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Intellektuelle Urkundenfälschung


Begriff und Definition der Intellektuellen Urkundenfälschung

Die intellektuelle Urkundenfälschung ist eine besondere Erscheinungsform der Urkundenfälschung im deutschen Strafrecht und bezieht sich auf die inhaltlich unwahre Abfassung einer Urkunde durch eine zur Ausstellung berechtigte Person. Im Gegensatz zur körperlichen Urkundenfälschung wird hierbei keine äußerlich erkennbar falsche Urkunde hergestellt, sondern eine Urkunde mit inhaltlich unrichtigen Angaben versehen. Der Begriff findet insbesondere im Anwendungsbereich amtlicher Urkunden und im Zusammenhang mit öffentlichen Urkundspersonen Bedeutung.

Rechtliche Grundlagen

Regelungsbereiche im Strafgesetzbuch (StGB)

Die klassische Urkundenfälschung ist in § 267 StGB geregelt. Die intellektuelle Urkundenfälschung hingegen ist in diesem Paragraphen nicht ausdrücklich als eigener Tatbestand aufgeführt, sondern wird maßgeblich von der Rechtsprechung und der Kommentarliteratur definiert und von anderen Normen, etwa § 348 StGB (Falschbeurkundung im Amt), erfasst.

§ 267 StGB: Urkundenfälschung

§ 267 StGB schützt die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs mit Urkunden. Nach dieser Norm macht sich strafbar, wer zur Täuschung im Rechtsverkehr eine unechte Urkunde herstellt, eine echte Urkunde verfälscht oder eine unechte oder verfälschte Urkunde gebraucht. Die intellektuelle Falschbeurkundung fällt hierunter nur, wenn die Gesamteurkunde unecht ist, was bei einer von der Ausstellerperson herrührenden Urkunde gerade nicht der Fall ist.

§ 348 StGB: Falschbeurkundung im Amt

§ 348 StGB stellt die inhaltlich falsche Beurkundung durch eine besonders verpflichtete Amtsperson oder zur Aufnahme öffentlicher Urkunden ermächtigte Personen unter Strafe. Die amtliche Falschbeurkundung ist somit der zentrale Tatbestand der intellektuellen Urkundenfälschung bei öffentlichen Urkunden.

Intellektuelle vs. körperliche Urkundenfälschung

  • Körperliche Urkundenfälschung: Herstellung oder Veränderung einer Urkunde, sodass der Eindruck erweckt wird, sie stamme von einer anderen Person oder sei in einem anderen Zusammenhang entstanden.
  • Intellektuelle Urkundenfälschung: Die Urkunde stammt tatsächlich vom Aussteller, enthält jedoch inhaltlich unrichtige Angaben zu rechtserheblichen Tatsachen.

Voraussetzungen und Tatbestandsmerkmale

Tathandlung

Bei der intellektuellen Urkundenfälschung besteht die Tathandlung in der bewussten und im Bewusstsein der Rechtswidrigkeit erfolgten Aufnahme falscher Tatsachen in eine Urkunde durch eine zur Ausstellung berechtigte Person. Das Tatobjekt bildet regelmäßig eine öffentliche, häufig auch eine private Urkunde.

Falschbeurkundung öffentlich-rechtlicher Urkunden

Zu den geschützten Urkunden zählen insbesondere öffentliche Urkunden, die gemäß § 415 ZPO und § 418 ZPO (zivilprozessuale Beweisregeln) einen erhöhten Beweiswert besitzen. Eine intellektuelle Falschbeurkundung liegt etwa vor, wenn eine Behörde den Inhalt eines Verwaltungsakts bewusst unrichtig protokolliert.

Täterkreis

Der besondere Täterkreis ist bei öffentlichen Urkunden auf Amtsträger oder zur Beurkundung befugte Personen beschränkt (§ 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB). In Bezug auf private Urkunden kommt eine Strafbarkeit nach § 267 StGB nur ausnahmsweise in Betracht, wenn zusätzlich weitere Manipulationen vorliegen.

Subjektiver Tatbestand

Vorsatz ist erforderlich, also das Wissen und Wollen der inhaltlich falschen Beurkundung. Eine fahrlässige Falschbeurkundung ist allenfalls dann strafbar, wenn konkret hierfür ein gesetzlicher Tatbestand existiert, beispielsweise nach § 349 StGB (fahrlässige Falschbeurkundung im Amt).

Abgrenzungen und Sonderfälle

Abgrenzung zur schriftlichen Lüge

Nicht jede inhaltlich unrichtige Aussage in einem Schriftstück stellt eine intellektuelle Urkundenfälschung dar. Eine strafbare Falschbeurkundung liegt nur vor, wenn durch die Form und den Inhalt der Urkunde deren öffentliche Beweiskraft in Anspruch genommen wird und dadurch der Rechtsverkehr gefährdet wird. Private Falschangaben in einfachen Schreiben unterliegen keiner Strafbarkeit nach den Vorschriften zur Urkundenfälschung.

Abgrenzung zur unechten Urkunde

Eine unechte Urkunde liegt vor, wenn sie nicht von demjenigen stammt, der als Aussteller erscheint. Bei der intellektuellen Urkundenfälschung ist die Urkunde hingegen zwar echt, ihr Inhalt jedoch falsch.

Problemfelder in der Praxis

Besondere Relevanz hat die intellektuelle Urkundenfälschung bei notariellen Urkunden, Personenstandsurkunden, Verwaltungsakten und Strafverfolgungsdokumenten. Missbrauchspotential ergibt sich beispielsweise beim Ausstellung von Zeugnissen oder Bescheinigungen durch Behörden, bei Manipulationen von Prüfungsvermerken oder Gutachten.

Rechtsfolgen und Strafmaß

Die Strafbarkeit wegen intellektueller Urkundenfälschung richtet sich nach dem einschlägigen Tatbestand, insbesondere nach § 348 StGB (Falschbeurkundung im Amt). Das Strafmaß kann hierbei Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre oder Geldstrafe betragen. In minder schweren Fällen oder bei fahrlässigem Verhalten sind die Strafen entsprechend gemildert.

Bedeutung im Rechtssystem

Die Ahndung der intellektuellen Urkundenfälschung dient dem Schutz des Vertrauens in die Beweiskraft öffentlicher Dokumente und der ordnungsgemäßen, wahrheitsgemäßen Dokumentation rechtserheblicher Tatsachen. Die Sanktionierung fördert die Integrität der rechtsverbindlichen Beurkundungspraxis und trägt wesentlich zur Rechtssicherheit bei.

Literaturhinweise

  • Joecks, W.: Münchener Kommentar zum StGB, §§ 267-358.
  • Roxin, C.: Strafrecht BT II, § 31.
  • Fischer, T.: Strafgesetzbuch und Nebengesetze.

Diese umfassende Darstellung zeigt die vielschichtigen rechtlichen Aspekte der intellektuellen Urkundenfälschung und leistet einen wichtigen Beitrag zum Verständnis dieses Begriffs im Rahmen des deutschen Strafrechts.

Häufig gestellte Fragen

Welche Unterschiede bestehen zwischen der intellektuellen und der materiellen Urkundenfälschung im rechtlichen Kontext?

Bei der intellektuellen Urkundenfälschung handelt es sich darum, dass zwar eine echte, unveränderte Urkunde vorliegt – also das Dokument tatsächlich von dem Aussteller stammt -, der Inhalt der Urkunde aber unwahr ist. Der Aussteller der Urkunde trifft also eine inhaltlich falsche Erklärung, obwohl das Dokument formell korrekt erstellt wurde. Diese Form der Fälschung unterscheidet sich grundlegend von der materiellen Urkundenfälschung, bei der entweder die Urkunde als solche verfälscht, gefälscht oder rückdatiert wird, sodass der Anschein eines anderen Ausstellers oder eines anderen Ausstellungszeitpunkts erweckt wird. Im rechtlichen Kontext fällt die intellektuelle Urkundenfälschung nicht unter § 267 StGB (Strafgesetzbuch), der sich auf die materielle Urkundenfälschung bezieht, sondern es kommen je nach Sachverhalt andere Straftatbestände – beispielsweise Falschbeurkundung oder mittelbare Falschbeurkundung nach §§ 348 ff. StGB – zum Tragen. Insbesondere ist juristisch zu beachten, dass eine bloße schriftliche Lüge außerhalb von öffentlichen Urkunden in der Regel straflos bleibt; nur bei sogenannten besonders glaubwürdigen Urkunden oder bei der Mitwirkung besonders verpflichteter Amtsträger greift der strafrechtliche Schutz intensiver.

In welchen Fällen ist die intellektuelle Urkundenfälschung strafbar?

Eine intellektuelle Urkundenfälschung ist ausschließlich dann strafbar, wenn der Gesetzgeber für den betreffenden Dokumententyp oder Aussteller einen besonderen strafrechtlichen Schutz vorgesehen hat. Dies ist insbesondere bei öffentlichen Urkunden und Beurkundungen durch Amtsträger relevant. Die einschlägigen Straftatbestände sind etwa die Falschbeurkundung im Amt (§ 348 StGB), die Falschbeurkundung bei öffentlichen Urkunden (§ 271 StGB) und die mittelbare Falschbeurkundung (§ 271 Abs. 2 StGB). Strafbarkeit kommt typischerweise in Betracht, wenn Amtsträger oder zur öffentlichen Beurkundung befugte Personen bewusst einen inhaltlich unrichtigen Sachverhalt beurkunden oder wenn Dritte sie durch Täuschung hierzu veranlassen. Demgegenüber bleibt etwa eine private, inhaltlich unwahre Bestätigung – beispielsweise eine unwahre Quittung – in der Regel straflos, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, etwa die Anfertigung eines besonders geschützten Gesundheitszeugnisses (§ 278 StGB).

Welche Bedeutung hat der Begriff der „öffentlichen Urkunde“ im Zusammenhang mit der intellektuellen Urkundenfälschung?

Der Begriff der öffentlichen Urkunde hat im Zusammenhang mit der intellektuellen Urkundenfälschung große Bedeutung, da das Strafrecht bei öffentlichen Urkunden einen erhöhten Vertrauensschutz gewährt. Öffentliche Urkunden sind solche, die von einer hierzu besonders ermächtigten Person (Amtsträger oder zur öffentlichen Beurkundung Befugte, etwa Notare oder Standesbeamte) innerhalb ihres Aufgabenbereichs erstellt wurden. Für diese Urkundentypen enthält das Gesetz Vorschriften, die nicht nur die formale Echtheit, sondern auch die inhaltliche Richtigkeit unter strafrechtlichen Schutz stellen (§§ 271, 348 StGB). Das bedeutet, dass ein Verstoß gegen die Wahrheitspflicht bei öffentlichen Urkunden regelmäßig zu einer Strafbarkeit wegen intellektueller Urkundenfälschung führen kann, selbst wenn die Urkunde ansonsten formal korrekt ist.

Welche Rolle spielt der Vorsatz bei der intellektuellen Urkundenfälschung?

Im Unterschied zu fahrlässigen Falscheintragungen ist für die Strafbarkeit wegen intellektueller Urkundenfälschung stets Vorsatz erforderlich. Das bedeutet, der Täter muss bewusst und gewollt einen unrichtigen Inhalt beurkunden bzw. beurkunden lassen. Vorsätzliches Handeln umfasst sowohl das Wissen um die Unrichtigkeit des beurkundeten Sachverhalts als auch den Willen, diese Unrichtigkeit gegenüber Dritten als Wahrheit erscheinen zu lassen. Ein bloßer Irrtum oder eine fahrlässige Angabe führen in der Regel allenfalls zu disziplinarrechtlichen oder zivilrechtlichen Konsequenzen, nicht jedoch zur strafrechtlichen Verantwortlichkeit unter den Vorschriften der intellektuellen Urkundenfälschung.

Gibt es Ausnahmen, in denen eine inhaltlich unrichtige Urkunde trotz Strafbarkeit nicht verfolgt wird?

Ja, das deutsche Recht kennt auch im Bereich der intellektuellen Urkundenfälschung sogenannte Strafaufhebungs- oder Strafbefreiungsgründe. Hierbei handelt es sich vor allem um Fälle, in denen der Täter den Sachverhalt rechtzeitig offenbart oder rechtzeitig für die Korrektur der unwahren Urkunde sorgt, bevor ein Schaden entsteht oder ein Dritter auf die Richtigkeit vertraut. Außerdem kann im Einzelfall das Vorliegen eines besonders geringen Schuldgehalts dazu führen, dass von Strafe abgesehen wird (§ 60 StGB). Dies ist jedoch die Ausnahme und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Wie unterscheiden sich die Tatbestände der mittelbaren und der unmittelbaren intellektuellen Urkundenfälschung?

Bei der unmittelbaren intellektuellen Urkundenfälschung begeht der Aussteller selbst die inhaltlich falsche Beurkundung, zum Beispiel ein Amtsträger, der bewusst einen unwahren Umstand in das Protokoll schreibt. Die mittelbare intellektuelle Urkundenfälschung (§ 271 Abs. 1 StGB) liegt hingegen vor, wenn der Täter eine zur öffentlichen Beurkundung befugte Person – etwa durch Täuschung oder irreführende Angaben – dazu veranlasst, eine inhaltlich unwahre Urkunde auszustellen. Dadurch ist die Strafbarkeit auf Personen erweitert worden, die sich die inhaltlich unrichtige Urkunde gleichsam „verschaffen“, obwohl sie nicht selbst formell Aussteller sind.

Welche Folgen ergeben sich aus einer intellektuellen Urkundenfälschung zivilrechtlich?

Zivilrechtlich kann eine intellektuell gefälschte Urkunde verschiedene Konsequenzen haben: Sie ist gemäß § 125 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) regelmäßig nichtig, sofern es sich um eine wesentliche Voraussetzung für das Zustandekommen eines Rechtsgeschäfts handelt. Auch kann durch die Vorlage einer solchen Urkunde eine Täuschungshandlung mit Schadensersatz- oder Rückforderungsansprüchen verbunden sein (§ 823 BGB). Darüber hinaus kann die Rücknahme oder Anfechtung amtlicher oder behördlicher Entscheidungen möglich sein, wenn diese maßgeblich auf einer inhaltlich unwahren Urkunde basieren. Derartige Folgen sind jedoch immer einzelfallabhängig und hängen von der Bedeutung der Urkunde für das jeweilige Rechtsgeschäft ab.