Begriff und rechtlicher Rahmen des Immobilienfonds
Ein Immobilienfonds ist ein Investmentfonds, dessen Vermögen überwiegend in Grundstücke, Gebäude oder grundstücksgleiche Rechte investiert wird. Immobilienfonds stellen eine bedeutende Anlageform im Bereich der kollektiven Vermögensverwaltung dar und unterliegen in Deutschland zahlreichen gesetzlichen und aufsichtsrechtlichen Regelungen. Der folgende Artikel beleuchtet Immobilienfonds aus umfassender rechtlicher Sicht, beschreibt ihre Ausgestaltungen, die relevanten gesetzlichen Grundlagen sowie die Besonderheiten bei Verwaltung, Aufsicht und Besteuerung.
Grundformen und Struktur von Immobilienfonds
Offene Immobilienfonds
Offene Immobilienfonds sind Investmentfonds, bei denen Anteile von Anlegerinnen und Anlegern grundsätzlich jederzeit an die Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) zurückgegeben werden können. Die rechtlichen Grundlagen finden sich im Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), insbesondere §§ 230 ff. KAGB. Sie richten sich regelmäßig sowohl an private als auch an institutionelle Anleger und müssen in Sachwerte mit dem Schwerpunkt Immobilien investieren.
Merkmale:
- Anteilseigner erhalten keine Eigentumsrechte an den einzelnen Immobilien, sondern lediglich einen Anspruch auf Beteiligung am Fondsvermögen.
- Sie unterliegen gesetzlichen Halte- und Rückgabefristen (u.a. Mindesthaltefrist von zwei Jahren, Rückgabefrist von zwölf Monaten nach §§ 255 ff. KAGB), um Rückgabe- und Liquiditätsrisiken zu minimieren.
Geschlossene Immobilienfonds
Bei geschlossenen Immobilienfonds handelt es sich um eine Form der unternehmerischen Beteiligung. Sie investieren in der Regel in ein oder wenige Immobilienprojekte. Nach dem Platzieren des geplanten Eigenkapitals ist eine Beteiligung weiterer Anleger ausgeschlossen und der Fonds somit „geschlossen“. Die rechtliche Ausgestaltung erfolgt meist in der Form einer Kommanditgesellschaft (KG).
Merkmale:
- Anleger werden regelmäßig mittelbare Miteigentümer bzw. Kommanditisten der Fondsgesellschaft.
- Die Fondsobjekte werden nach Realisierung während der vereinbarten Laufzeit gehalten und später veräußert, anschließend erfolgt die Liquidation des Fonds.
- Eine Rücknahme von Anteilen während der Laufzeit ist nicht vorgesehen.
Gesetzliche Grundlagen
Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB)
Das KAGB bildet die wesentliche gesetzliche Grundlage für Investmentvermögen und damit auch für Immobilienfonds in Deutschland. Es regelt unter anderem:
- die Zulassung und Organisation der Kapitalverwaltungsgesellschaften,
- die Anforderungen an die Verwaltung von offenen und geschlossenen Immobilienfonds,
- den Anlegerschutz, insbesondere Anforderungen an die Transparenz und das Risikomanagement.
Investmentsteuergesetz (InvStG)
Das InvStG regelt die steuerliche Behandlung von Erträgen aus Immobilienfonds, sowohl auf Ebene der Kapitalanlagegesellschaften als auch auf Ebene der Anleger. Für offene Immobilienfonds gelten hierbei spezifische Besteuerungsgrundsätze, insbesondere hinsichtlich der sogenannten Teilfreistellung und der inländischen und ausländischen Immobilienerträge.
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und Gesellschaftsrecht
Bei geschlossenen Immobilienfonds, die typischerweise als Personengesellschaft (Kommanditgesellschaft) organisiert sind, finden die allgemeinen Regelungen des BGB und des Handelsgesetzbuchs (HGB) ergänzend Anwendung, insbesondere zu Gesellschaftsverträgen, Vertretung sowie zu Haftungsfragen der Investoren.
Aufsichtsrechtliche Anforderungen
Rolle und Pflichten der Kapitalverwaltungsgesellschaften
Immobilienfonds dürfen nur von lizenzierten Kapitalverwaltungsgesellschaften aufgelegt und verwaltet werden. Zu den Hauptpflichten gehören:
- ordnungsgemäße Verwaltung des Fondsvermögens,
- Risikomanagement,
- Einhaltung der gesetzlichen Anlagegrenzen,
- laufende Berichterstattung an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und die Anleger.
Verwahrstellen und Kontrolle
Für die Verwahrung und Überwachung der Vermögensgegenstände ist eine unabhängige Verwahrstelle zu bestellen. Diese überwacht unter anderem die Einhaltung rechtlicher Vorgaben bezüglich der Mittelverwendung und Vermögensbewertung (§§ 80 ff. KAGB).
Anlegerschutz
Der Gesetzgeber hat umfangreiche Transparenzpflichten, Informations- und Berichtspflichten vorgesehen. Anleger erhalten regelmäßig Berichte, die über die Zusammensetzung des Fondsvermögens, Wertentwicklung, Risiken und Kostenstrukturen informieren.
Immobilienfonds im internationalen Kontext
Europarechtliche Vorgaben
Immobilienfonds unterliegen europaweit einheitlichen Regeln, insbesondere durch die OGAW- (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren) und AIFM-Richtlinie (Alternative Investment Fund Managers Directive). Die Umsetzung in nationales Recht erfolgt in Deutschland primär durch das KAGB.
Ausländische Immobilien im Fonds
Erwirbt ein Fonds Immobilien im Ausland, beeinflussen ausländische Rechtsordnungen und steuerliche Vorgaben die Verwaltung, Besteuerung und Veräußerung solcher Objekte. Die internationale Diversifikation erfordert zudem die Einhaltung zusätzlicher Berichtspflichten nach internationalen Standards.
Wesentliche rechtliche Aspekte der Anlegerbeteiligung
Gesellschafts- und Haftungsfragen
Bei offenen Immobilienfonds beschränkt sich das Risiko auf das eingesetzte Kapital. Bei geschlossenen Immobilienfonds kann unter Umständen eine Nachschusspflicht bestehen, abhängig vom Gesellschaftsvertrag und der Rechtsform.
Anlegerrechte
Anleger haben Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung ihres Fondsvermögens, auf klare und verständliche Informationen sowie auf ordnungsgemäße Ausschüttung von Erträgen. Streitfälle werden regelmäßig vor ordentlichen Gerichten und gegebenenfalls durch Schlichtungsstellen oder Ombudsmänner behandelt.
Steuerliche Behandlung von Immobilienfonds
Besteuerung von inländischen und ausländischen Anlegern
Offene Immobilienfonds unterliegen seit 2018 einer neuen steuerlichen Systematik. Die Fondsebene ist grundsätzlich steuerpflichtig, Anleger werden nur noch für Ausschüttungen und sogenannte Vorabpauschalen besteuert. Bei geschlossenen Fonds erfolgt die Besteuerung regelmäßig auf Ebene der Gesellschaft und anteilig bei den Gesellschaftern.
Besonderheiten und Doppelbesteuerungsabkommen
Erträge aus ausländischen Immobilien unterliegen ggf. der Besteuerung auch im Belegenheitsstaat der Immobilie. Bei grenzüberschreitenden Investments kommen häufig Doppelbesteuerungsabkommen zur Anwendung, um eine Mehrfachbesteuerung zu vermeiden.
Risikomanagement und Transparenzpflichten
Immobilienfonds müssen ihrem Risikomanagement besondere Aufmerksamkeit widmen:
- Risikostreuung durch Diversifikation mehrerer Objekte
- Regelmäßige, unabhängige Wertermittlung der Immobilienobjekte
- Einhaltung der gesetzlichen Anlagegrenzen nach KAGB (insbesondere für offene Fonds)
Die Transparenzpflichten umfassen vor allem:
- Emissionsprospekte und Anlagebedingungen
- Jahres- und Halbjahresberichte
- Risikoaufklärung und fortlaufende Veröffentlichung wesentlicher Informationen
Schlussbemerkung
Immobilienfonds stellen unter Berücksichtigung ihres rechtlichen Rahmens eine wesentliche und vielfältige Form der kollektiven Kapitalanlage dar. Die umfangreiche Regulierung bietet einen hohen Grad an Anlegerschutz, erfordert jedoch auch umfassende Compliance und Informationspflichten seitens der Verwaltungsgesellschaften. Die Auswahl und Beteiligung an Immobilienfonds sollte stets unter Berücksichtigung der jeweiligen Fondsform, der rechtlichen Rahmenbedingungen und individueller Risikopräferenzen erfolgen.
Dieser Artikel bietet einen rechtlich fundierten Überblick über Immobilienfonds und deren umfassende gesetzliche Behandlung in Deutschland.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist rechtlich zur Verwaltung eines Immobilienfonds berechtigt?
Die Verwaltung eines Immobilienfonds in Deutschland darf gemäß dem Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) ausschließlich von einer Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) vorgenommen werden. Die KVG muss eine entsprechende Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) besitzen. Dabei unterliegt sie umfangreichen aufsichtsrechtlichen Pflichten und Anforderungen, insbesondere hinsichtlich der Organisationsstruktur, der Qualifikation der Geschäftsleiter sowie der Kapitalausstattung. Die KVG ist verantwortlich für die Einhaltung der Anlagegrenzen, die korrekte Bewertung der Immobilien, die laufende Überwachung des Fondsvermögens sowie das Risikomanagement. Zudem ist sie verpflichtet, die Interessen der Anleger wahrzunehmen und den Fonds ordnungsgemäß zu verwalten. Im Rahmen der Verwahrung der Vermögenswerte muss die KVG mit einer unabhängigen Verwahrstelle zusammenarbeiten, die insbesondere Kontroll- und Überwachungsfunktionen gegenüber der KVG wahrnimmt.
Welche rechtlichen Pflichten treffen die Anbieter von Immobilienfonds im Hinblick auf Informationspflichten gegenüber Anlegern?
Anbieter von Immobilienfonds sind rechtlich verpflichtet, Anleger umfassend und transparent über sämtliche wesentlichen Aspekte des Fonds zu informieren. Dies umfasst insbesondere die Bereitstellung von Verkaufsprospekten, wesentlichen Anlegerinformationen (wAI/KIID), Rechenschafts- und Halbjahresberichten sowie Ad-hoc-Mitteilungen bei wesentlichen Ereignissen. Die Informationsunterlagen müssen nach den Vorgaben des KAGB und ergänzender Verordnungen erstellt, regelmäßig aktualisiert und der BaFin vorgelegt werden. Die Informationspflichten dienen dem Schutz der Anleger und sollen sicherstellen, dass diese eine fundierte Anlageentscheidung treffen können. Fehlerhafte, unvollständige oder irreführende Informationen können zu Schadensersatzansprüchen führen und verwaltungsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Welche besonderen Schutzmechanismen bestehen für Anleger gemäß KAGB?
Das Kapitalanlagegesetzbuch sieht verschiedene Schutzmechanismen für Anleger vor. So muss das Vermögen des Immobilienfonds von dem Eigenvermögen der KVG getrennt und bei einer Verwahrstelle (in der Regel eine Depotbank) hinterlegt werden (Trennungsprinzip). Darüber hinaus gelten strenge Anforderungen an die Risikostreuung, so dass nur ein bestimmter Anteil des Fondsvermögens in ein einzelnes Objekt investiert werden darf. Es bestehen klar regulierte Verfahren für die Bewertung der Immobilien sowie für Rückgaben und die Aussetzung der Anteilsrücknahme bei offenen Immobilienfonds. Ferner gibt es umfangreiche Publizitäts- und Transparenzpflichten sowie ein gesetzliches Verbot von Interessenkonflikten. Die Einhaltung dieser Schutzmechanismen wird regelmäßig von der BaFin überprüft.
Welche haftungsrechtlichen Besonderheiten gelten bei Immobilienfonds?
Die Kapitalverwaltungsgesellschaft haftet gegenüber dem Fonds und den Anlegern bei Pflichtverletzungen, insbesondere bei einer schuldhaften Verletzung von Sorgfalts- oder Treuepflichten. Ebenso haftet die Verwahrstelle bei Verlusten des verwahrten Vermögens, es sei denn, die Verluste sind auf äußere, nicht beherrschbare Umstände zurückzuführen. Im Schadenfall können Anleger gegen die KVG oder die Verwahrstelle Ansprüche geltend machen. Die Haftung erstreckt sich in der Regel nicht über das Fondsvermögen hinaus, das heißt, Anleger haften regelmäßig nur mit ihrer Einlage und nicht persönlich.
Wie erfolgt die aufsichtsrechtliche Kontrolle von Immobilienfonds?
Immobilienfonds unterliegen der laufenden Aufsicht durch die BaFin, wobei sämtliche Emissionen, Vertriebsaktivitäten und Änderungen am Fonds (z.B. Verschmelzungen, Wechsel der KVG) der behördlichen Genehmigung oder Anzeige bedürfen. Die BaFin kontrolliert die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften durch regelmäßige und anlassbezogene Prüfungen, forderte Berichte und die Vorlage aller wesentlichen Verträge und Dokumente. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Bewertung der Immobilien und der Einhaltung der Anlagegrenzen. Bei Verstößen kann die BaFin Maßnahmen bis hin zur Rücknahme der Erlaubnis oder Anordnung der Fondsabwicklung ergreifen.
Welche steuerrechtlichen Rahmenbedingungen ergeben sich aus der Rechtsform von Immobilienfonds?
Immobilienfonds unterliegen abhängig von ihrer Ausgestaltung unterschiedlichen steuerlichen Vorschriften. Offene Immobilienfonds gelten in der Regel als Investmentfonds im Sinne des Investmentsteuergesetzes und profitieren von einer weitgehenden Steuertransparenz, sodass Erträge grundsätzlich erst auf Ebene des Anlegers besteuert werden („Transparenzprinzip“). Die Fonds selbst sind körperschaftsteuerfrei, unterliegen aber ggf. einer beschränkten Steuerpflicht, wenn inländische Immobilienvermögen gehalten werden („Immobilienertragsteuer“). Geschlossene Immobilienfonds werden meist als Personengesellschaften strukturiert, deren steuerliche Ergebnisse unmittelbar den Anlegern zugerechnet werden („Transparenzprinzip“ auf Gesellschaftsebene). Die steuerliche Behandlung ist komplex und kann sowohl Einkommen-, Gewerbe-, als auch Umsatzsteuer berühren.
Wie werden Interessenkonflikte rechtlich geregelt und vermieden?
Das KAGB verpflichtet die KVG zu einem ordnungsgemäßen Interessenkonfliktmanagement, das organisatorische und vertragliche Maßnahmen zur Identifikation, Vermeidung und Offenlegung potenzieller Interessenkonflikte vorsieht. Dazu gehört insbesondere die Trennung von Fondsmanagement und Verwahrstelle, die Überwachung durch unabhängige Gremien sowie die Dokumentationspflicht von Geschäftsvorfällen, die geeignet sind, Interessenkonflikte hervorzurufen. Kommt es dennoch zu unvermeidbaren Interessenkonflikten, sind diese den Anlegern unverzüglich offen zu legen. Verstöße gegen diese Verpflichtungen können zu aufsichtsrechtlichen Maßnahmen und Schadensersatzansprüchen führen.