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Inkassozession


Begriff und grundsätzliche Bedeutung der Inkassozession

Die Inkassozession ist ein Begriff aus dem Zivilrecht, der die Übertragung einer Forderung zum Zweck des Einzugs durch einen neuen Gläubiger bezeichnet. Hierbei wird die Forderung nicht endgültig auf den neuen Gläubiger übertragen, sondern dieser erhält lediglich die Befugnis und das Recht, die Forderung im eigenen Namen für Rechnung des ursprünglichen Gläubigers geltend zu machen. Die Inkassozession stellt ein besonderes Rechtsinstitut im Rahmen der Sicherungszession und Factoring-Modelle dar und wird besonders im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr verwendet, um offene Forderungen effizient einzuziehen.

Rechtliche Grundlagen der Inkassozession

Gesetzliche Regelung und Abgrenzung

Die Inkassozession findet ihre rechtlichen Grundlagen in den allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Abtretung von Forderungen (§§ 398 ff. BGB). Gegenüber der echten (vollwertigen) Abtretung unterscheidet sich die Inkassozession dadurch, dass die eingezogene Forderung zwar formal auf den Zessionar (Forderungserwerber) übergeht, dieser jedoch zur Abführung des Erlöses an den Zedenten (ursprünglichen Gläubiger) verpflichtet bleibt. Die Abtretung erfolgt in der Regel still, d.h. ohne Offenlegung gegenüber dem Schuldner, sofern keine vertraglichen oder gesetzlichen Offenlegungspflichten bestehen.

Vertragsparteien und Beteiligte

Die Inkassozession betrifft regelmäßig drei Parteien:

  • Zedent: Der ursprüngliche Forderungsinhaber, der die Forderung abtritt.
  • Zessionar: Der Forderungserwerber (zumeist ein Inkassounternehmen), der die Forderung zum Zwecke des Einzugs übernimmt.
  • Schuldner: Die Person, gegen die sich die Forderung richtet.

Typische Ausgestaltung der Inkassozession

Die Inkassozession wird oft in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) von Unternehmen oder in gesonderten Inkassoverträgen vereinbart. Sie dient häufig der Optimierung des Forderungsmanagements, der Liquiditätsbeschaffung sowie der Entlastung von Unternehmen beim Forderungseinzug.

Unterscheidung zu anderen Zessionstypen

Sicherungszession

Im Unterschied zur Sicherungszession, bei der die Forderung als Sicherheit für eine bestehende Verbindlichkeit dient und dem Sicherungsnehmer ausgezahlte Beträge grundsätzlich zustehen, erfolgt die Inkassozession ausdrücklich nur zur Einziehung und Erfüllung der abgetretenen Forderung, wobei eine Abrechnung gegenüber dem Zedenten erfolgt.

Voraus- und Globalzession

Die Vorauszession bezeichnet die Sicherheit für künftig entstehende Forderungen, während die Globalzession einen breiteren Kreis mehrerer Forderungen beinhaltet. Die Inkassozession ist in der Regel auf die einzelne benannte Forderung beschränkt, kann jedoch auch im Rahmen von Factoring-Modellen Teil umfangreicherer Rechtshandlungen sein.

Auswirkungen der Inkassozession

Rechtsfolgen für den Zedenten

Die Abtretung der Forderung zur Einziehung bewirkt, dass der Zedent die Gläubigerstellung verliert, solange die Forderung nicht zurückabgetreten oder die Inkassovollmacht nicht widerrufen wird. Der Zedent bleibt wirtschaftlicher Berechtigter am einzuziehenden Erlös und hat Anspruch auf Abrechnung und Auszahlung der eingezogenen Beträge durch den Zessionar.

Rechtsfolgen für den Zessionar

Der Zessionar ist rechtlich und tatsächlich zur Durchsetzung der Forderung im eigenen Namen berechtigt. Er handelt jedoch im Inseresse des Zedenten und ist bezüglich der vereinnahmten Beträge abrechnungspflichtig. Hierbei ist der Zessionar verpflichtet, das Inkassorisiko und die Einhaltung der vertraglich vorgegebenen Handlungsrahmen zu beachten.

Rechtsfolgen für den Schuldner

Im Fall der Offenlegung muss der Schuldner künftig an den Zessionar leisten und kann mit Einwendungen, die sich auf das ursprüngliche Schuldverhältnis beziehen, weiterhin auftreten. Wurde die Abtretung nicht offengelegt, bleibt für den Schuldner der Zedent bis zur Mitteilung der Abtretung seines Gläubigers.

Schutzmechanismen und Grenzen der Inkassozession

Beschränkungen und Verbote der Abtretung

Bestimmte Forderungen sind nach Gesetz oder Vereinbarung nicht abtretbar (§ 399 BGB). Dies kann insbesondere im Arbeitsrecht (Lohnforderungen) und bei höchstpersönlichen Ansprüchen der Fall sein.

Einwendungen und Einreden des Schuldners

Gemäß § 404 BGB kann der Schuldner dem neuen Forderungsinhaber (Zessionar) alle Einwendungen entgegenhalten, die er auch gegenüber dem ursprünglichen Gläubiger hatte.

Missbrauchs- und AGB-Kontrolle

Die Gestaltung von Inkassozessionen unterliegt der AGB-Kontrolle (§§ 305 ff. BGB). Unzulässige Benachteiligungen des Zedenten, insbesondere hinsichtlich Abrechnungs- und Informationspflichten, können zur Unwirksamkeit einzelner Klauseln führen.

Inkassozession im internationalen Kontext

Gerade im internationalen Geschäftsverkehr findet die Inkassozession Anwendung, um Forderungen grenzüberschreitend geltend zu machen. Hier gelten neben den nationalen zivilrechtlichen Vorschriften gegebenenfalls auch die Regelungen der Europäischen Union, wie etwa die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I) hinsichtlich des anwendbaren Rechts.

Zusammenfassung

Die Inkassozession ist ein bedeutsames Instrument im Forderungsmanagement, das die Übertragung von Forderungen zum Einzug durch einen Dritten ermöglicht. Sie ist von anderen Formen der Zession wie der Sicherungszession, Vorauszession und Globalzession abzugrenzen und unterliegt besonderen rechtlichen Anforderungen. Die korrekte Anwendung und vertragliche Gestaltung der Inkassozession gewährleistet sowohl die Wirksamkeit der Abtretung als auch die Schutzmechanismen für alle beteiligten Parteien. Im Geschäftsleben trägt die Inkassozession zur Effizienzsteigerung und Liquiditätssicherung bei und bleibt ein wesentliches Element des modernen Zivilrechts.

Häufig gestellte Fragen

Welche Formvorschriften sind bei der Inkassozession zu beachten?

Für die Inkassozession gelten grundsätzlich keine besonderen gesetzlichen Formvorschriften. Nach deutschem Recht, insbesondere § 398 BGB, kann eine Forderung durch ein sogenanntes Abtretungsgeschäft formlos abgetreten werden, sofern nicht gesetzlich oder vertraglich eine besondere Form, etwa Schriftform, vorgesehen ist. Es empfiehlt sich jedoch aus Beweisgründen in der Praxis stets eine schriftliche Dokumentation der Zessionsvereinbarung zu erstellen, insbesondere zur Bestimmung des Umfangs der abgetretenen Forderung sowie zur Festlegung etwaiger Nebenrechte. In besonderen Konstellationen, wie bei der Abtretung von Verbraucherdarlehen nach § 492 BGB oder Forderungen, die durch Grundschulden gesichert sind, können zusätzliche Formvorschriften greifen.

Welche Rechte und Pflichten verbleiben beim ursprünglichen Gläubiger nach der Inkassozession?

Nach einer Inkassozession, bei welcher die Forderung an einen Dritten (Zessionar) zum Zweck der Einziehung (Inkasso) übertragen wird, geht das Recht zur Geltendmachung der Forderung grundsätzlich auf den Zessionar über. Der ursprüngliche Gläubiger (Zedent) verliert dieses Recht und ist regelmäßig verpflichtet, alles zu unterlassen, was die Realisierung der abgetretenen Forderung gefährden könnte. Allerdings können vertraglich abweichende Vereinbarungen getroffen werden, etwa zur Rückabtretung bei Uneinbringlichkeit oder unvollständiger Einziehung. Der Zedent ist weiterhin verpflichtet, dem Zessionar alle notwendigen Auskünfte und Unterlagen zu erteilen, die für die Durchsetzung der Forderung erforderlich sind. Im Hinblick auf den Schuldner hat der Zedent nach Vertragsschluss keine weiteren Pflichten, sofern keine besondere Abrede (z. B. im Rahmen eines unechten Factoring) vorhanden ist.

Muss der Schuldner über die Inkassozession informiert werden?

Im deutschen Zivilrecht ist die Wirksamkeit der Inkassozession gegenüber dem Schuldner nicht an eine Mitteilung gebunden. Die Abtretung wird bereits mit dem Abschluss des Abtretungsvertrages zwischen Zedent und Zessionar wirksam. Allerdings hat die Abtretungsanzeige eine erhebliche Auswirkung auf die Zahlungspflicht des Schuldners: Nach Zugang der Anzeige muss der Schuldner mit befreiender Wirkung nur noch an den neuen Gläubiger, also den Zessionar, zahlen (§ 409 Abs. 1 BGB). Erhält der Schuldner keine Mitteilung, kann er weiterhin mit Wirkung für und gegen den Zessionar an den Zedenten zahlen. Im Inkassobereich ist es gängige Praxis, den Schuldner über die erfolgte Abtretung zu informieren, um Missverständnisse auszuschließen und die rechtssichere Einziehung zu ermöglichen.

Welchen Schutz genießt der Schuldner bei einer Inkassozession?

Der Schuldner ist durch verschiedene gesetzliche Regelungen vor Nachteilen durch eine Inkassozession geschützt. Insbesondere kann der Schuldner dem Zessionar alle Einreden und Einwendungen entgegensetzen, die ihm zum Zeitpunkt der Abtretung gegen den ursprünglichen Gläubiger zustanden (§ 404 BGB). Dazu gehört z. B. die Einrede der Verjährung oder die Möglichkeit der Aufrechnung mit Gegenforderungen. Ferner schützt § 407 BGB den Schuldner, wenn er in Unkenntnis der Abtretung an den alten Gläubiger leistet; diese Leistung wirkt dann auch gegenüber dem neuen Gläubiger befreiend. Somit bleibt die Rechtsposition des Schuldners durch die Zession im Regelfall gewahrt, insbesondere kann er sich nicht schlechter stellen, als ohne die Abtretung.

Kann der Schuldner einer Inkassozession widersprechen oder sie verhindern?

Grundsätzlich kann der Schuldner die Abtretung seiner Forderung durch den Gläubiger nicht verhindern, sofern keine gesetzlichen oder vertraglichen Abtretungsverbote (z. B. § 399 BGB) vereinbart wurden. Existiert ein Abtretungsverbot, ist eine Zession unwirksam. In bestimmten Fällen, wie bei der Zession höchstpersönlicher Rechte oder bei gesetzlichen Abtretungsverboten (beispielsweise bei Sozialleistungen), ist eine Abtretung ausgeschlossen. Der Schuldner kann jedoch nach Kenntnisnahme der Zession seine Einreden und Einwendungen gegen den neuen Gläubiger geltend machen und ggf. prüfen, ob ein vertraglich vereinbartes Abtretungsverbot vorliegt, das der Inkassozession entgegensteht.

Haftet der Zedent gegenüber dem Zessionar für den Bestand und die Einbringlichkeit der Forderung?

Die gesetzliche Regelung in § 398 BGB unterscheidet hinsichtlich der Haftung zwischen dem rechtlichen Bestand und der tatsächlichen Einbringlichkeit der abgetretenen Forderung. Der Zedent haftet grundsätzlich nur für den rechtlichen Bestand der Forderung, nicht für deren Einbringlichkeit (solvency), es sei denn, dass dies ausdrücklich vereinbart wurde (§ 437 BGB analog). Im Rahmen eines „echten“ Forderungskaufs (echtes Factoring) kann die Gewährleistungspflicht des Zedenten durch individuelle Verabredungen erweitert werden, etwa durch eine Garantie für die Zahlungsfähigkeit des Schuldners (Delkrederehaftung). Im Rahmen der Inkassozession bleibt es ohne besondere Vereinbarung bei der Haftung für den rechtlichen Bestands der Forderung.