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Gewerbebetrieb


Begriff und rechtliche Grundlagen des Gewerbebetriebs

Ein Gewerbebetrieb ist ein zentrales Rechtsinstitut des deutschen Wirtschafts- und Steuerrechts. Der Begriff beschreibt eine selbständige, nachhaltige Tätigkeit, die mit der Absicht, Gewinne zu erzielen, am wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt und nicht freiberuflich oder land- und forstwirtschaftlich geprägt ist. Im rechtlichen Kontext ist der Gewerbebetrieb einer der Grundpfeiler für die Besteuerung von Unternehmen und die Anwendung verschiedener Handels-, Gewerbe- und Steuerrechtsvorschriften.

Abgrenzung des Gewerbebetriebs im Rechtssystem

Der Gewerbebetrieb grenzt sich von anderen selbständigen Tätigkeiten, insbesondere den freien Berufen sowie der Land- und Forstwirtschaft, ab. Diese Differenzierung hat erhebliche rechtliche Auswirkungen hinsichtlich der Steuerpflicht, der Anwendung handelsrechtlicher Vorschriften sowie der gewerberechtlichen Erlaubnispflichten.

Gewerbebegriff im Handelsrecht

Nach § 1 Abs. 2 Handelsgesetzbuch (HGB) ist Kaufmann, wer ein Handelsgewerbe betreibt. Das Handelsgewerbe als besondere Ausprägung des Gewerbebetriebs im Sinne des HGB ist jeder Gewerbebetrieb, es sei denn, das Unternehmen erfordert nach Art oder Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Kleingewerbetreibende sind, anders als Kaufleute, nicht zur Führung von kaufmännischer Buchführung und Bilanzierung verpflichtet.

Gewerbebegriff im Steuerrecht

Das Einkommensteuergesetz (EStG) definiert in § 15 EStG den gewerblichen Betrieb insbesondere aus steuerlicher Sicht. Während land- und forstwirtschaftliche Betriebe sowie freiberufliche Tätigkeiten nach § 18 EStG gesondert behandelt werden, unterliegt der Gewerbebetrieb eigenständigen steuerlichen Vorschriften, insbesondere im Kontext der Gewerbesteuer.

Gewerberechtlicher Betriebsbegriff

Nach der Gewerbeordnung (GewO) ist jedes nicht freiberufliche, selbständige und auf Dauer angelegte Tätigwerden, das auf Gewinnerzielung gerichtet ist, als Gewerbe anzumelden. Die gewerbesteuerliche Relevanz des Begriffs Gewerbebetrieb wird durch das Gewerbesteuergesetz (GewStG) untermauert, das die Erhebung der Gewerbesteuer an das Bestehen eines Gewerbebetriebs anknüpft.

Merkmale des Gewerbebetriebs

Die Abgrenzung zwischen Gewerbebetrieb, freien Berufen sowie der Land- und Forstwirtschaft ergibt sich aus den folgenden Merkmalen:

Selbständigkeit

Ein Gewerbebetrieb erfordert stets selbständiges Tätigwerden. Die Tätigkeit muss auf eigene Rechnung und eigene Verantwortung erfolgen und darf nicht in einem Anstellungsverhältnis erfolgen.

Nachhaltigkeit

Die Tätigkeit muss auf Wiederholung angelegt sein, das heißt, sie darf nicht nur einmalig ausgeübt werden. Die Nachhaltigkeit ist Abgrenzungskriterium etwa gegenüber privaten Gelegenheitsgeschäften.

Gewinnerzielungsabsicht

Das Tätigwerden muss mit der Absicht erfolgen, einen Überschuss über die Aufwendungen zu erzielen. Reine Liebhaberei schließt die Einstufung als Gewerbebetrieb aus.

Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr

Die gewerbliche Tätigkeit muss sich an einen Markt richten, also nach außen hin erkennbar am wirtschaftlichen Geschehen teilnehmen. Abschottung von Dritten schließt einen Gewerbebetrieb ebenso aus wie rein private Tätigkeiten.

Keine Ausübung eines freien Berufs und keine land- oder forstwirtschaftliche Tätigkeit

Von der gewerblichen Tätigkeit abzugrenzen sind Katalogberufe (§ 18 EStG) sowie Tätigkeiten im Bereich der Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG). Maßgeblich ist die Art der Tätigkeit, nicht deren Bezeichnung.

Gewerbebetrieb im Steuerrecht

Die steuerliche Relevanz des Gewerbebetriebs zeigt sich in mehreren Steuerarten.

Einkommensteuer

Einkünfte aus Gewerbebetrieb werden gem. § 15 EStG als eigene Einkunftsart behandelt. Gewerbetreibende unterliegen hinsichtlich dieser Einkünfte besonderen Buchführungs- und Erklärungspflichten.

Gewerbesteuer

Das Bestehen eines Gewerbebetriebs stellt nach dem Gewerbesteuergesetz (GewStG) die Tatbestandsvoraussetzung für die Erhebung der Gewerbesteuer dar. Die Gewerbesteuer ist von Einzelunternehmen, Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften zu entrichten, wobei für natürliche Personen ein Freibetrag greift.

Umsatzsteuer

Auch für Zwecke der Umsatzsteuer (§ 2 UStG) ist der Begriff des Unternehmens maßgeblich, der jedoch weiter gefasst ist als der des Gewerbebetriebs. Gleichwohl ist jede nachhaltige, auf Einnahmeerzielung ausgerichtete Tätigkeit ein Indiz für die Unternehmereigenschaft und damit für die Gewerblichkeit im Sinne anderer steuerlicher Vorschriften.

Gewerbebetrieb im Handelsrecht

Die Behandlung als Gewerbebetrieb hat auch handelsrechtliche Konsequenzen:

Eintragungspflicht und Kaufmannseigenschaft

Ein Gewerbebetrieb von kaufmännischem Umfang verpflichtet zur Eintragung in das Handelsregister (§ 29 HGB). Dadurch werden die Vorschriften des HGB anwendbar, insbesondere in Bezug auf Buchführung, Bilanzierung und Publizitätspflichten.

Handelsrechtliche Vorschriften

Für Gewerbebetriebe gelten die handelsrechtlichen Sondervorschriften bezüglich Vertretungsregeln, Handelsbräuche sowie kaufmännische Sorgfalt (§ 347 HGB). Auch die Verpflichtung zur Firmenführung ist für eingetragene Gewerbebetriebe maßgeblich.

Gewerbeanmeldung und öffentlich-rechtliche Pflichten

Anmeldung und Genehmigung

Gemäß § 14 GewO ist jeder Gewerbebetrieb vor Beginn der Tätigkeit beim zuständigen Gewerbeamt anzumelden. Bei erlaubnispflichtigen Gewerben sind zudem besondere Genehmigungen erforderlich (z. B. nach § 34a GewO für Bewachungsgewerbe).

Überwachung und Meldepflichten

Betriebe unterliegen je nach Art der Tätigkeit weiteren Überwachungs-, Aufzeichnungs- und Meldepflichten, etwa im Rahmen des Arbeits- und Umweltschutzes, nach dem Geldwäschegesetz oder dem Mindestlohngesetz.

Ausschlussgründe vom Gewerbebetrieb

Freie Berufe

Zu den freien Berufen zählen selbständige Tätigkeiten höherer Bildung, etwa als Arzt, Rechtsanwalt, Notar, Steuerberater oder Künstler. Diese Tätigkeiten fallen nicht unter den Begriff des Gewerbebetriebs und sind als solche explizit von der Gewerbesteuer befreit.

Land- und Forstwirtschaft

Tätigkeiten, die auf die Nutzung von Grund und Boden, Forstpflichten oder Tierzucht abzielen, stellen keinen Gewerbebetrieb dar (§ 13 EStG).

Rechtsfolgen bei Aufnahme oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs

Die Aufnahme eines Gewerbebetriebs führt zur Begründung verschiedenster Pflichten nach Steuerrecht, Handelsrecht und Gewerberecht. Die Aufgabe oder Veräußerung eines Gewerbebetriebs hat entsprechende Folgen insbesondere bei der Steuerveranlagung (Betriebsaufgabegewinn gem. § 16 EStG), der Gewerbesteuer und ggf. der Löschung im Handelsregister.

Fazit

Der Gewerbebetrieb ist ein Schlüsselbegriff des deutschen Wirtschaftsrechts mit weitreichenden Rechtsfolgen in verschiedenen Materien. Die Einstufung als Gewerbebetrieb führt zu steuerlichen und handelsrechtlichen Verpflichtungen, melderechtlichen Pflichten sowie gewerberechtlicher Überwachung. Die eindeutige Abgrenzung gegenüber freien Berufen und der Land- und Forstwirtschaft ist für die rechtssichere Beurteilung notwendig. Weiterhin bestimmen Art, Umfang und Rechtsform der Tätigkeiten die jeweiligen gesetzlichen Anforderungen, denen ein Gewerbebetrieb unterliegt.

Häufig gestellte Fragen

Wann liegt ein Gewerbebetrieb im rechtlichen Sinne vor?

Ob ein Gewerbebetrieb rechtlich vorliegt, richtet sich nach den Bestimmungen der Gewerbeordnung (§ 15 Abs. 2 EStG und § 1 GewO). Zentral sind dabei die Merkmale der Selbstständigkeit, der Nachhaltigkeit, der Gewinnerzielungsabsicht sowie die Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr. Weitere Voraussetzung ist, dass keine freiberufliche, land- oder forstwirtschaftliche oder andere ausdrücklich ausgenommene Tätigkeit vorliegt. Das Vorliegen dieser Merkmale wird für jeden Einzelfall anhand objektiver Kriterien beurteilt. Rechtsprechung und Verwaltungspraxis setzen insbesondere auf das Merkmal der Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr, das typischerweise durch das Anbieten von Waren oder Dienstleistungen an eine unbestimmte Vielzahl von Personen konkretisiert wird. Auch eine einmalige Tätigkeit kann einen Gewerbebetrieb begründen, sofern sie auf Wiederholung angelegt ist oder eine gewisse Nachhaltigkeit erkennen lässt.

Welche Rechtsform kann ein Gewerbebetrieb annehmen?

Ein Gewerbebetrieb kann in verschiedensten Rechtsformen betrieben werden. Hierzu zählen insbesondere Einzelunternehmen, Personengesellschaften wie die Offene Handelsgesellschaft (OHG) oder die Kommanditgesellschaft (KG) sowie Kapitalgesellschaften, insbesondere die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) oder die Aktiengesellschaft (AG). Die gewählte Rechtsform hat bedeutende Auswirkungen auf die Haftung, die steuerliche Behandlung, die Buchführungspflichten sowie auf die Mitbestimmungs- und Vertretungsrechte im Unternehmen. Für die Gewerbeanmeldung und die weitere Ausübung des Gewerbebetriebs müssen die jeweiligen gesetzlichen Vorgaben der gewählten Rechtsform beachtet werden.

Welche Pflichten entstehen mit der Aufnahme eines Gewerbebetriebs?

Mit der Aufnahme eines Gewerbebetriebs sind eine Vielzahl rechtlicher Pflichten verbunden. Zunächst muss die Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit gemäß § 14 GewO unverzüglich beim zuständigen Gewerbeamt angezeigt werden (Gewerbeanmeldung). Je nach Tätigkeit kann zudem eine Erlaubnis- oder Genehmigungspflicht bestehen, etwa bei Handwerksbetrieben, Gaststätten oder dem Bewachungsgewerbe. Weiterhin ergeben sich steuerrechtliche Pflichten, insbesondere die Anmeldung beim Finanzamt, die Abgabe von Steuererklärungen und die Pflicht zur Buchführung nach Handelsrecht und Steuerrecht, sofern bestimmte Umsatz- oder Gewinngrenzen überschritten werden. Je nach Mitarbeiterzahl sind außerdem sozialversicherungsrechtliche und arbeitsrechtliche Vorschriften zu beachten.

Welche Steuern sind für einen Gewerbebetrieb relevant?

Für Gewerbebetriebe existieren spezifische steuerliche Pflichten. Zu den wichtigsten Steuern zählen die Einkommensteuer (bei natürlichen Personen und Personengesellschaften), die Körperschaftsteuer (bei Kapitalgesellschaften), die Gewerbesteuer (bei allen gewerblichen Betrieben mit Ausnahme freiberuflicher Tätigkeiten) sowie die Umsatzsteuer, sofern keine Kleinunternehmerregelung greift. Die Gewerbesteuerpflicht beginnt mit der tatsächlichen Aufnahme der gewerblichen Tätigkeit und ist unabhängig von der Wahl der Rechtsform (außer bei Freiberuflern und bestimmten Ausnahmen). Ferner sind gegebenenfalls Lohnsteuer und andere betriebliche Steuern, wie z.B. die Grundsteuer (bei Immobilieneigentum), zu beachten.

Wann besteht Gewerbepflicht und wann liegt lediglich eine freiberufliche Tätigkeit vor?

Die Gewerbepflicht entsteht grundsätzlich immer dann, wenn eine selbstständige, nachhaltige Betätigung mit Gewinnerzielungsabsicht vorliegt, die keine freiberufliche, land- oder forstwirtschaftliche oder andere ausdrücklich gesetzlich ausgeschlossene Tätigkeit ist. Freiberufliche Tätigkeiten sind insbesondere die sogenannten katalogisierten Berufe (z.B. Ärzte, Rechtsanwälte, Steuerberater, Ingenieure), die durch persönliche Arbeit gekennzeichnet sind und keine gewerbliche Prägung aufweisen. Die Unterscheidung ist insbesondere für die Fragen der Gewerbeanmeldung, der Gewerbesteuerpflicht und mancher steuerlichen Pflichten essenziell. Im Zweifel entscheiden die Finanzbehörden oder, im Streitfall, die Gerichte.

Welche Folgen hat die Aufgabe oder Veräußerung eines Gewerbebetriebs?

Die Aufgabe oder Veräußerung eines Gewerbebetriebs hat weitreichende rechtliche und steuerliche Folgen. Im Rahmen des Steuerrechts wird hierbei ein sogenannter Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn festgestellt, der der Einkommensteuer unterliegt (§ 16, § 34 EStG). Die Aufgabe muss beim Gewerbeamt angezeigt und gegebenenfalls abgemeldet werden. Für laufende Verträge, wie Arbeitsverhältnisse oder Mietverträge, sind die jeweiligen gesetzlichen Kündigungsfristen und Übergangsregelungen zu beachten. Bei der Veräußerung ist insbesondere die Frage der Unternehmensnachfolge und die genaue Übertragung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten relevant. Auch gewerberechtlich können je nach Art der Tätigkeit Zustimmungsvorbehalte oder Anzeigepflichten bestehen.

Welche Buchführungspflichten treffen einen Gewerbebetrieb?

Gewerbebetriebe unterliegen grundsätzlich den Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach Handelsgesetzbuch (HGB) und Abgabenordnung (AO), insbesondere dann, wenn sie nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordern (§ 238 HGB, § 140 AO) oder bestimmte Gewinngrenzen (mehr als 60.000 € Gewinn im Jahr) beziehungsweise Umsatzgrenzen (mehr als 600.000 € Umsatz im Jahr) überschreiten (§ 141 AO). Kleinere Gewerbebetriebe können die Einnahmenüberschussrechnung nutzen (§ 4 Abs. 3 EStG). Für bestimmte Gewerbezweige existieren zudem branchenspezifische Aufzeichnungspflichten, etwa im Gaststättengewerbe oder bei Handwerksbetrieben. Die Einhaltung dieser Pflichten wird regelmäßig durch steuerliche und gewerberechtliche Betriebsprüfungen kontrolliert.