Begriff und Grundprinzip der Hinzurechnungen
Hinzurechnungen bezeichnen im Steuerrecht Mechanismen, mit denen bestimmte Beträge dem steuerlichen Ergebnis zusätzlich zugerechnet werden. Ziel ist es, die Bemessungsgrundlage in bestimmten Bereichen sachgerecht zu ermitteln. Besonders bedeutsam sind Hinzurechnungen bei der Gewerbesteuer sowie im internationalen Kontext bei niedrig besteuerten Auslandsgesellschaften. Während es bei der Gewerbesteuer um die Annäherung an einen finanzierungsneutralen Ertrag aus betrieblicher Tätigkeit geht, dient die Hinzurechnungsbesteuerung der Erfassung bestimmter ausländischer Einkünfte beim inländischen Anteilseigner.
Anwendungsbereiche
Gewerbesteuerliche Hinzurechnungen
Grundmechanik
Ausgangspunkt ist der Gewinn aus dem unternehmerischen Ergebnis. Bestimmte Aufwendungen werden diesem Ergebnis anteilig wieder hinzugerechnet. Hintergrund ist, dass die Gewerbesteuer den Ertrag des Betriebs unabhängig von der gewählten Finanzierung abbilden soll. Aufwendungen, die wirtschaftlich Finanzierungsvorgänge oder die Nutzung fremder Wirtschaftsgüter betreffen, werden daher in einem gesetzlich festgelegten Umfang dem Gewinn wieder zugeschlagen.
Typische Aufwendungen
Typische Positionen, die zu Hinzurechnungen führen können, sind insbesondere:
- Entgelte für die Überlassung von Fremdkapital (z. B. Zinsen und zinsähnliche Aufwendungen)
- Entgelte für die Nutzung fremder Wirtschaftsgüter (z. B. Mieten und Pachten für bewegliche und unbewegliche Güter)
- Entgelte für die Überlassung von Rechten (z. B. Lizenzgebühren, Konzessionen, ähnliches)
- Aufwendungen aus bestimmten Formen der Nutzungsüberlassung, die wirtschaftlich einer Finanzierung nahekommen
Die genannten Positionen werden nicht vollständig, sondern nur mit bestimmten Anteilen berücksichtigt, um den jeweils typisierten Finanzierungsanteil abzubilden.
Berechnungslogik und Freibetrag
Für die Berechnung werden die relevanten Aufwendungen zunächst zusammengeführt, wobei je nach Art der Aufwendung nur ein prozentualer Anteil in die Bemessungsgrundlage eingeht. Auf die daraus resultierende Summe findet ein pauschaler Zuschlagsfaktor Anwendung. Ein gesetzlicher Freibetrag mindert die Summe, sodass nur der oberhalb dieses Betrags liegende Teil zur Hinzurechnung führt. Die Hinzurechnung erfolgt unabhängig davon, ob das Unternehmen im jeweiligen Zeitraum insgesamt einen Gewinn oder Verlust erzielt.
Modellhafte Veranschaulichung
Erfasst werden beispielsweise Zinsaufwendungen in einem bestimmten Umfang voll, Mieten und Pachten je nach Art des genutzten Wirtschaftsguts mit einem typisierten Anteil und Entgelte für Rechte ebenfalls anteilig. Die Summe dieser Anteile wird um einen Freibetrag gekürzt; von dem verbleibenden Betrag wird ein pauschaler Teil dem Gewerbeertrag zugerechnet.
Zweck und wirtschaftliche Wirkung
Die Hinzurechnungen stellen systematisch sicher, dass der Gewerbeertrag nicht durch die Wahl der Finanzierung oder die Nutzung fremder Wirtschaftsgüter verzerrt wird. Dadurch wird eine möglichst gleichmäßige Erfassung der Ertragskraft von Unternehmen erreicht, unabhängig davon, ob Vermögenswerte gekauft oder gemietet, Rechte erworben oder lizenziert und Investitionen eigen- oder fremdfinanziert werden.
Hinzurechnungsbesteuerung bei niedrig besteuerten Auslandsgesellschaften
Ausgangslage und Zweck
Im internationalen Steuerrecht erfasst die Hinzurechnungsbesteuerung bestimmte Einkünfte von ausländischen Gesellschaften bereits beim inländischen Anteilseigner. Sie soll verhindern, dass mobile, typischerweise passive Einkünfte einer sehr niedrigen Besteuerung im Ausland unterliegen und im Inland dauerhaft unversteuert bleiben.
Voraussetzungen der Zurechnung
Eine Zurechnung kann in Betracht kommen, wenn eine beherrschende Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft besteht und dort eine niedrige effektive Besteuerung vorliegt. Die Zurechnung betrifft nur bestimmte, gesetzlich definierte Einkunftsarten und setzt eine gewisse Einflussmöglichkeit auf die ausländische Gesellschaft voraus.
Betroffene Einkünfte
Betroffen sind regelmäßig Einkünfte, die als besonders mobil gelten, zum Beispiel bestimmte Zins-, Lizenz- oder Veräußerungserträge aus passiven Tätigkeiten. Operative, dauerhaft am Markt erarbeitete Erträge werden demgegenüber nur unter besonderen Voraussetzungen erfasst.
Rechtsfolgen der Zurechnung
Die erfassten Einkünfte werden dem inländischen Anteilseigner zugerechnet, als hätte dieser sie unmittelbar erzielt. Spiegelbildlich können ausländische Steuern angerechnet werden, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorliegen. Die Regelungen sind eng mit den Vorschriften zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Bestimmung der Einkunftsquellen verknüpft.
Abgrenzungen und verwandte Begriffe
Hinzurechnungen sind von Kürzungen zu unterscheiden. Kürzungen vermindern die Bemessungsgrundlage (beispielsweise zur Vermeidung von Doppelbelastungen), während Hinzurechnungen diese erhöhen. Abzugrenzen ist zudem der Begriff der Zurechnung. Zurechnung meint die Zuordnung von Einkünften zu einer Person oder Einheit; Hinzurechnung beschreibt demgegenüber einen Rechenvorgang, bei dem ein Betrag einer bereits bestehenden Größe hinzugefügt wird.
Rechtsfolgen und Verfahrensaspekte
Hinzurechnungen wirken sich regelmäßig auf die Steuerbemessungsgrundlage und damit auf die Steuerlast aus. Die Ermittlung erfolgt im Rahmen der Steuererklärung und der dazugehörigen Anlagen auf Grundlage der Buchführung und der vertraglichen Unterlagen (zum Beispiel Miet-, Pacht-, Lizenz- und Darlehensverträge). Die Finanzverwaltung kann im Veranlagungsverfahren oder im Rahmen von Außenprüfungen die zugrunde liegenden Sachverhalte überprüfen. Bescheide enthalten die festgestellten Rechengrößen; sie können innerhalb der vorgesehenen Fristen mit den üblichen Rechtsbehelfen angegriffen werden.
Häufige Missverständnisse
- Hinzurechnungen sind kein Sanktionsinstrument, sondern Bestandteil der Systematik zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage.
- Sie führen nicht zwangsläufig zu einer Doppelbesteuerung, da Systemkorrekturen wie Kürzungen oder Anrechnungen vorgesehen sein können.
- Hinzurechnungen betreffen nicht ausschließlich Kapitalgesellschaften; auch andere unternehmerische Rechtsformen können erfasst sein.
- Die Hinzurechnungsbesteuerung ist nicht mit der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung gleichzusetzen; beide Regelungskomplexe verfolgen unterschiedliche Zwecke.
Häufig gestellte Fragen
Was sind Hinzurechnungen im steuerlichen Sinn?
Hinzurechnungen sind Rechengrößen, mit denen bestimmte Beträge dem steuerlichen Ergebnis zusätzlich zugeschlagen werden. Die wichtigsten Anwendungsfelder sind die gewerbesteuerliche Hinzurechnung bestimmter Aufwendungen und die Zurechnung bestimmter ausländischer Einkünfte im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung.
Welche Aufwendungen führen typischerweise zu gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen?
Erfasst werden vor allem Entgelte für Fremdkapital, Mieten und Pachten für betrieblich genutzte bewegliche und unbewegliche Güter sowie Entgelte für die Überlassung von Rechten. Berücksichtigt werden jeweils nur typisierte Anteile dieser Aufwendungen.
Gibt es Freibeträge oder Freigrenzen bei der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung?
Ja. Die Summe der hinzurechnungsrelevanten Anteile wird um einen gesetzlichen Freibetrag gemindert. Nur der darüber liegende Betrag führt zur Hinzurechnung. Die genaue Höhe und die Rechenschritte sind gesetzlich vorgegeben.
Wer ist von Hinzurechnungen betroffen?
Von gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen sind Unternehmen betroffen, die der Gewerbesteuer unterliegen, unabhängig von der Rechtsform. Die Hinzurechnungsbesteuerung betrifft inländische Personen oder Gesellschaften, die an niedrig besteuerten Auslandsgesellschaften beteiligt sind und bei denen die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Zurechnung vorliegen.
Wie unterscheiden sich gewerbesteuerliche Hinzurechnungen von der Hinzurechnungsbesteuerung?
Die gewerbesteuerliche Hinzurechnung erhöht den Gewerbeertrag durch anteilige Wiederzurechnung bestimmter Aufwendungen. Die Hinzurechnungsbesteuerung ordnet bestimmte ausländische Einkünfte dem inländischen Anteilseigner zu, um eine niedrige Besteuerung im Ausland nicht zu dauerhaften Steuerminderungen werden zu lassen.
Wirken sich Hinzurechnungen auch bei Verlusten aus?
Ja. Hinzurechnungen werden unabhängig vom Gesamtergebnis berücksichtigt. Sie können dazu führen, dass sich ein Verlust vermindert oder ein Gewinn erhöht. Ob und in welchem Umfang Verlustverrechnungen möglich sind, ergibt sich aus den allgemeinen Regelungen zur Verlustnutzung.
Welche Unterlagen sind für die Ermittlung von Hinzurechnungen relevant?
Relevante Grundlage sind regelmäßig die Finanzbuchhaltung sowie die vertraglichen Vereinbarungen, etwa zu Darlehen, Miet- und Pachtverhältnissen oder Lizenznutzungen. Daraus lassen sich die hinzurechnungsrelevanten Positionen und deren Anteile ermitteln.
Können Hinzurechnungen rückwirkend relevant werden?
Die Berücksichtigung erfolgt im Rahmen der Veranlagung für den jeweiligen Besteuerungszeitraum. Änderungen sind innerhalb der allgemeinen Fristen möglich, etwa im Rahmen von Korrekturen, Vorbehalten oder Außenprüfungen, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind.