Begriff und Bedeutung des Großen Schadensersatzes
Der Große Schadensersatz ist ein zentraler Begriff des deutschen Zivilrechts und findet insbesondere im Bereich des Kaufrechts nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Anwendung. Es handelt sich dabei um eine besondere Form des Schadensersatzanspruchs, der dem verletzten Vertragspartner im Fall der Nichterfüllung oder Schlechtleistung durch den Schuldner zusteht und ihm ermöglicht, anstelle der mangelhaften Leistung Ersatz des kompletten Nichterfüllungsschadens zu verlangen. Der Große Schadensersatz steht im Unterschied zum Kleinen Schadensersatz, bei dem an der mangelhaften Leistung festgehalten wird.
Rechtsgrundlagen für den Großen Schadensersatz
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Die gesetzlichen Regelungen zum Großen Schadensersatz finden sich insbesondere in den §§ 280, 281, 283, 311a und 437 Nr. 3 BGB.
- § 281 BGB regelt den Schadensersatz statt der Leistung bei Pflichtverletzungen, insbesondere bei Schlecht- oder Nichtleistung.
- § 283 BGB kommt zur Anwendung, wenn die Leistung nach Eintritt der Fälligkeit unmöglich wird.
- § 437 Nr. 3 BGB bezieht sich auf die Rechte des Käufers bei Mängeln, insbesondere bei Kaufverträgen.
- § 311a BGB betrifft Schadensersatz bei anfänglicher Unmöglichkeit.
Im Kontext des Kaufrechts stellt der Große Schadensersatz statt der Leistung eine der wichtigsten Reaktionsmöglichkeiten des Käufers bei einer mangelhaften oder unterbliebenen Lieferung dar.
Voraussetzungen für den Anspruch auf Großen Schadensersatz
Pflichtverletzung
Eine Pflichtverletzung ist Grundvoraussetzung für jeden Schadensersatzanspruch. Dies kann eine Nichtleistung, eine verspätete Leistung oder eine mangelhafte Leistung sein.
Vertretenmüssen des Schuldners
Der Schuldner haftet grundsätzlich nur, wenn er die Pflichtverletzung zu vertreten hat (§ 280 Abs. 1 BGB). Davon gibt es Ausnahmen etwa bei Garantien oder verschuldensunabhängigen Haftungstatbeständen.
Fristsetzung zur Leistung oder Nacherfüllung
Eine erfolglose Fristsetzung zur (Nach-)Erfüllung ist in der Regel erforderlich (§ 281 Abs. 1 BGB). In bestimmten Fällen kann eine solche Frist entbehrlich sein, etwa wenn die Leistung dauernd unmöglich ist (§ 275 BGB) oder der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert.
Kein Ausschlussgrund
Ein Anspruch auf Großen Schadensersatz ist ausgeschlossen, wenn der Anspruchsberechtigte selbst für den Mangel oder den Leistungsausfall verantwortlich ist.
Abgrenzung: Großer Schadensersatz und Kleiner Schadensersatz
Großer Schadensersatz
Bei Geltendmachung des Großen Schadensersatzes entscheidet sich der Gläubiger, statt der mangelhaften oder unterlassenen Leistung die Ausgleichung des vollständigen Nichterfüllungsschadens zu verlangen. Dies führt in der Regel zur Rückabwicklung des Vertragsverhältnisses. Typisch ist dieser Anspruch vor allem nach Rücktritt vom Vertrag.
Kleiner Schadensersatz
Der Kleine Schadensersatz bezieht sich darauf, den Differenzbetrag zwischen der mangelhaften und der mangelfreien Leistung bzw. die Kosten der Nachbesserung zu verlangen. Der Vertrag bleibt in diesem Fall bestehen.
Rechtsfolgen des Großen Schadensersatzes
Rückabwicklung des Vertrags
Der Gläubiger gibt die empfangene mangelhafte Leistung zurück und erlangt im Gegenzug seine erbrachte Vergütung zurück. Es entsteht sodann ein Anspruch auf Ersatz aller Aufwendungen und Kosten, die dem Gläubiger im Zusammenhang mit der Nichterfüllung entstanden sind.
Schadenshöhe
Der Umfang des Schadensersatzes richtet sich nach dem positiven Interesse (sog. Erfüllungsinteresse), das heißt, der Gläubiger ist so zu stellen, wie er bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung gestanden hätte. Dazu zählen etwa der entgangene Gewinn, Folgeschäden sowie etwaige Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung.
Praktische Anwendungsbereiche
Kaufrecht
Insbesondere im Kaufrecht ist der Große Schadensersatz von Bedeutung, wenn ein Verkäufer dem Käufer eine mangelhafte Sache liefert und die Nachbesserung endgültig fehlschlägt oder unmöglich ist. Der Käufer kann dann nicht nur vom Vertrag zurücktreten, sondern neben der Rückabwicklung den großen Schadensersatz geltend machen.
Werkvertragsrecht
Auch im Werkvertragsrecht spielt der Große Schadensersatz eine Rolle, etwa wenn ein Werk mangelhaft ist und der Unternehmer die Nachbesserung verweigert oder diese fehlschlägt.
Sonderfälle und Besonderheiten
Schadensminderungspflicht
Der Gläubiger ist verpflichtet, den Schaden möglichst gering zu halten (§ 254 BGB). Unterlässt er dies schuldhaft, kann dies zu einer Kürzung des Schadensersatzanspruchs führen.
Verhältnis zu anderen Ansprüchen
Der Große Schadensersatz steht gleichrangig neben den anderen Sekundäransprüchen wie Rücktritt oder Minderung, kann aber nicht nebeneinander mit diesen geltend gemacht werden. Nach Ausübung eines Wahlrechts ist die Entscheidung grundsätzlich verbindlich.
Rechtsprechung zum Großen Schadensersatz
Die deutsche Rechtsprechung hat die Voraussetzungen und Umfang des Großen Schadensersatzanspruchs fortentwickelt. Prägend sind Entscheidungen des Bundesgerichtshofs insbesondere zum Verhältnis Rücktritt und Großer Schadensersatz sowie zur Schadensberechnung bei Mängeln.
Fazit
Der Große Schadensersatz ist ein wesentliches Instrumentarium des Vertragsrechts, das es dem Geschädigten ermöglicht, bei Ausbleiben der geschuldeten Leistung oder im Falle schwerer Mängel einen vollständigen Ausgleich seines Nichterfüllungsschadens zu verlangen. Voraussetzung sind eine erhebliche Pflichtverletzung, ein Verschulden des Schuldners und eine erfolglose Fristsetzung, soweit keine Ausnahme greift. Die genauen rechtlichen Anforderungen und Rechtsfolgen orientieren sich an den spezifischen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der einschlägigen Rechtsprechung.
Häufig gestellte Fragen
Wie wird der große Schadensersatzanspruch rechtlich geltend gemacht?
Der große Schadensersatzanspruch kann grundsätzlich erst nach einer wirksamen Rücktrittserklärung bzw. dem erklärten Verlangen von Schadensersatz statt der ganzen Leistung gemäß § 281 Abs. 4 BGB geltend gemacht werden. Vorab ist grundsätzlich eine erfolglose Fristsetzung erforderlich, es sei denn, diese ist nach § 281 Abs. 2 BGB entbehrlich (z.B. wegen Verweigerung oder Unmöglichkeit der Leistung). Der Gläubiger hat im Zuge der Geltendmachung den bestehenden Vertragspartner über sein Wahlrecht zu informieren und muss sich eindeutig für die Schadensersatzleistung anstelle der gesamten geschuldeten Leistung entscheiden. Im Rahmen einer Klage muss er den Eintritt des Schadens, dessen Höhe sowie den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schadenseintritt detailliert darlegen und beweisen. Hinzu kommt die Berechnung der erlittenen Schäden, insbesondere unter Berücksichtigung des positiven Interesses, d.h. so gestellt zu werden, wie er bei ordnungsgemäßer Vertragserfüllung stünde. Prozessual empfiehlt es sich, alle anspruchsbegründenden Tatsachen strukturiert aufzulisten und Nachweise (z.B. Kaufverträge, Sachverständigengutachten) beizufügen.
Können beim großen Schadensersatz auch Folgeschäden verlangt werden?
Beim großen Schadensersatzanspruch sind grundsätzlich nicht nur der unmittelbare Erfüllungsschaden, sondern auch alle adäquaten Folgeschäden ersatzfähig. Dies umfasst sämtliche Vermögensnachteile, die dem Geschädigten durch die mangelhafte oder unterbliebene Leistung entstanden sind, soweit ein adäquater Kausalzusammenhang vorliegt und der Schaden nicht außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Norm liegt. Typische Folgeschäden bei Sachmängeln sind z.B. Nutzungsausfälle, Mehrkosten für Ersatzbeschaffungen oder entgangene Gewinne. Maßgeblich ist stets, dass diese Schäden tatsächlich auf die Pflichtverletzung des Schuldners zurückzuführen sind, nicht auf eigenständige Ereignisse, die außerhalb des ursprünglichen Schadenstatbestandes liegen.
Wann beginnt die Verjährungsfrist für den großen Schadensersatz?
Die Verjährung des großen Schadensersatzanspruchs richtet sich nach § 438 BGB (bei Kaufverträgen) sowie nach § 634a BGB (bei Werkverträgen). Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt für Mängelansprüche zwei Jahre ab Ablieferung der Sache. Für Bauwerke gilt eine fünfjährige Frist. Die Verjährung für den großen Schadensersatzanspruch beginnt mit der Ablieferung der Sache bzw. bei Werkleistungen mit der Abnahme. Wird der Schadensersatzanspruch nach Rücktritt oder dem begründeten Verlangen der Leistung geltend gemacht, läuft keine eigenständige Verjährungsfrist, sondern es bleibt bei der Frist für die Mängelansprüche. Zu beachten ist, dass Verhandlungen mit dem Schuldner zu einer Hemmung der Verjährung führen können (§ 203 BGB).
Wer trägt die Beweislast beim großen Schadensersatz?
Im Grundsatz trifft den Anspruchsteller die volle Beweislast für sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen, also insbesondere für das Vorliegen einer Pflichtverletzung, das eigene Leistungsinteresse, die ordnungsgemäße Fristsetzung, die ausreichende Gelegenheit zur Nacherfüllung für den Schuldner, das Ausbleiben der Leistung sowie für Eintritt und Höhe des Schadens und dessen adäquate Kausalität. Allerdings kann der Schuldner sich entlasten, indem er nachweist, dass die Pflichtverletzung nicht von ihm zu vertreten ist (§ 280 Abs. 1 S. 2 BGB). In bestimmten Fällen, etwa bei Werkleistungen, kommen dem Gläubiger Beweiserleichterungen zu Gute (z.B. Beweislastumkehr für Sachmängel innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang, § 477 BGB).
Unterliegt der große Schadensersatz einer Anrechnung von Vorteilen?
Ja, bei Geltendmachung des großen Schadensersatzes findet das Prinzip der Vorteilsausgleichung Anwendung. Das bedeutet, dass sich der Geschädigte alle Vorteile, die ihm im Zusammenhang mit dem schädigenden Ereignis zufließen, auf den Schadensersatzanspruch anrechnen lassen muss. Dies können zum Beispiel ersparte Aufwendungen, Versicherungsleistungen oder der Restwert der mangelhaften Sache sein. Ziel ist es, eine Überkompensation und damit eine unzulässige Bereicherung des Geschädigten zu verhindern. Die genaue Bewertung etwaiger Vorteile erfolgt einzelfallbezogen; eine Anrechnung scheidet aus, wenn der Vorteil nicht mit dem schadenstiftenden Ereignis in adäquatem Zusammenhang steht.
Welche Rechtsfolgen treten ein, wenn der große Schadensersatz erfolgreich verlangt wird?
Wird der große Schadensersatz erfolgreich geltend gemacht, erlischt die wechselseitige Leistungspflicht der Parteien in Bezug auf die ursprünglich geschuldete Hauptleistung (§ 281 BGB). Der Vertrag wandelt sich gewissermaßen in ein Abrechnungsverhältnis: Der Gläubiger gibt die mangelhafte Sache gemäß Bereicherungsrecht (§§ 346, 812 BGB) an den Schuldner zurück und erhält Ersatz des gesamten Schadens, der ihm durch das Ausbleiben einer vertragsgemäßen Leistung entstanden ist (sog. positives Interesse). Bereits geleistete Zahlungen werden im Rahmen der Rückabwicklung ebenfalls erstattet. Der Schuldner hat daneben für alle mit dem Mangel in Zusammenhang stehenden adäquat verursachten Schäden aufzukommen, inklusive etwaiger Folgeschäden, Nutzungsausfall oder Mehrkosten.
Gibt es Ausschlussgründe beim großen Schadensersatz?
Ein großer Schadensersatzanspruch ist insbesondere ausgeschlossen, wenn der Gläubiger selbst für die Pflichtverletzung verantwortlich ist, eine Fristsetzung zur Nacherfüllung unterlassen wurde (außer sie ist ausnahmsweise entbehrlich), der Mangel oder die Pflichtverletzung nicht rechtzeitig gerügt wurde oder ein Ausschlussgrund gemäß Vertrag (z.B. Haftungsbeschränkung, Verzichtsklausel) greift. Ebenso sind Ansprüche ausgeschlossen, wenn die Pflichtverletzung nicht erheblich ist oder die Anspruchsgrundlage für kleine Schadensersatzansprüche einschlägig wäre. Schließlich sind vertragliche oder gesetzliche Verjährungsfristen zu beachten; nach Ablauf sind keine Schadensersatzansprüche mehr durchsetzbar.