nicht bloß als Ordnungswidrigkeit behandelt. Die Strafandrohung sieht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. Erfolgt die Tat erschwerend, etwa nachts, gemeinschaftlich mit anderen oder unter Anwendung einer Schusswaffe, liegt ein besonders schwerer Fall vor, bei dem das Strafmaß bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe reichen kann. Diese Strafen können neben zusätzlichen Maßnahmen wie dem Einzug der Tatwerkzeuge und der Erteilung von Jagd- und Waffenverboten verhängt werden. Ferner kann eine Versagung oder der Widerruf des Jagdscheins erfolgen, was weitreichende Auswirkungen auf die jagdliche Betätigung hat.

Wer ist zur Anzeige und Verfolgung von Jagdwilderei verpflichtet?

In Deutschland besteht zwar keine generelle gesetzliche Pflicht für Privatpersonen, bei Verdacht auf Jagdwilderei Anzeige zu erstatten. Allerdings sind Behördenvertreter, insbesondere Polizeibeamte sowie forst- und jagdrechtlich bestellte Personen (etwa Jagdaufseher), verpflichtet, Straftaten zu verfolgen und entsprechende Ermittlungen einzuleiten. Jagdausübungsberechtigte und Jagdpächter haben das Recht, Verdachtsmomente anzuzeigen und Verdächtige bei frischer Tat gemäß § 127 Strafprozessordnung (StPO) auch vorläufig festzuhalten, jedoch ohne die Kompetenzen der Polizei zu überschreiten.

Welche Arten von Beweismitteln werden in Verfahren wegen Jagdwilderei zugelassen?

Im rechtlichen Kontext können vielfältige Beweismittel zur Anwendung kommen: Dazu zählen Zeugen- und Sachverständigenaussagen, forensische Gutachten, Spuren- und Materialanalysen (z. B. Ballistik bei eingesetzten Waffen, genetische Untersuchungen an erlegtem Wild), Bild- oder Videoaufnahmen, insbesondere durch Wildkameras sowie digitale Kommunikationsdaten. Auch die Auswertung von Fahrzeugspuren, Munition oder sichergestellten Trophäen spielt eine zentrale Rolle. Alle Beweismittel müssen jedoch gerichtlich verwertbar sein-insbesondere dürfen sie nicht durch einen Verstoß gegen bestehendes Recht erhoben worden sein, beispielsweise durch unzulässige Überwachung oder Verletzung des Datenschutzrechtes.

Wie wirkt sich eine Verurteilung wegen Jagdwilderei auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit aus?

Eine Verurteilung wegen Jagdwilderei hat erhebliche Auswirkungen auf die waffenrechtliche Zuverlässigkeit gemäß § 5 Waffengesetz (WaffG). Die zuständige Waffenbehörde prüft im Fall einer rechtskräftigen Verurteilung eine Unzuverlässigkeit und kann den Widerruf sowie die Einziehung aller Waffenbesitzkarten und Waffenscheine anordnen. Bereits bei Verurteilungen mit geringerem Strafmaß kann von einer Unzuverlässigkeit ausgegangen werden, insbesondere da Jagdwilderei eine Straftat darstellt, die im engen Zusammenhang mit dem Waffengebrauch steht. Die Wiedererlangung der Zuverlässigkeit ist an bestimmte Fristen gebunden und setzt zumeist die vollständige Verbüßung der verhängten Strafe sowie eine positive Prognose hinsichtlich zukünftiger Gesetzestreue voraus.

Gibt es Verjährungsfristen für Jagdwilderei?

Ja, für Taten der Jagdwilderei gelten die allgemeinen strafrechtlichen Verjährungsfristen des § 78 StGB. Die Verfolgungsverjährung beträgt, da es sich um ein Vergehen handelt, in der Regel fünf Jahre, sofern es sich nicht um besonders schwere Fälle handelt, für die eine höhere Strafandrohung besteht. Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist eine Strafverfolgung ausgeschlossen, und es können auch keine Maßnahmen im Hinblick auf Jagdschein oder Waffenbesitz mehr ergriffen werden, es sei denn, es wurden währenddessen verjährungsunterbrechende Handlungen vorgenommen.

Welche Rolle spielen jagdrechtliche Nebenfolgen in einem Strafverfahren wegen Jagdwilderei?

Neben dem strafrechtlichen Urteil können sogenannte jagdrechtliche Nebenfolgen eintreten. Die Jagdbehörde kann als Verwaltungsträger nach § 17 Bundesjagdgesetz (BJagdG) den Jagdschein einziehen oder die Ausstellung für einen bestimmten Zeitraum versagen. Des Weiteren kann die Person als waffenrechtlich unzuverlässig eingestuft werden, was ein generelles Waffenverbot nach sich zieht. Diese Maßnahmen dienen dem präventiven Schutz der Allgemeinheit sowie der Integrität des Jagdwesens, unabhängig von einer expliziten gerichtlichen Verurteilung.

Unter welchen Umständen kann eine begangene Jagdwilderei trotz Tatbestand als gerechtfertigt gelten?

Rechtliche Rechtfertigungsgründe für eine typische Jagdwilderei sind äußerst selten, können aber im Rahmen von sogenannter Nothilfe oder Notstand (§§ 32, 34 StGB) relevant werden-beispielsweise wenn unmittelbare Gefahren für Leib und Leben bestehen oder das erlegte Wild eine Bedrohung für Menschen darstellte. Die Rechtsprechung legt hier jedoch einen strengen Maßstab an und verlangt, dass kein milderes Mittel möglich war und die Gefahr andernfalls nicht abgewendet werden konnte. In solchen Ausnahmefällen kann die strafrechtliche Verantwortlichkeit entfallen, wobei die Beweislast für das Vorliegen eines solchen Rechtfertigungsgrundes regelmäßig beim Beschuldigten liegt.