Begriff und rechtliche Einordnung des Gehaltsanspruchs
Der Gehaltsanspruch bezeichnet im Arbeitsrecht den Anspruch einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Zahlung des vertraglich vereinbarten Entgelts für geleistete Arbeit. Der Gehaltsanspruch ist ein zentrales Element des Arbeitsverhältnisses, da er die Gegenleistung für die zur Verfügung gestellte Arbeitskraft darstellt. In Deutschland ist der Gehaltsanspruch überwiegend im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 611a ff. BGB geregelt. Neben einzelvertraglichen Vereinbarungen können auch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und gesetzliche Bestimmungen maßgeblich sein.
Bestandteile des Gehaltsanspruchs
Grundgehalt
Das Grundgehalt stellt den festen, regelmäßig wiederkehrenden Teil des Arbeitsentgelts dar. Es wird üblicherweise monatlich gezahlt und ist im Arbeitsvertrag vereinbart oder ergibt sich aus tarifvertraglichen oder betrieblichen Regelungen.
Variable Vergütungsbestandteile
Zu den variablen Vergütungsbestandteilen zählen Boni, Provisionen oder Prämien. Diese Komponenten sind häufig von der individuellen Arbeitsleistung oder dem Unternehmenserfolg abhängig und werden im Arbeitsvertrag oder durch gesonderte Vereinbarungen geregelt.
Sonderleistungen
Neben dem Grundgehalt können Arbeitnehmer Anspruch auf sonstige Leistungen wie Weihnachtsgeld, Urlaubsgeld, vermögenswirksame Leistungen oder Zuschläge (z. B. für Überstunden, Nachtarbeit, Sonn- und Feiertagsarbeit) haben. Die Rechtsgrundlage hierfür kann aus dem Arbeitsvertrag, Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen oder dem betriebsüblichen Gewohnheitsrecht resultieren.
Rechtliche Grundlagen des Gehaltsanspruchs
Gesetzliche Grundlagen
Die maßgebliche gesetzliche Grundlage findet sich in § 611a BGB. Danach hat die Arbeitgeberseite dem Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung zu gewähren. Weitere einschlägige Vorschriften ergeben sich aus dem Nachweisgesetz (NachwG), dem Mindestlohngesetz (MiLoG) sowie spezialgesetzlichen Regelungen (z. B. dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz).
Tarifrechtliche Regelungen
Viele Branchen unterliegen Tarifverträgen, die Mindestgehälter und Zusatzleistungen regeln. Tarifverträge sind sowohl individuell als auch allgemeinverbindlich ausgestaltet und können Gehaltsbestandteile ausgestalten, ergänzen oder modifizieren.
Betriebsvereinbarungen
Eine Betriebsvereinbarung kann den Gehaltsanspruch durch allgemeine Regelungen für die Belegschaft konkretisieren. Sie wirkt auf alle Arbeitsverhältnisse im Anwendungsbereich des Betriebs ein.
Entstehung und Fälligkeit des Gehaltsanspruchs
Entstehung
Der Gehaltsanspruch entsteht mit der Aufnahme der geschuldeten Arbeitsleistung im Rahmen des bestehenden Arbeitsverhältnisses. Gemäß § 614 BGB ist die Vergütung nach Leistung der Arbeit zu entrichten.
Fälligkeit
In der Regel ist das Gehalt am Monatsende oder mit Ablauf des Arbeitszeitraums fällig, sofern keine anderweitige Vereinbarung getroffen wurde. Viele Arbeitsverträge sehen eine Fälligkeit „zum Monatsende“ oder einen bestimmten Tag (z. B. 15. oder 30. des Monats) vor.
Besonderheiten des Gehaltsanspruchs
Annahmeverzug des Arbeitgebers
Leistet der Arbeitnehmer seine Arbeitskraft ordnungsgemäß an und gerät die Arbeitgeberseite in Annahmeverzug (z. B. durch Unterlassen der Arbeitszuweisung), besteht der Gehaltsanspruch fort (§ 615 BGB). Der Arbeitnehmer behält seinen Vergütungsanspruch, auch wenn er keine tatsächliche Arbeitsleistung erbringen konnte.
Gehaltsanspruch bei Krankheit
Im Fall einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit besteht ein Anspruch auf Fortzahlung des Gehalts bis zu sechs Wochen (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz, EFZG). Nach Ablauf dieser Frist kann ein Anspruch auf Krankengeld gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung bestehen.
Gehaltsanspruch bei Urlaub
Während der gewährten Urlaubstage wird das Gehalt gemäß § 11 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) als Urlaubsentgelt gezahlt. Das Urlaubsentgelt bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten dreizehn Wochen vor Urlaubsbeginn.
Ausschlussfristen
Gehaltsansprüche können tarif-, arbeitsvertraglichen oder gesetzlichen Ausschlussfristen unterliegen. Werden diese Fristen nicht eingehalten, kann der Anspruch erlöschen. Dies betrifft insbesondere Ansprüche aus Lohnrückständen oder variablen Vergütungskomponenten.
Durchsetzung und Verwirkung des Gehaltsanspruchs
Durchsetzung
Der Gehaltsanspruch lässt sich im Streitfall vor den Arbeitsgerichten geltend machen. Im Falle des Zahlungsverzugs kann die Arbeitnehmerseite Verzugszinsen und ggf. eine Pauschale fordern (§ 288 BGB, § 288 Abs. 5 BGB). Zur Unterstützung der Anspruchsdurchsetzung steht das arbeitsgerichtliche Mahnverfahren zur Verfügung.
Verwirkung und Ausschluss
Der Gehaltsanspruch kann verwirken, wenn die Arbeitnehmerseite nach Zeitablauf und unter Vorliegen besonderer Umstände ihr Recht nicht geltend macht. In den meisten Fällen enden Gehaltsansprüche jedoch durch Tarif-, arbeitsvertragliche oder gesetzliche Verjährungs- oder Ausschlussfristen.
Gehaltsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses
Beendigung und offene Ansprüche
Mit Ende des Arbeitsverhältnisses besteht Anspruch auf Zahlung des bis dahin entstandenen Gehaltsanspruchs sowie von offenen Sonderzahlungen. Im Falle einer fristlosen oder ordentlichen Kündigung besteht der Gehaltsanspruch grundsätzlich nur bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses.
Abfindung und Ausgleichsquittungen
Eine Abfindung stellt keinen Gehaltsanspruch, sondern eine eigenständige Ausgleichszahlung für den Verlust des Arbeitsplatzes dar. Ist der Gehaltsanspruch ausgeglichen, kann dies durch eine Ausgleichsquittung bestätigt werden.
Gehaltsanspruch bei Insolvenz des Arbeitgebers
Bei Zahlungsunfähigkeit oder Insolvenz des Arbeitgebers kann die Arbeitnehmerseite Anspruch auf Insolvenzgeld nach § 183 SGB III geltend machen. Das Insolvenzgeld sichert Ansprüche auf das Nettoarbeitsentgelt für bis zu drei Monate vor Insolvenzeröffnung.
Steuerliche Behandlung des Gehaltsanspruchs
Der Gehaltsanspruch unterliegt der Lohnsteuer und den Sozialversicherungsabgaben. Die Arbeitgeberseite ist verpflichtet, diese Abgaben einzubehalten und abzuführen.
Gehaltsanspruch im internationalen Kontext
Arbeitet die Arbeitnehmerseite im Ausland oder besteht ein grenzüberschreitendes Arbeitsverhältnis, können ausländische Rechtsvorschriften Einfluss auf den Gehaltsanspruch nehmen. Die Anwendbarkeit des deutschen Arbeitsrechts kann durch vertragliche Vereinbarung oder gesetzliche Kollisionsnormen, z. B. Rom-I-Verordnung, geregelt werden.
Literaturhinweise und weiterführende Informationen
- § 611a ff. BGB (Bürgerliches Gesetzbuch)
- § 3 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG)
- § 615 BGB (Annahmeverzug)
- § 11 BUrlG (Urlaubsentgelt)
- §§ 288, 614 BGB (Vergütung, Verzugszinsen)
- § 183 SGB III (Insolvenzgeld)
- Mindestlohngesetz (MiLoG)
- Bundesarbeitsgericht (Urteile zum Gehaltsanspruch)
Der Begriff Gehaltsanspruch ist somit facettenreich ausgestaltet und Gegenstand komplexer arbeitsrechtlicher Regelungen. Die Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen ist für die sichere Durchsetzung und den Erhalt des Gehaltsanspruchs von wesentlicher Bedeutung.
Häufig gestellte Fragen
Was kann ich tun, wenn mein Arbeitgeber mein Gehalt nicht pünktlich zahlt?
Wird das Gehalt nicht fristgerecht ausgezahlt, stehen dem Arbeitnehmer verschiedene rechtliche Schritte zur Verfügung. Zunächst empfiehlt es sich, den Arbeitgeber schriftlich zur Zahlung aufzufordern und eine angemessene Frist zu setzen. Bleibt die Zahlung weiterhin aus, kann der Arbeitnehmer rechtlich gesehen nach Ablauf der Frist in Zahlungsverzug geraten, wodurch Verzugszinsen fällig werden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, beim Arbeitsgericht eine sogenannte Zahlungsklage einzureichen. Je nach individueller Lage ist zudem das Leistungsverweigerungsrecht (§ 273 BGB) zu prüfen, wonach der Arbeitnehmer berechtigt sein kann, seine Arbeitsleistung zurückzuhalten, falls der Arbeitgeber mit erheblichem Lohnrückstand in Verzug gerät. Vor einer Zurückbehaltung der Arbeitsleistung empfiehlt sich jedoch dringend eine arbeitsrechtliche Beratung, da hierbei besondere Risiken bestehen. Ebenso besteht im Extremfall die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund, etwa wenn über einen längeren Zeitraum mehrfach oder dauerhaft kein Gehalt gezahlt wird.
Habe ich während einer Krankheit weiterhin Anspruch auf Gehaltszahlung?
Arbeitnehmer haben nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) grundsätzlich Anspruch auf Weiterzahlung ihres Arbeitsentgelts für bis zu sechs Wochen, wenn sie infolge einer unverschuldeten Krankheit arbeitsunfähig werden. Der Anspruch setzt voraus, dass das Arbeitsverhältnis bereits mindestens vier Wochen ununterbrochen besteht. Nach Ablauf der sechs Wochen endet die Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers und es tritt in der Regel die Krankengeldzahlung durch die Krankenkasse ein. Verpasst der Arbeitnehmer es, die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich dem Arbeitgeber zu melden oder die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig vorzulegen, kann dies zum Verlust des Gehaltsanspruchs für die Tage der Versäumnis führen.
Unter welchen Umständen kann der Arbeitgeber das Gehalt einbehalten oder kürzen?
Ein Arbeitgeber ist berechtigt, das Gehalt ganz oder teilweise einzubehalten, wenn der Arbeitnehmer die dafür geschuldete Arbeitsleistung nicht oder nur mangelhaft erbringt, etwa bei unentschuldigtem Fernbleiben oder Arbeitsverweigerung. Die Kürzung darf jedoch nur den Zeitraum und Umfang betreffen, in dem keine Leistung erbracht wurde. Darüber hinaus sind Verrechnungen oder Einbehalte beispielsweise für vom Arbeitnehmer verursachte Schäden nur in engen gesetzlichen Grenzen möglich. Pfändungen oder Abtretungen des Lohns sind gemäß § 850c ZPO (Pfändungsschutz) nur innerhalb gesetzlich bestimmter Freibeträge zulässig. Unrechtmäßige Gehaltskürzungen kann der Arbeitnehmer gerichtlich geltend machen.
Was passiert mit meinem Gehaltsanspruch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses?
Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bleiben alle bis dahin erworbenen Gehaltsansprüche des Arbeitnehmers bestehen und sind vom Arbeitgeber auszuzahlen. Dazu gehören sowohl das laufende Gehalt bis zum letzten Arbeitstag als auch etwaige noch offene Ansprüche wie Überstundenvergütung, Urlaubsabgeltung oder Sonderzahlungen, sofern diese vertraglich oder tariflich vereinbart wurden. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verjähren diese Ansprüche in der Regel innerhalb von drei Jahren (§ 195 BGB), allerdings enthalten viele Arbeitsverträge oder Tarifverträge sogenannte Ausschlussfristen, nach denen Ansprüche bereits innerhalb von drei Monaten oder kürzer schriftlich geltend gemacht werden müssen. Werden diese Fristen versäumt, verfällt der Gehaltsanspruch endgültig.
Besteht auch während Urlaub ein Anspruch auf Gehaltszahlung?
Während des gesetzlich oder tariflich gewährten Erholungsurlaubs ist der Arbeitgeber verpflichtet, das sogenannte Urlaubsentgelt zu zahlen (§ 11 BUrlG). Dieses bemisst sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst der letzten 13 Wochen vor Urlaubsantritt. Sonderzahlungen oder Entgelte für Überstunden werden in der Regel nicht eingerechnet. Anspruch auf Gehaltszahlung besteht ebenfalls bei angeordnetem Zwangsurlaub, soweit keine betrieblichen Vereinbarungen oder tariflichen Regelungen entgegenstehen.
Was geschieht mit meinem Gehaltsanspruch im Falle der Insolvenz des Arbeitgebers?
Bei Insolvenz des Arbeitgebers schützt das sogenannte Insolvenzgeld die Gehaltsansprüche der Arbeitnehmer. Für die letzten drei Monate vor der Insolvenzeröffnung kann der Arbeitnehmer Insolvenzgeld bei der Agentur für Arbeit beantragen (§§ 165 ff. SGB III). Voraussetzung ist, dass ein Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht, der nicht oder nur teilweise erfüllt wurde. Der Anspruch muss spätestens zwei Monate nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens geltend gemacht werden. Neue Lohnansprüche nach Insolvenzeröffnung sind als sogenannte Masseforderungen vorrangig zu bedienen, werden jedoch nur gezahlt, soweit die Insolvenzmasse dies zulässt.
Wie kann ein Arbeitnehmer seinen Gehaltsanspruch vor Gericht durchsetzen?
Kommt es zu keiner gütlichen Einigung, kann der Arbeitnehmer seinen Gehaltsanspruch durch eine Zahlungsklage beim zuständigen Arbeitsgericht geltend machen. Voraussetzung ist, dass der Anspruch hinreichend konkretisiert und – sofern notwendig – fristgerecht entsprechend vertraglichen Ausschlussfristen geltend gemacht wurde. Im Urteilsverfahren wird geprüft, ob eine Anspruchsgrundlage besteht und alle Nachweise sowie Arbeitszeitnachweise erbracht wurden. Das Gericht entscheidet dann per Urteil, ob und in welcher Höhe der Arbeitgeber zur Zahlung verpflichtet ist. In vielen Fällen kann bereits durch einen gerichtlichen Mahnbescheid Druck ausgeübt werden. Die Kosten des Verfahrens können dem unterlegenen Arbeitgeber auferlegt werden; vor dem Arbeitsgericht trägt jedoch jede Partei in erster Instanz ihre Kosten selbst.