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Gefährlicher Hund


Definition und rechtliche Grundlagen des Begriffs „Gefährlicher Hund“

Der Begriff Gefährlicher Hund bezeichnet im deutschen Recht einen Hund, der aufgrund bestimmter Merkmale, Verhaltensweisen oder seiner Rasse als eine potenziell erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eingestuft wird. Die rechtlichen Bestimmungen zu gefährlichen Hunden ergeben sich aus dem Tierschutzrecht, dem Gefahrenabwehrrecht der Länder sowie einzelnen kommunalen Regelungen. Der rechtliche Status hat weitreichende Konsequenzen für die Hundehaltung, die Haltungserlaubnis, den Umgang, Auflagen und das Sanktionsregime.

Historische Entwicklung der Vorschriften zu gefährlichen Hunden

Die umfangreicheren Regelungen für gefährliche Hunde entstanden in den 1990er-Jahren, insbesondere nach mehreren Vorfällen mit schweren Hundebissen. Die Bundesländer erließen daraufhin eigene Hundegesetze beziehungsweise Hundeverordnungen, die seither regelmäßig überarbeitet wurden und sich sowohl bei der Definition als auch bei den Sanktionen teilweise deutlich unterscheiden.

Rechtsquellen und Regelungskompetenz

Da das Hundewesen in Deutschland nicht bundeseinheitlich geregelt ist, findet sich die maßgebliche Gesetzgebung hauptsächlich auf Ebene der Bundesländer. Die wichtigste bundesrechtliche Norm ist § 11 des Tierschutzgesetzes, bezogen auf das Halten gefährlicher Tiere. Die meisten Länder haben eigene Hundegesetze (z.B. Hundegesetz NRW, Hundegesetz Berlin) oder Hundeverordnungen erlassen, die den Begriff und die Rechtsfolgen gefährlicher Hunde konkretisieren.

Rasselisten und individuelle Gefährlichkeitsfeststellung

Rassetypische Gefährlichkeitsvermutung („Rasselisten“)

Viele Hundehalter kennen die sogenannten „Rasselisten“, welche bestimmte Hunderassen und Kreuzungen als potenziell gefährlich bezeichnen. Welche Rassen hiervon betroffen sind, unterscheidet sich je nach Land und Kommune. Typische in vielen Listen enthaltene Rassen sind American Staffordshire Terrier, Pitbull Terrier, Bullterrier, Staffordshire Bullterrier, Rottweiler, Mastiff und andere.

Die Aufnahme auf die Liste wird in der Regel mit einer gesetzlichen Vermutung der Gefährlichkeit verbunden, die entweder widerlegbar oder unwiderlegbar ausgestaltet sein kann.

Einzelfallbezogene Gefährlichkeitsfeststellung

Neben der gesetzlichen Rassezuordnung kann ein Hund unabhängig von seiner Rasse im individuellen Verhalten als gefährlich eingestuft werden. Maßgebend sind insbesondere folgende Kriterien:

  • Nachgewiesenes aggressives Verhalten (z. B. wiederholtes Anspringen oder Bedrohen von Menschen)
  • Biss eines Menschen oder eines Tieres ohne nachvollziehbaren Anlass
  • Erhebliche Angriffe oder Angriffsversuche
  • Jagdverhalten gegenüber Nutztieren trotz Unterbindeversuchen

In diesen Fällen erfolgt eine behördliche Einzelfallentscheidung, in der Regel nach Begutachtung sowohl des Hundes als auch der Haltungsumstände.

Typische Rechtsfolgen der Gefährlichkeitsfeststellung

Die Feststellung eines Hundes als gefährlich hat weitreichende Auswirkungen auf die Haltung und den Alltag von Hund und Halter. Die wichtigsten Rechtsfolgen sind unter anderem:

Erlaubnispflicht und Sachkunde

Die Haltung eines als gefährlich eingestuften Hundes ist regelmäßig erlaubnispflichtig. Die Erlaubnis wird von den zuständigen Ordnungs- bzw. Veterinärbehörden nur bei Nachweis besonderer Voraussetzungen erteilt:

  • Nachweis der Sachkunde des Halters
  • Zuverlässigkeit und Eignung des Halters
  • Nachweis des nicht vorhanden Seins einschlägiger Vorstrafen

Maulkorb- und Leinenpflicht

Gefährliche Hunde unterliegen nahezu ausnahmslos im öffentlichen Raum einer Maulkorb- und Leinenpflicht. Diese kann teils auch auf das eigene Grundstück ausgedehnt werden, wenn es für die Allgemeinheit zugänglich ist.

Kennzeichnung und Versicherungspflicht

Viele Landesgesetze schreiben eine besondere Kennzeichnungspflicht für gefährliche Hunde vor (z. B. durch Mikrochip). Zudem besteht nahezu bundesweit eine Pflicht zur Haftpflichtversicherung mit erhöhten Mindestdeckungssummen.

Zucht-, Vermehrungs- und Einfuhrverbote

Für gelistete Rassen sowie als gefährlich eingestufte Einzeltiere gibt es häufig Zuchtverbote, welche auch die Vermehrung und den Handel betreffen. Ergänzt wird dies insbesondere im Bereich des internationalen Verkehrs durch das Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz für bestimmte Rassen.

Vorgehen der Behörden und Maßnahmenkatalog

Wird ein Hund als gefährlich eingestuft oder setzt dieser sich durch ein erhebliches Fehlverhalten oder einen Angriff hervor, kann die Behörde verschiedene Maßnahmen anordnen, darunter:

  • Festlegung zusätzlicher Sicherungsmaßnahmen (z. B. Aufbewahrung auf dem Grundstück)
  • Anordnung der Unfruchtbarmachung des Tieres
  • Anordnung zur Abgabe oder sogar Tötung des Hundes in extremen Ausnahmefällen (z. B. wiederholte schwere Angriffe trotz aller Auflagen)
  • Untersagung der Haltung und Sicherstellung des Tieres

Die Behörde orientiert sich hierbei am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, muss jedoch vorrangig dem Schutz der Allgemeinheit Rechnung tragen.

Rechtsschutzmöglichkeiten des Halters

Gegen Behördenentscheidungen, die einen Hund als gefährlich einstufen oder Einschränkungen anordnen, ist ein Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Der Halter kann im Wege des Widerspruchs sowie gegebenenfalls durch Klage beim Verwaltungsgericht vorgehen. Im Laufe solcher Verfahren wird häufig ein Sachverständigengutachten zur Beurteilung des Hundeverhaltens eingeholt.

Relevanz für Haftung und Versicherung

Die Eigenschaft „gefährlicher Hund“ hat zugleich erhebliche Auswirkungen auf die zivilrechtliche Haftung des Halters. Gerade bei Schadensfällen durch Hundebiss gelten erhöhte Sorgfaltsanforderungen. Viele Versicherer verlangen für gefährliche Hunde besondere Vertragspflichten oder schließen Versicherungen für gelistete Rassen ganz aus.

Besonderheiten im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht

Verstöße gegen die landesrechtlichen Vorschriften zur Haltung oder Sicherung gefährlicher Hunde, zum Beispiel Missachtung der Maulkorbpflicht oder Halten ohne Erlaubnis, sind bußgeldbewehrt. Kommt es zu Körperverletzungen oder Tod eines Menschen durch einen gefährlichen Hund, können auch Strafbarkeiten nach dem Strafgesetzbuch (fahrlässige Körperverletzung, Tötung, etc.) begründet sein.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Einordnung als Gefährlicher Hund ist mit zahlreichen rechtlichen Verpflichtungen, Einschränkungen und Kontrollinstrumenten verbunden. Mit dem Ziel des Schutzes von Menschen und Tieren wird damit die Hundehaltung in Deutschland sowohl auf Landes- als auch auf kommunaler Ebene engmaschig reguliert. Die Vorschriften sind komplex, variieren regional und erfordern eine ständige Beobachtung der aktuellen Rechtslage durch die Halterinnen und Halter.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Konsequenzen drohen Haltern eines gefährlichen Hundes bei Verstößen gegen die Haltungsvorschriften?

Die Haltung eines als gefährlich eingestuften Hundes unterliegt besonderen gesetzlichen Anforderungen, die je nach Bundesland in den jeweiligen Hundegesetzen oder Gefahrtierverordnungen geregelt sind. Bei Verstößen gegen diese Vorschriften – etwa das Nichtanlegen eines Maulkorbs oder das Führen ohne Leine in öffentlichen Bereichen – drohen den Haltern empfindliche Verwaltungs- und Ordnungswidrigkeitenverfahren. Dies kann Bußgelder im mittleren bis hohen dreistelligen Bereich nach sich ziehen, in schweren Fällen auch das Einziehen des Hundes oder die Untersagung der Hundehaltung. Werden durch den Hund Dritte verletzt oder gefährdet, können zusätzlich strafrechtliche Konsequenzen wie fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB), oder in gravierenden Fällen Tierquälerei (§ 17 Tierschutzgesetz) relevant werden. Darüber hinaus besteht gegebenenfalls zivilrechtliche Haftung für entstandene Schäden, wobei viele Versicherer die Deckung von Schäden durch gefährliche Hunde ausschließen, falls die gesetzlichen Auflagen nicht eingehalten wurden.

Welche Genehmigungen und Auflagen sind für die Haltung eines gefährlichen Hundes erforderlich?

Die Haltung eines gefährlichen Hundes bedarf in nahezu allen Bundesländern einer behördlichen Erlaubnis. Diese Erlaubnis wird nur nach erfüllter Sachkundeprüfung des Halters, einem einwandfreien polizeilichen Führungszeugnis, Nachweis der Zuverlässigkeit sowie einem Nachweis über eine ausreichende Haftpflichtversicherung für den Hund erteilt. Hinzu kommen regelmäßig weitere behördlich festgelegte Auflagen: Dazu zählen das Führen des Hundes an der kurzen Leine sowie das Anlegen eines Maulkorbs in der Öffentlichkeit. Die Hunde müssen in der Regel durch einen Mikrochip eindeutig gekennzeichnet werden, und es besteht in einigen Regionen weitgehende Melde- und Anzeigepflicht bei der zuständigen Ordnungsbehörde. Es kann überdies eine Halteerlaubnis versagt oder entzogen werden, wenn sich der Halter als ungeeignet erweist.

Wann und wie erfolgt die behördliche Einstufung eines Hundes als gefährlich?

Die behördliche Einstufung eines Hundes als gefährlich kann sowohl rassebedingt (Listenhunde) als auch verhaltensbedingt erfolgen. Viele Hundegesetze führen bestimmte Rassen pauschal als gefährlich (z.B. American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Pitbull Terrier), unabhängig vom individuellen Verhalten. Daneben kann die Gefährlichkeitsfeststellung auch aufgrund eines konkreten Vorfalls erfolgen, beispielsweise wenn ein Hund aggressives Verhalten gezeigt hat, andere Tiere oder Menschen bissig angegangen oder ernsthaft gefährdet oder verletzt hat. In einem solchen Fall wird meist ein amtstierärztliches Gutachten eingeholt und daraufhin durch die örtliche Ordnungsbehörde ein entsprechender Bescheid erlassen. Gegen solche Einstufungen steht dem Halter der Verwaltungsrechtsweg (Widerspruch/Anfechtungsklage) offen.

Welche besonderen Versicherungsanforderungen bestehen für Halter gefährlicher Hunde?

Halter gefährlicher Hunde sind nach den einschlägigen Landesgesetzen in der Regel verpflichtet, eine spezielle Hundehalterhaftpflichtversicherung mit erhöhten Mindestdeckungssummen abzuschließen. Diese Versicherung muss alle durch den Hund verursachten Schäden gegenüber Dritten abdecken – oftmals werden Deckungssummen von mindestens 500.000 Euro für Personenschäden und 250.000 Euro für Sachschäden vorgeschrieben. Viele Versicherungen schließen dabei Schäden aus, die entgegen gesetzlicher Vorschriften entstanden sind, insbesondere wenn Maulkorb- und Leinenpflicht missachtet wurden. Die Police ist der zuständigen Behörde auf Verlangen nachzuweisen, und der Versicherungsschutz muss während der gesamten Dauer der Hundehaltung bestehen.

Wie läuft ein Wesenstest für einen als gefährlich eingestuften Hund ab, und welche rechtliche Bedeutung hat dieser?

Der Wesenstest ist ein behördlich oder amtstierärztlich angeordnetes Verfahren, um das individuelle Verhalten eines Hundes zu begutachten. Dabei werden in standardisierten Situationen das Verhalten des Hundes gegenüber Menschen, Artgenossen und in potenziell provozierten Stresssituationen geprüft. Das Ergebnis entscheidet maßgeblich über die künftigen Auflagen oder über die Rücknahme der Gefährlichkeitsfeststellung. Ein bestandener Wesenstest kann dazu führen, dass bestimmte Haltungsauflagen gelockert oder aufgehoben werden, etwa die Maulkorbpflicht. Umgekehrt können bei negativem Test weitere Beschränkungen oder sogar die Einziehung des Hundes angeordnet werden. Das Testergebnis ist rechtlich anfechtbar, sodass Halter dagegen im Verwaltungswege vorgehen können.

Gibt es Ausnahmeregelungen von Leinen- und Maulkorbpflichten für gefährliche Hunde?

In bestimmten Fällen sieht das jeweilige Landesrecht Ausnahmeregelungen vor, die es dem Halter auf Antrag erlauben, von der Leinen- und/oder Maulkorbpflicht befreit zu werden. Dies ist gewöhnlich nur nach einem positiv bestandenen Wesenstest und unter dem Nachweis besonderer Zuverlässigkeit des Halters möglich. Die Befreiung ist stets einzelfallbezogen und kann mit weiteren Auflagen verbunden werden. Der Ermessensspielraum der Behörde ist hierbei allerdings häufig eingeschränkt, und es besteht eine fortwährende Überwachung sowie Widerrufsmöglichkeit bei späteren Auffälligkeiten des Hundes.

Welche Meldepflichten bestehen bei der Haltung eines gefährlichen Hundes?

Die Haltung eines gefährlichen Hundes muss in der Regel der örtlichen Ordnungsbehörde vom Halter unverzüglich gemeldet werden. Veränderungen wie ein Halterwechsel, ein Wohnortwechsel, der Tod des Hundes oder dessen Abgabe sind ebenfalls der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die Meldepflichten verfolgen den Zweck, die Überwachung der Haltungsbedingungen und die Einhaltung der geltenden Vorschriften zu gewährleisten. Versäumnisse können als Ordnungswidrigkeit mit einem Bußgeld geahndet und ggf. als Anhaltspunkt für die Unzuverlässigkeit des Halters herangezogen werden. Bei Umzug in ein anderes Bundesland müssen zudem die dort geltenden Bestimmungen geprüft und eingehalten werden.