Definition und Abgrenzung des Gehwegs
Ein Gehweg ist ein für den Fußgängerverkehr bestimmter und besonders gekennzeichneter Teil einer öffentlichen Verkehrsfläche. Die rechtliche Einordnung des Gehwegs ist in Deutschland im Straßenverkehrsrecht festgelegt, insbesondere in der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sowie ergänzenden Vorschriften der Länder und Kommunen. Gehwege unterscheiden sich nach ihrer Zweckbestimmung deutlich von Fahrbahnen, Radwegen und anderen Verkehrsflächen, was sich in einer Vielzahl besonderer Regelungen hinsichtlich Benutzung, Pflichten und Rechte widerspiegelt.
Begriffserklärung und gesetzliche Grundlagen
Gehwege sind gemäß § 2 Absatz 1 Satz 2 StVO „besondere Verkehrsflächen, die ausschließlich Fußgängern vorbehalten“ sind. Die Rechtsgrundlagen für Gehwege ergeben sich im Wesentlichen aus folgenden Regelwerken:
- Straßenverkehrs-Ordnung (StVO): Die StVO enthält Vorschriften zu Bau, Benutzung und Sicherung des Gehwegs sowie zu Rechten und Pflichten aller Verkehrsteilnehmenden im Zusammenhang mit Gehwegen.
- Straßengesetze der Länder: Die jeweiligen Landesgesetze konkretisieren und ergänzen die bundesweiten Vorgaben.
- Kommunale Satzungen: Städte und Gemeinden erlassen oft eigene Regelungen zu Gestaltung, Reinigung und Nutzung von Gehwegen.
Durch diese Regelsetzung entsteht eine einheitliche rechtliche Definition und Abgrenzung von Gehwegen gegenüber anderen Verkehrsflächen.
Rechtlicher Status des Gehwegs
Benutzungsrecht und Benutzungspflicht
Fußgänger müssen laut § 25 Abs. 1 Satz 1 StVO Gehwege benutzen, sofern solche vorhanden und benutzbar sind. Die Benutzungspflicht ergibt sich aus dem Gebot der Verkehrssicherheit und dient sowohl dem Schutz der Fußgänger als auch der geordneten Verkehrsführung. Die Nutzung von Gehwegen durch andere Verkehrsteilnehmer (z.B. Radfahrende, Fahrzeuge) ist grundsätzlich ausgeschlossen, es sei denn, dies ist durch Verkehrszeichen (z.B. das Zusatzzeichen „Radfahrer frei“) ausdrücklich gestattet.
Nutzung durch besondere Verkehrsteilnehmergruppen
- Kinder: Nach § 2 Abs. 5 StVO dürfen Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr mit Fahrrädern Gehwege benutzen, auch in Begleitung eines Erwachsenen.
- Radfahrer: Die Benutzung von Gehwegen durch Fahrräder ist ausnahmsweise erlaubt, wenn dies durch entsprechende Beschilderung freigegeben ist. In diesen Situationen sind Radfahrende zur besonderen Rücksichtnahme auf Fußgänger verpflichtet.
- Rollstuhlfahrer und andere Mobilitätshilfen: Mobilitätseingeschränkte Personen mit geeigneten Hilfsmitteln dürfen Gehwege grundsätzlich wie Fußgänger nutzen.
Ausnahmen und Sonderregelungen
In bestimmten Situationen kann die Straßenverkehrsbehörde aus Gründen der Verkehrssicherheit, Ordnung oder des öffentlichen Interesses abweichende Regelungen treffen. Die zeitweise oder örtlich beschränkte Freigabe von Gehwegen für andere Verkehrsteilnehmer ist durch entsprechende Beschilderung möglich.
Gehweg: Verkehrssicherungspflichten und Haftung
Pflichten der Straßenbaulastträger
Die Verantwortlichkeit für die Instandhaltung und Verkehrssicherheit von Gehwegen liegt grundsätzlich beim sogenannten Straßenbaulastträger, häufig der Kommune. Dieser ist verpflichtet, Gehwege so zu unterhalten, dass sie gefahrlos benutzt werden können. Dies umfasst den Winterdienst, die Beseitigung von Verunreinigungen und die Reparatur von Schäden.
Reinigungspflicht und Haftung für Schäden
Die Reinigungspflicht für Gehwege kann durch kommunale Satzung den jeweiligen Anliegern (meist Grundstückseigentümer) auferlegt werden. Versäumnisse in der Erfüllung der Reinigungspflicht – beispielsweise im Winterdienst – können eine Haftung für daraus resultierende Schäden (z.B. Stürze wegen Glätte) begründen, soweit Fahrlässigkeit vorliegt.
Haftungsrechtliche Konsequenzen
Kommt der Pflichtige seinen Verkehrssicherungspflichten nicht nach und kommt es zu einem Unfall, besteht ein Ersatzanspruch nach § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Haftung setzt voraus, dass eine Verletzung der Verkehrssicherungspflichten nachweisbar ist und dadurch ein Schaden verursacht wurde.
Gestaltung, Kennzeichnung und Widmung des Gehwegs
Bau und Gestaltung nach technischen Vorschriften
Der Bau und die Instandhaltung von Gehwegen richten sich nach technischen Regelwerken, wie den Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA), welche Vorgaben zu Breite, Beschaffenheit und Barrierefreiheit machen. Die Einhaltung dieser Normen trägt zur Rechtssicherheit und zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit bei.
Abgrenzung und Kennzeichnung
Der Gehweg wird durch bauliche Maßnahmen (z.B. Bordsteine, Pflasterung) oder straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen (Verkehrszeichen und Markierungen nach Anlage 2 zu § 41 StVO) sichtbar von Fahrbahn und anderen Verkehrsflächen abgegrenzt.
Widmung und Entwidmung
Kommunen können Verkehrsflächen als Gehwege widmen, was eine öffentlich-rechtliche Zweckbestimmung darstellt. Erst durch eine solche Widmung entsteht ein rechtlicher Gehweg im Sinne des Straßenrechts. Die Entwidmung hebt diese Zweckbestimmung wieder auf.
Gehwegparken und Halten auf dem Gehweg
Rechtslage zum Gehwegparken
Das Parken von Kraftfahrzeugen auf Gehwegen ist gemäß § 12 Abs. 4 und 4a StVO grundsätzlich unzulässig, sofern es nicht ausdrücklich durch spezielle Verkehrszeichen erlaubt wird. Verstöße können mit Bußgeldern und der Anordnung von Abschleppmaßnahmen geahndet werden.
Halten auf dem Gehweg
Auch das kurzfristige Halten auf Gehwegen ist ohne entsprechende Freigabe nicht gestattet. Trifft ein Kraftfahrzeug den Gehweg teilweise, so handelt es sich um ein ordnungswidriges Verhalten, das sanktioniert werden kann.
Konsequenzen und Sanktionen bei Verstößen
Verstöße gegen die Vorschriften zur Nutzung von Gehwegen (z.B. widerrechtliches Gehwegparken, mangelnde Reinigungspflichten, unberechtigte Nutzung durch Fahrzeuge) stellen Ordnungswidrigkeiten dar und können bußgeldbewehrt sein. Die Durchsetzung obliegt der jeweils zuständigen Behörde (Ordnungsamt oder Polizei).
Zusammenfassung
Der Gehweg ist eine für den Fußgängerverkehr bestimmte, öffentliche Verkehrsfläche mit eigenständigem rechtlichen Status. Seine Benutzung, Gestaltung und Unterhaltung unterliegen klar geregelten gesetzlichen Vorschriften, um die Sicherheit und Ordnung im öffentlichen Verkehrsraum zu gewährleisten. Die Einhaltung technischer Standards, die klare Abgrenzung zu anderen Verkehrsflächen sowie die Erfüllung der Verkehrssicherungspflichten tragen zur reibungslosen Nutzung und rechtlichen Absicherung des Gehwegs bei. Verstöße gegen diese Vorschriften können haftungs- und ordnungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist laut Gesetz berechtigt, den Gehweg zu benutzen?
Nach deutschem Recht, konkret § 25 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO), ist der Gehweg grundsätzlich Fußgängern vorbehalten. Hierzu zählen auch Personen, die Kinderwagen, Rollstühle oder vergleichbare Fortbewegungsmittel nutzen. Fahrradfahrer dürfen Gehwege nur dann benutzen, wenn dies durch entsprechende Beschilderung (Zeichen 239 mit Zusatzzeichen „Radfahrer frei“) ausdrücklich erlaubt ist oder Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr (§ 2 Abs. 5 StVO) in Begleitung einer aufsichtspflichten Person. Weiterhin ist das auf dem Gehweg Fahren mit sogenannten Elektro-Kleinstfahrzeugen, wie E-Scootern, ausschließlich erlaubt, sofern es durch Verkehrszeichen ausdrücklich gestattet ist. Das Befahren des Gehwegs durch Kraftfahrzeuge ist grundsätzlich untersagt, es sei denn, es handelt sich um zwingende Zufahrten zu Grundstücken, wobei hierbei erhöhte Sorgfaltspflicht gilt. Die Nutzung des Gehwegs durch Tiere, insbesondere Hunde, ist erlaubt, wobei die Halter gemäß Landesrecht oder kommunaler Satzung verpflichtet sind, diese auf dem Gehweg anzuleinen.
Welche Pflichten haben Anwohner bezüglich der Gehwegreinigung und Schnee- oder Eisbeseitigung?
Die Reinigungspflicht für Gehwege sowie die Beseitigung von Schnee und Eis (Streupflicht) obliegt rechtlich grundsätzlich der Gemeinde. Nach § 49 des Straßen- und Wegegesetzes der Länder wird diese Pflicht jedoch in der Regel durch Satzung auf die Anlieger übertragen. Gemeinden regeln in ihren örtlichen Straßenreinigungssatzungen, in welchem Umfang, zu welchen Tageszeiten und mit welchen Mitteln (beispielsweise Sand oder Splitt, nicht aber Salz außerhalb von Gefahrensituationen) Anlieger tätig werden müssen. Kommen Anwohner der Reinigungspflicht oder Streupflicht nicht nach und es kommt zu einem Unfall, können sie zivilrechtlich haftbar gemacht werden und müssen unter Umständen Schadenersatz oder Schmerzensgeld leisten. Zeitliche Vorgaben variieren regional, üblich ist jedoch werktägliches Räumen und Streuen bis 7 Uhr und an Sonn- und Feiertagen bis 9 Uhr, jeweils bis zum späten Abend.
Welche rechtlichen Vorschriften gelten bei der Nutzung von Gehwegen durch Kinder mit Fahrrädern?
Gemäß § 2 Abs. 5 StVO müssen Kinder bis zum vollendeten achten Lebensjahr mit dem Fahrrad den Gehweg benutzen; bis zum zehnten Geburtstag dürfen sie wählen, ob sie auf dem Gehweg oder auf der Fahrbahn bzw. dem Radweg fahren wollen. Die Aufsichtsperson darf dann ebenfalls auf dem Gehweg fahren, um das Kind zu begleiten. Das Verkehrsrecht legt fest, dass dabei Rücksicht auf Fußgänger zu nehmen ist und Fußgänger jederzeit Vorrang genießen (§ 1 StVO). Zudem muss das Fahrrad geschoben werden, wenn durch die Benutzung des Gehwegs andere Fußgänger gefährdet würden. Eine ausdrückliche Ausnahme besteht nur, wenn ein baulich getrennter Radweg vorhanden ist.
Wie ist das Parken von Fahrzeugen auf dem Gehweg rechtlich geregelt?
Nach § 12 Abs. 4 StVO ist das Parken von Fahrzeugen auf Gehwegen grundsätzlich verboten, es sei denn, das Parken ist durch Verkehrszeichen (zum Beispiel Zeichen 315 „Parken auf Gehwegen“) ausdrücklich erlaubt. Verstöße werden mit Verwarnungs- oder Bußgeldern geahndet und das Fahrzeug kann abgeschleppt werden, insbesondere wenn Fußgänger, Rollstuhlfahrer, Kinderwagen oder Personen mit Sehbehinderung behindert werden. In vielen Gemeinden bestehen besondere Vorschriften hinsichtlich des Mindestabstands, der für Fußgänger freigehalten werden muss (meistens mindestens 1,5 Meter). Die Ordnungsbehörde kann das verbotswidrige Gehwegparken im Rahmen ihrer Gefahrenabwehrpflicht auch ohne vorherige Ankündigung ahnden.
Welche Rechte und Pflichten gelten für Baustellen und Absperrungen auf Gehwegen?
Für die Nutzung und Sperrung von Gehwegen durch Baustellen ist grundsätzlich nach § 45 StVO eine verkehrsrechtliche Anordnung durch die zuständige Straßenverkehrsbehörde erforderlich. Bauliche Maßnahmen müssen so durchgeführt werden, dass die Sicherheit und Leichtigkeit des Fußgängerverkehrs so wenig wie möglich beeinträchtigt wird. Es besteht die Pflicht, sichere und zumutbare Umgehungen oder Ersatzgehwege bereitzustellen. Die Absicherung muss den technischen Regelwerken (RSA 21 und MLV) genügen, was bedeutet, dass eine ordnungsgemäße Signalisierung, Beleuchtung und Umzäunung zu erfolgen hat. Missachtung dieser Pflichten kann sowohl ordnungsrechtliche als auch zivilrechtliche Konsequenzen bei Schadensfällen nach sich ziehen.
Dürfen Werbeschilder, Warenständer oder gastronomische Bestuhlung auf dem Gehweg aufgestellt werden?
Die Nutzung öffentlicher Gehwege für gewerbliche Zwecke – etwa durch das Aufstellen von Werbeschildern, Warenständern oder Außengastronomie – erfordert eine Sondernutzungserlaubnis nach § 18 Straßen- und Wegegesetz des jeweiligen Bundeslandes beziehungsweise nach § 29 StVO. Diese wird von der Straßenbehörde bzw. Ordnungsbehörde erteilt und ist mit Auflagen verbunden, die den ungehinderten und sicheren Fußgängerverkehr sicherstellen. Wird diese Erlaubnis nicht eingeholt oder gegen die Auflagen, etwa Mindestdurchgangsbreite, verstoßen, drohen Bußgelder und die sofortige Entfernung der Aufsteller auf eigene Kosten durch die Behörde.
Wie wird die Barrierefreiheit auf Gehwegen rechtlich gesichert?
Die Barrierefreiheit von Gehwegen ist in § 50 Abs. 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) sowie in den Landesbauordnungen festgeschrieben. Kommunen und Straßenbaulastträger sind verpflichtet, Gehwege so zu gestalten, dass sie für Menschen mit Behinderungen, insbesondere Seh- oder Gehbehinderung, ohne besondere Erschwernis auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Dies umfasst unter anderem taktile Leitsysteme, Absenkungen an Übergängen (Nullabsenkung), ausreichende Breite und Hindernisfreiheit. Die Nichteinhaltung kann zur Beanstandung durch Behindertenbeauftragte und im Einzelfall zu Klagen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) führen. Bei Neu- oder Umbauprojekten ist die Barrierefreiheit zwingendes Planungserfordernis.