Begriff und rechtliche Grundlagen der Hermesdeckung
Die sogenannte Hermesdeckung ist eine staatliche Absicherung von Exportgeschäften gegen wirtschaftliche und politische Risiken. Sie stellt ein spezifisches Förderinstrument der deutschen Außenwirtschaft dar, wobei insbesondere Exporteure und Kreditinstitute durch Übernahme von Ausfallrisiken unterstützt werden. Rechtsgrundlage und organisatorischer Träger, Umfang der Deckung, das Antragsverfahren sowie die Rechtsfolgen und Pflichten der beteiligten Parteien unterliegen einem komplexen Zusammenspiel nationaler und internationaler Regelungen.
Rechtliche Einordnung
Die Hermesdeckungen sind nach den Maßgaben der §§ 49 bis 54 Bundeshaushaltsordnung (BHO) geregelt. Sie werden im Auftrag und auf Rechnung der Bundesrepublik Deutschland vergeben. Die Durchführung erfolgt durch das Konsortium Euler Hermes Aktiengesellschaft und PricewaterhouseCoopers GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Im rechtlichen Sinne handelt es sich um eine staatliche Exportkreditgarantie und -bürgschaft, rechtlich verbrieft in den Allgemeinen Bedingungen für die Übernahme von Garantien und Bürgschaften für Ausfuhrgeschäfte (Allgemeine Hermesbedingungen).
Zweck und Zielsetzung der Hermesdeckung
Ziel der Hermesdeckung ist es, Exporteure und begleitende Finanzinstitute gegen typischerweise im Auslandsgeschäft bestehende Risiken abzusichern. Besonders bei Lieferungen in politisch oder wirtschaftlich unsichere Märkte besteht ein erhebliches Risiko des Zahlungsausfalls bzw. -verzugs. Durch die Übernahme dieser Risiken soll die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Exportindustrie gestärkt und der Außenhandel gefördert werden.
Erfasste Risiken
Die Hermesdeckung umfasst typischerweise folgende Risikoarten:
- Politische Risiken: z. B. Krieg, innere Unruhen, Zahlungsverbote, Moratorien, staatliche Beschlagnahmen oder Enteignungen.
- Wirtschaftliche Risiken: z. B. Zahlungsunfähigkeit oder Zahlungsunwilligkeit des privaten Vertragspartners.
- Transferrisiken: Beschränkungen oder Verbote der Devisentransfers aus dem Empfängerland.
Antrags- und Prüfungsverfahren
Antragstellung
Der Antrag auf eine Hermesdeckung ist beim mit der Durchführung beauftragten Konsortium einzureichen. Dabei sind Angaben zur Person, zu den Geschäftspartnern, zum Vertragsgegenstand sowie zu den konkreten Risiken erforderlich. Die rechtliche Grundlage des Verfahrens ist in den jeweils einschlägigen Richtlinien und Formularen (Allgemeine Hermesbedingungen) normiert.
Prüfung und Entscheidung
Die Entscheidung über die Bewilligung erfolgt nach einem standardisierten Prüfungsverfahren. Dabei werden sowohl die Bonität des ausländischen Vertragspartners als auch die politische und wirtschaftliche Situation im Zielland bewertet. Es findet ferner eine Prüfung auf die Außenwirtschaftsförderungswürdigkeit statt. Die Vergabeentscheidung liegt letztlich beim Interministeriellen Ausschuss (IMA), dessen Zusammensetzung und Entscheidungsmodus durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) bestimmt wird.
Vertragsgestaltung und Rechtsverhältnis
Deckungsvertrag
Das Deckungsverhältnis zwischen Antragsteller und der Bundesrepublik Deutschland wird durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag begründet. Der Inhalt des Vertragsbeschlusses ergibt sich im Wesentlichen aus dem Deckungsbescheid, den Allgemeinen Bedingungen sowie den individuell vereinbarten Sonderbestimmungen. Die Vertragsparteien unterliegen dabei den Grundsätzen des öffentlichen Rechtes. Verstöße gegen Aufklärungspflichten und Obliegenheiten können zur Leistungsfreiheit des Bundes führen.
Versicherte Ereignisse
Der Versicherungsschutz tritt bei Eintritt definierter Risikoereignisse ein. Voraussetzung ist, dass das Risiko während der Laufzeit des zugrunde liegenden Exportgeschäfts entstanden ist und nicht auf ein Verhalten des Antragsstellers zurückzuführen ist.
Selbstbeteiligung
Teil jeder Deckung ist eine nicht abdingbare Selbstbeteiligung des Exporteurs, die üblicherweise 5 bis 15 Prozent des Schadens beträgt. So soll einerseits das Risiko beim staatlichen Deckungsgeber begrenzt werden, andererseits ein Anreiz zur sorgfältigen Geschäftsabwicklung verbleiben.
Rechtliche Wirkungen und Folgen der Hermesdeckung
Schadensfall und Entschädigungsleistung
Tritt das versicherte Risiko ein, beinhaltet die Hermesdeckung einen Entschädigungsanspruch des Exporteurs gegenüber der Bundesrepublik. Die Auszahlung erfolgt gemäß den vertraglich und gesetzlich festgelegten Modalitäten und Fristen. Voraussetzung ist die ordnungsgemäße Schadenanzeige und die vollständige Mitwirkung bei der Schadenregulierung.
Rückgriff und Forderungsübergang (Legalzession)
Mit der Auszahlung der Entschädigung gehen die Rechte aus der ursprünglich abgesicherten Forderung im Wege der gesetzlichen Forderungsabtretung (Legalzession) auf den Bund über. Dies ergibt sich unmittelbar aus den Bestimmungen der Allgemeinen Bedingungen und den §§ 412 ff. BGB. Der Deckungsnehmer hat daher alle Unterlagen und Hilfestellungen bereitzustellen, die eine effektive Geltendmachung der übergegangenen Ansprüche ermöglichen.
Mitwirkungspflichten und Obliegenheiten
Der Exporteur ist verpflichtet, während der gesamten Vertragslaufzeit alle Obliegenheiten zu beachten, insbesondere zur Information, Schadenminderung und Vermeidung von Doppelabsicherungen sowie zur Wahrung der Durchsetzbarkeit der abgesicherten Forderung. Verstöße können zu Leistungsverweigerung oder Rückforderung geleisteter Zahlungen führen.
Europarechtliche und internationale Bezüge
Da staatliche Exportförderungsinstrumente geeignet sind, den Wettbewerb im europäischen Binnenmarkt zu beeinflussen, unterliegen Hermesdeckungen besonderen beihilferechtlichen Vorgaben. Maßgeblich ist u. a. die Mitteilung der Europäischen Kommission über kurzfristige Exportkreditversicherungen (Kommunikation 2012/C 392/01) sowie das OECD-Arrangement on Officially Supported Export Credits. Diese Regelwerke bestimmen, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang nationale Exportkreditgarantien gewährt werden dürfen, um Wettbewerbsverzerrungen auszuschließen.
Gesetzliche Entwicklung, Kontrolle und Transparenz
Angesichts der beihilferechtlichen Fragen und staatlichen Haushaltsrisiken unterliegt die Hermesdeckung einer ständigen Kontrolle durch den Deutschen Bundestag sowie unabhängige Institutionen wie den Bundesrechnungshof. Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden regelmäßig angepasst, um internationalen Verpflichtungen und Änderungen der Risikolandschaft Rechnung zu tragen.
Zusammenfassung
Die Hermesdeckung ist ein wesentliches außenwirtschaftliches Förderinstrument der Bundesrepublik Deutschland, das durch ein klar definiertes, umfangreiches rechtliches Regelwerk geprägt ist. Sie dient der Absicherung von Exportgeschäften vor politischen und wirtschaftlichen Risiken und trägt erheblich zur Sicherung und Förderung des deutschen Außenhandels bei. Die rechtlichen Rahmenbedingungen umfassen bundesgesetzliche Vorgaben, europa- und völkerrechtliche Anforderungen sowie einen detaillierten Vertragsrahmen, der die Rechte und Pflichten aller Beteiligten verbindlich normiert.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für den Abschluss einer Hermesdeckung erfüllt sein?
Für den Abschluss einer Hermesdeckung sind verschiedene rechtliche Kriterien zu erfüllen, die im Wesentlichen im Gesetz über die Übernahme von Garantieverpflichtungen im Rahmen der Ausfuhrgewährleistungen (so genannte Ausfuhrgewährleistungsgesetz) sowie in den jeweiligen Allgemeinen Bedingungen und Ausführungsbestimmungen geregelt sind. Zentrale Voraussetzung ist, dass es sich um ein förderungswürdiges Exportgeschäft handelt, das in der Regel einen deutschen Waren- oder Dienstleistungsursprung aufweist oder erhebliche deutsche Wertschöpfung integriert. Des Weiteren muss das Exportgeschäft im Einklang mit den außenwirtschaftsrechtlichen Vorgaben, insbesondere dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) sowie der Außenwirtschaftsverordnung (AWV), stehen. Die Antragsteller – in der Regel Exporteure oder finanzierende Kreditinstitute – müssen in Deutschland ansässig und rechtsfähig sein; für juristische Personen ist die Unternehmensform unerheblich, solange die deutsche Gerichtsbarkeit gegeben ist. Das Exportgeschäft selbst darf weder gegen nationales noch internationales Recht verstoßen, einschließlich Sanktionen oder Embargos. Schließlich dürfen nach den Hermes-Bedingungen keine Anhaltspunkte für Korruption, Geldwäsche oder illegale Geschäftspraktiken vorliegen.
Inwieweit bestehen rechtliche Verpflichtungen zur Offenlegung von Informationen im Rahmen der Hermesdeckung?
Die Antragsteller einer Hermesdeckung unterliegen umfangreichen rechtlichen Offenlegungspflichten, die sich im Wesentlichen aus den Antragsformularen, den Allgemeinen Bedingungen, aber auch aus spezialgesetzlichen Vorschriften, insbesondere dem Geldwäschegesetz (GwG) und dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG), ergeben. Exporteure müssen sämtliche für die Risiko- und Bonitätsprüfung relevanten Informationen wahrheitsgemäß und vollständig offenlegen, einschließlich aller Details zum Exportvertrag, dem Besteller, Zahlungsmodalitäten, Nachweis des Ursprungs der Waren und gegebenenfalls sonstiger vertraglicher Vereinbarungen wie Sicherheiten oder Zahlungsabsicherungen. Diese Offenbarungspflichten bestehen fortlaufend, d. h., auch nach Abschluss der Deckung müssen Änderungen, die die Risikobewertung betreffen könnten – etwa Vertragsänderungen, Zahlungsstörungen oder Informationen über wirtschaftliche Schwierigkeiten des Abnehmers -, unverzüglich angezeigt werden. Eine vorsätzliche oder fahrlässige Verletzung der Offenlegungspflichten kann zur vollständigen oder teilweisen Leistungsfreiheit des Bundes als Garantist führen und birgt zudem zivil- und strafrechtliche Risiken (z. B. wegen Betrugs).
Welche Rechtsfolgen ergeben sich im Fall eines behaupteten Schadensfalls unter einer Hermesdeckung?
Im Schadensfall hat der Deckungsnehmer auf der Grundlage der Hermesverträge und der einschlägigen Allgemeinen Bedingungen zunächst eine detaillierte Schadensanzeige zu erstatten und den Eintritt des gedeckten Risikos nachzuweisen. Rechtlich ist hierbei insbesondere der Grundsatz der Mitwirkungspflichten des Versicherungsnehmers sowie die strikte Einhaltung von Anzeige- und Nachweispflichten entscheidend. Im Streitfall prüft der Bund über die beauftragte Euler Hermes AG intensiv, ob ein gedecktes Risiko tatsächlich vorliegt, alle Voraussetzungen erfüllt sind und insbesondere keine Ausschlussgründe (wie Obliegenheitsverletzungen oder das Vorliegen eines nicht gedeckten Risikos) vorhanden sind. Kommt es dennoch zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich der Leistungspflicht, besteht für den Deckungsnehmer der ordentliche Rechtsweg zum Landgericht Hamburg, da hierfür laut Vertrag eine Gerichtsstandsvereinbarung vorgesehen ist. Zu beachten ist, dass vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung regelmäßig der Verwaltungsrechtsweg durch Anfechtung des Ausgangsbescheids zu beschreiten ist; dies ist abhängig von der Rechtsnatur des konkreten Deckungsverhältnisses.
Welche Mitwirkungspflichten und Obliegenheiten treffen den Deckungsnehmer rechtlich während der Laufzeit der Hermesdeckung?
Der Deckungsnehmer ist rechtlich umfassenden Mitwirkungs- und Verhaltenspflichten unterworfen, die sowohl aus den Allgemeinen Bedingungen, dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) als auch aus den spezifischen Nebenbestimmungen der Deckungsübernahme folgen. Er ist dazu verpflichtet, während der gesamten Vertragslaufzeit alles zu unternehmen, um den Ausfall des gedeckten Anspruchs zu vermeiden oder so gering wie möglich zu halten (Schadenminderungspflicht). Dazu gehören insbesondere die sorgfältige Auswahl und laufende Überwachung des ausländischen Abnehmers, die Einhaltung der vereinbarten Zahlungsmodalitäten, das rechtzeitige Einleiten von Inkassomaßnahmen bei Zahlungsverzug sowie die unverzügliche Information des Bundes über alle für das Vertragsverhältnis erheblichen Umstände. Des Weiteren darf der Deckungsnehmer keine eigenmächtigen Vertragsänderungen, Forderungsverzichte oder Vergleiche ohne vorherige Zustimmung des Bundes vornehmen, da dies zur Leistungsfreiheit führen könnte. Bei Verstößen gegen diese Obliegenheiten sieht das Versicherungsrecht grundsätzlich Schadenersatz- oder Leistungskürzungsansprüche des Bundes vor.
Welche besonderen rechtlichen Regelungen gelten bei Hermesdeckungen im Zusammenhang mit Sanktionen und Embargos?
Im rechtlichen Kontext sind bei Abschluss und während der Laufzeit einer Hermesdeckung ausdrücklich die internationalen und nationalen Embargo- und Sanktionsregelungen zu beachten. Sowohl das Exportgeschäft selbst als auch die Auszahlung von Entschädigungen dürfen nicht gegen geltende Rechtsakte – insbesondere solche der Europäischen Union, der Vereinten Nationen oder auf nationaler Ebene (z. B. durch die Bundesrepublik Deutschland oder internationale Partnerstaaten) – verstoßen. Die Allgemeinen Bedingungen der Euler Hermes AG enthalten entsprechende Sanktionsklauseln, wonach die Auszahlung von Deckungsleistungen (Entschädigungen) ausgesetzt oder verweigert werden kann, wenn eine Sanktionslage entsteht oder bereits besteht. Verstöße gegen Sanktionsbestimmungen können nicht nur zur Leistungsfreiheit des Bundes führen, sondern auch eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des Deckungsnehmers auslösen.
Wie ist das Rechtsverhältnis zwischen dem Antragsteller und dem Bund rechtlich ausgestaltet?
Das Rechtsverhältnis zwischen dem Antragsteller der Hermesdeckung und dem Bund stellt ein öffentlich-rechtliches Schuldverhältnis mit elements des Verwaltungsrechts dar. Die Deckungsübernahme erfolgt regelmäßig durch den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG). Das bedeutet, dass bei Streitigkeiten oftmals der Verwaltungsrechtsweg eröffnet ist, insoweit als der Bund im Rahmen seiner Gewährleistungs- oder Garantieübernahmen als Hoheitsträger handelt. Die Einzelheiten werden durch die Allgemeinen Bedingungen und Nebenabreden individuell ausgestaltet. Im Rahmen von Exportkreditgarantien, die von privatwirtschaftlichen Banken für die Abwicklung finanziert werden, kann darüber hinaus ein zivilrechtliches Dreiecksverhältnis entstehen.
Welche rechtlichen Besonderheiten bestehen bei der Geltendmachung von Forderungen nach Eintritt des Sicherungsfalls?
Im Fall eines Schadensfalls ist der Deckungsnehmer verpflichtet, seine Forderung ordnungsgemäß und rechtzeitig gegenüber dem ausländischen Schuldner geltend zu machen sowie ggf. rechtliche Schritte – etwa Klage, gerichtliche Mahnverfahren oder Exekutionstitel – einzuleiten. Dabei ist der Deckungsnehmer nach Ansatz der Entschädigungszahlung grundsätzlich verpflichtet, bestehende Forderungen an den Bund abzutreten (Legalzession), sodass der Bund die Möglichkeit hat, im eigenen Namen Rückgriff zu nehmen (Regress). Dabei sind die einschlägigen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über die Forderungsabtretung, aber auch die einzelvertraglichen Regelungen der Hermesdeckung zu beachten. Unzureichende Mitwirkung bei der Durchsetzung der Ansprüche kann zu einer Leistungsfreiheit führen oder Entschädigungsleistungen kürzen.
Sollten weitere Fragen zu rechtlichen Detailaspekten bestehen, können diese spezifisch ausgeführt werden.