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Gewerbsmäßiges Handeln


Begriff und Bedeutung des Gewerbsmäßigen Handelns

Gewerbsmäßiges Handeln ist ein zentraler Begriff im deutschen Recht, insbesondere im Strafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht und Steuerrecht. Er beschreibt eine fortgesetzte, auf wiederholte Tatbegehung gerichtete Tätigkeit mit dem Ziel, sich durch die wiederholte Ausführung eine dauerhafte und nicht unerhebliche Einnahmequelle von einigem Gewicht zu verschaffen. Die Definition und die Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns sind für die rechtliche Bewertung und die Strafzumessung in zahlreichen Gesetzen von erheblicher Bedeutung.


Definition des Gewerbsmäßigen Handelns

Allgemeine Definition

Gewerbsmäßiges Handeln liegt vor, wenn der Täter eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit nicht nur gelegentlich, sondern wiederholt und mit der Absicht begeht, sich dadurch eine fortlaufende oder dauerhafte Einnahmequelle, und sei es auch nur neben anderen, zu verschaffen. Dabei kommt es nicht darauf an, dass tatsächlich Einkünfte erzielt werden, sondern vielmehr auf die entsprechende Absicht.

Die Rechtsprechung verlangt für das gewerbsmäßige Handeln ein planmäßiges, auf Wiederholung angelegtes Vorgehen mit Gewinnerzielungsabsicht; eine gelegentliche oder einmalige Tatbegehung genügt hierfür grundsätzlich nicht.

Abgrenzung zu ähnlichen Begriffen

Gewerbsmäßiges Handeln ist klar vom Begriff der Berufsmäßigkeit und vom Handeln im geschäftlichen Verkehr abzugrenzen. Während Berufsmäßigkeit ein noch stärkeres Merkmal der Dauerhaftigkeit und Existenzgrundlage fordert, reicht beim gewerbsmäßigen Handeln bereits die Absicht einer signifikanten, wiederholten Einnahmequelle aus.


Bedeutung im Strafrecht

Gewerbsmäßiges Handeln als Qualifikationsmerkmal

Im Strafrecht ist das gewerbsmäßige Handeln ein häufiges Qualifikationsmerkmal, das die Strafandrohung wesentlich erhöht. Es findet sich in zahlreichen Straftatbeständen, etwa im Diebstahl (§ 243 StGB), Betrug (§ 263 Abs. 3 StGB), computerbetrug (§ 263a Abs. 2 StGB), in den Betäubungsmitteldelikten (§ 29 Abs. 3 BtMG) sowie im Abgabenrecht (§ 370 AO).

Elemente des gewerbsmäßigen Handelns

Wiederholungsabsicht

Erforderlich ist eine auf Wiederholung angelegte Begehungsweise. Entscheidend ist dabei die Absicht, mehrere gleichartige oder ähnliche Taten zu begehen.

Gewinnerzielungsabsicht

Es genügt bereits die Absicht, sich aus der Tat zumindest teilweise eine Einnahmequelle von gewisser Dauer und einem gewissen Umfang zu verschaffen. Der objektive Eintritt eines Vermögensvorteils oder die Erreichung eines bestimmten Mindestbetrags ist dabei nicht Voraussetzung.

Fortlaufende Einnahmequelle

Die Einnahmequelle muss auf gewisse Dauer angelegt und von einigem Umfang sein. Eine vorübergehende oder einmalige Zusatzverdienstquelle reicht zur Begründung der Gewerbsmäßigkeit hingegen nicht aus.


Gewerbsmäßiges Handeln in weiteren Rechtsgebieten

Ordnungswidrigkeitenrecht

Im Ordnungswidrigkeitenrecht führt gewerbsmäßiges Handeln regelmäßig zur Verhängung höherer Geldbußen sowie zur Einziehung von Erträgen. Beispiele hierfür finden sich etwa im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) und im Lebensmittelrecht.

Steuerrecht

Im Steuerrecht kommt dem gewerbsmäßigen Handeln insbesondere im Zusammenhang mit der Hinterziehung von Steuern oder Abgaben eine zentrale Rolle zu. Eine gewerbsmäßige Steuerhinterziehung zieht oft drakonischere Sanktionen sowie steuerrechtliche Nebenfolgen wie Einziehung oder Sperren nach sich.


Abgrenzungsfragen und Praxisbeispiele

Gewerbsmäßigkeit vs. Wiederholungstäterschaft

Ein bloßer Wiederholungstäter handelt nicht automatisch gewerbsmäßig. Entscheidend ist die Absicht, durch wiederholte Taten eine dauerhafte und keinesfalls unerhebliche Einnahmequelle zu schaffen, die über den bloßen einmaligen Vorteil oder „Mitnahmeeffekt“ hinausgeht.

Gewerbsmäßigkeit bei Neben- oder Gelegenheitsgeschäften

Bereits die Absicht, sich eine zusätzliche Einnahmequelle neben einem Hauptberuf zu schaffen, begründet Gewerbsmäßigkeit. Für die Annahme einer Gewerbsmäßigkeit genügt es, wenn die Einkünfte nicht Haupt-, sondern Nebenverdienst sind, sofern eine gewisse Dauerhaftigkeit und Bedeutung vorliegen.

Beispiel Diebstahl

Wird wiederholt Diebesgut entwendet und verkauft, um Einkünfte zu erzielen, so ist regelmäßig von gewerbsmäßigem Handeln auszugehen.

Beispiel Steuerhinterziehung

Wer planmäßig unter Angabe falscher Informationen Steuerzahlungen einspart und dies fortlaufend zum eigenen wirtschaftlichen Vorteil wiederholt, handelt gewerbsmäßig.


Gewerbsmäßiges Handeln und Strafzumessung

Das Vorliegen gewerbsmäßigen Handelns führt vielfach zu einem erhöhten Strafrahmen und hat Einfluss auf das konkrete Strafmaß. Zudem ermöglicht oder erleichtert es Nebenfolgen wie Täter- und Vermögenseinziehung nach den Maßgaben der §§ 73 ff. StGB.


Gewerbsmäßiges Handeln im Zusammenhang mit dem Unternehmensrecht

Auch im Marken-, Urheber- oder Wettbewerbsrecht wird auf gewerbsmäßiges Handeln abgestellt, insbesondere, wenn es um Unterlassungs-, Schadensersatz- oder Einziehungsansprüche geht. Im Bereich der Unternehmensführung spielen gewerbsmäßige Rechtsverstöße eine zentrale Rolle hinsichtlich Compliance, Haftung und Sanktionierung.


Literatur und Rechtsprechung

Die Auslegung des Begriffs gewerbsmäßiges Handeln ist Schwerpunkt zahlreicher gerichtlicher Entscheidungen, insbesondere des Bundesgerichtshofs (BGH) und der Oberlandesgerichte. Die Rechtsprechung betont regelmäßig die Notwendigkeit eines Gesamtbildes aller Umstände des Einzelfalls.


Zusammenfassung

Gewerbsmäßiges Handeln ist ein gewichtiger Begriff im deutschen Recht, der Regelungen im Strafrecht, Ordnungswidrigkeitenrecht, Steuerrecht und Zivilrecht maßgeblich beeinflusst. Charakteristisch ist das planmäßige, auf Gewinnerzielung und Fortdauer abzielende Tatverhalten, das über gelegentliche Überschreitungen hinausgeht. Seine Bedeutung zeigt sich in einer Vielzahl von Rechtsgebieten und wirkt sich sowohl auf die Strafbarkeit als auch auf das Maß der Sanktionierung aus. Die korrekte rechtliche Bewertung dieses Merkmals setzt stets eine umfassende Analyse der jeweiligen Umstände voraus.

Häufig gestellte Fragen

Ab wann liegt eine Wiederholungsabsicht beim gewerbsmäßigen Handeln vor?

Die rechtliche Beurteilung der Wiederholungsabsicht im Rahmen des gewerbsmäßigen Handelns richtet sich vor allem nach der subjektiven Einstellung des Täters zum Tatzeitpunkt, also seiner inneren Willensrichtung. Gewerbsmäßigkeit setzt voraus, dass der Täter die Absicht hat, durch wiederholte Tatbegehung eine fortlaufende Einkommensquelle von gewisser Dauer und Erheblichkeit zu schaffen. Eine konkrete Mehrzahl von Taten ist nicht erforderlich; es genügt bereits, wenn der Täter mit der ersten Tat die Absicht verfolgt, sich durch fortgesetzte Deliktsbegehung eine dauerhafte Einnahmequelle zu erschließen. Die tatsächliche spätere Umsetzung dieser Absicht ist nicht entscheidend, entscheidend ist die Prognose im Tatzeitpunkt. Einzelfallbezogene Umstände wie Häufigkeit früherer vergleichbarer Taten, Planungsgrad und Auftreten treten dabei in den Hintergrund gegenüber der nachweisbaren inneren Zielrichtung.

Kann auch eine Einzelhandlung als gewerbsmäßig eingestuft werden?

Rechtlich ist es möglich, dass bereits eine einzige Tat als gewerbsmäßig bewertet wird, wenn der Täter mit dieser Tat die Absicht hat, künftig weitere gleichartige Delikte zu begehen, um eine dauerhafte Einnahmequelle zu schaffen. In diesem Fall wird die Wiederholungsabsicht, die für die Gewerbsmäßigkeit typisch ist, anhand der Willensrichtung des Täters beurteilt, nicht anhand der tatsächlichen Wiederholung. Maßgeblich sind insoweit Indizien wie die Vorbereitung weiterer Handlungen, das Bereithalten entsprechender Mittel oder Äußerungen des Täters. Die Rechtsprechung stellt aber hohe Anforderungen an die Feststellung der inneren Einstellung; eine bloße Hoffnung auf weitere Taten reicht nicht aus, es muss eine gefestigte Absicht bestehen.

Welche Bedeutung hat die Einkommensquelle für die Annahme von Gewerbsmäßigkeit?

Das Merkmal der Einkommensquelle ist zentral für die rechtliche Bewertung gewerbsmäßigen Handelns. Unter einer Einnahmequelle wird dabei jede Tätigkeit verstanden, die – wenngleich nicht zwangsläufig die alleinige – dauerhafte und nicht unerhebliche Mittel für den Lebensunterhalt erbringt. Es genügt, wenn der Täter durch sein Handeln eine Einkommensquelle schaffen will, die geeignet ist, zu seinen Lebenshaltungskosten beizutragen, unabhängig davon, ob dadurch der gesamte Lebensunterhalt gesichert werden kann. Auch Nebeneinkünfte reichen aus, sofern Sie auf eine gewisse Dauerhaftigkeit und Erheblichkeit angelegt sind. Die Motivation, die Einkünfte beispielsweise für gelegentliche Anschaffungen zu verwenden, steht der Annahme der Gewerbsmäßigkeit grundsätzlich nicht entgegen.

Wie wirkt sich die Höhe der erlangten Beträge auf die Beurteilung der Gewerbsmäßigkeit aus?

Die rechtliche Bewertung gewerbsmäßigen Handelns hängt nicht ausschließlich von der Höhe der jeweils erlangten Beträge ab. Zwar muss die geplante oder tatsächliche Einnahmequelle „eine gewisse Erheblichkeit“ aufweisen, die Schwelle ist jedoch vergleichsweise gering angesetzt. Nach ständiger Rechtsprechung reicht bereits die Aussicht, regelmäßig auch kleinere Beträge zu erhalten, sofern sie insgesamt auf Dauer zu spürbaren Zusatzeinkünften führen sollen. Einzelne Bagatellbeträge schließen die Annahme der Gewerbsmäßigkeit nicht aus, solange insgesamt der Wille erkennbar ist, sich mit einer Vielzahl solcher Taten eine Einnahmequelle zu erschließen. Lediglich ganz geringfügige oder einmalige Erlöse können der Annahme der Gewerbsmäßigkeit entgegenstehen.

Ist die Gewerbsmäßigkeit bei gelegentlicher oder unregelmäßiger Begehungsweise ausgeschlossen?

Gelegentliche oder unregelmäßige Tatbegehungen schließen die Annahme von Gewerbsmäßigkeit nicht zwingend aus, solange aus der Handlung ein erkennbarer Wille resultiert, sich wiederholt eine Einnahmequelle zu verschaffen. Die Rechtsprechung legt Wert darauf, dass nicht die Kontinuität der Begehung, sondern die Zielrichtung auf eine nachhaltige Finanzierung entscheidend ist. Auch sporadische oder situative Taten können gewerbsmäßig sein, sofern sie Teil eines Gesamtplanes sind, durch den der Täter eine regelmäßige Einkommensquelle erschließen will. Fehlt es allerdings an einer solchen Zielrichtung, sondern dominieren spontane oder einmalige Handlungen, entfällt das Merkmal der Gewerbsmäßigkeit.

Wird gewerbsmäßiges Handeln immer als besonders schwerer Fall gewertet?

Im Strafrecht ist gewerbsmäßiges Handeln bei bestimmten Delikten ein besonders schwerer Fall und führt zu einer erhöhten Strafandrohung. So wird etwa beim Diebstahl, Betrug, Computerbetrug, Raub und anderen vermögensbezogenen Delikten, wenn die Tat gewerbsmäßig begangen wird, regelmäßig ein besonders schwerer Fall angenommen, was eine Strafrahmenverschiebung nach sich zieht. Dies dient der besonderen Abschreckung und Ahndung planmäßiger, auf Einnahmeerzielung angelegter Begehungsweisen. Nicht automatisch liegt bei jedem Delikt ein besonders schwerer Fall vor; vielmehr muss das jeweilige Gesetz die Gewerbsmäßigkeit ausdrücklich als Qualifikationsmerkmal vorsehen oder diese als Strafschärfungsgrund anerkennen.

Welche Beweismaßstäbe gelten für die Feststellung gewerbsmäßigen Handelns?

Die Feststellung gewerbsmäßigen Handelns unterliegt im Strafverfahren dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung. Die Staatsanwaltschaft bzw. das Gericht müssen die für die Annahme der Gewerbsmäßigkeit erforderlichen Tatsachen und insbesondere die innere Willensrichtung des Täters zur Überzeugung des Gerichts nachweisen. Da die gewerbsmäßige Begehung wesentlich von subjektiven, häufig nur schwer belegbaren Elementen wie der Wiederholungsabsicht und dem Willen zur Einkunftserzielung abhängt, werden objektive Indizien herangezogen. Hierzu zählen zum Beispiel die Art und Weise der Tatausführung, die Planung, das Vorliegen professioneller Hilfsmittel, Statements des Täters, frühere ähnliche Taten oder die Einschätzung durch Sachverständige. Zweifel an der gesamten Beweislage gehen auch hier zulasten der Strafverfolgungsbehörden („in dubio pro reo“).