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Gewerblich geprägte Personengesellschaft


Begriff und Wesen der gewerblich geprägten Personengesellschaft

Die gewerblich geprägte Personengesellschaft ist ein Begriff aus dem deutschen Steuerrecht, insbesondere im Rahmen des Ertragsteuerrechts. Sie bezeichnet eine Personengesellschaft, die zwar nach ihrer gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung keine gewerblichen Einkünfte erzielt, steuerlich aber dennoch wie ein Gewerbebetrieb behandelt wird. Maßgebend hierfür sind die Regelungen des § 15 Abs. 3 Nr. 2 Einkommensteuergesetz (EStG). Das Ziel dieser Regelung ist es, steuerliche Gestaltungsspielräume einzuschränken und Rechtsformwahlneutralität zwischen Kapital- und Personengesellschaften herzustellen.

Rechtlicher Rahmen

Gesetzliche Regelung und Definition

Die maßgeblichen gesetzlichen Grundlagen finden sich in § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG. Danach gilt eine Personengesellschaft (insbesondere Kommanditgesellschaft – KG oder offene Handelsgesellschaft – OHG), die ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung oder aus Kapitalvermögen erzielt, als gewerblich tätig, wenn sowohl die geschäftsführenden Gesellschafter ausschließlich Kapitalgesellschaften sind als auch keine natürliche Person unbeschränkt haftet und zur Geschäftsführung berechtigt ist.

Gesellschaftsformen

Typische Fälle gewerblich geprägter Personengesellschaften sind insbesondere die GmbH & Co. KG sowie die GmbH & Co. OHG. In beiden Konstellationen ist die Komplementärin oder die Geschäftsführerin eine Kapitalgesellschaft, eine natürliche Person ist nicht an der Geschäftsführung beteiligt und auch nicht persönlich haftend.

Voraussetzungen

Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft liegt dann vor, wenn:

  • Die Gesellschaft nicht originär gewerblich tätig ist (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG).
  • Ausschließlich Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG) unbeschränkt haftende Gesellschafter und zur Geschäftsführung berechtigt sind.
  • Keine natürliche Person zur Geschäftsführung berufen und persönlich haftend ist.
  • Die Gesellschafterstellung und Geschäftsführung nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern tatsächlich ausgeübt werden (Maßgeblichkeit der tatsächlichen Verhältnisse).

Steuerliche Rechtsfolgen

Gewerbesteuerliche Behandlung

Unabhängig von der tatsächlichen Tätigkeit wird eine gewerblich geprägte Personengesellschaft gewerbesteuerpflichtig. Die Einkünfte unterliegen somit der Gewerbesteuerpflicht gemäß § 2 Abs. 1 GewStG. Für Gesellschafter bedeutet dies, dass neben der Einkommensteuer auch Gewerbesteuer anfallen kann, wobei eine Anrechnung nach § 35 EStG für natürliche Personen möglich ist.

Auswirkungen auf die Einkommensteuer

Die gesamte Tätigkeit der gewerblich geprägten Personengesellschaft wird steuerlich als gewerblich behandelt – dies gilt auch, wenn die tatsächlich ausgeübten Tätigkeiten originär nicht-gewerblich sind, etwa bei Vermietungs- oder Kapitalgesellschaften. Die Einkünfte werden in voller Höhe als gewerbliche Einkünfte (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG) behandelt.

Erbschaft- und Schenkungsteuer

Bei der Übertragung von Anteilen an einer gewerblich geprägten Personengesellschaft können unter Umständen steuerliche Begünstigungen für Betriebsvermögen nach §§ 13a, 13b ErbStG greifen. Die Einordnung als gewerbliches Unternehmen ist dabei oft ein zentrales Prüfungskriterium.

Umsatzsteuer

Die Prägung als gewerblich im Sinne des Einkommensteuerrechts führt zu keiner entsprechenden Einordnung für die Umsatzsteuer. Maßgeblich bleibt hier ausschließlich die unternehmerische Tätigkeit gemäß § 2 UStG.

Abgrenzung zu anderen Gesellschaftsformen

Originär gewerblich tätige Personengesellschaft

Unterscheidungskriterium zur originär gewerblich tätigen Personengesellschaft ist, dass letztere tatsächlich eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet (z.B. Handel, Produktion), während die gewerblich geprägte Personengesellschaft aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Gestaltung als gewerblich gilt.

Gewerbliche Infizierung

Eine Personengesellschaft, die originär nicht-gewerblich tätig ist, kann durch Beteiligung an einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft oder durch Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit „gewerblich infiziert“ werden (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Dies ist von der Prägung abzugrenzen: Die „Infizierung“ erfolgt durch tatsächliche Tätigkeiten, die „Prägung“ allein durch die gesellschaftsrechtliche Struktur.

Gesellschaftsvertrag und tatsächliche Verhältnisse

Die steuerliche Beurteilung hängt nicht nur von der vertraglichen Gestaltung, sondern auch von der tatsächlichen Durchführung ab. Werden beispielsweise natürliche Personen faktisch zur Geschäftsführung herangezogen oder haften diese wider Erwarten unbeschränkt, kann die gewerbliche Prägung entfallen.

Praxisrelevanz und Anwendungsbeispiele

Die Struktur der gewerblich geprägten Personengesellschaft wird häufig im Rahmen von Immobiliengesellschaften gewählt, etwa wenn Immobilien in einer GmbH & Co. KG gehalten werden. Ziel ist oft die Haftungsbeschränkung für die Gesellschafter unter Beibehaltung steuerlicher Vorteile der Personengesellschaft. Die steuerlichen Folgen der Prägung sind dann bei der langfristigen Planung und insbesondere bei Strukturänderungen zu beachten.

Verlust der gewerblichen Prägung

Verschiebt sich die Struktur, etwa durch Ausscheiden einer Kapitalgesellschaft als geschäftsführende Gesellschafterin und Eintritt einer natürlichen Person in diese Rolle, entfällt die gewerbliche Prägung mit steuerlichen Folgen. Ein Wechsel dieser Voraussetzungen kann zu einer Umqualifizierung der Einkünfte führen und ggf. eine Betriebsaufgabe oder Betriebsveräußerung nach sich ziehen.

Literatur und Rechtsprechung

Die Auslegung des Begriffs und die genauen Rechtsfolgen wurden und werden regelmäßig durch die höchstrichterliche Rechtsprechung, insbesondere des Bundesfinanzhofs (BFH), weiter konkretisiert. Für die genaue steuerliche Analyse sind regelmäßig die laufenden Entscheidungen zu berücksichtigen.

Zusammenfassung

Die gewerblich geprägte Personengesellschaft ist eine besondere Form der Personengesellschaft, bei der aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Ausgestaltung steuerrechtlich eine gewerbliche Tätigkeit fingiert wird, unabhängig von der tatsächlich wahrgenommenen Aufgabe der Gesellschaft. Diese Konstruktion ist mit weitreichenden steuerlichen Vorgaben und insbesondere mit einer Gewerbesteuerpflicht verbunden. Die genaue Kenntnis der Voraussetzungen, Rechtsfolgen und Abgrenzungen zu anderen Gesellschaftsformen ist für rechtssichere steuerliche Gestaltungen von besonderer Bedeutung.

Häufig gestellte Fragen

In welchen Fällen gilt eine Personengesellschaft als gewerblich geprägt?

Eine Personengesellschaft gilt im rechtlichen Sinne dann als gewerblich geprägt, wenn keine natürliche Person zur Geschäftsführung berechtigt ist und ausschließlich Kapitalgesellschaften, insbesondere eine GmbH oder eine AG, als geschäftsführende Gesellschafter auftreten (§ 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG). Dabei spielt es keine Rolle, ob tatsächlich eine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt wird oder die Gesellschaft beispielsweise nur Vermögensverwaltung betreibt; allein die organisatorische Ausgestaltung ist entscheidend. Die sogenannte „gewerbliche Prägung“ hat zur Folge, dass die Gesellschaft steuerlich unabhängig von ihrer tatsächlichen Tätigkeit als Gewerbebetrieb gilt. Es genügt also, wenn eine GmbH zum Beispiel als einzige zur Geschäftsführung befugt bleibt, und zwar auch dann, wenn daneben noch natürliche Personen an der Gesellschaft beteiligt sind, diese jedoch nicht zur Geschäftsführung berechtigt sind. Relevant ist nicht das Stimmrecht, sondern die rechtliche Möglichkeit, Geschäftsführungsentscheidungen zu treffen. Das gilt unabhängig davon, ob die geschäftsführende GmbH ihrerseits aktiv Einfluss nimmt oder handelt.

Welche steuerlichen Konsequenzen hat die gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft?

Die steuerliche Folge einer gewerblich geprägten Personengesellschaft ist, dass sie zwingend als Gewerbebetrieb behandelt wird, auch wenn sie tatsächlich keine gewerbliche, sondern eine vermögensverwaltende oder freiberufliche Tätigkeit ausübt. Damit unterliegt sie der Gewerbesteuerpflicht, was insbesondere bei vermögensverwaltenden Gesellschaften oft nachteilhaft ist, weil die gewerbesteuerliche Hinzurechnung bestimmter Aufwendungen erfolgen kann und ein Freibetrag nur beschränkt zur Verfügung steht. Zudem wird durch die gewerbliche Prägung bezüglich sämtlicher Einkünfte aus der Gesellschaft – also auch solcher, die an sich nicht gewerblich wären (z. B. aus Vermietung und Verpachtung) – eine Umqualifizierung zur gewerblichen Einkunftsart vorgenommen. Die Personengesellschaft muss dann entsprechende Gewinnermittlungsvorschriften beachten, wie etwa die Verpflichtung zur Buchführung und Erstellung einer Bilanz (§ 141 AO).

Kann die gewerbliche Prägung entfallen und welche rechtlichen Folgen hat dies?

Die gewerbliche Prägung einer Personengesellschaft kann entfallen, wenn wieder eine oder mehrere natürliche Personen zur Geschäftsführung berechtigt werden. Dies erfolgt meist durch Satzungsänderung oder Gesellschafterbeschluss, durch den einer oder mehrere natürliche Gesellschafter zu Geschäftsführern bestellt werden. Mit dem Entfall der gewerblichen Prägung verliert die Personengesellschaft ihren Status als „fiktiver Gewerbebetrieb“ im steuerlichen Sinne. Die Gesellschaft wird dann nur noch entsprechend ihrer tatsächlichen Tätigkeit beurteilt, beispielsweise als vermögensverwaltend oder freiberuflich, was in der Regel zu einer Befreiung von der Gewerbesteuer führt. In diesem Fall ist jedoch zu beachten, dass die Änderung der Geschäftsführungsbefugnis gegebenenfalls steuerliche Folgen auslösen kann, zum Beispiel eine sogenannte „Betriebsaufgabe“, die zu einer Versteuerung der stillen Reserven führen kann.

Welche Rolle spielt die gesellschaftsrechtliche Gestaltung bei der Beurteilung der gewerblichen Prägung?

Bei der Beurteilung der gewerblichen Prägung kommt es ausschließlich auf die gesellschaftsvertraglichen Regelungen bezüglich der Geschäftsführungsbefugnis an, nicht jedoch auf die faktische Ausübung der Geschäftsführung oder auf die Ausgestaltung der Beteiligungsrechte. Es ist folglich ausreichend, wenn im Gesellschaftsvertrag nur juristische Personen als zur Geschäftsführung berechtigt festgelegt sind, unabhängig davon, ob diese die Geschäftsführung auch tatsächlich wahrnehmen oder vielleicht sogar für einen besonderen Zeitraum aufgrund vertraglicher Regelungen die Geschäftsführung aktiv den natürlichen Personen übertragen. Maßgeblich ist stets die rechtliche Konstellation im Gesellschaftsvertrag zum jeweiligen Zeitpunkt. Dies bedeutet, geringfügige gesellschaftsvertragliche Änderungen können unmittelbare Auswirkungen auf die steuerliche Behandlung der gesamten Gesellschaft haben.

Hat die gewerbliche Prägung Einfluss auf die Grunderwerbsteuer?

Ja, die gewerbliche Prägung kann im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuer erhebliche Relevanz erlangen. So ist insbesondere bei sogenannten vermögensverwaltenden Personengesellschaften, die Immobilien halten, die Frage der gewerblichen Prägung bedeutsam. Besteht eine gewerblich geprägte Personengesellschaft, so wird sie für Zwecke der Grunderwerbsteuer generell nicht wie eine reine Vermögensverwaltungsgesellschaft behandelt. Dies kann dazu führen, dass grunderwerbsteuerliche Befreiungstatbestände, wie sie beispielsweise bei rein vermögensverwaltenden Personengesellschaften Anwendung finden könnten (z. B. Regelungen über die Steuerfreiheit bei Formwechseln oder beim Anteilserwerb), nicht zur Anwendung kommen. Es empfiehlt sich daher eine sorgfältige gesellschaftsrechtliche und steuerliche Planung im Zusammenhang mit den Grunderwerbsteuerregelungen.

Welche Pflichten ergeben sich hinsichtlich der Gewinnermittlung und Buchführung?

Eine gewerblich geprägte Personengesellschaft ist verpflichtet, ihren Gewinn nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuches zu ermitteln, also durch die Aufstellung einer Bilanz und einer Gewinn- und Verlustrechnung. Sie wird steuerlich wie ein Gewerbebetrieb behandelt, auch wenn sie tatsächlich keine gewerbliche Tätigkeit entfaltet. Daraus folgen entsprechende Buchführungs- und Aufbewahrungspflichten nach §§ 238 ff. HGB sowie nach § 140 AO. Das bedeutet, dass die Gesellschaft nicht die vereinfachten Gewinnermittlungsarten (z. B. Einnahmen-Überschuss-Rechnung) anwenden darf, sondern zur doppelten Buchführung verpflichtet ist. Zudem muss die Gesellschaft einen Jahresabschluss erstellen, der gegebenenfalls auch zu veröffentlichen ist. Bei Verstoß gegen diese Pflichten können steuerliche Schätzungen sowie Bußgelder drohen.

Inwiefern beeinflusst die gewerbliche Prägung die Haftung der Gesellschafter?

Die gewerbliche Prägung hat grundsätzlich keine unmittelbaren Auswirkungen auf die zivilrechtliche Haftung der Gesellschafter einer Personengesellschaft, also etwa einer GmbH & Co. KG. Die Haftung bemisst sich weiterhin nach den allgemein geltenden gesellschaftsrechtlichen Vorschriften, insbesondere dem HGB. Das heißt, die persönlich haftende Gesellschaft (z. B. die GmbH bei der GmbH & Co. KG) haftet mit ihrem gesamten Gesellschaftsvermögen, während Kommanditisten grundsätzlich nur mit ihrer jeweiligen Einlage haften. Die gewerbliche Prägung wirkt sich hier lediglich auf die steuerliche Behandlung, nicht jedoch auf das Haftungsregime aus. Allerdings kann die gewerbliche Prägung im Rahmen spezieller Regelungen Auswirkung auf andere Rechtsbereiche, wie etwa das Insolvenzrecht, haben.