Begriff und Wesen des Gebrauchsmusters
Das Gebrauchsmuster ist ein gewerbliches Schutzrecht für technische Erfindungen, das häufig als „kleines Patent” bezeichnet wird. Es dient dem Schutz technischer Neuerungen und gewährt dem Inhaber ein ausschließliches Nutzungsrecht. Das Gebrauchsmuster ist insbesondere durch ein vergleichsweise schnelles und unkompliziertes Eintragungsverfahren sowie eine verkürzte Schutzdauer im Vergleich zum Patent gekennzeichnet.
Voraussetzungen für die Schutzfähigkeit eines Gebrauchsmusters
Technische Erfindung
Ein Gebrauchsmuster schützt technische Erfindungen, die neu sind, auf einem erfinderischen Schritt beruhen und gewerblich anwendbar sind. Schutzausschließungen bestehen insbesondere für Verfahren, mathematische Methoden, Entdeckungen, wissenschaftliche Theorien sowie Software als solche.
Neuheit und erfinderischer Schritt
Neu ist eine Erfindung im Sinne des Gebrauchsmusterrechts, wenn sie nicht zum Stand der Technik gehört. Anders als beim Patent bezieht das Gebrauchsmuster den Stand der Technik jedoch nur auf schriftliche Veröffentlichungen weltweit sowie öffentliche Benutzung im Inland, wobei eine sogenannte „Neuheitsschonfrist” von sechs Monaten ab Veröffentlichung durch den Erfinder gilt. Der Begriff „erfinderischer Schritt” ist gegenüber der „erfinderischen Tätigkeit” beim Patentrecht herabgesetzt und erfordert ein geringeres kreatives Niveau.
Gewerbliche Anwendbarkeit
Die Erfindung muss auf irgendeinem gewerblichen Gebiet herstellbar oder benutzbar sein. Nicht schutzfähig sind unter anderem Pflanzensorten, Tierarten und bestimmte biologische Züchtungsverfahren.
Anmeldung und Eintragung eines Gebrauchsmusters
Anmeldeverfahren
Das Gebrauchsmuster wird beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) durch Einreichung der erforderlichen Unterlagen und Bezahlung der Anmeldegebühr angemeldet. Das Anmeldeverfahren ist nicht mit einer materiellen Prüfung auf Neuheit oder erfinderischen Schritt verbunden; geprüft werden lediglich formelle Anforderungen.
Offenlegung und Schutzbereich
Nach Prüfung der formellen Voraussetzungen erfolgt die Eintragung in das Gebrauchsmusterregister und die Offenlegung der Anmeldung. Erst ab diesem Zeitpunkt entfaltet das Gebrauchsmuster seine Schutzwirkung. Der Schutzbereich bestimmt sich nach den Ansprüchen, die die technischen Merkmale der Erfindung beschreiben.
Dauer und Aufrechterhaltung des Gebrauchsmusters
Das Gebrauchsmuster wird für einen Zeitraum von maximal zehn Jahren ab dem Anmeldetag gewährt. Die Schutzdauer beginnt unmittelbar mit der Eintragung und ist in drei Abschnitte unterteilt (drei, sechs und zehn Jahre). Für die Aufrechterhaltung sind entsprechende Verlängerungs- und Jahresgebühren zu entrichten.
Rechtswirkung und Durchsetzung des Gebrauchsmusters
Ausschließlichkeitsrecht
Der Inhaber eines Gebrauchsmusters hat das Recht, Dritten die Herstellung, das Anbieten, das Inverkehrbringen oder die Benutzung der geschützten technischen Lehre zu untersagen.
Ansprüche bei Rechtsverletzungen
Im Falle einer Verletzung können Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung, Schadensersatz, Auskunft und Vernichtung geltend gemacht werden. Die Durchsetzung erfolgt im Wege der Zivilgerichtsbarkeit.
Schutzbereich
Der Schutzbereich des Gebrauchsmusters ergibt sich aus den Ansprüchen. Im Gegensatz zum Patentverfahren erfolgt keine umfassende sachliche Prüfung durch das Amt, weshalb die Rechtsbeständigkeit im Verletzungsprozess (gegebenenfalls durch ein Löschungsverfahren) überprüft werden kann.
Beschränkungen und Löschung
Rechtliche Grenzen
Gebrauchsmuster schützen keine Verfahren (insbesondere Herstellungs- und Arbeitsverfahren). Der Schutz bezieht sich ausschließlich auf Erzeugnisse bzw. Vorrichtungen.
Löschungsverfahren
Jedermann kann die Löschung eines Gebrauchsmusters beim DPMA beantragen. Gründe für eine Löschung sind insbesondere mangelnde Neuheit, kein erfinderischer Schritt oder fehlende gewerbliche Anwendbarkeit. Das Löschungsverfahren ist ein reines Amtsverfahren, unabhängig von einem Zivilprozess.
Verhältnis zu anderen Schutzrechten
Unterschied zum Patent
Das Gebrauchsmuster unterscheidet sich vom Patent insbesondere durch das Anmeldeverfahren (keine materielle Prüfung), die kürzere Schutzdauer (maximal zehn Jahre) und die geringeren Anforderungen an den erfinderischen Schritt. Die Neuheitsschonfrist ist ein weiteres Unterscheidungsmerkmal gegenüber dem Patentverfahren.
Parallelschutz
Es besteht die Möglichkeit, für dieselbe Erfindung parallel sowohl ein Patent als auch ein Gebrauchsmuster anzumelden (sogenannte Doppelanmeldung). Darüber hinaus können Patentanmeldungen in ein Gebrauchsmuster umgewandelt werden („Abzweigung”). Dies kann strategisch genutzt werden, um einen kurzfristigen, schnellen Schutz zu erlangen, bevor das aufwendige Patentverfahren abgeschlossen ist.
Internationales Gebrauchsmusterrecht
Das Gebrauchsmuster existiert nicht in allen Staaten. In vielen europäischen und außereuropäischen Staaten ist ein solches Schutzrecht als „utility model” bekannt, seine Ausgestaltung und Schutzvoraussetzungen können jedoch erheblich vom deutschen Recht abweichen. Internationaler Schutz muss gesondert beantragt werden; eine weltweite Anmeldung ist nicht möglich.
Bedeutung in Forschung und Wirtschaft
Das Gebrauchsmuster ist vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen sowie für einzelne Erfinder von besonderer Relevanz, da es mit geringem finanziellen und zeitlichen Aufwand einen raschen Rechtsschutz für technische Neuerungen bietet. Es fördert die Innovationsbereitschaft und ermöglicht die wirtschaftliche Verwertung von Entwicklungen, die zwar nicht das Niveau eines Patents erreichen, aber dennoch schutzwürdig sind.
Literatur und gesetzliche Grundlagen
Das Gebrauchsmusterrecht ist in Deutschland im Gebrauchsmustergesetz (GebrMG) geregelt. Für weiterführende Informationen sind die Dienstanweisungen sowie Veröffentlichungen des Deutschen Patent- und Markenamtes maßgeblich. Entscheidungen der Fachgerichte, insbesondere des Bundesgerichtshofs, geben wichtige Auslegungshilfen zu Detailfragen des Gebrauchsmusterrechts.
Häufig gestellte Fragen
Kann ein Gebrauchsmuster auch auf Verfahren angemeldet werden?
Ein Gebrauchsmuster kann gemäß deutschem Recht ausschließlich für Erfindungen angemeldet werden, die sich auf Erzeugnisse, d. h. körperliche Gegenstände, beziehen. Dies ist klar im § 1 Abs. 1 GebrMG (Gebrauchsmustergesetz) festgelegt. Verfahrenserfindungen, etwa Herstellungs- oder Arbeitsverfahren, sind ausdrücklich vom Gebrauchsmusterschutz ausgeschlossen. Daraus folgt, dass innovative Fertigungsprozesse, Arbeitsmethoden oder auch Anwendungsverfahren nicht durch ein Gebrauchsmuster geschützt werden können. Ein Schutz solcher Erfindungen ist ausschließlich über das Patent möglich. Damit unterscheidet sich der rechtliche Schutzbereich des Gebrauchsmusters fundamental vom Patentrecht, das sowohl Erzeugnisse als auch Verfahren schützt.
Welche formalen Voraussetzungen gelten für die Anmeldung eines Gebrauchsmusters?
Die Anmeldung eines Gebrauchsmusters beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) erfordert bestimmte formale Anforderungen. Zwingend notwendig ist die Einreichung einer Anmeldung, die neben persönlichen Angaben des Anmelders eine umfassende Beschreibung der Erfindung, Ansprüche und gegebenenfalls Zeichnungen enthalten muss (§ 4 GebrMV). Die Beschreibung sollte so abgefasst sein, dass ein Fachmann die Erfindung ausführen kann. Eine Rechercheanmeldung ist nicht erforderlich, jedoch empfiehlt sich diese für die Bewertung der Schutzfähigkeit. Außerdem sind die amtlichen Gebühren fristgerecht zu entrichten. Für die Wirksamkeit des Gebrauchsmusters ist die Einhaltung dieser formalen Anforderungen unabdingbar, da andernfalls die Anmeldung zurückgewiesen werden kann.
Welche Möglichkeiten bestehen, Dritte gegen ein eingetragenes Gebrauchsmuster vorzugehen?
Anders als im Patentrecht mit dem Einspruchsverfahren, existiert beim Gebrauchsmuster kein förmliches Einspruchsverfahren gegen eine Eintragung. Dritte haben jedoch die Möglichkeit, Löschungsantrag beim DPMA zu stellen (§ 15 GebrMG). Der Löschungsantrag kann jederzeit nach Eintragung gestellt werden und ist zu begründen. Stützen kann er sich insbesondere darauf, dass die Schutzvoraussetzungen – Neuheit, erfinderischer Schritt, gewerbliche Anwendbarkeit – nicht erfüllt sind oder Ausschlussgründe nach § 2 GebrMG vorliegen. Das DPMA prüft im Rahmen des Löschungsverfahrens die entsprechenden Einwände inhaltlich und lädt Anmelder und Antragsteller zu Stellungnahmen. Rechtsmittel gegen die Löschungsentscheidung richten sich nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen.
Wie unterscheidet sich die Schutzdauer eines Gebrauchsmusters von der eines Patents?
Das Gebrauchsmuster gewährt dem Inhaber einen maximalen Schutz von 10 Jahren ab Anmeldetag, sofern die Gebühren für die Aufrechterhaltung regelmäßig entrichtet werden (§ 23 Abs. 1 GebrMG). Im Vergleich dazu kann ein Patent für bis zu 20 Jahre Schutz bieten. Die Verlängerung des Gebrauchsmusterschutzes erfolgt durch Zahlung der Aufrechterhaltungsgebühren nach jeweils 3, 6 und 8 Jahren. Eine weitere Verlängerung nach Ablauf der 10 Jahre ist gesetzlich ausgeschlossen. Dies bedeutet, dass ein Gebrauchsmuster deutlich kürzer Schutz bietet als ein Patent, was bei der strategischen Wahl des Schutzrechts zu berücksichtigen ist.
Welche Rechte hat ein Inhaber eines Gebrauchsmusters bei Rechtsverletzungen?
Der Gebrauchsmusterinhaber hat umfangreiche Rechte zur Abwehr und Sanktionierung von Rechtsverletzungen. Nach § 24 GebrMG stehen ihm insbesondere Unterlassungs-, Schadensersatz-, Auskunfts- und Vernichtungsansprüche zur Verfügung. Bei festgestellter Verletzung kann der Inhaber vom Verletzer verlangen, die Benutzung des geschützten Erzeugnisses zu unterlassen, den durch die Verletzung entstandenen Schaden zu ersetzen und ihm Auskunft über Herkunft und Vertriebswege zu geben. Zudem kann die Vernichtung rechtsverletzender Gegenstände verlangt werden. Die Durchsetzung dieser Rechte erfolgt in der Regel im Rahmen eines zivilrechtlichen Gerichtsverfahrens.
Unterliegt das Gebrauchsmuster einer materiellen Prüfung durch das Patentamt?
Nein, Gebrauchsmuster werden vom Deutschen Patent- und Markenamt lediglich einer Formalprüfung unterzogen, d. h. es wird überprüft, ob die Anmeldung den formalen Anforderungen entspricht, jedoch nicht, ob die Schutzvoraussetzungen wie Neuheit und erfinderischer Schritt tatsächlich vorliegen (§ 8 GebrMG). Die materielle Prüfung erfolgt erst, wenn beispielsweise ein Löschungsantrag gestellt wird. Bis dahin wird die Erfindung zunächst ungeprüft als Gebrauchsmuster eingetragen. Diese Tatsache bietet einerseits einen schnellen Schutz, birgt aber andererseits das Risiko, dass nicht schutzfähige Gebrauchsmuster zunächst rechtsbeständig erscheinen.
Gibt es Besonderheiten bei der internationalen Anmeldung von Gebrauchsmustern?
Ein deutsches Gebrauchsmuster entfaltet seinen Schutz ausschließlich innerhalb des Gebiets der Bundesrepublik Deutschland. Eine internationale Anmeldung, wie sie etwa beim Patent durch die Patentzusammenarbeitsverträge (PCT) möglich ist, existiert für das Gebrauchsmuster nicht. Allerdings bieten einige Länder – insbesondere im europäischen und asiatischen Raum – eigene nationale Gebrauchsmusterschutzsysteme. Wer Schutz im Ausland anstrebt, muss daher in jedem interessierenden Land gesondert eine Gebrauchsmusteranmeldung nach den dortigen nationalen Vorschriften einreichen. Eine „Zentralanmeldung” oder ein europaweit einheitliches Gebrauchsmuster gibt es derzeit nicht.