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Gemeindeunfallversicherungsverband


Begriff und rechtlicher Hintergrund des Gemeindeunfallversicherungsverbandes

Der Gemeindeunfallversicherungsverband ist eine öffentlich-rechtliche Einrichtung der gesetzlichen Unfallversicherung in Deutschland. Er dient dazu, insbesondere Beschäftigte im kommunalen Bereich gegen die Folgen von Arbeitsunfällen, Wegeunfällen sowie Berufskrankheiten abzusichern. Der Begriff findet hauptsächlich in der kommunalen Selbstverwaltung sowie im Zusammenhang mit der Sozialgesetzgebung Anwendung.

Die gesetzlichen Grundlagen für die Gemeindeunfallversicherungsverbände finden sich insbesondere im Siebten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII), das die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung der gesetzlichen Unfallversicherung festlegt. Gemeindeunfallversicherungsverbände treten insbesondere in denjenigen Bundesländern auf, in denen die kommunalen Unfallversicherungsträger die Form eines Verbandes annehmen, etwa in Niedersachsen, Hessen oder Sachsen-Anhalt.


Aufgaben und Funktion des Gemeindeunfallversicherungsverbandes

Unfallversicherungsschutz

Der Gemeindeunfallversicherungsverband stellt sicher, dass alle versicherungspflichtigen Personen im Sinne des SGB VII größtmöglichen Schutz im beruflichen Alltag und auf dem Weg zur und von der Arbeit genießen. Versicherungsberechtigt sind unter anderem Beschäftigte der Städte, Gemeinden und Landkreise, ehrenamtlich Tätige im Bereich der örtlichen Selbstverwaltung, Mitglieder kommunaler Vertretungen sowie Feuerwehren und andere Einrichtungen nach Maßgabe der jeweiligen Landesgesetze.

Prävention und Rehabilitation

Über die bloße Schadensregulierung hinaus besteht die Aufgabe des Gemeindeunfallversicherungsverbandes darin, Unfälle zu verhüten (Prävention). Es werden entsprechende Maßnahmen ergriffen, um Sicherheitsstandards in kommunalen Betrieben zu erhöhen und das Unfallrisiko systematisch zu minimieren. Sollte dennoch ein Versicherungsfall eintreten, sorgt der Verband für eine umfassende Heilbehandlung, Rehabilitation und gegebenenfalls Schadensausgleich im Rahmen von Rentenzahlungen oder anderen Unterstützungsleistungen (SGB VII, insbesondere §§ 26 ff. SGB VII).

Rechtsstellung und Selbstverwaltung

Der Gemeindeunfallversicherungsverband ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts mit Selbstverwaltung. Die Mitglieder des Verbands bestimmen im Rahmen der Satzung und über gewählte Organe (z. B. Vertreterversammlung, Vorstand) über die wesentlichen Angelegenheiten des Verbandes. Die Satzungen regeln spezifische Belange wie Beitragserhebungen, Versicherungsumfang und organisatorische Abläufe.


Mitgliedschaft, versicherte Personen und Beitragserhebung

Mitgliedschaft

Mitglied im Gemeindeunfallversicherungsverband sind in der Regel Städte, Gemeinden, Landkreise und kommunale Körperschaften. Mitunter können auch weitere, der öffentlichen Hand zuzuordnende Einrichtungen Mitglied werden, sofern diese keine anderweitige Pflichtversicherung begründen.

Versicherte Personengruppen

Versichert sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII alle Beschäftigten der kommunalen Gebietskörperschaften. Hinzu kommen weitere, gesetzlich besonders definierte Personengruppen, wie zum Beispiel ehrenamtlich tätige Feuerwehrleute, Kommunalpolitiker oder bestimmte freiwillig tätige Personen, die im Rahmen der gemeindlichen Aufgabenwahrnehmung tätig werden.

Beitragsbemessung und Beitragserhebung

Die Finanzierung des Gemeindeverbands erfolgt durch Beiträge der Mitgliedseinrichtungen. Die Berechnung der jeweiligen Beiträge erfolgt auf Grundlage der Arbeitsentgelte der Versicherten sowie der Gefahrklassen, die sich aus den jeweiligen Tätigkeitsarten ergeben. Die Grundlagen der Beitragserhebung sind in der Satzung des jeweiligen Verbandes sowie in den allgemeinen gesetzlichen Vorschriften (§§ 157 ff. SGB VII) normiert.


Haftung, Leistungen und rechtliche Besonderheiten

Haftungsumfang und Leistungsarten

Die wesentlichen Leistungen des Gemeindeunfallversicherungsverbandes umfassen Heilbehandlung, Verletztengeld, Übergangsgeld, Rentenleistungen, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sowie Pflegeleistungen. Bei Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten wird entsprechend dem Leistungsrecht des SGB VII eine umfassende Versorgung gewährt, die der Wiederherstellung der Gesundheit und der Eingliederung in das Erwerbsleben dient.

Rechtsweg und Aufsicht

Streitigkeiten über Ansprüche gegen den Gemeindeunfallversicherungsverband unterliegen der Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit. Die Aufsicht über die Gemeindeunfallversicherungsverbände üben die zuständigen Landesbehörden aus. Die Tätigkeit des Verbandes ist an die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften gebunden, wobei die Aufsichtsbehörde sowohl die Rechts- als auch die Zweckmäßigkeit der Verbandsführung überprüft.


Unterschied zu anderen Unfallversicherungsträgern

Anders als die Berufsgenossenschaften, die die gewerbliche Wirtschaft sowie den Bereich der Sozialwirtschaft abdecken, sind Gemeindeunfallversicherungsverbände spezifisch für den öffentlichen und insbesondere den kommunalen Bereich zuständig. In einigen Bundesländern bestehen eigenständige Unfallkassen für Landes- und Bundesbedienstete, während Gemeindeunfallversicherungsverbände typischerweise regionale oder landesweite Zuständigkeit besitzen.


Fazit

Der Gemeindeunfallversicherungsverband ist ein bedeutender Unfallversicherungsträger in Deutschland. Er sichert Angestellte, Beamte und ehrenamtlich Tätige im kommunalen Sektor gegen die Folgen von Arbeitsunfällen, Wegeunfällen und Berufskrankheiten ab. Seine Aufgaben reichen von der Prävention über die Schadensregulierung bis hin zur Rehabilitation, flankiert von umfangreichen rechtlichen Rahmenbedingungen und eigenständigen Verwaltungsstrukturen. Die zentrale Stellung des Gemeindeunfallversicherungsverbandes innerhalb der gesetzlichen Unfallversicherung unterstreicht seine Bedeutung für das System der sozialen Sicherung in Deutschland.

Häufig gestellte Fragen

Wer ist beim Gemeindeunfallversicherungsverband versicherungspflichtig?

Versicherungspflichtig beim Gemeindeunfallversicherungsverband (GUVV) sind in der Regel alle Personen, die im Auftrag oder im Interesse einer Gemeinde, eines kommunalen Zweckverbandes oder einer sonstigen kommunalen Einrichtung tätig sind. Hierzu zählen insbesondere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, Feuerwehrangehörige, ehrenamtlich Tätige sowie Kinder und Jugendliche in Kindertagesstätten, Schulen und vergleichbaren Einrichtungen. Die Versicherungspflicht entsteht kraft Gesetzes und ist nicht an das Bestehen eines Arbeitsvertrages gebunden. Sie umfasst auch bestimmte Hilfstätigkeiten und Arbeitsgelegenheiten, sofern diese im Aufgabenbereich der Gemeinde durchgeführt werden. Zu beachten ist, dass diese Pflicht nach § 2 SGB VII geregelt ist und eine individuelle Anmeldung beim GUVV nicht erforderlich ist, da der Versicherungsschutz automatisch mit Aufnahme der versicherten Tätigkeit beginnt.

Wird auch die Haftung der Gemeinde durch den Gemeindeunfallversicherungsverband übernommen?

Der Gemeindeunfallversicherungsverband übernimmt ausschließlich die Haftung auf Schadensersatzansprüche, die sich aus Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten ergeben und unter den Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen. Gemäß §§ 104 ff. SGB VII werden Ansprüche gegen die Gemeinde wegen Personenschäden, die durch einen versicherten Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit verursacht wurden, durch die Leistungen des GUVV abgegolten. Die gesetzliche Haftungsprivilegierung bewirkt, dass die versicherten Personen regelmäßig keine zivilrechtlichen Schadensersatzansprüche gegen die Gemeinde oder deren Organe geltend machen können. Ausgenommen sind jedoch Fälle vorsätzlicher Schädigung oder von Sachschäden, für die der GUVV grundsätzlich nicht eintrittspflichtig ist.

Wie erfolgt die Meldung eines Arbeitsunfalls an den Gemeindeunfallversicherungsverband?

Die Meldung eines Arbeitsunfalls muss gemäß § 193 SGB VII unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen nach Kenntnis des Unfalles, durch den zuständigen Arbeitgeber beziehungsweise die verantwortliche Dienststelle an den Gemeindeunfallversicherungsverband erfolgen. Die Meldung erfolgt in der Regel auf einem standardisierten Unfallanzeigeformular, wobei alle relevanten Daten zum Unfallhergang, zur verletzten Person sowie die genauen Umstände detailliert darzulegen sind. Bei schweren oder tödlichen Unfällen ist neben der Meldepflicht zusätzlich die Unfallkasse oder, je nach Bundesland, die Aufsichtsbehörde unmittelbar zu benachrichtigen. Die Meldeverpflichtung ist eine zentrale Voraussetzung für die Einleitung von Leistungsgewährungsmaßnahmen.

Welche Leistungen werden vom Gemeindeunfallversicherungsverband im Versicherungsfall erbracht?

Der Leistungsumfang des GUVV bestimmt sich nach den Vorgaben des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII). Er umfasst in erster Linie die Heilbehandlung und medizinische Rehabilitation zur Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit, Verletztengeld während der Arbeitsunfähigkeit, Übergangsgeld zur sozialen und beruflichen Wiedereingliederung, Pflegeleistungen bei bleibenden Beeinträchtigungen sowie Rentenzahlungen bei dauernder Minderung der Erwerbsfähigkeit. Zusätzlich werden Hinterbliebenenrenten gezahlt, wenn ein Arbeitsunfall tödlich endet. Die Leistungen erfolgen vorrangig als Sachleistungen, Geldleistungen kommen ergänzend hinzu.

In welchem Verhältnis steht der Gemeindeunfallversicherungsverband zu anderen Unfallversicherungsträgern?

Der Gemeindeunfallversicherungsverband ist einer der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung gem. § 114 SGB VII. Er ist als sogenannte Unfallkasse für den kommunalen Bereich eigenständig zuständig und grenzt sich funktional von Berufsgenossenschaften ab, die Berufsgruppen der Privatwirtschaft betreuen. Bei versicherungsverhältnissen, in denen mehrere Unfallversicherungsträger in Betracht kommen, gilt das Prinzip der Federführung: Der Verband, bei dem der in Rede stehende Unfallversicherungstatbestand vorwiegend begründet wird, nimmt die Leistungspflicht wahr. Zuständigkeitsstreitigkeiten werden durch die gemeinsame Aufsichtsbehörde oder – im Streitfall – durch die Sozialgerichte entschieden.

Welche Rechtsmittel stehen nach einem ablehnenden Bescheid des Gemeindeunfallversicherungsverbandes zur Verfügung?

Im Falle eines ablehnenden Leistungsbescheides kann die betroffene Person gemäß §§ 77 ff. SGG (Sozialgerichtsgesetz) innerhalb eines Monats nach Zugang des Bescheides Widerspruch beim GUVV einlegen. Nach Durchführung des Widerspruchsverfahrens und Erlass eines Widerspruchsbescheids besteht sodann die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Klage beim zuständigen Sozialgericht zu erheben. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei. Die Einlegung von Widerspruch und Klage hat dabei keine aufschiebende Wirkung hinsichtlich der Leistungspflicht, es sei denn, das Sozialgericht ordnet diese ausdrücklich an. Der Rechtsschutz ist somit im komplexen sozialrechtlichen System umfassend gewährleistet.