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Gesellschaft mit gebundenem Vermögen


Gesellschaft mit gebundenem Vermögen

Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (kurz: GmgV) bezeichnet eine neuartige Gesellschaftsform im deutschen Recht, die vornehmlich der Förderung des Gemeinwohls dient. Durch die gesetzliche Bindung des Gesellschaftsvermögens an die Verfolgung satzungsmäßig festgelegter Zwecke grenzt sich die GmgV von herkömmlichen Kapitalgesellschaften und der gemeinnützigen Stiftung ab. Sie stellt ein innovatives Instrument dar, um nachhaltig ausgerichtete Unternehmen rechtlich zu verankern. Die GmgV wird mit dem Gesetz zur Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (GmgVG) eingeführt, das wesentliche Prinzipien des Vermögensschutzes und der Zweckbindung normiert.


Rechtsgrundlagen und Begriffsentstehung

Die gesetzlichen Grundlagen der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen befinden sich im GmgVG, das bestrebt ist, dem gesellschaftlichen Transformationsprozess zu einer nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Wirtschaft Rechnung zu tragen. Der Gesetzgeber verfolgt mit dieser Gesellschaftsform das Ziel, Vermögen nachhaltig und dauerhaft für bestimmte Zwecke zu sichern und eine privatrechtliche Alternative zur Stiftung zu bieten.

Entwicklung der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen

Die Einführung der GmgV ist Teil der Reformbestrebungen zur Modernisierung des Gesellschaftsrechts, insbesondere im Kontext unternehmerischer Verantwortung und Zukunftsinvestitionen. Die Idee stammt aus der Praxis von Familienunternehmen und sozialen Unternehmen, die eine rechtliche Absicherung für ihre langfristige Gemeinwohlausrichtung suchten.


Wesensmerkmale und Abgrenzung

Bindung des Gesellschaftsvermögens

Kern der GmgV ist die gesetzliche und satzungsmäßige Verpflichtung, das Gesellschaftsvermögen dauerhaft an die Erfüllung eines bestimmten Zwecks zu binden. Dies unterscheidet die GmgV maßgeblich von anderen Gesellschaftsformen, bei denen die Gesellschafter grundsätzlich frei über das Gesellschaftsvermögen verfügen können.

Abgrenzung zu anderen Gesellschaftsformen

  • Kapitalgesellschaften (z.B. GmbH, AG): Hier steht die Gewinnerzielung und Verteilung im Vordergrund. Das Gesellschaftsvermögen kann grundsätzlich ausgeschüttet und übertragen werden.
  • Gemeinnützige Stiftung: Die Stiftung erfordert ein stiftungsfähiges Vermögen und eine mitunter starre Struktur. Die GmgV bleibt demgegenüber eine Gesellschaft, die durch Gesellschafter gelenkt wird, jedoch durch Vermögensbindung vergleichbare Nachhaltigkeit bietet.

Rechtsfähigkeit und Organisationsstruktur

Die GmgV ist eine eigenständige juristische Person mit Sitz im Inland. Sie besitzt eine eigene Rechtspersönlichkeit und kann Eigentum erwerben sowie Rechte und Pflichten begründen. Die Gesellschaft wird organschaftlich vertreten, in der Regel durch einen Geschäftsführungs- oder Vorstandskreis.


Satzung und Zweckbindung

Inhalt der Satzung

Die Satzung der GmgV muss insbesondere folgende Punkte regeln:

  • Den Zweck der Gesellschaft, der gemeinnützig, sozialen oder nachhaltigen Charakter aufweisen kann,
  • Den Umfang und die Modalitäten der Vermögensbindung,
  • Die Regelungen zu Verwendung und Erhaltung des Gesellschaftsvermögens,
  • Vorgaben für die Umwandlung oder Auflösung der Gesellschaft sowie die Vermögensbindung im Abwicklungsfall.

Anerkennung und Kontrolle der Zweckbindung

Die Einhaltung der Vermögens- und Zweckbindung wird durch das Registergericht sowie durch interne Kontrollmechanismen (z.B. Aufsichtsrat oder Beirat) überwacht. Bei Verstoß gegen die Zweckbindung sind Sanktionen bis hin zur Auflösung der Gesellschaft möglich.


Rechte und Pflichten der Gesellschafter

Mitwirkung und Einflussnahme

Gesellschafter sind in ihren Rechten durch die Vermögensbindung eingeschränkt. Insbesondere ist die Entnahme oder sonstige Verfügung über das gebundene Vermögen unzulässig, soweit dies den satzungsmäßigen Zweck beeinträchtigen würde.

Entnahmerechte und Ausschüttungsverbot

Gewinnausschüttungen dürfen nur insoweit erfolgen, wie sie mit dem Gesellschaftszweck und der Erhaltung des gebundenen Vermögens vereinbar sind. Dies soll die dauerhafte Sicherung des durch die Gesellschaft verfolgten Zwecks gewährleisten.


Auflösung, Umwandlung und Vermögensbindung im Liquidationsfall

Im Falle der Auflösung der Gesellschaft ist zwingend vorgeschrieben, dass das Gesellschaftsvermögen an eine Institution fällt, die ein vergleichbares Ziel wie der satzungsmäßige Zweck der GmgV verfolgt. Eine Rückübertragung an die Gesellschafter ist ausgeschlossen. Auch Umwandlungen müssen den Fortbestand der Vermögensbindung sicherstellen.

Insolvenzrechtliche Besonderheiten

Kommt es zur Insolvenz der GmgV, bleibt die Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens regelmäßig bestehen, soweit dies mit dem Insolvenzverfahren und der Gläubigerbefriedigung vereinbar ist. Damit ist sichergestellt, dass das Gesellschaftsvermögen auch im Krisenfall nicht entgegen dem Zweck verwendet wird.


Steuerliche Behandlung

Mit der Gemeinwohlorientierung kann bei Einhaltung der Voraussetzungen auch die Anerkennung der Gemeinnützigkeit einhergehen. Maßgeblich hierfür ist sowohl der Gesellschaftszweck als auch die Verwaltung des Vermögens im Sinne der §§ 51 ff. Abgabenordnung (AO). Die konkrete steuerliche Behandlung hängt von der jeweiligen praktischen Ausgestaltung der Satzung und Geschäftstätigkeit ab.


Vorteile und Herausforderungen

Vorteile

  • Langfristige Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens
  • Hohe Rechtssicherheit für nachhaltige und soziale Unternehmensziele
  • Flexible gesellschaftsrechtliche Struktur im Vergleich zur Stiftung

Herausforderungen

  • Einschränkungen für Gesellschafter hinsichtlich Verfügbarkeit und Übertragbarkeit des Gesellschaftsvermögens
  • Komplexität bei Umwandlung, Nachfolgeregelung und Liquidation
  • Notwendigkeit fortlaufender Kontrolle und Anpassung der Satzungszwecke

Fazit

Die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen stellt eine innovative und zukunftsweisende gesellschaftsrechtliche Gestaltungsmöglichkeit dar, um unternehmerisches Handeln am Gemeinwohl und an nachhaltigen Zielen auszurichten. Durch die rechtlich verbindliche Zweckbindung des Vermögens schafft sie eine hohe Planungssicherheit und trägt zur langfristigen Sicherung gesellschaftlich relevanter Zwecke im Bereich Wirtschaft und Soziales bei.


Siehe auch: Stiftung, mitbeschr%C3%A4nkter_Haftung“>Gesellschaft mit beschränkter Haftung, [Gemeinnützigkeit]

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