Legal Lexikon

Wiki»Legal Lexikon»Gesellschaftsrecht»Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten

Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten


Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten

Begriff und Bedeutung

Ein Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten bezeichnet eine privatrechtliche Vereinbarung zwischen Ehepartnern, mit welcher diese eine gemeinsame Gesellschaft gründen. Ziel einer solchen vertraglichen Kooperation ist in der Regel die gemeinsame Verfolgung eines wirtschaftlichen Zwecks, beispielsweise die Führung eines gemeinsamen Unternehmens, einer freiberuflichen Praxis oder die Verwaltung und Nutzung von Vermögenswerten. Der Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten ist ein Spezialfall des Gesellschaftsvertrags im Sinne der §§ 705 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), der für alle Personengesellschaften grundlegend ist.

Rechtliche Grundlagen

Gesellschaftsvertrag nach §§ 705 ff. BGB

Die rechtlichen Rahmenbedingungen für einen Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten richten sich nach den allgemeinen Vorschriften zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gemäß §§ 705 ff. BGB. Ein Gesellschaftsvertrag liegt vor, wenn die Ehegatten sich verpflichten, zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks die erforderlichen Beiträge zu leisten, wobei die Rechtsform grundsätzlich auch eine GbR ist.

Besonderheiten bei Ehegatten

Im Verhältnis von Ehegatten untereinander sind besondere rechtliche und steuerliche Aspekte zu beachten. So ist zu berücksichtigen, dass die Mitwirkung am gemeinsamen Erwerb in einer Ehe oft auch im Rahmen der ehelichen Lebensgemeinschaft erfolgt und nicht in jedem Fall einen rechtswirksamen Gesellschaftsvertrag begründet. Die Abgrenzung zwischen bloßer familienrechtlicher Zusammenarbeit (§§ 1353 ff. BGB) und unternehmerischer Gesellschaftstätigkeit ist daher essentiell.

Voraussetzungen und Inhalt

Voraussetzungen für die Wirksamkeit

  • Zwei oder mehr Personen: Ein Gesellschaftsvertrag setzt mindestens zwei Vertragspartner voraus, die Ehegatten erfüllen diese Voraussetzung.
  • Gemeinsamer Zweck: Ziel des Vertrags muss die Erreichung eines gemeinsamen wirtschaftlichen Zwecks sein.
  • Beitragsleistung: Jeder Ehegatte muss zum Gesellschaftszweck einen Beitrag leisten, sei es in Form von Arbeit, Kapital, Vermögensgegenständen oder sonstigen Leistungen.
  • Abgrenzung zum familienrechtlichen Innenverhältnis: Die Beiträge müssen über reine Beistands- und Mitwirkungspflichten hinausgehen und deutlich auf eine gemeinsam wirtschaftliche Betätigung gerichtet sein.

Inhaltliche Aspekte

Ein typischer Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten kann folgende Regelungen enthalten:

  • Gesellschaftszweck und -gegenstand
  • Beitragspflichten der Ehegatten (Arbeit, Vermögenswerte, Know-how)
  • Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft
  • Gewinn- und Verlustbeteiligung
  • Regelung zur Einlage und Entnahme
  • Bestimmungen zur Dauer der Gesellschaft und zur Beendigung
  • Nachfolgeregelungen bei Tod, Scheidung oder Ausscheiden eines Ehegatten aus der Gesellschaft

Gesellschaftsformen und rechtliche Gestaltungen

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Die häufigste Rechtsform für Gesellschaftsverträge unter Ehegatten ist die GbR. Sie ist besonders unkompliziert in ihrer Errichtung und Verwaltung, unterliegt aber voller Haftung jedes Gesellschafters mit seinem gesamten Vermögen.

Offene Handelsgesellschaft (OHG) und Kommanditgesellschaft (KG)

Führen Ehegatten ein Handelsgewerbe gemeinsam und überschreiten damit die Schwelle eines kaufmännischen Gewerbebetriebs, kommt die Gründung einer Offenen Handelsgesellschaft (OHG) in Betracht. Auch eine Kommanditgesellschaft (KG) oder eine Partnerschaftsgesellschaft sind grundsätzlich möglich.

Gesellschaftsvertrag und Güterstand

Der Gesellschaftsvertrag ist unabhängig von güterrechtlichen Vereinbarungen der Ehegatten (wie etwa Zugewinngemeinschaft oder Gütertrennung) zu sehen. Dennoch kann der vereinbarte Güterstand Einfluss auf die vermögensrechtlichen Beziehungen der Ehegatten und die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags nehmen.

Steuerliche Aspekte

Ein Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten hat weitreichende steuerliche Folgen:

  • Mitunternehmerschaft: Besteht eine echte Mitunternehmerschaft mit wesentlicher Mitwirkung beider Ehegatten, werden Gewinne und Verluste entsprechend der vertraglichen Vereinbarung aufgeteilt und steuerlich zugeordnet.
  • Betriebsprüfung: Aus steuerlicher Sicht ist entscheidend, dass der Gesellschaftsvertrag dem Fremdvergleich standhält, d. h., die vertraglichen Regelungen müssen wie unter Gesellschaftsfremden ausgestaltet sein.
  • Sondervergütungen: Leistungen wie Sondervergütungen für Arbeitsleistungen oder Darlehen müssen steuerlich anerkannt sein.
  • Buchführungspflichten: Nach Umfang und Gewinnhöhe der Gesellschaft können gesetzliche Buchführungs- und Erklärungspflichten entstehen.

Abgrenzung zu anderen Rechtsverhältnissen

Nicht jede gemeinsame wirtschaftliche Tätigkeit von Ehegatten begründet eine Gesellschaft im Sinne des BGB. In der Rechtsprechung werden insbesondere folgende Abgrenzungskriterien herangezogen:

  • Schlichte Arbeitsteilung: Rein arbeitsteiliges Zusammenwirken im Rahmen des ehelichen Zusammenlebens begründet keine Gesellschaft.
  • Vermögensverwaltung: Gemeinsame Verwaltung von Ehevermögen oder -immobilien gilt in der Regel nicht als Gesellschaftsvertrag, wenn keine ausdrückliche Gewinn- und Risikoteilung vereinbart ist.
  • Mitunternehmerschaft: Erst bei ausdrücklicher Beteiligung an Entscheidungen, Risiken und Gewinnen liegt eine Gesellschaftsbeteiligung vor.

Beendigung des Gesellschaftsvertrags unter Ehegatten

Gründe für die Beendigung

Der Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten kann aus verschiedenen Gründen enden:

  • Tod eines Ehegatten
  • Scheidung (mit oder ohne ausdrücklicher Beendigungsklausel)
  • Kündigung der Gesellschaft
  • Erreichen oder Unmöglichwerden des Gesellschaftszwecks

Folgen der Beendigung

Im Falle der Beendigung sind die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft (Auseinandersetzung) zu regeln. Dies geschieht nach den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags und ergänzend nach gesetzlichen Vorschriften (§§ 730 ff. BGB). Besonderes Augenmerk ist auf die Auflösung der Gesellschaft, Ansprüche auf Gewinn, Vermögenswerte und eventuelle Ausgleichszahlungen zu legen.

Bewertung und praktische Bedeutung

Der Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten ist ein bedeutendes Instrument zur gemeinsamen Führung wirtschaftlicher Unternehmungen von Ehepartnern. Wird die vertragliche Gestaltung sorgfältig gewählt und dokumentiert, bietet sie Sicherheit sowohl im unternehmerischen Alltag als auch im Krisenfall (z. B. Scheidung, Tod). Die genaue rechtliche Prüfung und individuelle Anpassung sind dabei ratsam, um Rechtssicherheit und die steuerlich gewünschte Wirkung zu erzielen.

Literatur und weiterführende Hinweise

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), §§ 705 ff.
  • Handelsgesetzbuch (HGB)
  • Einkommensteuergesetz (EStG)
  • Kommentarliteratur zu Gesellschaftsrecht und Familienrecht
  • Grundsatzurteile zur Mitunternehmerschaft und steuerlichen Anerkennung von Ehegattengesellschaften

Dieser Artikel bietet eine umfassende Darstellung des Themas „Gesellschaftsvertrag unter Ehegatten“ und beleuchtet alle wesentlichen rechtlichen Aspekte, einschließlich der gesellschaftsrechtlichen, güterrechtlichen, steuerlichen und praktischen Rahmenbedingungen.

Häufig gestellte Fragen

Welche Formerfordernisse müssen Ehegatten beim Abschluss eines Gesellschaftsvertrages beachten?

Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zwischen Ehegatten unterliegt in Deutschland grundsätzlich keiner besonderen Formvorschrift, sofern nicht besondere Umstände – etwa die Einbringung eines Grundstückes – greifen. Nach § 705 BGB kann ein Gesellschaftsvertrag mündlich, schriftlich oder sogar konkludent, also durch schlüssiges Verhalten geschlossen werden. Werden jedoch Vermögensgegenstände eingebracht, für deren Verfügung eine besondere Form erforderlich ist (zum Beispiel Immobilien nach § 311b BGB), muss auch der Gesellschaftsvertrag in der entsprechenden Form, etwa notariell beurkundet, errichtet werden. Gleiches gilt für die Gründung bestimmter Gesellschaftsformen wie die GmbH, die ebenfalls notarieller Beurkundung bedarf. Ehegatten sollten zudem beachten, dass einzelne Klauseln im Gesellschaftsvertrag, beispielweise zur Gütertrennung, gegebenenfalls mit Eheverträgen oder güterrechtlichen Vereinbarungen abzustimmen sind, da andernfalls etwaige Formvorschriften und Rechtsfolgen tangiert werden können.

Welche Auswirkungen hat ein Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten auf den gesetzlichen Güterstand?

Schließen Ehegatten einen Gesellschaftsvertrag, bleibt der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft hiervon zunächst unberührt. Allerdings kann der Gesellschaftsvertrag Auswirkungen auf das güterrechtliche Verhältnis haben, insbesondere im Hinblick auf mitgebrachte oder erwirtschaftete Vermögenswerte, die nunmehr Gesellschaftsvermögen werden. Im Falle der Auflösung der Ehe oder der Gesellschaft ist grundsätzlich zu klären, ob das dem Gesellschaftsvermögen zugeführte Vermögen dem Zugewinn unterliegt oder nicht. Gesellschaftsrechtliche Ansprüche übersteigen dabei regelmäßig güterrechtliche Ansprüche, sodass eine klare vertragliche Regelung zu empfehlen ist. Sind im Gesellschaftsvertrag etwaige güterrechtliche Vereinbarungen getroffen, müssen diese den in § 1408 BGB definierten Formvorschriften gerecht werden, insbesondere einer notariellen Beurkundung.

Wie wird das Gesellschaftsvermögen zwischen Ehegatten im Falle der Ehescheidung oder Gesellschaftsauflösung aufgeteilt?

Im Fall der Ehescheidung oder Auflösung der Gesellschaft erfolgt die Vermögensaufteilung gemäß den gesellschaftsrechtlichen Vereinbarungen, die im Gesellschaftsvertrag festgelegt wurden. Wurde keine gesonderte Regelung getroffen, kommen die allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (§§ 730 ff. BGB) zur Anwendung. Danach ist das Gesellschaftsvermögen zu liquidieren und unter den Gesellschaftern entsprechend ihrer Gesellschaftsanteile zu verteilen. Der Anspruch auf Auseinandersetzung hat Vorrang vor güterrechtlichen Ansprüchen aus dem Zugewinnausgleich. Besonderheiten ergeben sich, wenn mitgeteilte Vermögenswerte, etwa Immobilien, in die Gesellschaft eingebracht wurden; dann sind die gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzungsregelungen entscheidend. Sind Anteile am Gesellschaftsvermögen unklar geregelt, können im Streitfall langwierige und komplexe Auseinandersetzungsverfahren erforderlich werden.

Welche steuerlichen Konsequenzen ergeben sich aus einem Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten?

Ein Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten kann erhebliche steuerliche Auswirkungen haben. Bei einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) etwa ist jeder Ehegatte als Mitunternehmer steuerlich zu behandeln und muss seinen Anteil am Gewinn in der Einkommensteuererklärung angeben. Über die Gewinnverteilung sollte im Gesellschaftsvertrag explizit entschieden werden, da so steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten genutzt werden können. Werden Vermögensgegenstände (etwa Immobilien) auf die Gesellschaft übertragen, können Grunderwerbsteuer oder Schenkungsteuer anfallen, wobei für Ehegatten jedoch zum Teil steuerliche Ausnahmen oder Freibeträge gelten. Zudem ist die Umsatzsteuerpflicht der Gesellschaft zu beachten. All diese Aspekte sollten vor Abschluss eines Gesellschaftsvertrages steuerrechtlich geprüft werden.

Können Ehegatten einen Gesellschaftsvertrag rückwirkend abschließen?

Ein rückwirkender Abschluss eines Gesellschaftsvertrages zwischen Ehegatten ist grundsätzlich nur insoweit rechtlich möglich, wie keine zwingenden gesetzlichen Vorschriften dagegenstehen, insbesondere keine Rechte Dritter beeinträchtigt werden. Die gesellschaftsrechtliche Beziehung kann rückwirkend vereinbart werden, solange klar dokumentiert wird, ab wann die Gesellschaft besteht und wie das Vermögen behandelt wird. Steuerlich ist eine Rückwirkung jedoch problematisch, da das Ertragssteuerrecht grundsätzlich keine Rückwirkung für Gesellschaftsgründungen anerkennt. Möglich ist lediglich eine Berücksichtigung noch nicht abgeschlossener wirtschaftlicher Vorgänge, nicht jedoch rückwirkende steuerliche Vorteile. Auch gilt eine notarielle Beurkundungspflicht rückwirkend nicht für bereits in der Vergangenheit vollzogene Geschäfte.

Wann ist ein Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten sittenwidrig oder unwirksam?

Ein Gesellschaftsvertrag zwischen Ehegatten kann unwirksam oder sittenwidrig sein, wenn er gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (§ 138 BGB), beispielsweise wenn ein Ehegatte zum Schein als Gesellschafter eingesetzt wird oder durch die Vertragsgestaltung bewusst erhebliche Benachteiligungen etwa im Fall einer Scheidung herbeigeführt werden. Auch Scheingeschäfte oder Verträge, die ausschließlich steuerliche Vorteile erschleichen sollen, können als unwirksam angesehen werden. Der Gesellschaftsvertrag ist auch dann unwirksam, wenn gesetzlich erforderliche Formvorschriften, wie eine notarielle Beurkundung, missachtet wurden oder wenn durch ihn zwingende Gesetze, etwa das Verbot der Schwarzarbeit, umgangen werden.

Können Ehegatten im Rahmen eines Gesellschaftsvertrages besondere Nachfolgeregelungen treffen?

Ehegatten können und sollten im Gesellschaftsvertrag explizite Vereinbarungen über die Nachfolge im Gesellschaftsvermögen und die Fortführung der Gesellschaft im Todesfall eines Ehegatten treffen. Hierbei sind sowohl gesellschaftsrechtliche als auch erbrechtliche Vorschriften zu beachten. Insbesondere kann im Vertrag festgehalten werden, ob die Gesellschaft mit dem überlebenden Ehegatten fortgeführt wird, ob Erben eintreten oder ein Abfindungsanspruch besteht. Fehlt eine solche Regelung, greifen die gesetzlichen Vorschriften des Gesellschaftsrechts (§ 727 BGB: Auflösung durch Tod eines Gesellschafters) und des Erbrechts, was häufig zu ungeplanten und konfliktreichen Situationen führt.

Welche besonderen Ermittlungs- und Nachweispflichten bestehen im Streitfall über das Gesellschaftsvermögen?

Im Fall eines Streits über das Bestehen oder die Höhe von Gesellschaftsvermögen zwischen Ehegatten besteht eine umfangreiche Mitwirkungspflicht beider Parteien. Nachweis- und Darlegungspflichten treffen insbesondere denjenigen, der Ansprüche aus dem Gesellschaftsvertrag geltend macht. Dabei ist lückenlos darzulegen, welche Einlagen geleistet wurden, wie das Gesellschaftsvermögen verwendet wurde und welche Gewinne oder Verluste erwirtschaftet wurden. Fehlen entsprechende schriftliche Unterlagen oder wurden keine Buchführungen vorgenommen, kann dies die gerichtliche Klärung erheblich erschweren; im Zweifel greifen die Grundsätze der sekundären Darlegungslast. Ein hinreichend detaillierter Gesellschaftsvertrag ist daher essenziell, um in eventuellen Streitfällen die jeweiligen Rechte und Pflichten nachweisen zu können.