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Güterrechtssachen


Begriff und Einordnung der Güterrechtssachen

Güterrechtssachen bezeichnen im deutschen Recht Fälle und Streitigkeiten, die im Zusammenhang mit güterrechtlichen Ansprüchen zwischen Ehegatten, eingetragenen Lebenspartnern oder früheren Ehegatten stehen. Sie betreffen insbesondere die Vermögensverhältnisse während und nach der Ehe oder Lebenspartnerschaft. Das Güterrecht ist ein zentraler Bestandteil des Familienrechts und regelt, wie Vermögenswerte erworben, verwaltet, genutzt oder geteilt werden.

Güterrechtssachen werden regelmäßig im Rahmen von Trennungen oder Scheidungen relevant, wenn die Auflösung oder Auseinandersetzung des ehelichen oder partnerschaftlichen Vermögens erforderlich wird. Gesetzliche Grundlage bilden insbesondere die §§ 1372 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) sowie ergänzende Vorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere § 266 FamFG (Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).


Gesetzliche Grundlagen der Güterrechtssachen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Das BGB regelt die verschiedenen Güterstände, wie den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, den Wahlgüterstand der Gütertrennung und die Gütergemeinschaft. Jeder Güterstand enthält spezifische Regelungen zur Vermögensordnung und zur güterrechtlichen Auseinandersetzung.

  • Zugewinngemeinschaft (§§ 1363-1390 BGB): Bei Auflösung der Ehe ist der Ausgleich des während der Ehe erzielten Zugewinns vorgesehen.
  • Gütertrennung (§ 1414 BGB): Die Ehegatten verwalten ihr Vermögen getrennt, ein Ausgleich findet nicht statt.
  • Gütergemeinschaft (§§ 1415-1518 BGB): Beide Ehegatten werden gemeinschaftliche Eigentümer eines Gesamtguts.

FamFG – Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

Nach § 266 FamFG sind Güterrechtssachen Familiensachen im Sinne dieses Gesetzes. Dies betrifft neben der Bestimmung des zuständigen Gerichts insbesondere die besonderen Verfahrensvorschriften für Güterrechtssachen, die von den allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften abweichen können.

Zivilprozessordnung (ZPO)

Im Hinblick auf prozessuale Aspekte finden die Vorschriften der ZPO ergänzende Anwendung, insbesondere wenn es um Fragen der Klageerhebung, Vollstreckung oder Prozesskostenhilfe geht.


Gegenstand und Anwendungsbereich der Güterrechtssachen

Vermögensauseinandersetzung

Im Mittelpunkt von Güterrechtssachen steht die Auseinandersetzung von Vermögen, das während der Ehe oder Lebenspartnerschaft erworben wurde. Hierzu zählen insbesondere:

  • Ermittlung und Bewertung des Vermögensstandes zu Beginn und Ende des Güterstands
  • Bestimmung des Zugewinns und dessen Ausgleich
  • Geltendmachung und Abwehr güterrechtlicher Ansprüche

Anspruchsarten

Zu den häufigsten Anspruchsarten zählen:

  • Zugewinnausgleich: Berechnung und Ausgleich der während der Ehe oder Lebenspartnerschaft erwirtschafteten Vermögensmehrung.
  • Ansprüche bei Gütergemeinschaft: Aufteilung des Gesamtguts und Regelung von Ausgleichszahlungen.
  • Ansprüche aus Eheverträgen: Durch Eheverträge modifizierte güterrechtliche Ansprüche und deren Durchsetzung.

Verfahren in Güterrechtssachen

Zuständigkeit

Für Güterrechtssachen ist gemäß § 266 FamFG das Familiengericht zuständig, bei dem das Scheidungsverfahren oder die Aufhebung der Lebenspartnerschaft geführt wird. Ist kein Familienverfahren anhängig, richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem gewöhnlichen Aufenthalt der Beteiligten.

Verfahrensarten

Güterrechtliche Streitigkeiten werden im Regelfall im sogenannten Streitverfahren ausgetragen. Es handelt sich hierbei, anders als beispielsweise beim Unterhalts- oder Sorgeverfahren, um einen streitigen Zivilprozess. Das Verfahren ist häufig besonders komplex, da eine detaillierte Vermögensaufstellung und Bewertung erforderlich ist.

  • Einleitung durch Antrag: Das Verfahren wird durch Antrag beim Familiengericht eingeleitet.
  • Beweisaufnahme: Das Gericht erhebt Beweis, z. B. durch Einholung von Auskünften, Vorlage von Urkunden oder Gutachten.
  • Entscheidung: Abschluss durch Urteil oder gerichtlichen Vergleich.

Verfahrensbesonderheiten

  • Kosten: Die Kosten des güterrechtlichen Verfahrens richten sich nach dem Streitwert, welcher sich am wirtschaftlichen Interesse der Parteien orientiert.
  • Zwangsvollstreckung: Aus gefällten Entscheidungen können güterrechtliche Ansprüche vollstreckt werden.

Güterrechtssachen im internationalen Kontext

Mit grenzüberschreitenden Ehen und Lebenspartnerschaften stellt sich häufig die Frage, welches Güterrecht zur Anwendung kommt. Im internationalen Privatrecht gibt es Vorschriften, die bestimmen, welches nationale Recht im Einzelfall auf das Güterrecht Anwendung findet. Bedeutend sind hierbei:

  • Europäische Güterrechtsverordnung: Sie regelt seit dem 29. Januar 2019 die güterrechtlichen Beziehungen in den meisten Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, sofern ein internationaler Bezug besteht.
  • Haager Übereinkommen: Verschiedene internationale Abkommen betreffen die Anerkennung und Vollstreckung güterrechtlicher Entscheidungen.

Abgrenzung zu anderen Familiensachen

Güterrechtssachen sind strikt von anderen Familiensachen abzugrenzen, etwa von Unterhaltsstreitigkeiten oder Kindschaftssachen. Während diese regelmäßig das Sorge- oder Unterhaltsrecht betreffen, geht es in den Güterrechtssachen ausschließlich um vermögensrechtliche Beziehungen.


Bedeutung und Praxisrelevanz

Die Bedeutung von Güterrechtssachen hat in der Rechtspraxis zugenommen, da die Vermögensverhältnisse bei Trennung oder Scheidung oft einen erheblichen wirtschaftlichen Wert darstellen. Die korrekte Bestimmung und Durchsetzung güterrechtlicher Ansprüche trägt maßgeblich zur Wahrung der Vermögensinteressen der betroffenen Personen bei.


Literatur und weiterführende Quellen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 1363-1518
  • Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG), §§ 266 ff.
  • Europäische Güterrechtsverordnung (EU) 2016/1103
  • Bundesministerium der Justiz: Informationen zu Güterrechtssachen

Hinweis: Diese Übersicht dient der umfassenden Information über den Begriff Güterrechtssachen und die rechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keine individuelle rechtliche Beratung.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird der Zugewinnausgleich im Rahmen einer güterrechtlichen Auseinandersetzung durchgeführt?

Der Zugewinnausgleich ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Güterrechts und kommt insbesondere bei der Beendigung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft (z.B. durch Scheidung) zur Anwendung. Beim Zugewinnausgleich wird zunächst das während der Ehe von jedem Ehegatten erworbene Vermögen, der sogenannte Zugewinn, festgestellt. Hierzu werden Anfangsvermögen (bei Eheschließung) und Endvermögen (bei Beendigung des Güterstandes) jedes Ehegatten gegenübergestellt und der jeweilige Zugewinn berechnet. Derjenige Ehegatte, der den geringeren Zugewinn erzielt hat, kann vom anderen Ehegatten eine Ausgleichsforderung in Höhe der Hälfte der Differenz verlangen (§ 1378 BGB). Dabei sind auch Schenkungen und Erbschaften, die während der Ehe erworben wurden, in das Anfangsvermögen einzustellen, sodass ihr Wert ggf. ausgeschieden wird. Die Berechnung ist häufig komplex und erfordert oft eine genaue Wertermittlung der jeweiligen Vermögenspositionen unter Berücksichtigung Stichtagsbezogener Bewertungen sowie von Verbindlichkeiten. Im Streitfall wird das Ausgleichsverfahren vor dem Familiengericht als Familiensache nach § 137 Abs. 2 FamFG geführt, wobei verschiedene Antrags- und Darlegungspflichten bestehen. Der Zugewinnausgleichsanspruch ist grundsätzlich auf Zahlung einer Geldsumme gerichtet; ausnahmsweise kann eine Teilungsversteigerung von Vermögensgegenständen in Betracht kommen, wenn die Barzahlung nicht möglich ist.

Welche gerichtlichen Verfahren stehen bei Streitigkeiten im Bereich der Güterrechtssachen zur Verfügung?

Streitigkeiten im Bereich der Güterrechtssachen werden im Regelfall vor dem Familiengericht als sogenannte Familiensachen gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG verhandelt. Das Verfahren ist auf Antrag einzuleiten, wobei grundsätzlich ein schriftlicher Antrag notwendig ist, der die beteiligten Parteien sowie den geltend gemachten Anspruch benennt. Wesentliche güterrechtliche Verfahren sind insbesondere der Zugewinnausgleich nach § 1378 BGB, die Durchführung des Gesamtgutsausgleichs bei der Gütergemeinschaft sowie Streitigkeiten über Eheverträge und deren Auslegung. Gerichtliche Verfahren im güterrechtlichen Kontext sind nicht öffentlich und unterliegen summarischen und beschleunigten Prüfungen, um eine zügige Klärung der Vermögensverhältnisse beider Parteien zu gewährleisten. Ein Versorgungsausgleich wird regelmäßig mit güterrechtlichen Streitigkeiten verbunden, unterliegt jedoch gesonderten gesetzlichen Vorschriften (§§ 1587 ff. BGB). Im Übrigen findet das FamFG Anwendung, insbesondere hinsichtlich Beweisführung, Kostentragung und Rechtsmitteln, wobei vielfach Anwaltszwang besteht.

In welchem Umfang unterliegt das Vermögen der Ehegatten einer Auskunftspflicht im Rahmen von güterrechtlichen Auseinandersetzungen?

Im Rahmen güterrechtlicher Auseinandersetzungen (z.B. Zugewinnausgleich und Gesamtgutsauseinandersetzung) besteht eine umfassende Auskunftspflicht über die Vermögensverhältnisse der Ehegatten. Gemäß § 1379 BGB hat jeder Ehegatte auf Verlangen dem anderen Auskunft über den Bestand seines Vermögens sowohl zum Anfangs- als auch zum Endvermögensstichtag zu erteilen. Diese Auskunft umfasst sämtliche Vermögenspositionen, Schulden, Schenkungen und Erbschaften sowie die zum jeweiligen Stichtag bestehenden Ansprüche. Darüber hinaus besteht eine Belegpflicht, d.h., die Auskunft ist durch Vorlage geeigneter Nachweise (z.B. Kontoauszüge, Grundbuchauszüge, Bewertungsbescheide) zu untermauern. Kommt ein Ehegatte seiner Auskunfts- und Belegpflicht nicht nach, kann der andere Ehegatte einen entsprechenden Auskunftsanspruch gerichtlich geltend machen. Die Auskunftspflicht ist weitreichend und soll die richtige Berechnung des Ausgleichsanspruchs gewährleisten, wobei falsche oder unvollständige Angaben rechtliche Sanktionen bis hin zur Schadensersatzverpflichtung nach sich ziehen können.

Welche Bedeutung haben Eheverträge im Zusammenhang mit güterrechtlichen Streitigkeiten?

Eheverträge spielen im Güterrecht eine herausragende Rolle, da sie den gesetzlichen Güterstand (insbesondere die Zugewinngemeinschaft) modifizieren oder ersetzen können. Kraft Ehevertrag kann von den gesetzlichen Regelungen unter Beachtung der Grenzen der Vertragsfreiheit abgewichen werden (§ 1408 BGB). Eheverträge können insbesondere Modifikationen oder den Ausschluss des Zugewinnausgleichs regeln, die Gütertrennung vereinbaren, Regelungen für den Fall der Scheidung oder des Todes treffen oder eine Gütergemeinschaft begründen. In güterrechtlichen Streitigkeiten ist die Wirksamkeit und Reichweite des Ehevertrags regelmäßig zu prüfen. Umstände der Vertragsanbahnung, eine mögliche sittenwidrige Benachteiligung eines Ehegatten oder unklare Regelungen können dazu führen, dass einzelne Klauseln oder der gesamte Vertrag unwirksam sind. Die Rechtsprechung zieht hierbei besonders enge Grenzen im Hinblick auf die Wahrung der Interessen des wirtschaftlich Schwächeren. Eheverträge bedürfen der notariellen Beurkundung (§ 1410 BGB) und sind oftmals Gegenstand gerichtlicher Auslegungsstreitigkeiten im Zusammenhang mit güterrechtlichen Prozessen.

Was ist im Rahmen internationaler Güterrechtssachen bezüglich des anwendbaren Rechts zu beachten?

Bei internationalen Güterrechtssachen, etwa wenn die Ehegatten unterschiedliche Staatsangehörigkeiten besitzen oder im Ausland leben, ist zunächst anhand der Europäischen Güterrechtsverordnung (EuGüVO, Verordnung (EU) 2016/1103) oder nach den deutschen Regeln des Internationalen Privatrechts zu bestimmen, welches nationale Güterrecht anwendbar ist. Die EuGüVO regelt seit dem 29.01.2019 in den meisten EU-Mitgliedsstaaten die Zuständigkeit, das anwendbare Recht sowie die Anerkennung und Vollstreckung güterrechtlicher Entscheidungen bei internationalen Sachverhalten. Maßgebend ist primär der gewöhnliche Aufenthalt der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung oder eine rechtsgültige Rechtswahl. Sofern das internationale Privatrecht Deutschlands Anwendung findet (§ 15 EGBGB), richtet sich das anwendbare Güterrecht grundsätzlich nach dem Heimatrecht beider Ehegatten; bei unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten nach dem Recht des gewöhnlichen Aufenthalts. Ausnahmen gelten, wenn die Ehegatten rechtzeitig eine wirksame Rechtswahl getroffen haben. Zwischenstaatliche Vereinbarungen, etwa bilaterale Abkommen, können ergänzend zu berücksichtigen sein.

Welche Verjährungsfristen sind für Ansprüche aus güterrechtlichen Angelegenheiten zu beachten?

Für güterrechtliche Ansprüche, insbesondere den Zugewinnausgleichsanspruch, gilt die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB), beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§ 199 BGB). Der Zugewinnausgleichsanspruch entsteht grundsätzlich mit der rechtskräftigen Beendigung des Güterstands, etwa durch die Rechtskraft des Scheidungsbeschlusses. Zu beachten ist jedoch, dass die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens nach §§ 204, 167 BGB zur Hemmung der Verjährung führt. Für bestimmte güterrechtliche Ansprüche (z.B. bei arglistiger Verschweigung von Vermögenswerten) können abweichende, längere Verjährungsfristen greifen. Zudem bestehen unter bestimmten Voraussetzungen Rückforderungsansprüche, wenn eine Ausgleichszahlung ohne rechtlichen Grund erfolgte, auch insoweit ist die Verjährungsregelung zu beachten. Die genaue Fristenberechnung erfordert die Prüfung des Einzelfalls, insbesondere im Hinblick auf das Ereignis des Anspruchsentstehens und etwaige Hemmungstatbestände.

Kann ein güterrechtlicher Ausgleichsanspruch auch im Rahmen einer einvernehmlichen Einigung geregelt werden?

Ja, güterrechtliche Ausgleichsansprüche können grundsätzlich auch durch eine privatrechtliche Einigung der Ehegatten geregelt werden, ohne dass es eines gerichtlichen Verfahrens bedarf. Dies geschieht häufig im Rahmen von Scheidungsfolgenvereinbarungen, in denen die Ehegatten verbindliche Regelungen z.B. zur Höhe des Zugewinnausgleichs, zur Vermögensaufteilung oder zur Übertragung von Immobilien treffen. Die Wirksamkeit solcher Einigungen setzt in bestimmten Fällen (z.B. bei Regelungen, die einen Zugewinnausgleich ausschließen oder erheblich reduzieren) die notarielle Beurkundung (§ 1378 Abs. 3 Satz 2 BGB, § 1408 BGB) voraus. Die gerichtliche Protokollierung einer Einigung im Scheidungsverfahren kann unter Umständen eine vereinfachte Form der Beurkundung bieten (§ 127a BGB). Private Vergleiche bieten den Vorteil einer einvernehmlichen und kostengünstigen Streitbeilegung, bergen aber Risiken hinsichtlich der Vollständigkeit der zugrundeliegenden Informationen. Es empfiehlt sich regelmäßig, vor Abschluss einer solchen Vereinbarung fachkundigen rechtlichen Rat einzuholen, um spätere Anfechtungen oder Unwirksamkeiten zu vermeiden.