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Fußfessel


Begriff und Definition der Fußfessel

Die Fußfessel ist ein Überwachungsinstrument im Bereich des Straf- und Maßregelvollzugs, bei dem mithilfe elektronischer Systeme Aufenthalts- und Bewegungsprofile einer Person kontrolliert werden können. Sie wird in Deutschland und anderen Staaten insbesondere als Alternative zur Haft eingesetzt und ist rechtlich vor allem in der Strafprozessordnung (StPO), im Strafvollzugsgesetz (StVollzG) sowie im Maßregelvollzug geregelt. Die Fußfessel ist ein wesentlicher Bestandteil der sogenannten elektronischen Überwachung (elektronische Aufenthaltsüberwachung).

Technische Funktionsweise der Fußfessel

Aufbau und Technologie

Eine Fußfessel besteht typischerweise aus einem nicht entfernbaren elektronischen Sender, der am Fußgelenk getragen wird. Das Gerät kommuniziert über Mobilfunk oder andere Funktechnologien mit einer zentralen Überwachungsstelle. Moderne Systeme sind in der Lage, den Standort der betreffenden Person mittels GPS-Technik nahezu in Echtzeit zu überwachen. Manipulationsversuche wie das Entfernen oder Beschädigen der Fußfessel werden direkt erkannt und gemeldet.

Überwachungsfunktionen

Die Überwachungszentrale kann Bewegungsdaten speichern und analysieren. Auflagen, wie zum Beispiel das Aufenthaltsverbot in bestimmten Bereichen (z. B. Kontakt- oder Näherungsverbote gem. § 56c StGB), können technisch überwacht und Verstöße erfasst werden.

Rechtliche Grundlagen für die Anordnung der Fußfessel

Anwendungsbereiche im deutschen Recht

Strafrechtliche Regelungen

Im deutschen Strafrecht kann die elektronische Fußfessel vor allem in folgenden Kontexten angeordnet werden:

  • Überwachung nach Aussetzung des Strafrestes auf Bewährung (§ 68b StGB): Hier kann das Gericht die elektronische Aufenthaltsüberwachung als Bewährungsauflage bestimmen.
  • Sicherungsverwahrung (§ 66b StGB): Überwachung ehemaliger Sicherungsverwahrter durch elektronische Fußfessel kann angeordnet werden, um das gesellschaftliche Sicherheitsinteresse zu schützen.
  • Die elektronische Aufenthaltsüberwachung (§§ 56c, 68b, 463a StPO): Die StPO regelt die Durchführung und Überwachung im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung.

Maßregelvollzug und andere Sicherungsmaßnahmen

Auch im Maßregelvollzug kann die elektronische Aufenthaltsüberwachung als Teil von Lockerungsmaßnahmen, Haftentlassungen und Therapieauflagen eingesetzt werden. Die rechtlichen Grundlagen stützen sich auf eine Vielzahl von spezialgesetzlichen Regelungen der Bundesländer.

Rechtsstaatliche Anforderungen

Für die Anordnung einer Fußfessel bedarf es einer gerichtlichen Entscheidung. Im Vorfeld ist eine sorgfältige Prüfung des Einzelfalls notwendig, um die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sicherzustellen. Die Anordnung muss geeignet, erforderlich und im engeren Sinne verhältnismäßig sein. Zudem ist dem Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren.

Verfassungsrechtliche Bewertung

Die Überwachung mittels Fußfessel greift erheblich in das allgemeine Persönlichkeitsrecht und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG) ein. Das Bundesverfassungsgericht hat in grundlegenden Entscheidungen betont, dass derart intensive Eingriffe einer gesteigerten Rechtfertigung bedürfen. Die Eingriffsintensität und der besondere Schutz persönlicher Daten verlangen eine restriktive und eng kontrollierte Handhabung.

Praktische Bedeutung und Anwendungsfelder

Ziele und Zweck der Fußfessel

Der primäre Zweck der Fußfessel ist es, die gesellschaftliche Sicherheit zu gewährleisten, insbesondere bei Tätern mit hohem Rückfallrisiko. Sie dient zudem der Entlastung des Justizvollzugs und bietet eine Alternative zu längerer Inhaftierung. In der Praxis werden elektronische Aufenthaltsüberwachungen häufig bei Sexual- und Gewaltstraftätern, im Bereich häuslicher Gewalt sowie zur Sicherung von Ausweisungs- und Abschiebungsanordnungen eingesetzt.

Kontrollmechanismen und Datenschutz

Die Verarbeitung und Speicherung der erhobenen Bewegungsdaten unterliegt strengen datenschutzrechtlichen Anforderungen. Zugang zu den Daten haben ausschließlich hierzu ermächtigte Behörden. Die Löschung der Daten erfolgt grundsätzlich nach Ablauf der Überwachungsmaßnahme, sofern keine gesetzlichen Aufbewahrungsfristen bestehen. Betroffene Personen haben das Recht auf Auskunft über die gespeicherten Daten.

Kritik und Diskussion

Die Einführung der Fußfessel wird gesellschaftlich und rechtspolitisch kontrovers diskutiert. Während sie einerseits als wirksames Instrument zur Reduzierung von Rückfallkriminalität betrachtet wird, gibt es andererseits Bedenken wegen der Gefahr einer Ausweitung solcher Überwachungsmaßnahmen auf weniger schwerwiegende Straftaten („Ausweitungstendenzen“) sowie hinsichtlich der grundrechtlichen und datenschutzrechtlichen Risiken.

Insbesondere Datenschutz- und Freiheitsrechtsorganisationen weisen auf die Gefahr der permanenten Überwachung und auf mögliche Stigmatisierungen hin. Der Gesetzgeber ist gehalten, eine restriktive, einzelfallbezogene Prüfung sowie eine kontinuierliche Kontrolle und Evaluation der Maßnahme sicherzustellen.

Internationale Perspektiven

In anderen europäischen Ländern sowie den USA wird die elektronische Fußfessel seit vielen Jahren genutzt. Die rechtlichen Rahmenbedingungen ähneln sich, unterscheiden sich jedoch in Detailaspekten wie z. B. dem Umfang der Überwachung, der Dauer und den zu überwachenden Personengruppen. Einige Länder setzen die elektronische Überwachung verstärkt im Bereich der Untersuchungshaft oder zur Durchsetzung von Meldeauflagen ein.

Fazit

Die Fußfessel ist ein vielschichtiges Instrument im modernen Strafrecht und Maßregelvollzug. Sie ermöglicht die kontrollierte Bewegungsfreiheit von verurteilten Personen unter erheblichen Grundrechtseingriffen, die jedoch durch klare gesetzliche Vorgaben, gerichtliche Kontrolle und datenschutzrechtliche Schranken gerechtfertigt werden müssen. Die Entwicklung und der Einsatz dieses Instruments werden weiterhin durch rechtspolitische, technische und gesellschaftliche Diskussionen begleitet.

Siehe auch:

  • Elektronische Aufenthaltsüberwachung
  • Bewährungsauflagen
  • Sicherungsverwahrung
  • Datenschutz im Strafvollzug

Häufig gestellte Fragen

Wann kommt der Einsatz einer Fußfessel rechtlich in Betracht?

Die Anordnung des Tragens einer elektronischen Fußfessel (auch „elektronische Aufenthaltsüberwachung“ genannt) ist im deutschen Recht eine Maßnahme, die unter engen gesetzlichen Voraussetzungen möglich ist. Sie wird häufig im Rahmen von Führungsaufsicht nach Verbüßung schwerer Straftaten angeordnet (§ 68b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB). Auch im Bereich des Vollzugs von Sicherungsverwahrung oder bei bestimmten Sexualstraftätern kann eine Bewährung oder Aussetzung der Vollstreckung mit der Auflage des elektronisch überwachten Aufenthaltsverbots verbunden werden. Weitere Rechtsgrundlagen ergeben sich etwa aus dem Strafgesetzbuch (StGB), dem Strafvollstreckungsgesetz (StVollstrO) und teilweise aus landesrechtlichen Vorschriften der Bundesländer. In jedem Fall ist eine solche Maßnahme an strenge richterliche Anordnung gebunden, etwa um das Ziel der Wiedereingliederung mit dem Allgemeininteresse an Sicherheit in Einklang zu bringen. Die Entscheidung erfolgt unter Abwägung der Schwere der Tat, der Rückfallgefahr und der Erforderlichkeit der Maßnahme, wobei Alternativen stets in Betracht zu ziehen sind.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Fußfessel angeordnet werden kann?

Für die Anordnung einer elektronischen Fußfessel müssen konkrete gesetzliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss es sich um eine Person handeln, gegen die nach Verbüßung einer Freiheitsstrafe oder während einer Führungsaufsicht eine hohe Rückfallgefahr hinsichtlich schwerer Straftaten besteht – insbesondere Gewalt- oder Sexualdelikte. Die Maßnahme darf zudem nur verhängt werden, wenn sie für die Sicherheit der Allgemeinheit erforderlich ist und mildere Mittel nicht ausreichen, um weitere Straftaten zu vermeiden. Die Anordnung ist immer durch das zuständige Gericht zu erlassen, wobei dem Betroffenen rechtliches Gehör zu gewähren ist. Darüber hinaus ist die Überwachungsmaßnahme zu begründen und zu befristen, eine regelmäßige Überprüfung der Voraussetzungen ist gesetzlich vorgeschrieben.

Welche gesetzlichen Regelungen bilden die Grundlage für den Einsatz der Fußfessel?

Die maßgeblichen Vorschriften zur Anwendung der elektronischen Fußfessel finden sich im deutschen Recht insbesondere im § 68b StGB (Auflagen und Weisungen bei Führungsaufsicht) sowie ergänzend im § 463a StPO (Strafprozessordnung, Aufsicht und Leitung der Führungsaufsichtsstelle). In bestimmten Fällen, etwa beim Aufenthalt von gefährlichen Straftätern, können auch § 56c und § 56d StGB im Rahmen der Bewährung relevant sein. Zusätzlich gibt es bundeslandspezifische Detailregelungen hinsichtlich der technischen Umsetzung, dem Datenschutz sowie den genauen Kontrollmechanismen. Für den Bereich der Sicherungsverwahrung ist § 66b StGB einschlägig. Die Umsetzung der Maßnahme erfolgt stets unter Berücksichtigung datenschutzrechtlicher Vorschriften, insbesondere der DSGVO und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG).

Wie wird die Anordnung einer Fußfessel konkret umgesetzt und überwacht?

Nach richterlicher Anordnung wird die elektronische Überwachung technisch umgesetzt, meist durch Anbringung eines nicht abnehmbaren, manipulationssicheren Geräts am Fußgelenk des Betroffenen. Das Gerät sendet kontinuierlich Standortdaten an eine zentrale Überwachungsstelle, die in der Regel von einer Landesbehörde, wie der Führungsaufsichtsstelle oder dem für den Justizvollzug zuständigen Landesamt, betrieben wird. Ereignen sich Aufenthaltsverletzungen oder Manipulationsversuche, erfolgt unverzüglich eine Benachrichtigung an die zuständigen Behörden, die je nach Sachlage Interventionsmaßnahmen ergreifen können. Die technische und organisatorische Ausgestaltung muss datenschutzkonform erfolgen – dies schließt etwa Protokollierungen, Zugriffsbeschränkungen und die sichere Datenübertragung ein.

Welche Rechte hat der Betroffene im Rahmen der elektronischen Überwachung?

Betroffene Personen sind rechtlich umfassend zu informieren über Anlass, Umfang, Technik und mögliche Folgen der Überwachungsmaßnahme. Ihnen steht grundsätzlich das Recht zu, gegen die Anordnung oder Durchführung der Maßnahme – insbesondere gegen technische Störungen oder unrechtmäßige Datenverarbeitung – rechtlichen Widerspruch bzw. Beschwerde einzulegen und gerichtlichen Rechtsschutz zu suchen. Datenschutzrechtliche Ansprüche auf Auskunft, Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten sind ebenso gesetzlich garantiert. Es besteht außerdem ein Recht auf regelmäßige Überprüfung der Maßnahme auf Fortbestand der Voraussetzungen sowie deren Verhältnismäßigkeit.

Wie lange kann eine Fußfessel angeordnet werden und wie erfolgt die Beendigung oder Überprüfung?

Die Anordnung einer elektronischen Fußfessel ist stets zeitlich zu befristen und unterliegt einer regelmäßigen richterlichen oder behördlichen Überprüfung. Meistens ist die Maßnahme an den Zeitraum der Führungsaufsicht oder Bewährung gebunden, typischerweise einige Monate bis maximal fünf Jahre. Spätestens nach Ablauf dieser Frist muss die Anordnung aufgehoben und die Überwachung eingestellt werden. Eine vorzeitige Beendigung ist jederzeit möglich, insbesondere dann, wenn sich herausstellt, dass die Voraussetzungen weggefallen sind – etwa, weil keine Rückfallgefahr mehr besteht. Die überprüfende Instanz (Gericht oder Führungsaufsichtsstelle) muss die Anordnung regelmäßig auf ihre Rechtmäßigkeit und Angemessenheit kontrollieren.

Welche datenschutzrechtlichen Anforderungen bestehen beim Einsatz der Fußfessel?

Beim Einsatz elektronischer Fußfesseln ist ein hohes Datenschutzniveau einzuhalten. Die Erhebung, Verarbeitung und Speicherung der Standortdaten erfolgen ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage und nur in dem Umfang, der zur Überwachungszwecken zwingend notwendig ist. Zugriff auf die erfassten Daten haben nur zuständige Behörden bzw. hierzu legitimierte Personen, welche eine besondere Verschwiegenheitspflicht trifft. Die Protokollierung aller Zugriffe und technischen Vorkommnisse ist ebenso vorgeschrieben wie eine sichere und verschlüsselte Datenübermittlung. Betroffene haben umfassende Auskunftsrechte gemäß DSGVO und BDSG. Bei Verstößen bestehen Rechtsbehelfe und Klagemöglichkeiten sowohl nach Datenschutzrecht als auch auf dem ordentlichen Rechtsweg.