Begriff und rechtliche Grundlagen der Gaspreisbremse
Die Gaspreisbremse ist eine gesetzliche Maßnahme zur Begrenzung der Kostenbelastung von Verbraucherinnen und Verbrauchern sowie Unternehmen infolge der stark gestiegenen Gaspreise auf dem Energiemarkt. Sie hat das Ziel, eine soziale und wirtschaftliche Entlastung zu gewährleisten und zugleich einen funktionierenden Gasmarkt aufrechtzuerhalten. Die Gaspreisbremse wurde in Deutschland im Zuge der Energiekrise 2022 eingeführt und findet ihre rechtlichen Grundlagen insbesondere im Gesetz zur Einführung einer Preisbremse für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme (EWPBG – Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz) und im Strompreisbremsegesetz (StromPBG).
Entstehungshintergrund und Gesetzgebungsverfahren
Energiekrise und politische Reaktionen
Die erheblichen Preissteigerungen im Gassektor infolge geopolitischer Entwicklungen, insbesondere im Jahr 2022, führten zu erheblichem Handlungsdruck. Die Bundesregierung beschloss im Rahmen ihres „Abwehrschirms“ verschiedene Preisbremsen, darunter auch die Gaspreisbremse, deren rechtliche Realisierung in einem beschleunigten Gesetzgebungsverfahren erfolgte.
Gesetzliche Grundlagen
Das Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz (EWPBG) bildet die rechtliche Hauptgrundlage. Maßgebliche Bestimmungen zur Gaspreisbremse finden sich insbesondere in den §§ 2-11 EWPBG. Daneben sind Verweisungen auf weitere energie- und haushaltsrechtliche Vorschriften maßgeblich, etwa aus dem Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) und haushaltsrechtlichen Regelungen des Bundes.
Regelungssystematik der Gaspreisbremse
Anwendungsbereich
Die Gaspreisbremse gilt für folgende Empfängerkreise:
- Haushaltskunden und Kleinstgewerbe (gemäß § 3 Nr. 22 EnWG)
- Öffentliche Einrichtungen und Letztverbraucher mit einem jährlichen Gasverbrauch von weniger als 1,5 Mio. kWh
- Bestimmte Energieversorgungsunternehmen und Letztverbraucher in Sonderfällen (z.B. soziale Einrichtungen, kommunale Einrichtungen)
Mechanismus der Preisbegrenzung
Preisdeckelung
Kern der Regelung ist eine Begrenzung des zu zahlenden Arbeitspreises auf einen gesetzlich fixierten Wert für einen festgelegten Grundbedarf:
- Für Privathaushalte und kleinere Verbrauchseinrichtungen: 12 Cent/kWh brutto für 80 % des im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs
- Für Insolvenz bedrohte Großverbraucher, Industrie und systemrelevante Unternehmen: 7 Cent/kWh netto für 70 % des Vorjahresverbrauchs
Ausgleich von Differenzbeträgen
Der Unterschiedsbetrag zwischen vertraglich vereinbartem Preis und dem per Bremse gedeckelten Preis wird vom Staat übernommen und als Entlastungsbetrag an das Energieversorgungsunternehmen gezahlt (§§ 6 ff. EWPBG). Die Unternehmen müssen diesen Entlastungsbetrag in den monatlichen Abschlagszahlungen an die Kunden weitergeben.
Dauer und Befristung
Die Regelungen zur Gaspreisbremse sind grundsätzlich bis zum 31. Dezember 2023 befristet, können durch Rechtsverordnung nach Maßgabe von § 13 EWPBG verlängert oder angepasst werden.
Rechtliche Aspekte der Gaspreisbremse
Verwaltungsrechtliche Struktur
Die Umsetzung und Kontrolle obliegt den Energieversorgungsunternehmen, die im Auftrag des Staates die Preisbegrenzung administrieren. Das Bundeswirtschaftsministerium ist für die Ausgestaltung und Überwachung zuständig, während die Bundesnetzagentur Kontrollbefugnisse bezüglich des Missbrauchs und der korrekten Weitergabe der staatlichen Entlastungen hat.
Nachprüfungs- und Auskunftspflichten
Energieversorgungsunternehmen unterliegen umfassenden Berichtspflichten. Sie müssen die Höhe der gewährten Entlastungsbeträge sowie die anhand des Verbrauchs errechneten Daten dokumentieren (§ 6 Abs. 3 EWPBG). Falsche Angaben können als Ordnungswidrigkeit geahndet werden (§ 14 EWPBG).
Datenschutz und Datenverarbeitung
Für die Berechnung der Entlastungsbeträge und deren Weitergabe werden personenbezogene Daten erhoben und verarbeitet. Die Versorgungsunternehmen, wie auch die zuständigen Behörden, haben dabei die Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) einzuhalten.
Beihilferechtliche Aspekte
Die Gaspreisbremse stellt eine beihilferechtlich relevante Maßnahme im Sinne des Art. 107 AEUV dar. Daher erfolgte ihre Einführung unter der Maßgabe einer beihilferechtlichen Genehmigung durch die Europäische Kommission, die eine temporäre Ausnahme im Rahmen der befristeten Krisenmaßnahme nach Art. 107 Abs. 3 lit. b) AEUV (Störung des Wirtschaftslebens eines Mitgliedstaats) gestattet hat.
Steuerliche Behandlung
Die durch die Preisbremse gewährten Entlastungen stellen beim Endverbraucher keinen steuerpflichtigen Vorteil dar. Unternehmen müssen jedoch Prüfung und Dokumentation über erhaltene Hilfen und deren Verrechnung im Rahmen der steuerlichen Gewinnermittlung beachten.
Missbrauchsschutz und Sanktionen
§ 14 EWPBG normiert Bußgeldvorschriften bei Verstößen gegen Mitteilungspflichten, Nichtweitergabe der Entlastungen und unrechtmäßige Inanspruchnahme. Die Bundesnetzagentur kann entsprechende Maßnahmen anordnen.
Ausblick und Rechtsprechung
Der Gesetzgeber hat eine Evaluierung der Maßnahmen festgelegt (§ 13 Abs. 3 EWPBG). Entsprechend ist eine fortlaufende rechtliche Bewertung und ggf. Anpassung der Regelungen mit Blick auf die Entwicklung am Gasmarkt vorgesehen. Bislang liegen zur Auslegung der Vorschriften nur wenige Gerichtsentscheidungen vor, die laufend fortgeschrieben werden.
Literatur und weiterführende Regelungen
Die Rechtsgrundlagen und weiterführenden Informationen sind im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Weitere Hinweise bieten die Gesetzesbegründung zum EWPBG, Verordnungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz sowie Informationsseiten der Bundesnetzagentur.
Diese Übersicht stellt die maßgeblichen rechtlichen Aspekte der Gaspreisbremse dar und bietet eine fundierte Grundlage für die vertiefte Beschäftigung mit der Thematik aus Sicht des Energierechts, Verwaltungsrechts und Europäischen Rechts.
Häufig gestellte Fragen
Wie erfolgt die rechtliche Anspruchsprüfung bei Einwänden gegen die Gaspreisbremse?
Rechtlich betrachtet richtet sich die Anspruchsprüfung auf Anwendung der Gaspreisbremse vorrangig nach den gesetzlichen Regelungen des Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetzes (EWPBG) sowie einschlägigen Verwaltungsvorschriften auf Bundes- und Landesebene. Anspruchsberechtigt sind grundsätzlich Letztverbraucher von leitungsgebundenem Erdgas, sofern sie die in § 3 EWPBG genannten Voraussetzungen erfüllen. Im Falle eines Einwandes, etwa wegen einem vermeintlich höheren Referenzverbrauchs oder einer nicht angesetzten Preisdeckelung, muss die Prüfbehörde zunächst die Glaubhaftmachung und die nachgewiesenen Verbrauchsdaten sichten und auswerten. Die Versorgungsunternehmen sind dabei verpflichtet, zutreffende Informationen bereitzustellen (§ 9 EWPBG). Sollten Differenzen zwischen den Angaben der Verbraucher und der Energieversorger bestehen, sind alle relevanten Unterlagen (Rechnungen, Lieferverträge, Messprotokolle) im Rahmen einer Einzelfallprüfung heranzuziehen. Zusätzlich ist das Widerspruchsrecht nach § 14 EWPBG zu beachten, welches Verbrauchern die Möglichkeit zur Überprüfung der Anspruchshöhe und Rechtsanwendung einräumt. Bei fortbestehenden Unstimmigkeiten kann der Rechtsschutzweg vor den zuständigen Verwaltungsgerichten nach den allgemeinen verwaltungsrechtlichen Vorschriften eröffnet werden.
Welche rechtlichen Pflichten haben Energieversorger im Rahmen der Gaspreisbremse?
Energieversorgungsunternehmen stehen unter einer strikten gesetzlichen Verpflichtung, die Vorgaben der Gaspreisbremse ordnungsgemäß umzusetzen. Gemäß § 6 EWPBG haben sie den Begünstigten die Ermäßigung im Rahmen der monatlichen Abschlagszahlung oder direkt auf der Jahresrechnung zu gewähren. Sie sind ferner verpflichtet, die Anspruchsvoraussetzungen eigenständig und richtig zu prüfen, sowie etwaige Änderungen betreffend Verbrauch, Tarif oder Vertrag eigeninitiativ zu berücksichtigen (§§ 8, 9 EWPBG). Neben der korrekten Preisdeckelung müssen sie umfassende Informations- und Mitteilungspflichten erfüllen; dies betrifft insbesondere die transparente Erläuterung der angewendeten Entlastungsbeträge sowie den Nachweis der rechtmäßigen Anwendung. Bei Verstößen gegen diese Pflichten können Bußgelder gemäß § 28 EWPBG verhängt werden. Zudem haben Energieversorger bei falsch gewährten oder nicht gewährten Entlastungen gegebenenfalls im Wege der Rückabwicklung zu haften.
Unterliegt die Gaspreisbremse bestimmten beihilferechtlichen Vorgaben?
Die Gaspreisbremse unterliegt als staatliche Entlastungsmaßnahme dem europäischen Beihilferecht, namentlich Art. 107 ff. AEUV. Aufgrund des starken Eingriffs in den Markt und der finanziellen Auswirkungen für öffentliche Haushalte wurde die deutschen Preisbremsen nach der sog. Temporary Crisis Framework durch die EU-Kommission genehmigt. Für Unternehmen gilt es dabei, besondere Melde- und Nachweisverpflichtungen nach dem EWPBG sowie ergänzenden Verordnungen zu beachten, um eine Doppel- oder Überförderung auszuschließen. Außerdem ist festgelegt, dass bestimmte Obergrenzen bei der Inanspruchnahme staatlicher Hilfen nicht überschritten werden dürfen. Bei Zuwiderhandlungen droht die Rückforderung zu viel gezahlter Unterstützungsleistungen.
Welche rechtlichen Möglichkeiten bestehen bei fehlerhafter Umsetzung der Gaspreisbremse?
Stellt ein Begünstigter fest, dass die Gaspreisbremse nicht oder nicht korrekt umgesetzt wurde, stehen diesem verschiedene rechtliche Möglichkeiten offen. In erster Linie ist die Beanstandung beim Energieversorger nach § 14 EWPBG vorgesehen, welcher einer umgehenden Klärung zuzuführen ist. Kommt es dabei nicht zu einer einvernehmlichen Lösung, kann der Verbraucher eine Schlichtungsstelle nach § 111b EnWG einschalten, die außergerichtlich vermittelt. Bleibt der Konflikt bestehen, steht letztlich der Weg zur Klage vor den Zivil- bzw. Verwaltungsgerichten offen; zuständig sind je nach Konstellation die Amtsgerichte (verbraucherrechtlicher Anspruch) oder die Verwaltungsgerichte (öffentlich-rechtlicher Streit). Bei gravierenden Verstößen kann darüber hinaus die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde eingeschaltet werden.
Inwieweit sind Nachprüfungen und Rückforderungen nachträglich möglich?
Die gesetzlichen Regelung des § 13 EWPBG ermöglichen nachträgliche Nachprüfungen der gewährten Entlastung sowohl durch die Energieversorger als auch durch staatliche Kontrollinstanzen wie die Bundesnetzagentur oder das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Stellt sich in einer nachgelagerten Prüfung heraus, dass eine zu hohe Entlastung gewährt wurde – etwa wegen falscher Angaben oder eines zu hoch berechneten Referenzverbrauchs -, ist laut Gesetz eine Rückforderung zwingend vorzunehmen. Dies gilt auch, wenn sich die Fördervoraussetzungen im Nachhinein als nicht erfüllt erweisen. Der Rechtsschutz gegen derartige Rückforderungen richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften, insb. durch Widerspruch und Klage vor den zuständigen Verwaltungsgerichten.
Wer trägt die rechtliche Beweislast bei Streitigkeiten um die Anspruchsvoraussetzungen?
Bei Streitigkeiten hinsichtlich der Gaspreisbremse liegt die Beweislast für das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen grundsätzlich beim Begünstigten, etwa was die Nachweise zum anspruchsberechtigten Leitungsbezug oder den maßgeblichen Verbrauchsdaten anbelangt. Energieversorgungsunternehmen hingegen müssen die ordnungsgemäße Umsetzung und Berechnung der staatlichen Entlastung nachweisen (§ 9 EWPBG). Kommt es zum Streit, ist nach allgemeinen zivil- oder verwaltungsprozessualen Regeln eine Beweisaufnahme durch Einreichung relevanter Dokumente, Abrechnungen und ggf. Zeugen vorgesehen. Die Gerichte würdigen die vorgelegten Nachweise nach freiem Ermessen im Rahmen ihrer Sachaufklärungspflicht. Ein Beweisnotstand kann in Ausnahmefällen zugunsten des Berechtigten gewertet werden, falls die Informationen ausschließlich beim Energieversorger liegen.