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Herkunftsnachweis für Strom


Herkunftsnachweis für Strom

Definition und Zweck

Ein Herkunftsnachweis für Strom (HKN) ist ein elektronisches Zertifikat, das den Ursprung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen oder hoch-effizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) nachweist. Zweck dieser Nachweise ist es, Transparenz auf dem Strommarkt zu schaffen, die Nachverfolgbarkeit der Energieherkunft zu ermöglichen und Doppelzählungen zu vermeiden. Durch die Ausstellung und Verwendung von Herkunftsnachweisen soll sichergestellt werden, dass Stromkunden nachvollziehen können, aus welchen Quellen der von ihnen verbrauchte Strom stammt.

Rechtsgrundlagen

Europarechtliche Grundlagen

Die rechtliche Grundlage für Herkunftsnachweise ist in der Europäischen Union durch die Richtlinie (EU) 2018/2001 über die Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen (Erneuerbare-Energien-Richtlinie II, kurz RED II) geregelt. Nach Artikel 19 dieser Richtlinie sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, ein System zur Ausstellung, Übertragung und Entwertung von Herkunftsnachweisen für Strom aus erneuerbaren Energiequellen einzurichten.

Deutsches Recht

In Deutschland finden Herkunftsnachweise ihre rechtliche Verankerung im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) sowie insbesondere im Gesetz über den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz, EEG). Die detaillierte Ausgestaltung ist in der Herkunftsnachweis-Verordnung (HkNV) geregelt. Nach §§ 42 ff. EnWG ist der Herkunftsnachweis das einzige zulässige Instrument zum Nachweis des ursprünglichen Energieträgers bei der Stromkennzeichnung gegenüber Endkunden.

Zuständige Behörde

Die Ausstellung, Verwaltung und Entwertung von Herkunftsnachweisen in Deutschland obliegt dem Umweltbundesamt (UBA). Das UBA betreibt hierzu das Herkunftsnachweisregister, in dem alle relevanten Geschäftsvorfälle elektronisch erfasst werden.

Funktionsweise und Ablauf

Ausstellung

Ein Herkunftsnachweis wird von einer anerkannten Stelle für jede erzeugte Megawattstunde (MWh) Strom aus erneuerbaren Energien oder KWK ausgestellt. Die Ausstellung erfolgt ausschließlich auf Antrag des Anlagenbetreibers und erst nach Vorlage der erforderlichen Nachweise über die Stromerzeugung. Der Nachweis enthält Angaben zum Erzeuger, zum Standort der Anlage, zur Energieträgerart, zum Baujahr der Anlage und zum Produktionszeitraum.

Übertragung und Handel

Herkunftsnachweise sind übertragbar und können national oder international gehandelt werden. Der Handel erfolgt in der Regel über spezielle Handelsplattformen oder im Rahmen bilateraler Verträge. Voraussetzung für die Anerkennung im jeweiligen Zielland ist die gegenseitige Anerkennung der Herkunftsnachweissysteme gemäß den Vorgaben der Europäischen Kommission.

Entwertung

Ein Herkunftsnachweis kann nur einmal für die Stromkennzeichnung verwendet werden und wird im Herkunftsnachweisregister nach der Verwendung entwertet. Damit wird gewährleistet, dass für jede eingespeiste und gekennzeichnete Strommenge nur ein Nachweis existiert und verwendet werden kann.

Stromkennzeichnungspflicht

Nach § 42 EnWG besteht in Deutschland für Stromlieferanten die Pflicht, gegenüber Endverbrauchern den Strommix offenzulegen. Die Kennzeichnung muss die prozentualen Anteile der einzelnen Energieträger enthalten. Strom aus erneuerbaren Energien darf dabei nur dann als solcher ausgewiesen werden, wenn Herkunftsnachweise für die entsprechende Menge entwertet wurden. Ohne Entwertung ist es unzulässig, mit „grünem“ Strom zu werben oder Angaben über die Stromherkunft zu machen.

Missbrauchsprävention und Kontrolle

Das Herkunftsnachweissystem ist darauf ausgelegt, Manipulation und Missbrauch – insbesondere Mehrfachausstellungen, -verwendungen oder -verkäufe – zu verhindern. Die Registerführung und Überwachung obliegt im Bundesgebiet dem Umweltbundesamt. Regelmäßige Prüfungen und elektronische Kontrollen sichern die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben.

Internationale Gültigkeit und gegenseitige Anerkennung

Durch die europäische Harmonisierung der Herkunftsnachweissysteme ist der grenzüberschreitende Handel mit Herkunftsnachweisen möglich. Voraussetzung hierfür ist die gegenseitige Anerkennung der Register nach einheitlichen Zertifizierungsstandards und die Einhaltung der Vorgaben der EU-Richtlinien. Drittstaaten können, sofern die Kompatibilität der Herkunftsnachweissysteme gegeben ist, unter bestimmten Voraussetzungen in das Handelssystem einbezogen werden.

Bedeutung für Marktakteure

Für Energieversorgungsunternehmen, Direktvermarkter und Endkunden spielt der Herkunftsnachweis beim Nachweis ökologischer Qualität und für die Vermarktung von Grünstromtarifen eine zentrale Rolle. Insbesondere Unternehmen, die strengere Nachhaltigkeitsziele verfolgen oder an internationalen Zertifizierungsinitiativen teilnehmen, sind auf ein rechtlich einwandfreies und transparentes Herkunftsnachweissystem angewiesen.

Steuerliche und förderrechtliche Aspekte

Im Steuer- und Förderrecht können Herkunftsnachweise eine mittelbare Rolle spielen, etwa bei der Inanspruchnahme bestimmter Privilegien für Ökostrom oder bei der Berichtspflicht nach dem nationalen Energiemanagement. Auch im Rahmen des Herkunftsnachweises für Strom aus hoch-effizienter KWK ist deren Beachtung für die Beantragung von Fördermitteln relevant.

Übersicht der wichtigsten Rechtsgrundlagen (Deutschland und EU)

| Rechtsquelle | Geltungsbereich | Inhalt |
|————————————|————————|—————————————————————————–|
| Richtlinie (EU) 2018/2001 (RED II) | Europäische Union | Verpflichtung zur Einführung und Harmonisierung von Herkunftsnachweissystemen|
| Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) | Bundesrepublik Deutschland | Allgemeine Verpflichtung zur Stromkennzeichnung und zum Herkunftsnachweis |
| Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) | Bundesrepublik Deutschland | Förderung erneuerbarer Energien, Schnittstellen zum Herkunftsnachweissystem |
| Herkunftsnachweis-Verordnung (HkNV)| Bundesrepublik Deutschland | Detailregelung zur Ausstellung, Übertragung, Entwertung |

Fazit

Der Herkunftsnachweis für Strom bildet die zentrale rechtliche Grundlage für Transparenz und Glaubwürdigkeit am Strommarkt im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien und hocheffizienter KWK. Seine rechtliche Ausgestaltung stellt sicher, dass sämtliche Abläufe wie Ausstellung, Übertragung, Handel und Entwertung klar geregelt und kontrollierbar sind. Die verbindlichen Vorgaben auf europäischer und nationaler Ebene sichern einheitliche Standards und ermöglichen die Integration in europäische und internationale Märkte.


Hinweis: Die Ausführungen dieses Beitrags ersetzen keine individuelle Rechtsberatung und dienen ausschließlich der allgemeinen Information.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist im rechtlichen Kontext zur Ausstellung von Herkunftsnachweisen für Strom berechtigt?

Gemäß § 79 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) 2021 und der Herkunftsnachweis-Durchführungsverordnung (HkNDV) ist in Deutschland ausschließlich das Umweltbundesamt (UBA) als zuständige Behörde befugt, Herkunftsnachweise (HKN) für Strom aus erneuerbaren Energien und hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) auszustellen. Stromerzeuger, die Anspruch auf Herkunftsnachweise geltend machen möchten, müssen eine entsprechende Registrierung und Zertifizierung ihrer Anlagen beim UBA vornehmen lassen. Betreiber müssen zudem regelmäßig die erzeugten Strommengen melden, die den gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Andere Akteure, wie Energiehändler oder Übertragungsnetzbetreiber, sind nicht zur Ausstellung, sondern lediglich zum Handel und zur Übertragung von HKN innerhalb des elektronischen Registers berechtigt. Die Ausstellung der HKN erfolgt ausschließlich elektronisch und ist streng nach Prüfkriterien und gesetzlichen Vorgaben geregelt, wobei insbesondere Manipulations- und Doppelausstellungsvermeidung kontrolliert wird.

Welche gesetzlichen Voraussetzungen müssen für die Ausstellung eines Herkunftsnachweises erfüllt sein?

Die Ausstellung eines Herkunftsnachweises für Strom unterliegt strengen gesetzlichen Voraussetzungen. Zunächst muss die Stromerzeugungsanlage ordnungsgemäß in das Herkunftsnachweisregister beim Umweltbundesamt eingetragen sein und alle technischen sowie administrativen Anforderungen erfüllen, die in der HkNDV sowie im § 79 EEG genannt sind. Eine wesentliche Voraussetzung ist, dass der erzeugte Strom tatsächlich aus erneuerbaren Energiequellen oder mittels hocheffizienter KWK-Anlagen stammt. Die Anlage muss zudem über ein verlässliches Messsystem verfügen, das die erzeugten Mengen an den Netzbetreiber sowie das Register exakt und nachvollziehbar dokumentiert. Die Meldung der erzeugten Strommenge muss in einem bestimmten Abrechnungszeitraum passieren (in der Regel monatlich oder vierteljährlich). Weiterhin darf für die betreffende Strommenge nicht bereits ein anderer HKN oder ein vergleichbares Dokument ausgestellt worden sein (Ausschluss der Doppelverwendung). Bei Missachtung dieser gesetzlichen Voraussetzungen droht der Entzug der Registrierung oder im schlimmsten Fall eine straf- oder bußgeldrechtliche Verfolgung.

Wie lange sind Herkunftsnachweise rechtlich gültig und welche Vorgaben bestehen zur Löschung?

Rechtlich gesehen beträgt die maximale Gültigkeitsdauer eines Herkunftsnachweises in der Europäischen Union und speziell in Deutschland gemäß § 80 EEG zwölf Monate nach Ende des Zeitraums, in dem der Strom erzeugt wurde. Nach dieser Frist verlieren nicht eingelöste HKN automatisch ihre Gültigkeit und werden im elektronischen Register gelöscht, um die Glaubwürdigkeit und die Systemintegrität zu gewährleisten. Die Löschung der Herkunftsnachweise kann auch vor Ablauf der Frist erfolgen, sobald der Nachweis entwertet wird – etwa durch Verwendung im Rahmen eines Stromliefervertrages oder bei Endkundenwerbung. Gesetzlich vorgeschrieben ist zudem, dass eingelöste (entwertete) Nachweise nicht erneut verwendet werden dürfen, um die Mehrfachverwendung auszuschließen. Die Registerführung sowie die Archivierung erfolgen ausschließlich elektronisch durch das Umweltbundesamt, das diesbezüglich regelmäßigen Kontrollen und Prüfungen unterliegt.

Welche Dokumentations- und Meldepflichten bestehen für Betreiber von Erzeugungsanlagen bezüglich Herkunftsnachweisen?

Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien oder KWK sind nach HkNDV und EEG verpflichtet, sämtliche relevanten Daten ihrer Anlagen und der erzeugten Strommengen vollständig und wahrheitsgemäß an das Herkunftsnachweisregister zu melden. Dazu gehören Angaben über Standort, technische Details der Anlage, installierte Leistung, Art der Energiequelle sowie den Zeitraum und die Menge der erzeugten Energie. Die Dateneingabe hat fristgerecht, in der Regel monatlich oder quartalsweise, zu erfolgen und ist durch geeignete Messsysteme zu belegen. Weiterhin sind Betreiber verpflichtet, alle Änderungen in ihren Daten und Betriebszuständen unverzüglich zu melden. Verstöße gegen diese gesetzlichen Dokumentations- und Meldepflichten können zu Bußgeldern, zur Aberkennung ausgestellter HKN oder sogar zum Entzug der Registerberechtigung führen.

Wie wird rechtlich verhindert, dass Herkunftsnachweise doppelt verwendet oder manipuliert werden?

Zur Vermeidung von Doppelverwendung und Manipulation werden Herkunftsnachweise ausschließlich in einem zentralen, elektronischen Register mit eindeutigen Identifikationsnummern geführt. Jede Ausstellung, Übertragung, Entwertung und Löschung eines Nachweises wird lückenlos dokumentiert. Das Umweltbundesamt ist rechtlich verpflichtet, regelmäßige Plausibilitäts- und Systemprüfungen gemäß § 9 HkNDV durchzuführen und gegebenenfalls auffällige Aktivitäten zu untersuchen. Zudem existieren europaweite Austauschmechanismen über das Association of Issuing Bodies (AIB)-System, die einen missbrauchssicheren internationalen Transfer ermöglichen. Sollte dennoch ein Verdacht auf Manipulation oder Mehrfachnutzung entstehen, sind umfassende Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten vorgesehen, etwa Sperrung von Anlagen, Entziehung von Berechtigungen oder Einleitung von Straf- bzw. Bußgeldverfahren nach §§ 95, 96 EEG.

Welche rechtlichen Anforderungen gelten für den internationalen Handel mit Herkunftsnachweisen?

Der grenzüberschreitende Handel mit Herkunftsnachweisen ist in § 81 EEG sowie durch europäische Richtlinien, insbesondere die EU-Richtlinie 2009/28/EG, geregelt. Für die Anerkennung ausländischer Herkunftsnachweise in Deutschland müssen diese mit dem europäischen Standard der Association of Issuing Bodies (AIB) kompatibel und aus einem von der Bundesrepublik anerkannten Staat stammen. Das Umweltbundesamt prüft die Gleichwertigkeit und vergibt bei Anerkennung die HKN im deutschen System. Dabei muss gewährleistet sein, dass für die betreffende Strommenge nicht bereits im Ausstellungsland ein Nachweis verwendet wurde (Eindeutigkeitsprinzip). Auch für deutsche HKN, die ins Ausland exportiert werden, gelten strenge Melde- und Exportvorgaben, insbesondere zu Registrierung, Nachkontrolle und nachträglicher Löschung im deutschen Register bei erfolgreichem Export.

Welche Rechtsfolgen drohen bei Verstößen gegen Vorschriften zum Herkunftsnachweis für Strom?

Verstöße gegen die gesetzlichen und untergesetzlichen Regelungen zum Herkunftsnachweis, wie sie im EEG, in der HkNDV und im Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) niedergelegt sind, können schwerwiegende rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Bei fahrlässiger oder vorsätzlicher Falschangabe, nicht fristgerechter Übermittlung, unberechtigter Ausstellung, mehrfacher Nutzung oder Manipulation von HKN drohen Bußgelder gemäß § 95 EEG, im Einzelfall sogar strafrechtliche Ermittlungen (z.B. wegen Betrugs oder Urkundenfälschung). Darüber hinaus können Registerrechte aberkannt, bestehende Nachweise gelöscht, Förderungen gestrichen und betroffene Unternehmen von weiteren Zertifizierungen ausgeschlossen werden. Die Überwachungsbehörden, allen voran das Umweltbundesamt, sind verpflichtet, Verdachtsfällen nachzugehen, Sanktionen zu verhängen und die Öffentlichkeit über wesentliche Verstöße zu informieren.