Begriff und rechtlicher Charakter der Innung
Die Innung ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts, die sich regelmäßig aus selbständigen Handwerkern oder Gewerbetreibenden des gleichen oder eines verwandten Handwerks zusammensetzt. Innungen sind als freiwillige Zusammenschlüsse zur Wahrung gemeinsamer beruflicher Interessen gesetzlich geregelt. Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen für die Innung finden sich insbesondere in der Handwerksordnung (HwO).
Im deutschen Handwerksrecht sind Innungen ein zentrales Element der Selbstverwaltung des Handwerks. Sie erfüllen eine Vielzahl betriebsbezogener, standesbezogener und hoheitlicher Aufgaben, die zum Teil gesetzlich zugewiesen sind.
Gründung und Mitgliederstruktur der Innung
Voraussetzungen und Verfahren der Gründung
Nach § 52 HwO können mindestens sieben selbständige Handwerker desselben oder eines artverwandten Handwerks eine Innung bilden. Die Gründung erfordert eine schriftliche Satzung, die bestimmte Mindestinhalte aufweisen muss, wie die Benennung des Innungsbezirkes, die Regelung zu den Organen, zur Mitgliedschaft und zu den Beiträgen.
Die Anerkennung der Innung erfolgt durch die für das Handwerk zuständige Landesbehörde (meist Bezirksregierung oder Handwerkskammer), die die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben prüft und die Körperschaftsrechte verleiht.
Mitgliederstatus und Arten der Mitgliedschaft
Mitglied einer Innung kann grundsätzlich jeder selbständige Handwerker werden, der das betreffende Handwerk des Innungsbezirks als stehendes Gewerbe betreibt und in die Handwerksrolle eingetragen ist. Die Mitgliedschaft ist freiwillig, dennoch entstehen mit ihr diverse Rechte und Pflichten, etwa die Teilnahme an der Selbstverwaltung, Zahlung von Beiträgen und Mitwirkung an Innungsveranstaltungen.
Rechtsstellung der Innung
Körperschaftsstatus
Die Innung besitzt den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts mit gesetzlich geregelter Autonomie. Sie ist rechtsfähig, kann eigene Satzungen erlassen, Vermögen bilden und Verträge abschließen. Innungen unterliegen der Fachaufsicht der zuständigen öffentlichen Behörde.
Satzung und Selbstverwaltung
Nach den Vorschriften der HwO ist die Innung verpflichtet, eine Satzung zu beschließen und fortlaufend anzupassen. Diese Satzung bildet die Grundlage für die Selbstverwaltung der Innung, regelt interne Abläufe, Wahl und Zusammensetzung der Organe sowie Datenschutz und Disziplinarangelegenheiten.
Vermögens- und Geschäftsfähigkeit
Als Körperschaft verwaltet die Innung ihr Vermögen eigenverantwortlich und trägt Verantwortung für die finanziellen Angelegenheiten der Gemeinschaft. Sie kann Beschäftigte anstellen und in eigenem Namen am Rechtsverkehr teilnehmen.
Aufgaben und Befugnisse der Innung
Pflichtaufgaben und freiwillige Aufgaben
Pflichtaufgaben
Nach § 54 HwO hat die Innung insbesondere folgende Aufgaben:
- Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen ihrer Mitglieder
- Überwachung der Einhaltung des Lauterkeitsrechts sowie der Berufsausübung
- Durchführung der Lehrlingsausbildung einschließlich der Organisation und Abnahme von Zwischen- und Gesellenprüfungen (über die Gesellenprüfungsausschüsse)
- Vermittlung bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedern oder zwischen Mitgliedern und deren Kunden
Freiwillige Aufgaben
Zusätzlich kann die Innung vielfältige freiwillige Aufgaben übernehmen, etwa Organisation von Fortbildungen, Öffentlichkeitsarbeit, Interessenvertretungen gegenüber Behörden und Institutionen oder Förderung der Zusammenarbeit innerhalb des Handwerks.
Ordnungsbefugnisse
Im Rahmen ihrer Satzung kann eine Innung berufsrechtliche Ordnungsmaßnahmen verhängen, sofern Mitglieder hiergegen verstoßen, beispielsweise durch Ermahnungen oder Verwarnungen. Klare Vorgaben zum Disziplinarverfahren müssen in der Satzung festgelegt sein.
Organe und Verwaltung der Innung
Organe der Innung
Gesetzlich vorgeschriebene Organe sind:
- Obermeister: Repräsentant und Vorsitzender der Innung, gesetzlicher Vertreter.
- Vorstand: Leitendes Kollegialorgan, verantwortet die Führung der Innungsangelegenheiten, erstellt den Haushalt und bereitet Beschlüsse vor.
- Mitgliederversammlung: Höchstes Organ; hier werden zentrale Beschlüsse zu Satzung, Beiträgen und wichtigen Entscheidungen getroffen.
- Ausschüsse (z. B. Gesellenprüfungsausschuss): Zuständig etwa für Prüfungen, Ausbildungsfragen oder bestimmte Rechtsangelegenheiten.
Vertretung und Rechtsmittel
Die Innung wird gerichtlich und außergerichtlich durch den Obermeister und ein weiteres Vorstandsmitglied vertreten. Die Entscheidungen der Organe können, sofern satzungsmäßig vorgesehen, durch interne Rechtsmittel überprüft werden. Gegenstandsbezogene Beschlüsse sind anfechtbar.
Aufsicht, Gemeinwohlbindung und Beendigung der Innung
Aufsicht und Kontrolle
Den Innungen steht eine öffentliche Aufsicht gegenüber, die ihren Sitz in den jeweiligen Landesbehörden hat. Die Aufsicht erstreckt sich im Wesentlichen auf die Beachtung der bestehenden Gesetze, Satzungserfüllung und ordnungsgemäße Erfüllung der übertragenen Aufgaben.
Gemeinwohlbindung
Als Körperschaften des öffentlichen Rechts ist die Innung stets an Recht und Gesetz sowie an die Prinzipien des Gemeinwohls gebunden. Sie muss ihre Aufgaben im Einklang mit den allgemeinen Interessen des Handwerks und der Öffentlichkeit erfüllen.
Auflösung und Liquidation
Die Auflösung einer Innung erfolgt durch Beschluss der Mitgliederversammlung und nach Maßgabe der Satzung oder durch behördliche Entscheidung, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Mit Beendigung der Innung erfolgt die Liquidation nach satzungsmäßigen Bestimmungen. Das verbleibende Vermögen wird regelmäßig gemeinnützigen oder handwerksfördernden Zwecken zugeführt.
Innung und übergeordnete Handwerksorganisationen
Verhältnis zu Kreishandwerkerschaften und Handwerkskammern
Mehrere Innungen eines Bezirks schließen sich in Kreishandwerkerschaften zusammen, die wiederum bestimmte gemeinsame Aufgaben der Interessenvertretung übernehmen. Die Handwerkskammern haben wiederum eine Dachfunktion und üben die Aufsicht und Koordination für das Handwerkswesen in einem Bundesland aus.
Einbindung in das duale System der Berufsausbildung
Die Innung nimmt eine Schlüsselrolle in der Organisation und Betreuung der Berufsausbildung ein. Sie bestellt oftmals die Prüfungsausschüsse und ist damit maßgeblich an der Durchführung der handwerklichen Ausbildungsprüfungen beteiligt.
Literatur- und Rechtsquellenhinweise
Rechtsgrundlagen:
- Handwerksordnung (HwO), insbesondere §§ 52-66 HwO
- Satzungen und Ordnungen der einzelnen Innungen
Weiterführende Informationen:
- Gesetzestexte des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie
- Veröffentlichungen und Stellungnahmen der jeweiligen Landeshandwerkskammern
- Rechtswissenschaftliche Literatur zur Handwerksverfassung und Berufsautonomie
Durch ihren besonderen rechtlichen Status und die Vielzahl der übertragenen Aufgaben sind Innungen ein zentrales Element in der Organisation des Handwerks in Deutschland und erfüllen sowohl gemeinwohlbezogene als auch mitgliedsorientierte Funktionen auf der Grundlage des öffentlichen Rechts.
Häufig gestellte Fragen
Wer kann Mitglied einer Innung werden und welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein?
Mitglied einer Innung können grundsätzlich selbstständige Handwerksmeister sowie Inhaber von handwerksähnlichen Betrieben werden, die das betreffende Handwerk innerhalb des Bezirkes der Innung ausüben. Rechtlich normiert ist dies insbesondere in der Handwerksordnung (HwO), die genau regelt, welche Qualifikationen für eine Aufnahme erforderlich sind. Die Aufnahme eines Mitgliedes erfolgt aufgrund eines schriftlichen Antrages. Die Innung entscheidet in ihrer Mitgliederversammlung über die Aufnahme, kann diese jedoch auch aus wichtigen Gründen ablehnen, etwa wenn ein Bewerber nicht die für das betreffende Handwerk vorgeschriebenen Voraussetzungen nach der HwO erfüllt oder schwerwiegende rechtliche oder ethische Bedenken gegen seine Mitgliedschaft bestehen. Die genauen Regularien werden üblicherweise in der Satzung der jeweiligen Innung festgelegt. Es besteht kein gesetzlicher Aufnahmezwang, sodass die Innung ihren Ermessensspielraum im Rahmen des rechtlichen Rahmens geltend machen kann.
Wie ist die Rechtsform einer Innung geregelt und welche rechtlichen Implikationen ergeben sich daraus?
Eine Innung ist eine rechtsfähige Körperschaft des öffentlichen Rechts. Gemäß § 52 HwO erlangt die Innung ihre Rechtsfähigkeit durch die Genehmigung der Satzung durch die zuständige Handwerkskammer und die Eintragung in das Verzeichnis der Handwerkskammer. Als Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzt sie Hoheitsrechte und kann Satzungen erlassen, die für ihre Mitglieder verbindlich sind. Sie ist rechtlich eigenständig, kann also klagen und verklagt werden, eigene Verträge abschließen sowie Vermögen erwerben und verwalten. Gleichzeitig unterliegt sie – als Teil der mittelbaren Staatsverwaltung – der Rechtsaufsicht der Handwerkskammer, die insbesondere die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben, der Satzung sowie ordnungsgemäßer Geschäftsführung überwacht.
Welche rechtlichen Pflichten ergeben sich für Mitglieder einer Innung?
Mitglieder einer Innung sind rechtlich verpflichtet, die innungsrechtlichen Vorschriften zu befolgen, insbesondere die Satzung, Beschlüsse der Mitgliederversammlung sowie die Beitragsordnung einzuhalten. Dazu zählt in der Regel die Zahlung von Mitgliedsbeiträgen und Umlagen zur Finanzierung der Innungsaufgaben. Außerdem besteht die Pflicht zur Mitwirkung bei der Durchführung der Innungsaufgaben, wie z. B. die Bereitstellung von Lehrstellen im Rahmen der Ausbildungsförderung. Bei Verstößen kann die Innung gemäß ihrer Satzung Ordnungsmaßnahmen wie Verwarnungen, Geldbußen oder im äußersten Fall den Ausschluss aussprechen, wobei der Rechtsweg für das betroffene Mitglied offen steht.
Wie werden Streitigkeiten innerhalb oder mit der Innung rechtlich geregelt?
Streitigkeiten innerhalb der Innung oder zwischen Mitgliedern und der Innung werden in erster Linie intern beigelegt, etwa durch einen Schlichtungsausschuss der Innung, sofern die Satzung dies vorsieht. Kommt es zu keiner Einigung oder betrifft der Streit grundlegende Rechtsfragen, steht Mitgliedern und der Innung der ordentliche Rechtsweg offen. In der Regel sind hierfür die Verwaltungsgerichte zuständig, da die Innung als Körperschaft des öffentlichen Rechts agiert. Es besteht die Möglichkeit, Entscheidungen der Innung anzufechten, insbesondere wenn Mitgliedschaftsrechte oder -pflichten streitig sind oder Ordnungsmaßnahmen als unverhältnismäßig angesehen werden. Für bestimmte Fragen (z.B. Beitragspflichten) können auch Zivilgerichte zuständig sein.
Welche Aufsicht besteht über die Innung aus rechtlicher Sicht?
Die Innung unterliegt der Rechtsaufsicht der zuständigen Handwerkskammer gemäß § 64 HwO. Ziel dieser Aufsicht ist die Sicherstellung, dass die Innung ihre Aufgaben nach Gesetz und Satzung ordnungsgemäß erfüllt und keine rechtswidrigen Beschlüsse fasst. Die Handwerkskammer kann Beschlüsse oder Maßnahmen der Innung aufheben, wenn diese gegen geltendes Recht oder die Satzung verstoßen. Darüber hinaus ist die Gründung und Satzungsänderung der Innung stets genehmigungspflichtig durch die Handwerkskammer.
Welche gesetzlichen Aufgaben darf oder muss eine Innung übernehmen?
Die gesetzlichen Pflichten und Befugnisse der Innung leiten sich aus der Handwerksordnung ab. Wesentliche Aufgaben sind die Förderung gemeinsamer gewerblicher Interessen ihrer Mitglieder, die Unterstützung der betrieblichen Ausbildung (z. B. durch Organisation oder Durchführung von Gesellenprüfungen), die Regelung und Überwachung der Berufsausbildung sowie die Förderung neuer Technologien und des Erfahrungsaustauschs. Die Innung kann auf Antrag auch ein Lehrlingswesen einrichten und darüber hinaus Tarife oder Richtlinien für Arbeitsleistungen und Preise erarbeiten, jedoch nur in gesetzlich erlaubtem Rahmen. Sie darf nicht in den Wettbewerb oder in Rechte Dritter unzulässig eingreifen und ist zur Neutralität gegenüber nicht angeschlossenen Betrieben verpflichtet.
Welche Möglichkeiten der rechtlichen Haftung bestehen für die Innung und ihre Organe?
Die Innung als juristische Person haftet grundsätzlich mit ihrem Vermögen für alle im Rahmen ihrer Aufgaben vorgenommenen Handlungen. Die Organe der Innung, insbesondere der Vorstand, können persönlich haftbar gemacht werden, wenn sie satzungswidrig, fahrlässig oder vorsätzlich zum Schaden der Innung oder Dritter handeln. In der Praxis wird jedoch regelmäßig eine Vereinshaftung relevant. Daneben besteht eine Pflichtversicherung zur Abdeckung etwaiger Haftungsrisiken meist nicht, sodass dies freiwillig durch die Innung geregelt wird. Mitglieder haften grundsätzlich nicht persönlich für Verbindlichkeiten der Innung, es sei denn, sie haben sich im Einzelfall selbst verpflichtet.