Legal Lexikon

Geschäftsjahr


Begriff und Definition des Geschäftsjahres

Das Geschäftsjahr bezeichnet im rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Kontext den Zeitraum, für den ein Unternehmen seine Bücher führt und einen Jahresabschluss erstellt. Es handelt sich dabei in aller Regel um einen Zeitraum von zwölf Monaten, der jedoch nicht zwingend mit dem Kalenderjahr (1. Januar bis 31. Dezember) übereinstimmen muss. Die Regelungen zum Geschäftsjahr sind in verschiedenen Vorschriften wie dem Handelsgesetzbuch (HGB), dem Aktiengesetz (AktG) und weiteren spezialgesetzlichen Normen festgelegt.

Rechtliche Grundlagen und Vorschriften

Handelsgesetzbuch (HGB)

Nach § 242 Abs. 1 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, zum Schluss eines Geschäftsjahres einen Abschluss (Jahresabschluss bestehend aus Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung) aufzustellen. Die Geschäftsjahrregelung erstreckt sich auch auf den Buchführungs- und Bilanzierungszeitraum, wie in § 240 HGB geregelt. Das HGB schreibt dabei nicht zwingend das Kalenderjahr als Geschäftsjahr vor; vielmehr ist der Zeitraum frei wählbar, sofern Kontinuität und Transparenz gewahrt bleiben (§ 243 Abs. 2 HGB).

Aktiengesetz (AktG) und GmbH-Gesetz (GmbHG)

Für Aktiengesellschaften bestimmt § 240 Abs. 2 AktG, dass das Geschäftsjahr im Gesellschaftsvertrag festgelegt werden muss. Ist keine explizite Festlegung erfolgt, gilt grundsätzlich das Kalenderjahr. Vergleichbares gilt nach § 42a Abs. 2 GmbHG für Gesellschaften mit beschränkter Haftung, wobei auch hier eine vertragliche Festlegung möglich ist.

Steuerrechtliche Vorschriften

Auch im Steuerrecht besitzt das Geschäftsjahr entscheidende Bedeutung. Nach § 4a Einkommensteuergesetz (EStG) haben Steuerpflichtige ihre Gewinnermittlung grundsätzlich für das Kalenderjahr zu erstellen, jedoch ist ein abweichendes Wirtschaftsjahr auf Antrag möglich. Die steuerliche Anerkennung eines abweichenden Wirtschaftsjahres erfordert jedoch nachvollziehbare wirtschaftliche Gründe.

Spezialregelungen in anderen Rechtsgebieten

Im Versicherungsrecht (§ 15 Versicherungsaufsichtsgesetz – VAG) und im Genossenschaftsrecht (§ 38 Genossenschaftsgesetz – GenG) existieren gesonderte Regelungen zum Geschäftsjahr. Auch für Vereine ist nach § 32 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) das Geschäftsjahr von Bedeutung, insbesondere im Kontext der Rechnungslegung gegenüber Mitgliedern und der Mitgliederversammlung.

Beginn, Dauer, Änderung und Umstellung des Geschäftsjahres

Beginn und Dauer

Das Geschäftsjahr umfasst üblicherweise zwölf Monate. Die Wahl eines anderen Zeitraums als des Kalenderjahres ist möglich und muss im Gesellschaftsvertrag beziehungsweise in der Satzung oder durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss geregelt werden. Liegt ein Rumpfgeschäftsjahr vor (z. B. Gründungs- oder Liquidationsjahr), kann das Geschäftsjahr ausnahmsweise kürzer oder länger als zwölf Monate ausfallen, darf jedoch zwölf Monate grundsätzlich nicht überschreiten.

Änderung und Umstellung

Die Umstellung des Geschäftsjahres bedarf bei Kapitalgesellschaften – wie der Aktiengesellschaft und der GmbH – eines Gesellschafter- oder Hauptversammlungsbeschlusses und, falls erforderlich, einer entsprechenden Satzungsänderung. Steuerlich ist zudem die Zustimmung des zuständigen Finanzamts einzuholen. Auswirkungen auf die Publizität (§ 325 HGB) und das Steuererklärungsverfahren sind zu beachten.

Konsequenzen bei Verstoß

Die Nichteinhaltung der gesetzlichen Regelungen zur Festlegung und Offenlegung des Geschäftsjahres kann Sanktionen nach sich ziehen, etwa in Form von Ordnungsgeldern (§ 335 HGB) oder steuerlichen Nachteilen (z. B. Versagung der Anerkennung eines abweichenden Wirtschaftsjahres).

Bedeutung des Geschäftsjahres im Rechnungswesen und bei der Publizität

Jahresabschluss und Lagebericht

Das Geschäftsjahr bildet den Bezugszeitraum für den Jahresabschluss und gegebenenfalls für den Lagebericht (§ 264 HGB). Der Abschluss und die Berichte sind zeitnah nach Ablauf des Geschäftsjahres zu erstellen und offenzulegen. Die Offenlegungspflichten erstrecken sich auf sämtliche kapitalmarktorientierte Gesellschaften und bestimmte Personengesellschaften mit haftungsbeschränkten Gesellschaftern.

Publizitätspflichten

Zur Einhaltung der Publizität nach dem HGB müssen die entsprechenden Unterlagen zum Geschäftsjahr, insbesondere Jahresabschluss und Lagebericht, in elektronischer Form zum Unternehmensregister eingereicht und veröffentlicht werden. Die Fristen zur Einreichung richten sich nach dem Ende des Geschäftsjahres.

Besondere Geschäftsjahre und internationale Besonderheiten

Abweichendes Wirtschaftsjahr

Neben dem Regelfall des Geschäftsjahres als Kalenderjahr ist insbesondere das abweichende Wirtschaftsjahr von Bedeutung. Es wird insbesondere von Unternehmen gewählt, deren Geschäftsverlauf oder Saisonabhängigkeit eine solche Einteilung sinnvoll erscheinen lässt (z. B. landwirtschaftliche Betriebe, Unternehmen mit saisonalem Hauptgeschäft).

Internationale Regelungen

Im internationalen Kontext bestehen verschiedene Regelungen hinsichtlich Geschäftsjahr und Berichtsperiode. Viele US-amerikanische Unternehmen nutzen beispielsweise das Fiskaljahr (Fiscal Year) mit einem vom Kalenderjahr abweichenden Zeitraum.

Geschäftsjahr und Rechnungslegung im Konzern

Im Konzernabschluss (§ 290 ff. HGB) ist sicherzustellen, dass die Tochterunternehmen in einer einheitlichen Berichtsperiode konsolidiert werden. Weichen die Geschäftsjahre einzelner Tochtergesellschaften ab, können Zwischenabschlüsse erforderlich werden.

Zusammenfassung

Das Geschäftsjahr ist ein zentrales Begriffselement im Handels-, Gesellschafts- und Steuerrecht. Die Wahl und ordnungsgemäße Durchführung des Geschäftsjahres besitzt erhebliche Auswirkungen auf die Rechnungslegungspflichten, die Besteuerung, die Offenlegung und die Steuerung der Unternehmensführung. Die Einhaltung der gesetzlichen und vertraglichen Vorschriften zum Geschäftsjahr ist unerlässlich für die Rechtssicherheit und reibungslose Unternehmensführung.

Häufig gestellte Fragen

Kann das Geschäftsjahr eines Unternehmens von dem Kalenderjahr abweichen?

Ja, nach deutschem Handelsrecht ist es ausdrücklich zulässig, das Geschäftsjahr von dem Kalenderjahr abweichend festzulegen. Dies ergibt sich aus § 240 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 242 Abs. 1 HGB. In der Satzung, im Gesellschaftsvertrag oder in der Partnerschaftsvereinbarung kann ein von der Regel abweichender Zeitraum bestimmt werden, beispielsweise ein sogenanntes Rumpfgeschäftsjahr (kürzer als 12 Monate, z. B. bei Neugründung oder Auflösung einer Gesellschaft) oder ein unterjähriger Start (z. B. von Oktober bis September des Folgejahres). Voraussetzung ist allerdings, dass das gewählte Geschäftsjahr zwölf Monate nicht überschreitet – abgesehen von Ausnahmefällen wie dem Rumpfgeschäftsjahr. Die Wahl eines vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahres muss durch die handelsrechtliche Satzung bzw. den Gesellschaftsvertrag wirksam bestimmt und in das Handelsregister eingetragen werden. Steuerlich ist gemäß § 4a EStG in der Regel ebenfalls das Wirtschaftsjahr (Geschäftsjahr) maßgeblich, das steuerrechtlich entsprechend zu deklarieren ist. Dabei kann das Geschäftsjahr nicht beliebig häufig geändert werden; die Umstellung bedarf stets eines sachlichen Grundes und einer formellen Änderung der satzungsmäßigen Grundlagen.

Welche rechtlichen Anforderungen gelten bei der Festlegung des Geschäftsjahres?

Die gesetzlichen Vorschriften sehen vor, dass das Geschäftsjahr spätestens im Rahmen der Handelsregisteranmeldung und -eintragung eindeutig festgelegt werden muss. Für Kapitalgesellschaften wie GmbH und AG muss das Geschäftsjahr zwingend im Gesellschaftsvertrag oder in der Satzung definiert werden (§ 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG, § 3 Abs. 1 Nr. 2 GmbHG). Aus der Satzung muss klar hervorgehen, wann das Geschäftsjahr beginnt und endet. Bei Einzelkaufleuten oder Personengesellschaften besteht keine explizite Norm, dennoch sollte das Geschäftsjahr einheitlich und nachvollziehbar dokumentiert sein. Änderungen des Geschäftsjahres bedürfen einer qualifizierten Gesellschafterentscheidung, müssen protokolliert und zum Register angemeldet werden. Zudem bestehen steuerliche Mitteilungspflichten bei Änderung des Geschäftsjahres gegenüber dem Finanzamt (§ 4a Abs. 2 EStG).

Welche Folgen hat die Wahl eines vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahres für die Bilanzierung?

Wird ein vom Kalenderjahr abweichendes Geschäftsjahr gewählt, hat dies erhebliche Auswirkungen auf die Rechnungslegungspflichten. Laut § 242 HGB ist der Jahresabschluss auf den Abschlussstichtag des Geschäftsjahres zu erstellen. Jahresabschluss, Lagebericht und gegebenenfalls Konzernabschluss beziehen sich auf das zu diesem Zeitpunkt endende Geschäftsjahr. Fristen für die Offenlegung und Publizität nach § 264 HGB oder die Einreichung von Steuererklärungen orientieren sich sodann am abweichenden Geschäftsjahresende (z. B. sechs Monate für die Offenlegung nach Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz). Es ist zu beachten, dass bei erstmaliger Wahl des abweichenden Jahres ein Rumpfgeschäftsjahr bilanziert und steuerlich behandelt werden muss.

Gibt es rechtliche Beschränkungen für die Änderung des Geschäftsjahres?

Für die Änderung des Geschäftsjahres besteht eine Bindungswirkung an die im Gesellschaftsvertrag oder der Satzung festgelegte Regelung. Eine Änderung setzt eine formelle Satzungsänderung sowie die Beschlussfassung der Gesellschafter (qualifizierte Mehrheit) voraus. Die Änderung ist umgehend zur Eintragung im Handelsregister anzumelden (§ 78 GmbHG, § 181 AktG). Steuerrechtlich muss die Umstellung beim zuständigen Finanzamt angezeigt und von diesem genehmigt werden (§ 4a Abs. 1-2 EStG). Die Umstellung ist nicht beliebig oder mehrmals pro Jahr möglich und benötigt einen sachlichen Grund, der dokumentiert und glaubhaft gemacht werden muss (z. B. Umstellung auf internationale Unternehmensstruktur, Zugehörigkeit zu einem ausländischen Mutterkonzern mit abweichendem Geschäftsjahr).

Welche Melde- und Anzeigepflichten bestehen bei der Festlegung oder Änderung des Geschäftsjahres?

Sowohl bei Neufestlegung als auch bei Änderung des Geschäftsjahres sind verschiedene Rechtsvorschriften zu beachten. Handelsrechtlich ist die Angabe oder Änderung des Geschäftsjahres zur Eintragung im Handelsregister anzumelden (§ 12 HGB). Gesellschaftsrechtliche Änderungen bedürfen der notariellen Beurkundung (bei Kapitalgesellschaften) und der Veröffentlichung. Steuerlich ist gemäß § 4a Abs. 2 EStG jede Änderung unverzüglich dem Finanzamt mitzuteilen, wobei das Finanzamt regelmäßig prüft, ob ein sachlicher Grund für die Änderung vorliegt. Meldepflichten können sich zudem aus branchenspezifischen Regelungen (z. B. für Banken oder Versicherungen) ergeben.

Was geschieht bei Fehlen einer ausdrücklichen Regelung zum Geschäftsjahr in der Satzung?

Fehlt eine ausdrückliche Regelung in der Satzung bzw. im Gesellschaftsvertrag, so gilt gemäß § 240 Abs. 2 HGB und ständiger Rechtsprechung automatisch das Kalenderjahr (01.01. bis 31.12.) als maßgebliches Geschäftsjahr. Diese sogenannte gesetzliche Fiktion bedeutet, dass die handelsrechtlichen und steuerlichen Pflichten (Buchführung, Bilanzierung, Steuererklärungen etc.) auf das kalendarische Jahr ausgerichtet sind. Eine nachträgliche Abweichung ist durch Satzungsänderung bzw. Gesellschaftsvertragsänderung und Handelsregisteranmeldung möglich, bedarf aber der Einhaltung vorgenannter formeller und materieller Anforderungen.

Sind bestimmte Branchen gesetzlich verpflichtet, ein abweichendes Geschäftsjahr zu führen?

Für einige Branchen oder Unternehmenstypen bestehen Sonderregelungen, die ein abweichendes Geschäftsjahr erforderlich oder verpflichtend machen können. Banken, Versicherungen oder Unternehmen unter Konzernleitung ausländischer Muttergesellschaften sind mitunter verpflichtet, das Geschäftsjahr an internationale Vorgaben oder aufsichtsrechtliche Anforderungen (BaFin) anzupassen. Ebenso kann es branchenspezifische Normen im Steuer- oder Aufsichtsrecht geben, die eine solche Abweichung vorsehen. In diesen Fällen ist die Einhaltung sowohl der handels- als auch der steuerrechtlichen Voraussetzungen zwingend notwendig. Die jeweiligen Spezialgesetze (z. B. Versicherungsaufsichtsgesetz, Kreditwesengesetz) sind zu beachten.