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Handelsbriefe

Handelsbriefe – Bedeutung und rechtliche Einordnung

Handelsbriefe sind schriftliche oder elektronische Mitteilungen, die der Anbahnung, Durchführung oder Abwicklung eines Geschäfts dienen. Sie dokumentieren wesentliche Schritte von Geschäftsbeziehungen und ermöglichen die Nachvollziehbarkeit einzelner Vorgänge. Der Begriff hat im Wirtschaftsleben eine klare Ordnungs- und Beweisfunktion und ist Grundlage für Aufbewahrungs- und Vorlagepflichten.

Begriff und Abgrenzung

Unter Handelsbriefen werden alle Nachrichten verstanden, die sich auf einen konkreten geschäftlichen Vorgang beziehen. Erfasst sind sowohl eingehende Schreiben als auch Wiedergaben abgesandter Schreiben. Nicht ausschlaggebend ist das Medium: Handelsbriefe können auf Papier, als E-Mail oder in anderer elektronischer Form vorliegen.

Abzugrenzen sind Handelsbriefe von:

  • allgemeiner Werbung ohne Bezug zu einem konkreten Geschäft,
  • unternehmensinternen Mitteilungen ohne Außenwirkung,
  • allgemeinen Informationsschreiben ohne konkreten Vorgangsbezug.

Vom Begriff der Handelsbriefe zu unterscheiden sind Buchungsbelege (z. B. Belege, die unmittelbar eine Buchung auslösen) und rein formale Anforderungen an Geschäftskorrespondenz (z. B. Pflichtangaben auf Briefen), die rechtlich anderen Regeln folgen.

Wer ist verpflichtet?

Die Pflichten zu Führung und Aufbewahrung von Handelsbriefen richten sich in erster Linie an Unternehmen, die ein Handelsgewerbe betreiben, sowie an entsprechende Gesellschaftsformen. Auch Einzelunternehmen können erfasst sein, wenn die Tätigkeit die Schwelle eines Handelsgewerbes erreicht. Für andere Berufsgruppen und Unternehmensformen können Aufbewahrungs- und Nachweispflichten aus anderen Rechtsgebieten bestehen, insbesondere aus dem Steuer- und Abgabenrecht.

Arten von Handelsbriefen

Typische Beispiele

  • Anfragen, Angebote und Angebotsannahmen
  • Bestellungen, Auftragsbestätigungen und Vertragskorrespondenz
  • Lieferscheine, Versandanzeigen und Abnahmeerklärungen
  • Reklamationen, Mängelrügen und Gewährleistungsabstimmungen
  • Zahlungserinnerungen, Mahnungen und Stundungsabsprachen
  • Kündigungen, Vertragsänderungen und -aufhebungen
  • Korrespondenz mit Vermittlern, Subunternehmern und sonstigen Beteiligten, soweit sie den konkreten Vorgang betrifft

Nicht erfasst

  • Werbematerial ohne Bezug zu einem bestimmten Geschäft
  • Allgemeine Newsletter und Rundschreiben
  • Höflichkeits- und Gratulationsschreiben ohne Geschäftsbezug

Aufbewahrungspflichten und -fristen

Dauer und Beginn der Frist

Handelsbriefe sind über mehrere Jahre geordnet aufzubewahren. Die typische Aufbewahrungsdauer beträgt sechs Jahre. Für Unterlagen mit unmittelbarer Bedeutung für die Buchführung und Besteuerung gelten regelmäßig längere Fristen; hierzu zählen insbesondere Rechnungen, Jahresabschlüsse, Buchungsbelege und ähnliche Unterlagen, für die im Regelfall zehn Jahre maßgeblich sind. Trifft beides zu, ist die längere Frist ausschlaggebend.

Die Fristen beginnen grundsätzlich mit dem Schluss des Kalenderjahres, in dem der Handelsbrief empfangen oder abgesandt wurde. Aufzubewahren sind sowohl empfangene Handelsbriefe als auch Kopien oder identische Wiedergaben abgesandter Handelsbriefe.

Ende der Aufbewahrung

Nach Ablauf der maßgeblichen Frist entfällt die Aufbewahrungspflicht, sofern nicht besondere Gründe eine längere Bereithaltung erfordern (beispielsweise laufende Prüfungen oder rechtliche Auseinandersetzungen). Gleichzeitig können Vorgaben zum Schutz personenbezogener Daten eine rechtzeitige Löschung verlangen, sobald keine rechtliche Grundlage für die weitere Speicherung mehr besteht.

Form der Aufbewahrung

Papier- und elektronische Aufbewahrung

Handelsbriefe dürfen in der Form aufbewahrt werden, in der sie empfangen oder abgesandt wurden, sowohl papiergebunden als auch elektronisch. Eine elektronische Aufbewahrung eingescanter Papierdokumente ist zulässig, sofern die Wiedergabe vollständig, unverfälscht und lesbar ist und während der gesamten Aufbewahrungsdauer in angemessener Zeit verfügbar gemacht werden kann. Das gilt entsprechend für ursprünglich elektronische Dokumente.

Anforderungen an digitale Archivierung

  • Unveränderbarkeit: Schutz vor nachträglicher unbemerkter Änderung; Protokollierung von Versionen und Zugriffen.
  • Vollständigkeit: Erfassung des gesamten Inhalts einschließlich relevanter Anhänge.
  • Lesbarkeit: Sicherstellung der Lesbarkeit über die gesamte Frist; gegebenenfalls Formatmigration mit Nachweis der inhaltlichen Übereinstimmung.
  • Auffindbarkeit: Ordnungssystem, das eine schnelle Zuordnung nach Partner, Vorgang, Datum oder Identifikator ermöglicht.
  • Verfügbarkeit: Bereitstellung innerhalb angemessener Zeit, einschließlich Export- oder Ausdrucksmöglichkeit.
  • Dokumentation: Nachvollziehbare Beschreibung der Abläufe, Zuständigkeiten und Kontrollen der Archivierung.

E-Mails und sonstige elektronische Kommunikation

E-Mails, Messenger-Nachrichten und andere elektronische Mitteilungen sind Handelsbriefe, wenn ihr Inhalt einen konkreten Geschäftsfall betrifft. Maßgeblich ist der Inhalt, nicht das Medium. Betreff, Versand- und Empfangsdaten sowie Anhänge gehören zur vollständigen Wiedergabe. Systematische, nachvollziehbare Ablagen sind erforderlich; die ausschließliche Speicherung in persönlichen Postfächern erfüllt die Anforderungen an Ordnung und Verfügbarkeit typischerweise nicht.

Einsicht, Nachweis und Organisation

Prüfungen und Vorlage

Im Rahmen betrieblicher Außen- oder Sonderprüfungen kann die Vorlage von Handelsbriefen verlangt werden. Verlangt ist eine geordnete, zügige Bereitstellung in lesbarer Form. Elektronische Archive müssen Auswertungen, Filterungen und Exporte ermöglichen, sodass die Prüfbarkeit gewährleistet ist.

Ordnungssystem und Verantwortlichkeiten

Die Ablage der Handelsbriefe hat nach einem erkennbaren, geschlossenen System zu erfolgen. Kriterien sind etwa Geschäftspartner, Vorgangsnummer, Datum, Projekt oder Produkt. Zuständigkeiten für Erfassung, Prüfung und Archivierung sind intern festgelegt und dokumentiert, sodass Vertretungen und Kontrollen möglich sind.

Besondere Konstellationen

Handelsbriefe, Verträge und Rechnungen

Verträge und vertragsbezogene Korrespondenz gehören in der Regel zu den Handelsbriefen, sofern sie den Abschluss oder die Abwicklung eines Geschäfts betreffen. Rechnungen sind zwar häufig Teil der Korrespondenz, unterliegen jedoch üblicherweise den strengeren Regeln für aufbewahrungspflichtige Unterlagen der Buchführung. In solchen Fällen ist regelmäßig die längere Frist maßgeblich.

Archivierung bei Dienstleistern und in der Cloud

Die Auslagerung der Archivierung an Dritte oder in die Cloud ist möglich, sofern Ordnung, Unveränderbarkeit, Verfügbarkeit und Einsicht im Inland gewährleistet sind. Vertragliche und technische Vorkehrungen stellen sicher, dass Zugriffe der zuständigen Stellen im Prüffall in angemessener Zeit möglich sind. Zusätzlich sind datenschutzrechtliche Anforderungen, internationale Datenübermittlungen und Informationssicherheitsstandards zu berücksichtigen.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zu Handelsbriefen

Was gilt rechtlich als Handelsbrief?

Als Handelsbriefe zählen Mitteilungen, die einen konkreten geschäftlichen Vorgang vorbereiten, durchführen oder abschließen. Dazu gehören beispielsweise Angebote, Bestellungen, Auftragsbestätigungen, Liefer- und Reklamationsschreiben sowie Mahnungen. Allgemeine Werbung ohne direkten Bezug zu einem Geschäft fällt nicht darunter.

Wer muss Handelsbriefe aufbewahren?

Unternehmen mit handelsrechtlicher Prägung sind zur geordneten Aufbewahrung empfangener und abgesandter Handelsbriefe verpflichtet. Auch andere Unternehmen und Selbständige können aus steuer- oder abgabenrechtlichen Gründen entsprechenden Pflichten unterliegen.

Wie lange sind Handelsbriefe aufzubewahren und ab wann läuft die Frist?

Für Handelsbriefe gilt regelmäßig eine sechsjährige Aufbewahrungsdauer. Die Frist beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem der Handelsbrief empfangen oder abgesandt wurde. Soweit Dokumente zugleich als Unterlagen der Buchführung anzusehen sind, gelten üblicherweise längere Fristen.

Sind E-Mails Handelsbriefe?

Ja, wenn der Inhalt einen konkreten Geschäftsfall betrifft. Entscheidend ist der Sachbezug, nicht das Medium. Anhänge, Versand- und Empfangsdaten gehören zur vollständigen Wiedergabe und sind zusammen aufzubewahren.

Darf Papierkorrespondenz eingescannt und elektronisch aufbewahrt werden?

Eine elektronische Aufbewahrung ist zulässig, wenn die Wiedergabe vollständig, unverändert, lesbar und über die gesamte Frist verfügbar bleibt. Die Anforderungen an Ordnung, Nachvollziehbarkeit und Prüfbarkeit gelten unabhängig vom Speichermedium.

Worin unterscheidet sich ein Handelsbrief von einem Buchungsbeleg?

Handelsbriefe dokumentieren den Ablauf eines Geschäfts, lösen aber nicht zwingend eine Buchung aus. Buchungsbelege sind Unterlagen, die eine konkrete Buchung begründen oder belegen. Für Buchungsbelege gelten üblicherweise strengere und längere Aufbewahrungsfristen.

Welche Folgen hat das Fehlen von Handelsbriefen?

Fehlende oder unvollständig aufbewahrte Handelsbriefe können im Prüfungsfall zu Beanstandungen führen. Mögliche Konsequenzen reichen von formellen Rügen bis zu Schätzungen von Besteuerungsgrundlagen, wenn die Geschäftsvorfälle nicht mehr ausreichend nachvollzogen werden können.

Gibt es Besonderheiten bei der Archivierung in der Cloud?

Bei Cloud-Lösungen sind insbesondere Verfügbarkeit, Unveränderbarkeit, Einsichtsrechte der zuständigen Stellen und datenschutzrechtliche Anforderungen sicherzustellen. Auch bei Auslagerung bleibt das Unternehmen für Ordnung und Prüfbarkeit verantwortlich.