Begriff und rechtlicher Rahmen der Hauptuntersuchung
Die Hauptuntersuchung ist ein gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren zur Überprüfung der Verkehrssicherheit und Umweltverträglichkeit von Kraftfahrzeugen in Deutschland. Die Hauptuntersuchung ist Teil des Zulassungssystems für Kraftfahrzeuge und bezweckt, die technische Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr sicherzustellen sowie den Einhalt umweltrechtlicher Vorschriften zu gewährleisten. Die rechtliche Grundlage bildet im Wesentlichen die Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) in Verbindung mit weiteren einschlägigen Regelwerken.
Gesetzliche Grundlagen
Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO)
Die Vorschriften zur Hauptuntersuchung ergeben sich vor allem aus den §§ 29 ff. StVZO. Hier werden Durchführung, Umfang, Fristen und sonstige Anforderungen an die Hauptuntersuchung detailliert geregelt. Ergänzend finden sich Ausführungsbestimmungen in einschlägigen Verordnungen sowie Verwaltungsvorschriften.
Straßenverkehrsgesetz (StVG)
Das Straßenverkehrsgesetz regelt in § 19 Abs. 2 StVG die Betriebserlaubnis von Fahrzeugen, einschließlich der Vorgaben, dass eine erloschene Betriebserlaubnis zu einer Stilllegung des Fahrzeugs führen kann. Die Hauptuntersuchung ist dabei ein zentrales Instrument der Überwachung der Betriebserlaubnis.
EG-/EU-Richtlinien
Im Rahmen des europäischen Binnenmarktes und zur Harmonisierung der Vorschriften wurde die Hauptuntersuchung an EG- und EU-Richtlinien angepasst, insbesondere an die Richtlinie 2014/45/EU über die regelmäßige technische Überwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern.
Zweck und Bedeutung der Hauptuntersuchung
Die Hauptuntersuchung dient der Sicherstellung, dass Fahrzeuge den jeweils geltenden technischen Vorschriften entsprechen. Wesentliche Prüfziele sind:
- Verkehrssicherheit: Kontrolle von Bremsen, Lenkung, Achsen, Rädern, Reifen, Fahrgestell, Beleuchtung und sonstigen relevanten Bauteilen.
- Umweltschutz: Überprüfung der Emissionswerte, Einhaltung von Grenzwerten für Abgase und Lärm.
- Legalität: Kontrolle, ob unzulässige technische Veränderungen vorgenommen wurden, welche die Betriebserlaubnis beeinflussen.
Ablauf der Hauptuntersuchung
Die Durchführung der Hauptuntersuchung erfolgt in regelmäßigen Abständen durch amtlich anerkannte Überwachungsorganisationen, wie z. B. den Technischen Überwachungsverein (TÜV), die DEKRA, die Gesellschaft für Technische Überwachung (GTÜ) oder die Kraftfahrzeug-Überwachungsorganisation freiberuflicher Kfz-Sachverständiger e.V. (KÜS).
Prüfintervalle
- Personenkraftwagen: Erstmalige Hauptuntersuchung nach 36 Monaten, danach alle 24 Monate (§ 29 Abs. 1 StVZO).
- Motorräder, Nutzfahrzeuge, Anhänger: Generell alle 24 Monate, mit Ausnahme bestimmter gewerblicher Fahrzeuge, für die kürzere Intervalle gelten können.
- Taxis, Mietwagen, Omnibusse: Jährliche Hauptuntersuchung (§ 41 Abs. 1 BOKraft).
Umfang der Hauptuntersuchung
Die Hauptuntersuchung setzt sich aus einer Überprüfung aller sicherheitsrelevanten und umweltbezogenen Fahrzeugbestandteile zusammen. Der Prüfumfang ist in Anlage VIIIb zur StVZO geregelt und umfasst unter anderem:
- Bremsanlage
- Lenkanlage
- Lichttechnische Einrichtungen
- Räder, Reifen, Aufhängung
- Fahrgestell, Karosserie, Rahmen
- Ausstattung und Ausrüstung
- Abgasanlage und Geräuschpegel
- Identitätsprüfung (Fahrzeugdaten, Nummernschild, Fahrzeugidentifikationsnummer)
Abgasuntersuchung (AU)
Seit 2010 ist die Abgasuntersuchung ein fester Bestandteil der Hauptuntersuchung. Sie erfolgt gemäß den Anforderungen der 47. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (47. BImSchV).
Nachweis und Plakette
Nach bestandener Hauptuntersuchung erhält das Fahrzeug eine Prüfplakette, die am hinteren amtlichen Kennzeichen angebracht wird (§ 29 Abs. 2 StVZO). Das Ergebnis wird zudem im Untersuchungsbericht festgehalten, der bei etwaigen Kontrollen vorzuzeigen ist.
Rechtsfolgen versäumter Hauptuntersuchung
Wer die Hauptuntersuchung nicht fristgerecht durchführen lässt, begeht eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 69a Abs. 2 Nr. 2 StVZO i.V.m. § 24 StVG.
Sanktionen
- Bußgeld: Die Gebühren richten sich nach dem Bußgeldkatalog und sind gestaffelt je nach Überschreitungsdauer.
- Verwarnungen und Punkte: Überziehungen von mehr als acht Monaten führen zu einem Aufschlag beim Bußgeld und können mit einem Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg geahndet werden.
- Mängelkarte und Betriebserlaubnis: Wird bei der Kontrolle eine überfällige oder nicht bestandene Hauptuntersuchung festgestellt, kann eine Mängelkarte ausgestellt werden. Bei gravierenden Mängeln kann die Betriebserlaubnis entzogen werden.
Nachuntersuchung und Stilllegung
Nachuntersuchung
Werden bei der Hauptuntersuchung erhebliche oder gefährliche Mängel festgestellt, muss das Fahrzeug bis spätestens innerhalb eines Monats erneut vorgeführt werden (§ 29 Abs. 7 StVZO). Andernfalls kann eine Stilllegung des Fahrzeugs erfolgen.
Sofortige Stilllegung
Bei Gefahr im Verzug kann die Zulassungsbehörde die sofortige Stilllegung des Fahrzeugs anordnen, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten (§ 5 Abs. 1 FZV).
Besondere Bestimmungen
Geltung für Oldtimer
Für historische Fahrzeuge gelten teilweise abweichende Regelungen bzgl. der Prüfintervalle (§ 29 Abs. 1 StVZO; § 17 FZV).
Auslandsbezug
Die Erfüllung der Hauptuntersuchungspflicht im Ausland ist nicht ausreichend, sofern die Untersuchung den deutschen Anforderungen nicht entspricht. Entsprechende Nachweise und Plaketten werden in Deutschland nicht anerkannt.
Rechtsmittel gegen Entscheidungen im Rahmen der Hauptuntersuchung
Entscheidungen, die im Rahmen der Hauptuntersuchung getroffen werden (z. B. Versagung einer Plakette, Auferlegung der Nachuntersuchung), können mit Rechtsmitteln angegriffen werden. Maßgeblich sind die allgemeinen Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) und gegebenenfalls Landesrecht bezüglich Widerspruch und Klage.
Gebührenordnung
Die Kosten für die Hauptuntersuchung richten sich nach dem bundeseinheitlichen Gebührenverzeichnis, das von den zuständigen Behörden veröffentlicht wird. Die Gebühren werden von der jeweiligen Überwachungsorganisation erhoben und sind abhängig von Fahrzeugtyp, Ausführung und Prüfumfang.
Zusammenfassung
Die Hauptuntersuchung ist ein zentrales Instrument der Verkehrssicherheit und des Umweltschutzes im Straßenverkehr. Ihre Durchführung und Regelungen sind detailliert gesetzlich normiert und unterliegen ständiger Weiterentwicklung im Lichte technischer und europarechtlicher Vorgaben. Die Einhaltung der Hauptuntersuchungspflicht ist für jeden Fahrzeughalter essenziell, um Sanktionen, Stilllegung und den Entzug der Betriebserlaubnis zu vermeiden.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist eine Hauptuntersuchung gesetzlich vorgeschrieben?
Die regelmäßige Durchführung der Hauptuntersuchung ist in Deutschland gemäß § 29 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) verpflichtend geregelt. Für neu zugelassene Pkw und Anhänger gilt, dass sie erstmals nach drei Jahren zur Hauptuntersuchung müssen, danach erfolgt diese alle zwei Jahre. Motorräder und Wohnmobile unter 3,5 t unterliegen ebenfalls dem Zweijahres-Rhythmus, während bei Taxis, Mietwagen und bestimmten Nutzfahrzeugen eine jährliche Hauptuntersuchung vorgeschrieben ist. Die Fristen beginnen stets mit der erstmaligen Zulassung beziehungsweise der letzten bestandenen Hauptuntersuchung und müssen exakt eingehalten werden, um Ordnungswidrigkeiten zu vermeiden.
Welche rechtlichen Konsequenzen drohen bei Überschreitung der HU-Frist?
Wer die Hauptuntersuchung nicht spätestens zum auf dem Stempel der Prüfplakette angegebenen Monat durchführen lässt, begeht gemäß § 69a StVZO eine Ordnungswidrigkeit. Bei einer Überschreitung von bis zu zwei Monaten wird in der Regel ein Verwarnungsgeld von 15 Euro fällig. Ab einer Überschreitung von mehr als zwei bis zu vier Monaten erhöht sich das Bußgeld auf 25 Euro, bei mehr als vier bis acht Monaten auf 60 Euro sowie einen Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg. Wird die Frist um mehr als acht Monate überschritten, beträgt das Bußgeld 75 Euro und es wird ebenfalls ein Punkt eingetragen. Zudem können im Schadensfall durch Versicherer Regressforderungen erfolgen.
Wer ist aus rechtlicher Sicht für die Durchführung der Hauptuntersuchung verantwortlich?
Die gesetzliche Verpflichtung zur Durchführung der Hauptuntersuchung obliegt grundsätzlich dem Halter des Fahrzeugs. Der Fahrzeughalter ist nach deutschem Recht die Person (oder das Unternehmen), auf deren Namen das Fahrzeug zugelassen ist (§ 1 Abs. 2 Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV)). Wird das Fahrzeug jedoch einem Dritten überlassen, bleibt die Verpflichtung zur fristgerechten HU beim Halter. Dieser kann sich nicht darauf berufen, dass etwa ein Fahrer, Mieter oder Leasingnehmer für die Überwachung der Fristen zuständig gewesen sei. Im Vertrag kann zwar eine Übertragung der Pflicht vereinbart werden, haftungsrechtlich bleibt jedoch der Halter primär verantwortlich.
Kann die Hauptuntersuchung außerordentlich angeordnet werden?
Ja, nach § 29 Abs. 7 StVZO kann die zuständige Zulassungsbehörde – insbesondere bei begründetem Verdacht auf Mängel oder Manipulationen – eine außerordentliche Hauptuntersuchung anordnen. Dies ist möglich, wenn z. B. wiederholt erhebliche technische Mängel festgestellt wurden oder Hinweise auf eine Verkehrsgefährdung vorliegen. Die Anordnung wird mit einer Frist verbunden und ist für den Halter verbindlich. Kommt der Halter der Aufforderung nicht fristgemäß nach, kann die Behörde eine Betriebsuntersagung aussprechen.
Bei welchen Institutionen darf die Hauptuntersuchung rechtlich durchgeführt werden?
Rechtlich zulässig sind in Deutschland ausschließlich amtlich anerkannte Überwachungsorganisationen und Sachverständigenorganisationen für die Durchführung der Hauptuntersuchung befugt. Dies regelt § 29 Abs. 1 und 2 StVZO. Zu den anerkannten Institutionen gehören unter anderem der TÜV (Technischer Überwachungsverein), DEKRA, GTÜ, KÜS und FSP. Die Prüforganisationen unterliegen strengen staatlichen Vorgaben hinsichtlich ihrer Unabhängigkeit und der Qualifikation des Prüfpersonals. Hauptuntersuchungen durch nicht anerkannte Stellen sind nichtig.
Was geschieht rechtlich bei festgestellten Mängeln während der Hauptuntersuchung?
Werden während der Hauptuntersuchung Mängel festgestellt, so werden diese gemäß § 29 Abs. 8 StVZO in verschiedene Kategorien eingeteilt: geringe, erhebliche und gefährliche Mängel. Geringe Mängel erfordern keine Wiedervorführung, müssen aber behoben werden. Bei erheblichen oder gefährlichen Mängeln wird die Plakette verweigert und der Fahrzeughalter erhält den Auftrag, die Mängel innerhalb eines Monats zu beseitigen und das Fahrzeug zur Nachuntersuchung vorzulegen. Wird der Frist zur Nachuntersuchung nicht nachgekommen, bedarf es einer erneuten vollständigen Hauptuntersuchung.
Ist eine Hauptuntersuchung bei Stilllegung oder Abmeldung des Fahrzeugs erforderlich?
Nach deutschem Recht besteht während einer behördlich festgestellten Stilllegung oder Abmeldung eines Fahrzeugs keine Verpflichtung zur Durchführung der Hauptuntersuchung. Erst bei einer erneuten Zulassung des Fahrzeugs ist nach § 29 StVZO eine gültige Hauptuntersuchung nachzuweisen – insbesondere dann, wenn seit der letzten Untersuchung mehrere Jahre vergangen sind. In diesen Fällen muss das Fahrzeug vor der Wiederzulassung einer frischen Hauptuntersuchung unterzogen werden.