Begriff und Rechtsgrundlagen der Gemeinschaftsmarke
Die Gemeinschaftsmarke (heute: Unionsmarke) war bis zum Erlass der Verordnung (EU) 2017/1001 über die Europäische Union und ihre Marken ein zentrales Instrument des europäischen Markenrechts. Mit Inkrafttreten dieser Verordnung am 1. Oktober 2017 wurde der Begriff „Gemeinschaftsmarke“ durch den Begriff „Unionsmarke“ ersetzt. Dennoch ist die Gemeinschaftsmarke weiterhin von historischer und rechtlicher Bedeutung für die Entwicklung des europäischen Markenwesens.
Definition der Gemeinschaftsmarke
Die Gemeinschaftsmarke ermöglichte es, mit einer einzigen Anmeldung Markenschutz für die gesamten Mitgliedstaaten der Europäischen Union zu erhalten. Die Schutzwirkung erstreckte sich somit einheitlich über alle EU-Länder, unabhängig von deren Zahl.
Rechtsgrundlagen
Die rechtliche Grundlage der Gemeinschaftsmarke bildete die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke (Gemeinschaftsmarkenverordnung – GMV). Ab 23. März 2016 wurde diese Verordnung durch die Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke abgelöst. Bis zu diesem Zeitpunkt regelte die Gemeinschaftsmarkenverordnung alle wesentlichen Aspekte, darunter Anmeldung, Schutzumfang, Rechte und Durchsetzung.
Übergangsbestimmungen
Anmeldungen und eingetragene Marken vor dem 23. März 2016 blieben nach den alten Vorschriften weiterhin geschützt, erfuhren jedoch Anpassungen durch die neuen Bestimmungen der Unionsmarkenverordnung.
Schutzfähigkeit und Schutzumfang
Eintragungsfähigkeit
Eine Gemeinschaftsmarke musste bestimmte materielle Voraussetzungen erfüllen, um eintragungsfähig zu sein. Dazu zählten insbesondere:
- Unterscheidungskraft: Die Marke musste geeignet sein, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
- Keine absoluten Schutzhindernisse: Beispielsweise durfte die Marke keine beschreibenden Angaben enthalten oder gegen die öffentliche Ordnung verstoßen.
- Keine relativen Schutzhindernisse: Die Marke durfte nicht mit älteren Markenrechten kollidieren oder Rechte Dritter verletzen.
Schutzumfang
Die Gemeinschaftsmarke verlieh dem Inhaber ein ausschließliches Recht, die Marke für die eingetragenen Waren und Dienstleistungen im gesamten Europäischen Wirtschaftsraum zu nutzen. Der Schutz war einheitlich gestaltet: Eine Schwäche oder ein entgegenstehendes Recht in einem Land konnte zum Versagungsgrund für die Marke in allen Mitgliedstaaten führen (sogenanntes Einheitsprinzip).
Rechte des Markeninhabers
Zu den wesentlichen Rechten gehörte insbesondere:
- Verbietungsrecht: Das Recht, Dritten die Benutzung identischer oder ähnlicher Zeichen für identische oder ähnliche Waren/Dienstleistungen zu untersagen, sofern Verwechslungsgefahr besteht.
- Lizenzierung: Der Inhaber konnte anderen Nutzungsrechte einräumen.
- Übertragung: Die Gemeinschaftsmarke konnte übertragen und verpfändet werden.
Anmeldung und Eintragungsverfahren
Zuständige Behörde
Für die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke war das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) (früher: Harmoniserungsamt für den Binnenmarkt, HABM) zuständig.
Verfahren
Das Eintragungsverfahren gliederte sich in verschiedene Phasen:
- Einreichung der Anmeldung: Dieser Prozess erforderte die Angabe einer Darstellung der Marke, der Waren und Dienstleistungen nach der Nizza-Klassifikation sowie persönliche Daten des Anmelders.
- Prüfung der Formalitäten und Schutzhindernisse: Das Amt prüfte sowohl formale Voraussetzungen als auch absolute Schutzhindernisse.
- Veröffentlichung: Nach positiver Prüfung wurde die Anmeldung veröffentlicht, sodass Dritte innerhalb einer bestimmten Frist (meistens drei Monate) Widerspruch aufgrund älterer Rechte einlegen konnten.
- Entscheidung und Eintragung: Nach Ablauf der Widerspruchsfrist erfolgte die Eintragung in das Gemeinschaftsmarkenregister.
Dauer und Erneuerung
Die Schutzdauer der Gemeinschaftsmarke betrug zehn Jahre ab dem Anmeldetag und konnte beliebig oft um weitere zehn Jahre verlängert werden.
Rechte und Pflichten aus der Gemeinschaftsmarke
Rechte des Inhabers
Der Inhaber konnte Dritten untersagen, das geschützte Zeichen oder ein ähnliches Zeichen für identische oder ähnliche Waren und Dienstleistungen zu benutzen. In bestimmten Fällen bestand außerdem Schutz gegen die Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung einer bekannten Gemeinschaftsmarke.
Verpflichtungen des Inhabers
- Benutzungszwang: Die Gemeinschaftsmarke musste im relevanten Zeitraum nach der Eintragung in der Europäischen Union ernsthaft benutzt werden. Erfolgte dies nicht, drohte auf Antrag die Löschung.
- Grenzüberschreitende Wirkung: Die Rechte galten einheitlich in allen Mitgliedstaaten. Die Nichtbenutzung in einem einzelnen Mitgliedstaat führte nicht automatisch zum Verlust des gesamten Schutzes; allerdings war die ernsthafte Nutzung in einem wesentlichen Teil der EU erforderlich.
Durchsetzung und Verteidigung der Gemeinschaftsmarke
Verletzungsverfahren
Im Falle einer Markenrechtsverletzung standen dem Inhaber verschiedene Ansprüche zu, darunter Unterlassung, Auskunft, Schadensersatz und Vernichtung. Zuständig waren insbesondere die EU-Marken-Gerichte in den Mitgliedstaaten.
Löschung und Nichtigkeit
Eine eingetragene Gemeinschaftsmarke konnte auf Antrag gelöscht werden, wenn:
- Schutzhindernisse nach der Eintragung bekannt wurden,
- eine Verletzung älterer Rechte vorlag,
- die Marke nicht ernsthaft benutzt wurde (Verfall),
- die Marke zur Gattungsbezeichnung wurde oder
- die Marke irreführend war.
Das Verfahren zur Erklärung der Nichtigkeit bzw. des Verfalls konnte sowohl beim EUIPO als auch vor den entsprechenden Gerichten eingeleitet werden.
Verhältnis zur nationalen Marke und zur internationalen Registrierung
Parallele Markenrechte
Die Gemeinschaftsmarke (heute: Unionsmarke) existiert unabhängig neben nationalen Markenrechten und der Möglichkeit einer internationalen Markenregistrierung nach dem Madrider Markenabkommen und dem Protokoll zum Madrider Abkommen.
Kollision und Koexistenz
Bei der Kollision von Markenrechten, etwa zwischen einer nationalen und einer Gemeinschaftsmarke, gelten spezielle Vorschriften. Nationale Marken mit älteren Rechten konnten als Grundlage für einen Widerspruch oder Nichtigkeitsantrag gegen eine jüngere Gemeinschaftsmarke dienen.
Übergang zur Unionsmarke
Durch die Unionsmarkenverordnung wurde zum 23. März 2016 die Gemeinschaftsmarke in die Unionsmarke überführt. Bestehende Gemeinschaftsmarken wurden automatisch als Unionsmarken fortgeführt. Die Schutzwirkungen, Rechte und Pflichten blieben weitgehend identisch, wurden jedoch teilweise modernisiert und angepasst.
Literatur und weiterführende Informationen
- Verordnung (EG) Nr. 207/2009 über die Gemeinschaftsmarke
- Verordnung (EU) 2017/1001 über die Unionsmarke
- Nizza-Klassifikation der Markenwaren und -dienstleistungen
- Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO): www.euipo.europa.eu
Hinweis: Die nachfolgenden Entwicklungen betreffen die Unionsmarke. Aus rechtshistorischer Perspektive bleibt die Gemeinschaftsmarke jedoch maßgeblich für die Entwicklung eines einheitlichen europäischen Markenschutzsystems.
Häufig gestellte Fragen
Welche rechtlichen Vorteile bietet die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke gegenüber nationalen Marken?
Durch die Eintragung einer Gemeinschaftsmarke, offiziell als Unionsmarke bezeichnet, erhält der Inhaber einen einheitlichen Rechtsschutz in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit nur einer Markenanmeldung. Dies bedeutet, dass die Marke EU-weit durchsetzbar ist und der Markeninhaber mit einem einzigen Verfahren Schutzrechte in allen EU-Staaten erlangt. Daraus ergeben sich insbesondere prozessuale Vorteile, da Markenrechtsverletzungen zentral beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) oder vor spezialisierten EU-Gerichten verfolgt werden können. Ferner genügt ein erfolgreicher Widerspruch oder eine Klage zur Geltendmachung von Rechten in sämtlichen Mitgliedstaaten. Die Registerhaltung und Verteidigung gegen Angriffe auf die Marke werden ebenfalls zentralisiert und damit effektiver und kostengünstiger gestaltet. Zudem unterliegt die Unionsmarke einem einheitlichen materiellen Markenrecht, sodass die Voraussetzungen für Schutz, Löschung oder Verletzung in allen EU-Staaten identisch sind.
Welche rechtlichen Anforderungen müssen bei der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke beachtet werden?
Die Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke erfordert die Einhaltung bestimmter formaler und materieller Voraussetzungen. Juristisch bedeutend ist vor allem, dass die Marke Unterscheidungskraft besitzen muss (§ 7 UMV – Unionsmarkenverordnung) und nicht ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen darf, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit, Menge, Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren/Dienstleistungen dienen (§ 7 Abs. 1 lit. c UMV). Weiterhin darf kein absolutes Eintragungshindernis gemäß Art. 7 UMV vorliegen, wie etwa eine sittenwidrige Gestaltung oder ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung. Die Marke muss zudem grafisch darstellbar sein und darf keine ältere, identische oder ähnliche Marke verletzen, um nicht bereits im Anmeldeverfahren abgelehnt zu werden. Bei der Anmeldung sind die zu schützenden Waren- und Dienstleistungsklassen gemäß der Nizza-Klassifikation anzugeben. Formelle Anforderungen betreffen insbesondere die verbindliche Identifizierung des Markeninhabers und die Einreichung aller erforderlichen Unterlagen innerhalb vorgeschriebener Fristen.
Wie werden Rechte aus einer Gemeinschaftsmarke im Falle einer Markenverletzung durchgesetzt?
Im Falle einer Markenverletzung kann der Inhaber einer Gemeinschaftsmarke seine Rechte sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene geltend machen. Zentral zuständig sind die sogenannten Gemeinschaftsmarkengerichte in jedem EU-Mitgliedstaat, die für Unterlassungs-, Schadensersatz- und Vernichtungsansprüche zuständig sind. Ein ergangenes Urteil entfaltet dabei grundsätzlich Wirkung für das gesamte Hoheitsgebiet der Europäischen Union, es sei denn, die Rechteverletzung ist eindeutig auf ein bestimmtes Gebiet beschränkt. Weiterhin kann der Inhaber Unterlassungs- und Löschungsansprüche direkt vor dem zuständigen EUIPO vorbringen. Für Grenzbeschlagnahmen nach der EU-Grenzbeschlagnahmeverordnung kann die Marke bei den entsprechenden Zollbehörden angemeldet werden, um Import oder Export gefälschter Waren zu verhindern.
Welche rechtlichen Risiken bestehen bei der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke?
Ein wesentliches Risiko bei der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke liegt darin, dass ein Eintragungshindernis oder ein älteres Recht in einem einzigen Mitgliedstaat zur vollständigen Zurückweisung der Anmeldung oder zur Nichtigkeit der Marke in der gesamten EU führen kann (sog. Einheitlichkeitsprinzip). Dadurch sind umfassende Recherche und Prüfung potenzieller Kollisionsmarken in allen Mitgliedstaaten erforderlich. Ferner können Dritte binnen drei Monaten Widerspruch gegen die Eintragung erheben. Sollte eine Gemeinschaftsmarke zu Fall gebracht werden, können die Rechte nicht mehr individuell in einzelnen Ländern gesichert werden, außer durch eine spätere Umwandlung in nationale Markenanmeldungen („Umwandlungsverfahren“).
Wie lange gilt der rechtliche Schutz einer Gemeinschaftsmarke und wie kann er verlängert werden?
Der rechtliche Schutz einer eingetragenen Gemeinschaftsmarke beträgt zunächst zehn Jahre ab dem Tag der Anmeldung. Durch fristgerechte Antragstellung und Zahlung der entsprechenden Verlängerungsgebühren kann der Schutz beliebig oft um jeweils weitere zehn Jahre verlängert werden. Die Verlängerung ist nur für die im Markenregister eingetragenen Waren- und Dienstleistungsklassen möglich. Sämtliche Schutzrechte bleiben bestehen, sofern sie innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist in der EU ernsthaft benutzt wurden. Eine Nichtbenutzung über mehr als fünf Jahre kann als Grund für die Löschung dienen (Art. 58 UMV).
Wann und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen kann eine Gemeinschaftsmarke gelöscht werden?
Die Löschung einer Gemeinschaftsmarke kann sowohl wegen absoluter (z.B. fehlende Unterscheidungskraft, beschreibende oder irreführende Angaben) als auch wegen relativer Schutzhindernisse (Kollision mit älteren Rechten) erfolgen. Daneben kann jedermann die Löschung beantragen, wenn die Marke für einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren in der EU nicht ernsthaft benutzt wurde. Außerdem kann die Marke durch das EUIPO auf Antrag für verfallen oder nichtig erklärt werden, z.B. bei spätere Entstehung von Schutzhindernissen, Täuschung oder Benutzung in böser Absicht. Ein Löschungsverfahren kann sowohl vor dem EUIPO als auch vor Gemeinschaftsmarkengerichten in jedem Mitgliedstaat angestrengt werden.
Wie unterscheidet sich die rechtliche Wirkung einer Gemeinschaftsmarke bei der lückenhaften Benutzung innerhalb der EU?
Eine Gemeinschaftsmarke muss grundsätzlich innerhalb der fünfjährigen Benutzungsschonfrist ernsthaft in der Europäischen Union benutzt werden, um gültig zu bleiben. Rechtlich ist keine Benutzung in jedem einzelnen Mitgliedstaat erforderlich, jedoch muss sie über rein symbolische Verwendungen hinausgehen und einen echten Marktanteil in relevanten Teilen der EU umfassen. Lückenhafte oder nur in einem unwesentlichen Gebiet erfolgte Benutzungen genügen nicht den Anforderungen der ernsthaften Benutzung gemäß Art. 18 UMV. Wird die Marke lediglich im kleinen Umfang oder ausschließlich in einem einzigen Mitgliedstaat verwendet, kann dies im Einzelfall zur Löschung oder Einschränkung auf nationale Markenrechte führen. Die Bewertung der ernsthaften Benutzung ist stets eine Frage des Einzelfalls, wobei auf Umfang, Dauer und Art der Benutzung abgestellt wird.