Legal Lexikon

Gemeineigentum

Definition und Begriff des Gemeineigentums

Das Gemeineigentum ist ein zentraler Begriff im deutschen Zivilrecht und beschreibt eine besondere Form des Eigentums, bei der eine Sache mehreren Personen gemeinschaftlich zusteht oder der Allgemeinheit als Ganzes gehört. Gemeineigentum grenzt sich sowohl vom Privateigentum als auch vom sogenannten Alleineigentum ab und spielt eine bedeutende Rolle insbesondere im Wohnungseigentumsrecht, im öffentlichen Recht sowie bei genossenschaftlichen und gesellschaftsrechtlichen Strukturen.

Arten und Erscheinungsformen des Gemeineigentums

Gemeinschaftseigentum nach Wohnungseigentumsrecht

Gemeinschaftseigentum umfasst insbesondere:

  • das Grundstück,
  • die für den Bestand und die Sicherheit des Gebäudes wesentlichen Teile, insbesondere Fundamente, tragende Wände, Decken, Dach,
  • die Fassade,
  • gemeinschaftliche Anlagen, wie Aufzüge, Treppenhaus, Heizungs-, Wasser- und Elektroversorgungsanlagen.

Einzelne Regelungen zur Abgrenzung zwischen Gemeinschafts- und Sondereigentum sind in der Teilungserklärung und in der Gemeinschaftsordnung festgehalten und können im Einzelfall abweichende Bestimmungen enthalten.

Verwaltung und Nutzung

Das Gemeinschaftseigentum steht im Miteigentum aller Wohnungseigentümer. Entscheidungen über Erhaltung, Instandsetzung, Verwaltung und Nutzung werden in der Eigentümerversammlung nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen getroffen. Die Kosten trägt grundsätzlich die Gemeinschaft entsprechend den gesetzlichen oder vereinbarten Kostenverteilungsschlüsseln.

Öffentlich-rechtliches Gemeineigentum (Öffentliches Eigentum)

Das öffentliche Gemeineigentum betrifft Sachen und Rechtsgüter, die ausnahmslos der Allgemeinheit gewidmet sind. Beispiele sind:

  • Straßen und Wege (öffentliche Verkehrsflächen),
  • Parks und Grünanlagen,
  • Flüsse, Seen und Meere, die nicht privaten Eigentümern gehören,
  • sonstige dem Gemeingebrauch dienende Einrichtungen (Schulgebäude, Bibliotheken, Friedhöfe).

Die Nutzung dieser Güter erfolgt nach den Regelungen des jeweiligen Sachgebiets, etwa nach Straßen- und Wegerecht, Wasserrecht oder anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Ein Recht auf exklusive Nutzung durch einzelne Personen besteht in der Regel nicht.

Sonderformen: Genossenschaftliches und gesellschaftliches Gemeineigentum

Das Gemeineigentum kann auch im Rahmen anderer Rechtsformen vorkommen, insbesondere bei Genossenschaften (etwa Bau- und Wohnungsgenossenschaften) sowie bei Personengesellschaften wie der Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder bei Erbengemeinschaften. Hier teilen sich die Mitglieder das Eigentum an einem Vermögensgegenstand gemeinschaftlich, entweder als Gesamthandseigentum oder Miteigentum nach Bruchteilen.

Abgrenzung zu anderen Eigentumsformen

Alleineigentum

Das Alleineigentum kennzeichnet das exklusive Eigentumsrecht einer einzelnen natürlichen oder juristischen Person an einer Sache. Im Gegensatz dazu liegt beim Gemeineigentum ein Recht mehrerer Beteiligter an einem Vermögensgegenstand vor.

Miteigentum nach Bruchteilen

Beim Miteigentum nach Bruchteilen steht das Eigentum mehreren Personen zu Bruchteilen zu. Jeder Miteigentümer ist allein zur Verfügung über seinen Anteil berechtigt. Im Kontext mit dem Gemeineigentum ist insbesondere das Verhältnis in Wohnungseigentumsanlagen relevant, wo das Gemeinschaftseigentum als Miteigentum der einzelnen Wohnungsinhaber ausgestaltet wird.

Gesamthandseigentum

Im Gesamthandseigentum steht das Eigentum mehreren Personen zur gesamten Hand gemeinschaftlich zu, ohne dass ein Anteil isoliert veräußert werden kann. Typische Beispiele sind das Eigentum von Erbengemeinschaften oder von Gesellschaften bürgerlichen Rechts.

Rechtliche Stellung und Verwaltung des Gemeineigentums

Beschlusskompetenz und Verwaltung

Die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums erfolgt durch die Wohnungseigentümergemeinschaft, insbesondere durch Beschlüsse der Eigentümerversammlung und einen eventuell bestehenden Verwalter. Die Rechte und Pflichten der Verwaltung, Wartung, Modernisierung sowie Instandhaltung werden durch gesetzliche Regelungen sowie durch die Gemeinschaftsordnung geregelt. Die Wohnungseigentümer sind zur Mitwirkung an der Verwaltung und zur Tragung der damit verbundenen Kosten verpflichtet.

Nutzung und Verfügungsbefugnis

Eine Einzelperson kann über das Gemeineigentum grundsätzlich nicht allein verfügen. Nutzungsrechte ergeben sich aus dem Zweck des jeweiligen Gemeinschaftseigentums, auf das sich die Nutzung erstreckt. Im privaten Bereich bestehen regelmäßig Regelungen zur Nutzung und zum Gebrauch, die der Zustimmung der Gemeinschaft oder zumindest keiner widersprechenden Regelung bedürfen.

Im Bereich des öffentlichen Gemeineigentums ist die Nutzung im Rahmen des Gemeingebrauchs jedermann gestattet, soweit keine spezialgesetzlichen Einschränkungen entgegenstehen.

Sonderfragen und aktuelle Entwicklungen

Digitalisierung und technischer Fortschritt

Im Zuge zunehmender Digitalisierung und Modernisierung von Wohnanlagen entstehen neue Fragestellungen im Zusammenhang mit dem Gemeineigentum. Dafür sind insbesondere Regelungen zur Ausstattung mit gemeinschaftlichen digitalen Infrastrukturen, wie Glasfaseranschlüsse oder Ladesäulen für Elektromobilität, relevant. Die Abgrenzung, ob solche Anlagen Teil des Gemeinschaftseigentums oder Sondereigentum darstellen, kann mit Blick auf aktuelle Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt werden.

Klimaschutz und Gemeineigentum

Durch energetische Sanierungen, Umrüstung auf erneuerbare Energien oder energetische Modernisierungen werden rechtliche und tatsächliche Anforderungen an die Verwaltung und Mitwirkung im Bereich des Gemeineigentums verstärkt. Die Kostenverteilung, Pflicht zur Duldung von Maßnahmen und die Beschlussfassung gewinnen hierbei weiter an rechtlicher Bedeutung.

Zusammenfassung

Gemeineigentum im rechtlichen Sinne ist ein komplexer und vielschichtiger Begriff, der sowohl im Privatrecht – insbesondere im Wohnungseigentumsrecht – als auch im öffentlichen Recht wesentlich ist. Die Ausgestaltung, Verwaltung sowie Nutzung des Gemeineigentums sind detailliert gesetzlich geregelt und unterliegen vielfältigen Mitwirkungs-, Zustimmungs- und Beschlussregeln. Entwicklungen des modernen Wohnungsrechts und Veränderungen im Bereich der öffentlichen Infrastruktur stellen dauerhaft neue rechtliche Herausforderungen an das Verständnis, die Abgrenzung und die Verwaltung des Gemeineigentums.


Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Verwaltung des Gemeineigentums innerhalb einer Eigentümergemeinschaft rechtlich?

Im Rahmen des deutschen Wohnungseigentumsrechts wird das Gemeineigentum gemeinschaftlich von allen Wohnungs- bzw. Teileigentümern verwaltet. Entscheidungen über die Verwaltung, Instandhaltung oder Modernisierung des Gemeineigentums trifft grundsätzlich die Wohnungseigentümergemeinschaft in der Eigentümerversammlung per Mehrheitsbeschluss, wobei die Verwaltung wiederum durch einen bestellten Verwalter erfolgen kann, der als Vertreter der Gemeinschaft agiert. Der Verwalter ist gesetzlich zur ordnungsgemäßen Verwaltung verpflichtet; dies umfasst unter anderem die Durchführung von Instandsetzungsmaßnahmen, Abschluss von Versicherungen, Durchführung von Wirtschaftsplänen sowie die Führung eines Vermögensverzeichnisses. Werden wichtige Entscheidungen wie bauliche Veränderungen oder größere Ausgaben getroffen, ist in der Regel ein Mehrheits- oder manchmal sogar ein qualifizierter Mehrheitsbeschluss notwendig. Bei groben Pflichtverletzungen des Verwalters besteht die Möglichkeit einer fristlosen Abberufung durch die Gemeinschaft. Die Verwaltungskosten und notwendigen Ausgaben werden auf die Eigentümer entsprechend ihres Miteigentumsanteils umgelegt.

Welche Rechte und Pflichten haben Wohnungseigentümer im Umgang mit dem Gemeineigentum?

Wohnungseigentümer besitzen nicht nur ein anteiliges Recht am Gemeineigentum, sondern sind auch zwingend an die gemeinschaftlichen Vorschriften gebunden. Sie dürfen das Gemeineigentum beispielsweise im Rahmen der zulässigen Nutzung gebrauchen, dürfen jedoch keine Maßnahmen ergreifen, die die Rechte der übrigen Eigentümer oder den ursprünglichen Zustand von Gemeinschaftsteilen wesentlich beeinträchtigen. Die Pflicht, sich an Kosten für Erhaltung, Modernisierung oder Instandsetzung gemäß ihrem jeweiligen Miteigentumsanteil zu beteiligen, ist zwingend. Darüber hinaus haben sie Verpflichtungen zur Duldung notwendiger Maßnahmen seitens der Gemeinschaft oder anderer Eigentümer, sofern diese zur Erhaltung und ordnungsgemäßen Verwaltung des Eigentums notwendig sind. Verstöße gegen die Gemeinschaftsordnung können Unterlassungs- oder sogar Schadensersatzansprüche nach sich ziehen.

Wie wird über bauliche Veränderungen am Gemeineigentum rechtlich entschieden?

Bauliche Veränderungen am Gemeineigentum erfordern grundsätzlich einen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft. Das Wohnungseigentumsrecht unterscheidet zwischen ordnungsgemäßer Erhaltung/Instandsetzung und echten baulichen Veränderungen. Für letztere ist mittlerweile ebenfalls eine Mehrheit ausreichend, soweit niemandem ein Nachteil erwächst, der über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidbare Maß hinausgeht. Liegt ein solcher Nachteil jedoch vor, kann der betroffene Wohnungseigentümer einer baulichen Veränderung widersprechen beziehungsweise es bedarf seiner Zustimmung. Bei Modernisierungen zu Gunsten nachhaltigen Gebrauchs genügt eine einfache Mehrheit. Rechtlich problematisch – und für Streitpotenzial sorgend – ist oft die Abgrenzung zu Erhaltungsmaßnahmen; diese sind immer zulässig und mehrheitlich beschließbar; daher wird die genaue Qualifizierung durch den Einzelfall bestimmt.

In welchem Umfang haften Wohnungseigentümer für Schäden am Gemeineigentum?

Die Haftung der Wohnungseigentümer im Zusammenhang mit dem Gemeineigentum resultiert aus dem Gemeinschaftsverhältnis und kann sowohl auf Kostenbeteiligung als auch auf Ersatzpflicht bei schuldhafter Verursachung konkreter Schäden hinauslaufen. Alle Eigentümer haften gesamtschuldnerisch für aus dem Gemeinschaftseigentum entstehende Verpflichtungen gegenüber Dritten, z.B. Handwerkern. Bei intern verursachten Schäden – beispielsweise wenn ein Eigentümer schuldhaft das Dach undicht werden lässt – kann von der Gemeinschaft ein Ersatzanspruch geltend gemacht werden; dabei muss ein Verschulden nachweisbar sein. Wird ein Schaden infolge mangelhafter Instandhaltung des Gemeinschaftseigentums durch den Verwalter oder durch unterlassene Entscheidung der Eigentümergemeinschaft verursacht, haften häufig alle Eigentümer anteilig nach ihrem Miteigentumsanteil für daraus resultierende Schäden und Kosten. Versicherungen wie die Gebäudeversicherung schützen zwar vor gravierenden finanziellen Folgen; Beiträge und Selbstbehalte können jedoch ebenfalls auf die Eigentümer umgelegt werden.

Kann die Nutzung des Gemeineigentums individuell eingeschränkt oder erweitert werden?

Das Nutzungsrecht am Gemeineigentum ist grundsätzlich allen Eigentümern im gesetzlichen Rahmen gleichberechtigt garantiert. Einschränkungen oder Erweiterungen können jedoch durch die Gemeinschaftsordnung, Teilungserklärung oder durch Beschluss der Eigentümer eingeführt werden, wenn dies im Interesse der ordnungsgemäßen Nutzung steht und die übrigen Eigentümer dadurch keine unzumutbaren Nachteile erfahren. Typische Beispiele sind die Zuweisung von Sondernutzungsrechten (z.B. Garten- oder Pkw-Stellplätze) oder Regelungen über die Nutzung gemeinschaftlicher Einrichtungen (Fahrradkeller, Waschküche). Eine umfassende Änderung der Nutzungsbefugnis ist jedoch nur unter Zustimmung aller betroffenen Eigentümer zulässig; dies gilt insbesondere dann, wenn diese dadurch in ihrer Nutzung substanziell beeinträchtigt werden. Rechtsverbindlich wird eine Änderung erst mit Eintragung ins Grundbuch.

Wer trägt die Kosten für Instandhaltung und Instandsetzung des Gemeineigentums?

Die Pflicht zur Kostentragung bezüglich des Gemeineigentums liegt bei sämtlichen Wohnungseigentümern entsprechend ihres Miteigentumsanteils. Die Kosten beinhalten sämtliche Maßnahmen zur Erhaltung, Wartung, Pflege sowie den verkehrssicheren Zustand baulicher Anlagen, technischer Einrichtungen sowie sonstiger Gemeinschaftsteile. Die Eigentümergemeinschaft kann einen Wirtschaftsplan aufstellen und beschließen; daraus resultieren Hausgeldzahlungen zur Deckung laufender Kosten. Sollten außergewöhnliche oder unvorhersehbare Instandsetzungen anfallen (z.B. nach einem Sturmschaden), ist die Bildung einer Instandhaltungsrücklage üblich sowie rechtlich ratsam. Sind beschlossene Kosten besonders hoch oder nicht ordnungsgemäß zustande gekommen, haben Eigentümer ein Anfechtungsrecht gegen den entsprechenden Beschluss binnen eines Monats nach Beschlussfassung.

Besteht ein Unterlassungsanspruch gegen einen Eigentümer, der das Gemeineigentum vertragswidrig nutzt?

Ja; die Eigentümergemeinschaft oder auch einzelne Eigentümer sind berechtigt, gegen einen Eigentümer vorzugehen, der das Gemeineigentum vertragswidrig nutzt oder unberechtigt beeinträchtigt. Dies umfasst beispielsweise bauliche Veränderungen ohne entsprechenden Beschluss, verbotene kommerzielle Nutzung, übermäßige Lärmbelästigung oder Beschädigungen. Der Unterlassungsanspruch kann zunächst im Rahmen einer außergerichtlichen Abmahnung geltend gemacht werden; notfalls jedoch auch gerichtlich durchgesetzt werden. Neben der Unterlassung können ferner Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden; sofern ein Vermögensnachteil entstanden ist. Die Durchsetzung obliegt entweder dem Verwalter im Namen der Gemeinschaft oder einzelnen Eigentümern; sofern deren Individualrecht betroffen ist.