Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Handelsrecht»Handelsgehilfe

Handelsgehilfe


Begriff und rechtliche Einordnung des Handelsgehilfen

Der Handelsgehilfe ist eine rechtlich definierte Person, die nach § 59 Handelsgesetzbuch (HGB) in einem Handelsbetrieb, also einem Kaufmann nach den Vorschriften des HGB, beschäftigt wird und dabei in höherem Maße mit kaufmännischen Tätigkeiten betraut ist. Die Stellung des Handelsgehilfen ist im HGB umfassend geregelt und grenzt sich sowohl von angestellten Arbeitskräften als auch von selbstständig Tätigen sowie anderen Typen abhängig Beschäftigter im Unternehmen ab.

Definition und gesetzliche Regelung

Der Handelsgehilfe ist gemäß § 59 HGB derjenige, der „im Handelsgewerbe eines Kaufmanns zur Leistung von Diensten gegen Entgelt beschäftigt“ ist, jedoch „nicht selbst Handelsmakler oder Handlungsbevollmächtigter ist und insbesondere nicht dem Prokuristen gleichgestellt“ wird. Damit ist der Handelsgehilfe stets Arbeitnehmer, jedoch mit verstärktem kaufmännischem Bezug seiner Tätigkeit. Neben § 59 HGB enthalten die §§ 59-73 HGB zahlreiche Regelungen zu den Rechten und Pflichten der Handelsgehilfen im Rechtsverkehr, insbesondere in Bezug auf Vollmachten und Wettbewerbsverbote.

Abgrenzung zu anderen Arbeitnehmern im Handelsbetrieb

Das HGB unterscheidet mehrere Kategorien von Personen, die in einem Handelsunternehmen tätig sein können. Deren genaue Zuordnung ist für arbeitsrechtliche und gesellschaftsrechtliche Fragen von erheblicher Bedeutung.

Unselbstständigkeit des Handelsgehilfen

Kennzeichnend für den Handelsgehilfen ist das Arbeitsverhältnis, das durch persönliche Abhängigkeit zum Arbeitgeber geprägt ist. Der Handelsgehilfe ist weisungsgebunden und in die betriebliche Organisation des Kaufmanns eingebunden. Er übt in aller Regel Tätigkeiten mittlerer und höherer Art aus, beispielsweise im Bereich Buchhaltung, Einkauf, Vertrieb oder Verwaltung. Nicht als Handelsgehilfen gelten demgegenüber freie Mitarbeiter, Praktikanten, Auszubildende und leitende Angestellte mit Prokura.

Abgrenzung zu Handlungsgehilfen und Prokuristen

Während der Handlungsgehilfe eine allgemeine, ältere Terminologie für im Handel tätige Angestellte war, ist der Handelsgehilfe der enge, gesetzlich definierte Typus. Der Prokurist hingegen erhält eine weitreichendere Vollmacht (§§ 48 ff. HGB) und ist dem Handelsgehilfen übergeordnet.

Beispielhafte Tätigkeiten

Handelsgehilfen sind typischerweise:

  • Sachbearbeitende in handelsbezogenen Abteilungen
  • Waren- und Lagerverwalter mit erweiterten Aufgaben
  • Kaufmännische Angestellte mit vertraglichem Vollmachtsspielraum

Rechte und Pflichten des Handelsgehilfen

Das HGB sieht besondere Pflichten und auch Schutzrechte für Handelsgehilfen vor, die über das allgemeine Arbeitsrecht hinausgehen und den spezifischen Gegebenheiten des Handelsbetriebs Rechnung tragen.

Erteilung von Vollmachten

Ein wesentliches Merkmal der Rechtsstellung des Handelsgehilfen ist die mögliche Erteilung einer Handlungsvollmacht (§ 54 HGB). Damit kann der Handelsgehilfe im Namen des Kaufmannes Geschäfte mit Dritten tätigen. Die genaue Reichweite der Vollmacht bedarf in jedem Fall einer ausdrücklichen Definition und ergibt sich im Zweifel aus dem jeweiligen Arbeitsvertrag oder einer gesonderten Erklärung. Die Handlungsvollmacht ist in ihrer Reichweite geringer als die Prokura, ermöglicht jedoch Handlungen, die dem Handelsgewerbe zuzurechnen sind.

Arten der Handlungsvollmacht

  • Generalvollmacht (allgemeine Handlungsvollmacht)
  • Artvollmacht (für bestimmte Arten von Geschäften)
  • Einzelvollmacht (für einzelne Geschäfte)

Die Eintragung der Handlungsvollmacht in das Handelsregister ist nicht erforderlich.

Wettbewerbsverbot

Nach § 60 HGB ist dem Handelsgehilfen während des Arbeitsverhältnisses jede selbstständige und unselbstständige Tätigkeit im Geschäftsbereich des Arbeitgebers ohne dessen Zustimmung untersagt. Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot können zur fristlosen Kündigung und Schadensersatzansprüchen führen.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot darf nur schriftlich, unter Beachtung der gesetzlichen Vorschriften (§§ 74 ff. HGB) und in Verbindung mit einer Karenzentschädigung vereinbart werden. Zulässigkeit und Ausgestaltung unterliegen engen Voraussetzungen, um eine Übervorteilung des Handelsgehilfen zu vermeiden.

Geheimhaltungspflichten

Dem Handelsgehilfen obliegt eine weitreichende Verschwiegenheitspflicht über Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Die Pflicht zur Vertraulichkeit besteht auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sofern nicht berechtigte Interessen des ehemaligen Arbeitgebers entgegenstehen.

Anspruch auf Zeugnis

Nach § 73 HGB hat der Handelsgehilfe einen gesetzlichen Anspruch auf Erteilung eines schriftlichen Zeugnisses über Art und Dauer seines Arbeitsverhältnisses. Auf Verlangen ist auch ein qualifiziertes Zeugnis über Führung und Leistung zu erteilen.

Beendigung des Handelsgehilfenvertrags

Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Handelsgehilfen unterliegt den allgemeinen arbeitsrechtlichen Vorschriften, kann aber durch branchen- oder unternehmensspezifische Besonderheiten geprägt sein.

Kündigungsfristen

Sofern keine abweichenden tariflichen oder arbeitsvertraglichen Fristen gelten, finden die gesetzlichen Kündigungsfristen Anwendung. Besondere Schutzvorschriften gelten zum Schutz von Handelsgehilfen, die auf Provisionsbasis beschäftigt werden (§ 89 HGB analog).

Schadensersatzpflichten

Fügt der Handelsgehilfe dem Arbeitgeber durch eine Pflichtverletzung einen Schaden zu, haftet er im Rahmen der arbeitsvertraglichen Regeln. Maßgeblich sind die Abgrenzungen nach dem Maß der Fahrlässigkeit und den Ausgleichsregelungen des Arbeitsrechts, insbesondere im Rahmen der Arbeitnehmerhaftung.

Anspruch auf Provision und weitere Vergütungen

Während § 59 HGB hauptsächlich Angestellte gegen Entgelt betrifft, können Handelsgehilfen ihre Vergütung ganz oder teilweise in Form einer Provision erhalten. In diesem Fall greifen die umfangreichen Regelungen der §§ 87-89 HGB zur Entstehung, Fälligkeit und Berechnung des Provisionsanspruchs.

Provisionsanspruch

Das Provisionsrecht schützt Handelsgehilfen davor, für vermittelten oder abgeschlossenen Umsatz nicht oder zu spät entlohnt zu werden. Einen Anspruch auf Provisionsabrechnung und -auszahlung hat der Handelsgehilfe spätestens zum Monatsende des Folgemonats nach Geschäftsabschluss.

Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen

Die Verletzung der handelsgehilfenspezifischen Pflichten, namentlich aus Wettbewerbsverbot oder Handlungsvollmacht, können sowohl arbeitsrechtliche Sanktionen (Abmahnung, Kündigung) als auch zivilrechtliche Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Daneben sind Vertragsstrafen zulässig, falls im Arbeitsvertrag vereinbart.

Bedeutung des Handelsgehilfen im Wirtschaftsleben

Handelsgehilfen stellen eine zentrale Personengruppe in modernen Handelsunternehmen dar. Sie übernehmen wichtige kaufmännische Aufgaben, vertreten Unternehmen im Rechtsverkehr auf Grundlage von Vollmachten und tragen maßgeblich zur operativen Umsetzung von Geschäftsprozessen bei. Die speziellen gesetzlichen Regelungen stärken sowohl das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer als auch die Sicherheit im Geschäftsverkehr.

Literatur und weiterführende Vorschriften

  • Handelsgesetzbuch (HGB), insbesondere §§ 59-73 HGB
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), Arbeitsvertragsrecht
  • Kommentierungen zum Handelsrecht (u.a. Baumbach/Hopt, HGB-Kommentar)

Dieser Artikel bietet eine umfassende Darstellung des Begriffs Handelsgehilfe unter Berücksichtigung aller relevanten rechtlichen Vorschriften und praxisbezogenen Anwendungsfälle im deutschen Handelsrecht.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rechte und Pflichten hat ein Handelsgehilfe gegenüber dem Kaufmann?

Ein Handelsgehilfe hat im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses weitreichende Rechte und Pflichten, die gesetzlich vor allem in den §§ 59 ff. HGB geregelt sind. Zu seinen Pflichten gehört insbesondere die sorgfältige Ausführung der ihm übertragenen kaufmännischen Geschäfte und Dienstleistungen, wobei er den Weisungen des Kaufmanns unterliegt. Er ist weiterhin zur Wahrung der Geschäftsgeheimnisse verpflichtet und darf keine Wettbewerbstätigkeiten ausüben, sofern vertraglich nichts Abweichendes geregelt ist. Zu seinen Rechten gehört insbesondere das Anrecht auf eine angemessene Vergütung, deren Höhe sich nach dem Arbeitsvertrag oder den üblichen Gepflogenheiten richtet. Zusätzlich stehen ihm Schutzrechte nach dem Arbeitsrecht zu, beispielsweise bezüglich Arbeitszeit, Urlaub und Kündigungsschutz. Im Schadensfall haftet der Handelsgehilfe nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit, wobei im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses die Grundsätze der innerbetrieblichen Schadensverteilung gelten.

Ist ein Handelsgehilfe zur Vertretung des Kaufmanns berechtigt?

Die Vertretungsbefugnis des Handelsgehilfen ergibt sich nicht kraft Gesetzes, sondern grundsätzlich nur, wenn sie ihm ausdrücklich oder stillschweigend vom Kaufmann eingeräumt wurde (sogenannte Prokura oder Handlungsvollmacht, §§ 48 ff., 54 HGB). Ohne eine spezielle Bevollmächtigung darf der Handelsgehilfe keine rechtsverbindlichen Erklärungen im Namen des Kaufmanns abgeben. Wird die Vertretungsmacht erteilt, hat der Handelsgehilfe das Recht, im Rahmen der ihm übertragenen Aufgaben wirksame Geschäfte für den Kaufmann abzuschließen. Die Handlungsvollmacht kann sich dabei sowohl auf alle gewöhnlichen Geschäfte eines Handelsgewerbes als auch auf einzelne Aufgaben beschränken. Ein Missbrauch der Vertretungsmacht wird Dritten gegenüber nur wirksam, wenn sie bösgläubig sind.

Welche arbeitsrechtlichen Besonderheiten bestehen für Handelsgehilfen?

Für Handelsgehilfen gelten neben den Vorschriften des Handelsgesetzbuches (HGB) sämtliche arbeitsrechtlichen Regelungen, allerdings gibt es einige Besonderheiten: So hat der Handelsgehilfe nach § 72 HGB im Fall einer Kündigung Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis, das sich sowohl auf Art und Dauer als auch auf Führung und Leistung erstrecken kann. Weiterhin können für Handelsgehilfen spezielle Kündigungsfristen vereinbart werden, sofern sie mit den gesetzlichen Vorgaben des § 622 BGB übereinstimmen oder diese überschreiten. Zudem besteht die Möglichkeit, bestimmte nachvertragliche Wettbewerbsverbote gemäß § 74 HGB zu vereinbaren, die jedoch streng an Form und inhaltliche Grenzen gebunden sind. Ferner hat der Handelsgehilfe bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf Auszahlung eventuell ausstehender Provisionen oder sonstiger Vergütungsbestandteile.

Welche besonderen Vorschriften gelten für die Vergütung und Provision des Handelsgehilfen?

Die Vergütung des Handelsgehilfen richtet sich zunächst nach den vertraglichen Vereinbarungen, wobei in der Praxis überwiegend feste Monatsgehälter gezahlt werden. Ein wichtiger Bestandteil kann zudem die Provision sein, also eine erfolgsabhängige Zahlung für vermittelte oder abgeschlossene Geschäfte, wie in § 65 HGB geregelt. Wurde eine Provision vereinbart, steht diese dem Handelsgehilfen bereits dann zu, wenn das Geschäft aufgrund seiner Tätigkeit mit einem Dritten zustande gekommen ist. Nach § 87a Abs. 1 HGB haftet der Kaufmann auch für eine Provision auf Geschäfte, für die er sich mit dem Dritten später einig wird, sofern die Tätigkeit des Gehilfen hierfür ursächlich war. Streitigkeiten über die Höhe und Fälligkeit der Provision werden in der Regel vertraglich oder in Betriebsvereinbarungen geregelt, das Gesetz setzt dabei Mindeststandards, etwa zur Abrechnung und Auskunftspflicht des Unternehmers.

In welchen Fällen haftet ein Handelsgehilfe für Schäden?

Die Haftung des Handelsgehilfen für Schäden folgt überwiegend den allgemeinen Grundsätzen des Arbeitsrechts. Grundsätzlich haftet er nach § 619a BGB für Schäden, die er dem Kaufmann vorsätzlich oder grob fahrlässig zufügt; bei leichter Fahrlässigkeit wird, abhängig von den Umständen des Einzelfalles, die Haftung regelmäßig ganz oder teilweise ausgeschlossen. Im Innenverhältnis kann insbesondere der Umstand relevant werden, ob der Schaden typischerweise mit der Tätigkeit verbunden ist (betriebliches Risiko) oder außerhalb des erwartbaren Rahmens liegt. Im Außenverhältnis, also gegenüber Dritten, trifft die Haftung in der Regel zunächst den Kaufmann; eine Durchgriffshaftung auf den Handelsgehilfen besteht nur in Ausnahmefällen, etwa bei unerlaubter Handlung.

Können nachvertragliche Wettbewerbsverbote für Handelsgehilfen vereinbart werden?

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote für Handelsgehilfen sind grundsätzlich möglich, regelt § 74 HGB. Damit das Wettbewerbsverbot wirksam ist, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein: Es bedarf der Schriftform, außerdem muss dem Handelsgehilfen für die Zeit des Verbots eine angemessene Karenzentschädigung gezahlt werden. Inhaltlich darf das Verbot nicht weiter gehen als notwendig, also nur solche Tätigkeiten untersagen, die tatsächlich geeignet wären, die Interessen des ehemaligen Arbeitgebers zu gefährden. Die Maximaldauer beträgt in der Regel zwei Jahre nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Werden diese Vorgaben nicht eingehalten, ist das Wettbewerbsverbot nichtig oder kann vom Handelsgehilfen vorzeitig aufgehoben werden.

Besteht für Handelsgehilfen Sozialversicherungspflicht?

Handelsgehilfen sind in der Regel wie alle Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig nach Maßgabe der §§ 1 ff. SGB IV. Das bedeutet, dass sie in die gesetzlichen Sozialversicherungssysteme einzahlen müssen (Renten-, Kranken-, Pflege-, Arbeitslosen- und Unfallversicherung). Die Beiträge werden vom Gehalt einbehalten und anteilig vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer getragen. Sozialversicherungsfrei ist lediglich der selbstständige Handelsvertreter, der nicht als Handelsgehilfe und damit nicht als abhängig Beschäftigter tätig wird. Über die genaue sozialversicherungsrechtliche Einordnung entscheiden im Zweifelsfall die Sozialversicherungsträger, wobei die tatsächliche Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses maßgeblich ist.