Legal Lexikon

Gegenstandswert


Begriff und Bedeutung des Gegenstandswerts

Der Gegenstandswert ist ein zentraler Begriff im deutschen Recht und bezeichnet den Wert des Streit- oder Verfahrensgegenstands, der im Rahmen eines gerichtlichen oder außergerichtlichen Verfahrens von Bedeutung ist. Er dient als Grundlage für die Berechnung der Gebühren, insbesondere der Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren. Der Gegenstandswert ist in zahlreichen Rechtsgebieten normiert und hat erhebliche praktische Relevanz für die Kostenentscheidung und die Kostenerstattung im Rahmen von gerichtlichen und außergerichtlichen Auseinandersetzungen.

Rechtliche Grundlagen des Gegenstandswerts

Gesetzliche Regelung

Die Festlegung des Gegenstandswerts erfolgt insbesondere nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG), des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) sowie spezieller Verfahrensordnungen, wie etwa der Zivilprozessordnung (ZPO), der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), der Finanzgerichtsordnung (FGO) und der Sozialgerichtsbarkeit (SGG). Zahlreiche Einzelgesetze, zum Beispiel das Gesetz über die Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und Notare (GNotKG), regeln weitere Bereiche.

Abgrenzung der Begriffe: Gegenstandswert, Streitwert, Geschäftswert

Obwohl die Begriffe Gegenstandswert, Streitwert und Geschäftswert oftmals synonym verwendet werden, bestehen zwischen ihnen Unterschiede:

  • Streitwert: Bezeichnet speziell den Wert des Streitgegenstandes in einem gerichtlichen Verfahren, insbesondere bei Klageverfahren.
  • Geschäftswert: Gilt vor allem in notariellen und registerspezifischen Verfahren, beispielsweise bei Beurkundungen im Grundbuchrecht.
  • Gegenstandswert: Umfasst die allgemeine Bezugsgröße für die Bemessung der Gebühr im jeweiligen Verfahren und kommt sowohl im gerichtlichen als auch im außergerichtlichen Bereich zur Anwendung.

Je nach Rechtsgebiet und Art der Angelegenheit können somit unterschiedliche Wertbegriffe einschlägig sein.

Bedeutung des Gegenstandswerts in der Praxis

Gebührenberechnung

Der Gegenstandswert ist maßgeblich für die Höhe der anfallenden Gebühren. Sowohl das GKG als auch das RVG sehen die Gebührenbemessung nach dem Wert der Angelegenheit vor. Die Berechnung erfolgt auf Basis einer gesetzlichen Gebührentabelle, wobei höhere Gegenstandswerte zu höheren Gebühren führen.

Beispiel im Zivilprozess

Im Zivilprozess richtet sich der Gegenstandswert regelmäßig nach dem wirtschaftlichen Interesse der Parteien. Wird beispielsweise eine Leistungsklage auf Zahlung von 5.000 Euro erhoben, entspricht der Gegenstandswert in der Regel dem eingeklagten Betrag.

Nach § 3 ZPO ist der Streitwert, und somit auch der Gegenstandswert, auf den objektiven Wert der Sache, des Rechts oder des Anspruchs festzusetzen, über den gestritten wird.

Bedeutung für die Kostenerstattung

Im Rahmen der Kostenentscheidung am Ende eines gerichtlichen Verfahrens werden die erstattungsfähigen Kosten zwischen den Parteien ebenfalls nach dem Gegenstandswert berechnet. Die Partei, die das Verfahren verliert, hat regelmäßig alle Kosten, die nach dem Gegenstandswert entstehen, zu tragen.

Bedeutung in außergerichtlichen Angelegenheiten

Auch im außergerichtlichen Bereich, etwa bei Beratungs- und Vertretungstätigkeiten, ist der Gegenstandswert Grundlage für die Gebührenberechnung (§ 34 RVG). Selbst in Fällen der Einigungsgebühr und der Beratungshilfe wird maßgeblich auf den Gegenstandswert abgestellt.

Festsetzung und Ermittlung des Gegenstandswerts

Grundsätze der Wertfestsetzung

Die Ermittlung des Gegenstandswerts erfolgt entweder durch die Parteien oder wird durch das Gericht beziehungsweise die zuständige Behörde festgesetzt. Grundsatz ist, dass der Wert der wirtschaftlichen Bedeutung der Angelegenheit für die Parteien entspricht.

Besondere Regelungen und Mindestwerte

Gesetzliche Mindestwerte sind in verschiedenen Gesetzen festgelegt, beispielsweise § 23 GVG, der für erstinstanzliche Klagen am Landgericht einen Mindeststreitwert von 5.000 Euro vorschreibt. Darüber hinaus bestehen häufig Sonderregelungen für bestimmte Verfahrensarten:

  • Bei Familiensachen gibt es spezielle Festsetzungen, etwa nach dem sogenannten Verfahrenswert (§ 40 FamGKG).
  • In arbeitsrechtlichen Streitigkeiten wird auf das dreifache monatliche Bruttoarbeitsentgelt abgestellt (§ 42 GKG).

Antrag auf Wertfestsetzung

Nach § 63 GKG kann ein Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswerts gestellt werden, wenn Unklarheit über die Gebührenhöhe besteht. Das Gericht oder die zuständige Behörde erlässt daraufhin einen förmlichen Wertfestsetzungsbeschluss, gegen den die Beteiligten gemäß § 68 GKG Erinnerung einlegen können.

Mögliche Besonderheiten

  • In Verfahren mit nicht bezifferbaren Gegenständen, wie etwa Unterlassungs- oder Feststellungsklagen, ist eine Schätzung des wirtschaftlichen Interesses erforderlich.
  • Bei mehreren Streitgegenständen werden die Werte grundsätzlich addiert, sofern keine anderweitige gesetzliche Anordnung besteht.

Gegenstandswert in verschiedenen Verfahrensarten

Zivilverfahren

Im Zivilprozess ist der Gegenstandswert eng mit dem Streitwert verbunden und richtet sich regelmäßig nach dem Interesse des Klägers. Sonderregeln, etwa für Räumungsklagen oder Ehesachen, greifen dort ergänzend.

Verwaltungsverfahren

Nach § 52 GKG ist der Gegenstandswert im Verwaltungsprozess im Regelfall nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers zu bestimmen. Für bestimmte Verfahren, wie asyl- und ausländerrechtliche Angelegenheiten, existieren allerdings feste Wertvorgaben.

Arbeitsgerichtsverfahren

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren erfolgt die Wertberechnung gemäß § 61 ArbGG in der Regel nach dem Wert der eingeklagten Forderung oder – bei Kündigungsschutzklagen – nach dem dreifachen monatlichen Bruttogehalt.

Sozialgerichtsbarkeit

Im sozialgerichtlichen Verfahren gelten die Vorschriften der SGG für die Wertbemessung. Häufig wird auf die Höhe der verfolgten Geldleistungen oder den wirtschaftlichen Vorteil abgestellt.

Familienrechtliche Verfahren

Für familien- und erbrechtliche Verfahren gibt es spezielle Regelungen zur Wertfestsetzung im FamGKG und GNotKG. Beispielsweise wird bei Scheidungsverfahren der Verfahrenswert nach dem dreifachen monatlichen Nettoeinkommen beider Ehegatten bemessen.

Rechtsmittel und Überprüfung der Wertfestsetzung

Die gerichtliche Wertfestsetzung ist mit der sogenannten Erinnerung gemäß § 68 GKG anfechtbar. Einem solchen Verfahren kommt häufig Bedeutung zu, wenn die Parteien über die Höhe der festgesetzten Gebühren streiten oder um die Kostenerstattung nach rechtskräftigem Abschluss eines Verfahrens geht.

Bedeutung im internationalen Kontext

Auch in internationalen Rechtstreitigkeiten, insbesondere vor Schiedsgerichten und internationalen Gerichten, wird der Gegenstandswert als Grundlage für Gebührenermittlung und Kostenentscheidungen herangezogen. Die konkrete Umsetzung erfolgt jedoch nach den jeweiligen Verfahrensordnungen und kann von der deutschen Systematik abweichen.

Zusammenfassung

Der Gegenstandswert hat im deutschen Recht zentrale Bedeutung für Gebühren- und Kostenentscheidungen sämtlicher gerichtlicher und außergerichtlicher Verfahren. Er orientiert sich an der wirtschaftlichen Bedeutung des Streitgegenstands und bildet regelmäßig die Grundlage für die Berechnung von Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren sowie für die Erstattungsansprüche der Parteien. Die Ermittlung und Festsetzung des Gegenstandswerts ist durch zahlreiche gesetzliche Regelungen geprägt und variiert je nach Verfahrensart und Rechtsgebiet. Die zutreffende Bewertung des Gegenstandswerts ist daher von wesentlicher Bedeutung für die praktische Durchführung und Abwicklung rechtlicher Streitigkeiten.

Häufig gestellte Fragen

Welche Rolle spielt der Gegenstandswert bei der Berechnung von Anwaltsgebühren?

Der Gegenstandswert ist ein zentrales Kriterium für die Berechnung von Anwalts- und Gerichtskosten im deutschen Rechtssystem. Nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) richtet sich die Höhe der Gebühren für anwaltliche Tätigkeiten grundsätzlich nach dem Wert des Streitgegenstandes, also dem wirtschaftlichen Interesse der Parteien an dem Verfahren. Der Gegenstandswert dient dabei als Grundlage für die Anwendung der Gebührentabellen, nach denen sich die konkreten Kosten bemessen. Je höher der Gegenstandswert, desto höher fallen die Gebühren für den Anwalt aus. Dabei wird der Gegenstandswert von Amts wegen im gerichtlichen Verfahren festgesetzt, im außergerichtlichen Bereich kann eine Einigung zwischen Mandant und Anwalt erfolgen, ansonsten gelten die gesetzlichen Bestimmungen des RVG. Auch für die Berechnung der Gerichtsgebühren nach dem Gerichtskostengesetz (GKG) ist der Gegenstandswert maßgeblich.

In welchen Verfahren ist die Festsetzung des Gegenstandswerts besonders relevant?

Die Festsetzung des Gegenstandswerts ist insbesondere in zivilrechtlichen Streitigkeiten, familienrechtlichen und arbeitsgerichtlichen Verfahren von hoher Bedeutung. Beispielhaft ist der Gegenstandswert in Klageverfahren vor Zivilgerichten, bei der Bemessung der Gebühren für einstweilige Verfügungen, im Rahmen von Unterlassungsansprüchen, im Arbeitsgerichtsprozess (insbesondere Kündigungsschutzklagen), sowie bei Scheidungs- und Versorgungsausgleichsverfahren. Auch bei der Berechnung von Notarkosten ist er oft maßgeblich. In bestimmten Verfahren, wie etwa bei Feststellungsklagen, wird der Wert nach dem Interesse, das die Partei an der Feststellung hat, bestimmt. In gerichtlichen Mahnverfahren und in der Zwangsvollstreckung dient der Gegenstandswert ebenfalls zur Gebührenberechnung.

Wie erfolgt die Festsetzung des Gegenstandswerts im gerichtlichen Verfahren?

Im gerichtlichen Verfahren wird der Gegenstandswert in der Regel durch das zuständige Gericht festgesetzt. Dies geschieht nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) beziehungsweise spezieller Wertvorschriften einzelner Gesetze, wie beispielsweise im Familienrecht (§ 43 ff. FamGKG). Bei bezifferten Klagen entspricht der Gegenstandswert häufig dem eingeklagten Betrag. In anderen Fällen, etwa bei unbezifferten Ansprüchen wie Unterlassungsklagen oder Feststellungsklagen, wird auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers oder Antragstellers abgestellt. Die Parteien können dazu Stellung nehmen, die Festsetzung liegt jedoch im Ermessen des Gerichts. Gegen die Festsetzung des Gegenstandswertes ist die Erinnerung nach § 68 GKG möglich.

Welche Auswirkungen hat der Gegenstandswert auf die Prozesskostenhilfe?

Der Gegenstandswert ist auch für die Bewilligung und Berechnung der Prozesskostenhilfe von Bedeutung. Die von der Prozesskostenhilfe gedeckten Gebühren bemessen sich ebenfalls nach dem Streit- beziehungsweise Gegenstandswert. Ist der Gegenstandswert hoch, steigen damit auch die Kosten, die von der Staatskasse übernommen werden müssen, sofern Prozesskostenhilfe gewährt wird. Die Bewilligung selbst hängt nicht vom Gegenstandswert, sondern von den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen der antragstellenden Partei ab, doch beeinflusst der Gegenstandswert die Höhe des Betrags, der dem Anwalt erstattet wird.

Welche Besonderheiten gelten bei mehreren Streitgegenständen?

Liegt ein Verfahren mit mehreren Streitgegenständen vor, etwa wenn mehrere Klagen oder Anträge in einem Verfahren verbunden sind, werden die Gegenstandswerte grundsätzlich addiert. Dies gilt, sofern die Streitgegenstände wirtschaftlich nicht identisch sind oder voneinander abhängen. Ausnahmen bestehen, etwa wenn der Wert eines Gegenstands den Wert des anderen umfasst oder wenn die Streitgegenstände in so engem Zusammenhang stehen, dass sie wirtschaftlich als Einheit betrachtet werden. Die genaue Handhabung richtet sich nach den Wertvorschriften des jeweiligen Fachgesetzes.

Kann der Gegenstandswert im Nachhinein abgeändert werden?

Der Gegenstandswert kann im gerichtlichen Verfahren nachträglich geändert werden, wenn sich beispielsweise im Prozessverlauf der Wert des Streitgegenstandes ändert, insbesondere durch Erhöhung oder Verringerung des verlangten Betrags oder durch Änderung des Gegenstands (z.B. durch Klageerweiterung oder Teilrücknahme). Die Gerichte sind verpflichtet, den richtigen Gegenstandswert festzustellen und können diesen auch nachträglich anpassen. Auch auf Antrag einer Partei oder der Staatskasse kann eine Änderung erfolgen, falls neue Erkenntnisse vorgetragen oder Fehler in der ursprünglichen Wertfestsetzung korrigiert werden müssen.

Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen gegen eine aus Sicht einer Partei fehlerhaft festgesetzte Gegenstandswertbestimmung?

Gegen eine aus Sicht einer Partei fehlerhafte Festsetzung des Gegenstandswertes im gerichtlichen Verfahren kann das Rechtsmittel der Erinnerung gemäß § 68 GKG eingelegt werden. Diese muss binnen einer Frist von sechs Monaten nach der Bekanntgabe der Kostenentscheidung erfolgen. Das Gericht prüft daraufhin, ob die Festsetzung korrekt erfolgt ist. Im Rahmen außergerichtlicher Streitigkeiten ist regelmäßig eine Vereinbarung mit dem Anwalt maßgeblich, wobei im Streitfall das zuständige Gericht oder die Anwaltskammer angerufen werden kann. Die fehlerhafte Festsetzung kann Auswirkungen auf die Gebührenerhebung und Kostenerstattungspflichten haben, sodass eine Überprüfung und Korrektur rechtliche und wirtschaftliche Bedeutung für die betroffene Partei hat.