Begriff und Allgemeines zur Gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft
Eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft bezeichnet das dauerhaft angelegte Zusammenleben zweier Personen gleichen Geschlechts in einer Partnerschaft, die sich durch eine enge persönliche Bindung und gegenseitige Verantwortung auszeichnet. Der Begriff findet sowohl in der soziologischen als auch in der rechtlichen Betrachtung Verwendung und wird in unterschiedlichen gesetzlichen Kontexten verwendet. In den letzten Jahrzehnten hat sich die rechtliche Situation gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften erheblich weiterentwickelt, insbesondere durch die Einführung und Entwicklung des Instituts der eingetragenen Lebenspartnerschaft und die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare.
Historische Entwicklung der rechtlichen Anerkennung
Frühe Rechtslage bis zur Jahrtausendwende
Bis zum Ende des 20. Jahrhunderts genossen gleichgeschlechtliche Partnerschaften in Deutschland keinen besonderen rechtlichen Schutz. Weder Familien- noch Sozialrecht erkannten diese Lebensgemeinschaften an. Entbehrungen bestanden insbesondere hinsichtlich Erbrecht, Unterhaltsrecht und im Bereich der sozialen Absicherung.
Einführung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft (2001)
Mit Inkrafttreten des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG) im Jahr 2001 wurde erstmals eine eigenständige Rechtsform für gleichgeschlechtliche Paare geschaffen. Die „eingetragene Lebenspartnerschaft“ ermöglichte diesen Paaren eine rechtlich verbindliche Lebensgemeinschaft mit familienrechtlichen Wirkungen, die weitgehend der Ehe angenähert war, jedoch eigenständige Regelungen enthielt.
Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare (2017)
Die vollständige Gleichstellung erfolgte mit der Einführung der „Ehe für alle“ im Jahr 2017. Seither können gleichgeschlechtliche Paare die Ehe in gleicher Weise wie verschiedengeschlechtliche Paare schließen. Die eingetragene Lebenspartnerschaft bleibt für bis zum 30. September 2017 begründete Partnerschaften weiterhin bestehen, eine Neukonstituierung ist jedoch nicht mehr möglich.
Rechtliche Ausgestaltung der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft
Ehe und eingetragene Lebenspartnerschaft: Unterschiede und Gemeinsamkeiten
Seit der Öffnung der Ehe stehen gleichgeschlechtlichen Paaren dieselben Rechte und Pflichten wie verschiedengeschlechtlichen Ehepaaren zu. Folgende Rechtsgebiete sind hierbei besonders relevant:
Familienrecht
- Eheschließung und Partnerschaftsbegründung: Gleichgeschlechtliche Ehen werden identisch zu verschiedengeschlechtlichen Ehen geschlossen, es gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) entsprechend. Eingetragene Lebenspartnerschaften folgen dem Lebenspartnerschaftsgesetz.
- Unterhalt: Beide Institute begründen wechselseitige Unterhaltspflichten während der Partnerschaft sowie nach deren Auflösung.
- Namensrecht: Die Wahl eines gemeinsamen Namens ist sowohl in der Ehe als auch in der Lebenspartnerschaft möglich (Lebenspartnerschaftsname/Ehenamen).
Erbrecht
Gleichgeschlechtliche Ehepartner und Lebenspartner sind im Erbrecht den Ehegatten gleichgestellt. Sie erhalten ein gesetzliches Erbrecht und profitieren von steuerlichen Freibeträgen beim Erwerb von Vermögen im Erbfall.
Adoptionsrecht
Mit der Öffnung der Ehe wurde das gemeinsame Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare eingeführt, sodass sie gemeinsam ein Kind adoptieren können. Bereits zuvor bestand das Recht zur Einzeladoption und zur Stiefkindadoption in einer Lebenspartnerschaft.
Steuerrecht
Durch die Gleichstellung bei der Einkommensteuer können gleichgeschlechtliche Ehepaare das Ehegattensplitting in Anspruch nehmen. Lebenspartner waren seit 2013 ebenfalls berechtigt, bis hin zur Einführung der Ehe für alle.
Sozialversicherungsrecht
Im Sozialversicherungsrecht bestehen Ansprüche auf Hinterbliebenenversorgung, Familienversicherung sowie bei der Rentenversicherung analoge Regelungen zur Ehe.
Übertragbarkeit auf andere Lebensformen
Nichteheliche gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften
Personen, die ohne formale Eheschließung oder Eintragung zusammenleben, gelten rechtlich als nichteheliche Lebensgemeinschaft. Diese Partnerschaften sind im deutschen Recht nicht ausdrücklich geregelt. Es gelten die allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften (z.B. zu Gemeinschaften nach §§ 741 ff. BGB), wobei keine familienrechtlichen Ansprüche wie Unterhalt, Versorgungsausgleich oder Erbrecht bestehen.
Abgrenzung zu Wohngemeinschaften und weiteren Lebensformen
Nicht jede gleichgeschlechtliche Zusammenlebensform fällt unter die Definition der gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaft. Für die Annahme einer Lebensgemeinschaft muss eine auf Dauer angelegte Partnerschaft mit Verantwortung füreinander bestehen und nach außen als solche in Erscheinung treten. Reine Wohngemeinschaften ohne partnerschaftliche Bindung erfüllen diese Voraussetzungen nicht.
Gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften im internationalen Recht
Europäische Union
Die Anerkennung und Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften ist innerhalb der Europäischen Union nicht einheitlich geregelt. Während in zahlreichen Staaten inzwischen eine Gleichstellung mit der Ehe erfolgt ist, existieren in anderen Ländern restriktivere Regelungen oder ein vollständiger Ausschluss.
Internationale private Beziehungen und Auslandsbezug
Wird im Ausland eine gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaft geschlossen, ergeben sich im deutschen Recht Anerkennungsfragen. Seit der Öffnung der Ehe werden im Ausland geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen in Deutschland anerkannt. In Bezug auf Lebenspartnerschaften aus dem Ausland findet das deutsche Kollisionsrecht Anwendung; maßgeblich ist dabei unter anderem Art. 13 EGBGB.
Rechtsfolgen und Auswirkungen
Anspruchsgrundlagen und Schutz
Gleichgeschlechtliche Ehepartner und Lebenspartner genießen umfassende Leitbildwirkung im Recht. Ihre Partnerschaften sind rechtlich geschützt, etwa vor Diskriminierung und im Rahmen der Privatautonomie.
Beendigung der Lebensgemeinschaft
Die Aufhebung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft erfolgt nach vergleichbaren Vorschriften wie die Scheidung einer Ehe. Die damit verbundenen Unterhalts-, Versorgungs- und Vermögensauseinandersetzungen richten sich nach den einschlägigen Vorschriften des LPartG beziehungsweise des BGB.
Bedeutung im Antidiskriminierungsrecht
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und weitere gesetzliche Regelungen schützen Personen in gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften vor Benachteiligung, beispielsweise im Arbeitsleben oder bei der Wohnungssuche.
Rechtsentwicklung und Ausblick
Die Entwicklung hin zur rechtlichen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften spiegelt einen grundlegenden Wandel im Familienverständnis und im gesellschaftlichen Umgang mit sexueller Orientierung wider. Die vollständige Gleichstellung durch die „Ehe für alle“ hat zu einer umfassenden rechtlichen Anerkennung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften geführt. Gleichwohl bestehen im Detail weiterhin Herausforderungen, etwa im Adoptionsrecht anderer Staaten oder bei grenzüberschreitenden Sachverhalten.
Literaturhinweise und weiterführende Informationen
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG)
- Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
- Bundesverfassungsgericht: Entscheidung zur Öffnung der Ehe (BVerfG, Beschluss vom 17. Juli 2002 – 1 BvF 1/01)
- Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (BGBl. 2017 I S. 2787)
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft erfüllt sein?
Für das Eingehen einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach deutschem Recht müssen beide Partner volljährig und geschäftsfähig sein. Außerdem dürfen sie nicht bereits verheiratet oder in einer anderen Lebenspartnerschaft leben. Eine Lebenspartnerschaft kann nur zwischen zwei Personen gleichen Geschlechts geschlossen werden (dies war insbesondere bis zur Öffnung der Ehe 2017 relevant; Bestandsfälle bestehen weiterhin). Bei der Begründung der Lebenspartnerschaft dürfen keine sogenannten Ehe- oder Lebenspartnerschaftshindernisse vorliegen, das heißt insbesondere keine zu enge Verwandtschaft im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) oder bereits bestehende Ehen/Lebenspartnerschaften. Die Lebenspartnerschaft wird durch eine persönliche Erklärung vor dem Standesbeamten wirksam. Außerdem sind bestimmte Unterlagen vorzulegen, darunter beglaubigte Abschriften aus dem Geburtenregister sowie eine Meldebescheinigung. Für ausländische Staatsangehörige gelten zudem besondere Nachweise hinsichtlich Familienstandes und Aufenthaltsstatus.
Welche Rechte und Pflichten begründet eine Lebenspartnerschaft im Vergleich zur Ehe?
Im rechtlichen Kontext begründen eingetragene Lebenspartnerschaften ähnliche Rechte und Pflichten wie die Ehe. Dazu zählen die Beistands- und Fürsorgepflicht, der gemeinsame Lebensunterhalt und die Verpflichtung zur gegenseitigen Rücksichtnahme. Im Vermögensrecht gilt zunächst der Zugewinnausgleich, es sei denn, es wird etwas anderes vereinbart. Darüber hinaus bestehen Regelungen zur Unterhaltspflicht nach einer Trennung oder bei Aufhebung der Lebenspartnerschaft, die an das Eherecht angelehnt sind. Auch in erbrechtlicher Hinsicht sind Lebenspartner Ehegatten weitgehend gleichgestellt; dies betrifft insbesondere das gesetzliche Erbrecht und das Pflichtteilsrecht. Im Steuerrecht wurden Lebenspartner mittlerweile weitgehend mit Ehegatten gleichgestellt, so dass das Ehegattensplitting und entsprechende Steuerklassenwahlrechte zur Anwendung kommen.
Wie verhält es sich mit dem Sorgerecht und dem Adoptionsrecht in einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft?
Im Rahmen der eingetragenen Lebenspartnerschaft konnte zunächst keine gemeinschaftliche Adoption eines Kindes erfolgen; dies war auf die sogenannte Stiefkindadoption beschränkt, d.h. die Adoption des leiblichen Kindes des Partners/der Partnerin war möglich. Seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts und sodann der Öffnung der Ehe ab 2017 steht das volle Adoptionsrecht inzwischen allen gleichgeschlechtlichen Paaren offen, auch bei eingetragenen Lebenspartnerschaften, sofern diese bestehen blieben. Bezüglich des Sorgerechts ist zu beachten, dass der nicht-leibliche Elternteil nicht automatisch sorgeberechtigt ist, sondern das Sorgerecht durch Adoption oder gerichtliche Entscheidung erworben werden kann. Die Rechte und Pflichten bezüglich der elterlichen Sorge und des Umgangsrechts sind im BGB geregelt.
Welche Regelungen gelten bei einer Aufhebung (Scheidung) der Lebenspartnerschaft?
Die Aufhebung einer Lebenspartnerschaft ist ähnlich zur Ehescheidung ausgestaltet. Sie erfolgt auf Antrag eines oder beider Partner, in der Regel nach Ablauf eines Trennungsjahres, sofern die Lebenspartnerschaft gescheitert ist. Es gelten vergleichbare Regelungen hinsichtlich des Zugewinnausgleichs, der Unterhaltspflichten und der Vermögensauseinandersetzung. Die Aufhebung wird durch das Familiengericht ausgesprochen, und auch hinsichtlich Versorgungsausgleich und Sorgerecht für gemeinsame Kinder werden entsprechende Normen angewandt, wie sie auch im Eherecht vorgesehen sind. Die Vorschriften hierzu ergeben sich insbesondere aus dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) sowie ergänzend aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch.
Welche besonderen Regelungen gelten für das Erbrecht von Lebenspartnern?
Im Erbrecht sind Lebenspartner seit der Gleichstellung in wesentlichen Punkten Ehegatten gleichgestellt. Der überlebende Lebenspartner ist gesetzlicher Erbe neben etwaigen Kindern (Erbquote nach dem BGB). Zudem genießt er ein Pflichtteilsrecht. Steuerlich profitieren Lebenspartner bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer von den Freibeträgen und Steuersätzen, die auch Ehegatten eingeräumt werden. Voraussetzung ist, dass die Lebenspartnerschaft rechtsgültig begründet und nicht aufgehoben ist. Ist ein Testament vorhanden, können Lebenspartner sich auch als Erben einsetzen und entsprechende Vor- und Nacherbenregelungen treffen.
Welche Rechte bestehen bei Krankheit oder Tod des Lebenspartners in Bezug auf Auskunft, Vertretung und Versorgung?
Lebenspartner haben das Recht, einander im Krankheitsfall zu vertreten, insbesondere im Rahmen der Gesundheitsfürsorge, sofern dies gewünscht ist. Dazu gehören Auskunftsrechte gegenüber Ärzten sowie das Recht, Besuche im Krankenhaus zu machen oder Entscheidungen über medizinische Maßnahmen zu treffen, sofern entsprechende Vollmachten vorliegen. Im Todesfall sind Lebenspartner bezüglich der Bestattung und Nachlassabwicklung bevorzugt gegenüber Dritten berechtigt. Hinzu treten Ansprüche auf Witwen- bzw. Witwerrente in der gesetzlichen Rentenversicherung, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind (Wartezeiten, keine erneute Eheschließung oder Begründung einer weiteren Lebenspartnerschaft).
Ist ein Wechsel von einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in die Ehe möglich und welche rechtlichen Folgen hat dies?
Seit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts im Oktober 2017 ist es möglich, eine bestehende eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe umzuwandeln („Umwandlungsehe“). Dies erfolgt durch eine entsprechende Erklärung vor dem Standesamt. Rechtlich treten die Wirkungen einer Ehe in vollem Umfang an die Stelle der Lebenspartnerschaft. Zugleich erlischt die Lebenspartnerschaft. Die zuvor während der Lebenspartnerschaft begründeten Rechte und Pflichten, zum Beispiel Zugewinnausgleichsansprüche, werden auf das Eherecht übergeleitet. Einzelheiten regelt das Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts sowie das Lebenspartnerschaftsgesetz.