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Fusion


Grundlagen der Fusion im rechtlichen Kontext

Der Begriff Fusion bezeichnet im rechtlichen Kontext den Zusammenschluss zweier oder mehrerer eigenständiger Rechtsträger zu einer neuen oder bestehenden Gesellschaft. Im deutschen Recht ist die Fusion als Unternehmenszusammenschluss vor allem im Umwandlungsrecht verankert und unterliegt spezifischen gesetzlichen Regelungen, vor allem dem Umwandlungsgesetz (UmwG). Ziel einer Fusion ist es, Unternehmen rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch zu vereinen, um Synergieeffekte zu erzielen, die Marktposition zu stärken oder Wachstumsstrategien umzusetzen.

Rechtsgrundlagen der Fusion

Umwandlungsgesetz (UmwG)

Das Umwandlungsgesetz (UmwG) bildet den zentralen gesetzlichen Rahmen für Fusionen in Deutschland. Es regelt insbesondere die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften und anderen Rechtsträgern sowie die verschiedenen Umwandlungsarten (Verschmelzung, Spaltung, Vermögensübertragung, Formwechsel).

Verschmelzung nach dem Umwandlungsgesetz

Die Verschmelzung ist die klassische Form der Fusion. Sie kann durch Aufnahme (eine Gesellschaft übernimmt eine andere) oder durch Neugründung (mehrere Gesellschaften gründen gemeinsam eine neue Gesellschaft) erfolgen. Die nachfolgend wichtigsten Verschmelzungsarten gemäß §§ 2 ff. UmwG:

  • Verschmelzung zur Aufnahme (§ 2 Nr. 1 UmwG): Ein Rechtsträger (übernehmender Rechtsträger) übernimmt einen oder mehrere andere Rechtsträger, die erlöschen.
  • Verschmelzung zur Neugründung (§ 2 Nr. 2 UmwG): Mehrere Rechtsträger verschmelzen zu einer völlig neuen Gesellschaft.

Die Vermögensübertragung erfolgt dabei im Wege der Gesamtrechtsnachfolge (§ 20 UmwG), was bedeutet, dass das gesamte Vermögen einschließlich aller Rechte und Pflichten auf den neuen oder bestehenden Rechtsträger übergeht.

Voraussetzungen der Verschmelzung

Für eine rechtswirksame Verschmelzung sind insbesondere folgende Voraussetzungen zu erfüllen:

  • Verschmelzungsvertrag (§ 4 UmwG): Schriftlicher Vertrag zwischen den beteiligten Gesellschaften, der notariell beurkundet werden muss. Er regelt insb. das Umtauschverhältnis, die Rechte der Anteilseigner und ggf. Sondervorteile.
  • Verschmelzungsbericht (§ 8 UmwG): Ausführliche Erläuterung der Hintergründe, der wirtschaftlichen und rechtlichen Auswirkungen der Fusion.
  • Prüfung der Verschmelzung (§ 9 UmwG): Prüfung durch einen oder mehrere sachverständige Prüfer, sofern keine Befreiungsvorschrift greift.
  • Zustimmung der Gesellschafter (§ 13 UmwG): Die Haupt- oder Gesellschafterversammlung muss dem Verschmelzungsvertrag jeweils mit qualifizierter Mehrheit zustimmen.
  • Eintragung ins Handelsregister (§ 16, § 20 UmwG): Erst mit der Eintragung wird die Verschmelzung rechtlich wirksam.

Weitere rechtliche Aspekte der Fusion

Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter

Das Umwandlungsgesetz sieht umfassende Gläubigerschutzregelungen vor (§§ 22 ff. UmwG). Gläubiger können Sicherheiten verlangen, wenn sie durch die Fusion benachteiligt werden. Minderheitsgesellschafter erhalten ggf. Abfindungsangebote (§ 29 UmwG), um Benachteiligungen zu vermeiden.

Auswirkungen auf Arbeitsverhältnisse

Mit einer Fusion gehen gemäß § 613a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die bestehenden Arbeitsverhältnisse auf den neuen oder aufnehmenden Rechtsträger über. Die Rechte und Pflichten bleiben erhalten, wobei den Beschäftigten ein Widerspruchsrecht gegen den Übergang zusteht.

Steuerliche Aspekte

Fusionsvorgänge unterliegen spezifischen steuerlichen Regelungen, insbesondere dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG). Ziel ist es, steuerliche Belastungen zu vermeiden, die einer betriebswirtschaftlich sinnvollen Fusion entgegenstehen könnten. Dies betrifft insbesondere die Übertragung stiller Reserven sowie Verlustvorträge.

Internationale Fusionen und grenzüberschreitende Aspekte

Europäische Fusionsrichtlinie

Die grenzüberschreitende Fusion wird durch die Europäische Fusionsrichtlinie (Richtlinie 2005/56/EG) geregelt und in Deutschland durch §§ 122a ff. UmwG umgesetzt. Dies ermöglicht die Verschmelzung von Gesellschaften aus verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten unter Beachtung nationaler und europäischer Vorschriften.

Ablauf einer grenzüberschreitenden Fusion

  • Ausarbeitung eines gemeinsamen Verschmelzungsplans
  • Prüfung und Genehmigung des Plans durch die zuständigen nationalen Behörden
  • Durchführung der Eintragungen in den jeweiligen Handelsregistern
  • Rechtsfolgen entsprechend der nationale Umwandlungsregelungen

Arten der Fusion im weiteren Sinne

Unternehmensrechtliche Fusionen

Abgesehen von der rechtlichen Verschmelzung im Sinne des UmwG werden Fusionen auch im weiteren Sinne als Unternehmenszusammenschlüsse bezeichnet. Dazu zählen Formen wie:

  • Konzernbildung: Mehrere Unternehmen unter einheitlicher Leitung, wobei die rechtliche Selbstständigkeit bestehen bleibt.
  • Akquisitorische Fusion: Erwerb und Integration durch Kauf von Unternehmensanteilen, ohne dass eine eigentliche Verschmelzung im Sinne des Umwandlungsgesetzes stattfindet.

Besonderheiten in anderen Rechtsordnungen

In anderen Ländern, insbesondere im angloamerikanischen Recht, werden Fusionen häufig als „merger“ oder „amalgamation“ bezeichnet und unterliegen teilweise abweichenden rechtlichen Vorgaben. Im internationalen Kontext sind daher regelmäßig Rechtsvergleich und Abstimmung zwischen den beteiligten Staaten erforderlich.

Rechtsfolgen der Fusion

Gesamtrechtsnachfolge

Im Rahmen der Verschmelzung findet die Gesamtrechtsnachfolge statt. Das bedeutet, dass sämtliche Vermögenswerte, Rechte und Pflichten unmittelbar auf den neuen Rechtsträger übergehen. Ausnahme bilden unübertragbare Rechte oder höchstpersönliche Verpflichtungen.

Beendigung der übertragenden Rechtsträger

Die übertragenden Gesellschaften erlöschen kraft Gesetzes mit Eintragung der Fusion im Handelsregister. Das bedeutet, sie werden aus dem Handelsregister gelöscht und hören auf, als eigenständige Rechtsträger zu existieren.

Fazit

Die Fusion stellt im deutschen und europäischen Recht einen umfassend normierten Prozess des Zusammenschlusses zweier oder mehrerer Rechtsträger dar. Sie ist durch eine Vielzahl formaler Vorgaben geprägt, die insbesondere dem Schutz von Gläubigern, Beteiligten und Arbeitnehmern sowie der berechenbaren Abwicklung komplexer Umstrukturierungsmaßnahmen dienen. Die Einhaltung sämtlicher rechtlicher Vorschriften ist Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit und Rechtssicherheit fusionierter Unternehmen.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Schritte sind im Rahmen einer Fusion notwendig?

Eine Fusion, auch Verschmelzung genannt, unterliegt im deutschen Recht strengen gesetzlichen Vorgaben, insbesondere nach dem Umwandlungsgesetz (UmwG). Zunächst müssen die beteiligten Gesellschaften einen schriftlichen Verschmelzungsvertrag schließen, der von den jeweiligen Geschäftsführungsorganen aufgesetzt und von einem Notar beurkundet wird. Der Vertrag muss unter anderem Angaben zu Firma, Sitz, Verschmelzungsart, ggf. Verschmelzungsgegenleistung und weiteren rechtlich vorgeschriebenen Punkten enthalten. Nach der Vertragsunterzeichnung erfolgt in der Regel die Einberufung von Gesellschafter- beziehungsweise Hauptversammlungen, wobei das jeweilige Organ dem höchsten Beschlussgremium der Gesellschaft die Fusion und deren Bedingungen vorlegt. Diese Versammlungen müssen mit einer qualifizierten Mehrheit (je nach Gesellschaftsform, z. B. drei Viertel der vertretenen Stimmen) der Verschmelzung zustimmen. Es folgen verschiedene Prüfungs- und Offenlegungspflichten, insbesondere die Erstellung und Offenlegung von Verschmelzungsberichten und gegebenenfalls die Hinzuziehung von Verschmelzungsprüfern (insbesondere bei Aktiengesellschaften). Abschließend ist die Fusion von jedem beteiligten Rechtsträger zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden. Erst mit der Registereintragung wird die Verschmelzung wirksam.

Welche Rolle spielen Gläubigerrechte bei einer Fusion?

Gläubigerrechte genießen bei einer Fusion einen besonderen Schutz, da die Haftungsverlagerung oder -erweiterung im Rahmen der Verschmelzung erhebliche Auswirkungen auf bestehende Schulden haben kann. Gemäß § 22 UmwG steht den Gläubigern der beteiligten Rechtsträger ein sogenanntes Sicherungsverlangen zu: Sie können von der neuen oder aufnehmenden Gesellschaft Sicherheiten verlangen, wenn sie glaubhaft machen können, dass die Fusion ihre Ansprüche gefährdet. Zudem ist die Gesellschaft verpflichtet, die Verschmelzung öffentlich bekannt zu machen, um die Gläubiger zu informieren. Die Frist zur Geltendmachung von Sicherungsansprüchen beträgt regelmäßig sechs Monate ab Tag der Bekanntmachung. Kommt ein Beteiligter dem Sicherungsverlangen nicht nach, können Gläubiger ihre Ansprüche unter Umständen vor Gericht durchsetzen. Für bestimmte Forderungen, wie zum Beispiel Sozialversicherungsbeiträge oder Steuerschulden, bestehen darüber hinaus gesonderte Regelungen zur Haftungsüberleitung.

Welche Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer sind bei einer Fusion zu beachten?

Die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer sind ein zentrales Thema bei jeder Fusion. Je nach Struktur und Größe der zusammenzuführenden Unternehmen kann deutsches oder europäisches Mitbestimmungsrecht zur Anwendung kommen. Bei der Verschmelzung sind Betriebsrat oder Personalvertretungen frühzeitig einzubinden; das Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) regelt hierzu Informations- und Beratungsrechte gemäß § 111 ff. BetrVG (Betriebsänderung), gegebenenfalls ist ein Interessenausgleich oder Sozialplan zu verhandeln. Kommt es zur Fusion von Gesellschaften mit verschiedenen Mitbestimmungsmodellen (zum Beispiel eine paritätisch mitbestimmte AG und eine nicht mitbestimmte GmbH), sind die Bestimmungen des Mitbestimmungsgesetzes (MitbestG), Drittelbeteiligungsgesetzes (DrittelbG) oder SE-Beteiligungsgesetzes (SEBG) zu beachten. Im Falle grenzüberschreitender Verschmelzungen sieht das UmwG besondere Beteiligungsverfahren vor und gegebenenfalls ist ein sogenanntes besonderes Verhandlungsgremium zur Wahrung der Arbeitnehmerrechte zu bilden.

Wie können Minderheitsgesellschafter im Rahmen einer Fusion geschützt werden?

Minderheitsgesellschafter verfügen im Fusionstatbestand über zahlreiche Schutzrechte. Dazu gehören insbesondere das umfassende Informationsrecht, Anhörungs- und Einspruchsrechte sowie das Recht auf eine angemessene Kompensation (Abfindung). Sie können gegen die Verschmelzungsbeschlüsse binnen bestimmter Fristen Anfechtungs- und Nichtigkeitsklage erheben, etwa wenn die gesetzlichen Informationspflichten nicht erfüllt wurden oder eine unangemessene Bewertung ihrer Anteile erfolgte. Für Aktionäre gilt das Spruchverfahren gemäß §§ 327a ff. AktG i. V. m. § 15 UmwG zur Überprüfung der Angemessenheit der angebotenen Abfindung. Die Rechte von Minderheitsgesellschaftern sind insbesondere dann betroffen, wenn sie im Zuge der Fusion ausscheiden oder ihre Beteiligungsquote sich deutlich reduziert. Das Gesetz sieht hierzu besondere Schutzvorschriften und gegebenenfalls Entschädigungsregelungen vor.

Welche steuerlichen Aspekte müssen aus rechtlicher Sicht bei einer Fusion beachtet werden?

Obwohl steuerliche Fragen in erster Linie dem Steuerrecht zugeordnet sind, greifen bei der zivilrechtlichen Gestaltung einer Fusion zahlreiche steuerrechtliche Vorschriften unmittelbar ein. Wesentlich ist die Wahl, ob die Fusion steuerlich als steuerneutrale Umwandlung anerkannt wird. Hierzu sind die Vorschriften des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) zu beachten, das strenge Voraussetzungen für steuerneutrale Übertragungen (insbesondere hinsichtlich des Zeitpunkts der Einbringung, der eigenen Anteile und der Einhaltung des Buchwertprinzips) vorsieht. Werden diese nicht eingehalten, kann die Fusion zu steuerpflichtigen Vorgängen (insbesondere der Aufdeckung stiller Reserven) führen. Für die Anmeldung und Durchführung der Fusion im Handelsregister ist zudem eine Bestätigung des zuständigen Finanzamts (Unbedenklichkeitsbescheinigung) erforderlich. Weitere zu beachtende steuerrechtliche Aspekte sind etwa die Grunderwerbsteuer bei Immobilientransaktionen, die ertragsteuerliche Beurteilung der Verschmelzung sowie die umsatzsteuerliche Behandlung.

Welche besonderen Vorgaben gelten bei grenzüberschreitenden Fusionen?

Grenzüberschreitende Fusionen unterliegen zusätzlichen rechtlichen Vorgaben, insbesondere der EU-Fusionsrichtlinie und deren Umsetzung im Umwandlungsgesetz (§§ 122a ff. UmwG). Notwendig ist die Beteiligung von Unternehmen aus mindestens zwei Mitgliedsstaaten der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums. Zentrale rechtliche Anforderungen umfassen die Erstellung und Offenlegung eines gemeinsamen Verschmelzungsplans, die Prüfung durch Gericht oder Notar in den beteiligten Ländern sowie die Einhaltung der jeweiligen nationalen Arbeitnehmerrechte. Zudem ist ein besonderes Verfahren zur Beteiligung der Arbeitnehmer, einschließlich eines Verhandlungsgremiums zur Festlegung der Mitbestimmungsrechte, vorgeschrieben. Erst wenn alle staatlichen Genehmigungen vorliegen und das Registergericht die Verschmelzung eingetragen hat, wird die Fusion rechtswirksam. Die rechtliche Komplexität grenzüberschreitender Fusionen resultiert häufig aus den Unterschieden der nationalen Rechtsordnungen und der Notwendigkeit eines koordinierten Registervollzugs.

Welche Publizitätspflichten bestehen im Zusammenhang mit einer Fusion?

Die Durchführung einer Fusion ist mit weitreichenden Publizitätspflichten verbunden. Zentral ist die Bekanntmachung der Verschmelzungspläne und -beschlüsse im elektronischen Bundesanzeiger sowie ggf. weiteren Veröffentlichungsorganen. Darüber hinaus müssen wesentliche Fusionsunterlagen – Verschmelzungsvertrag/-plan, Jahresabschlüsse der letzten drei Geschäftsjahre, Lageberichte, ggf. Verschmelzungsberichte und Prüfungsberichte – für eine gesetzlich vorgegebene Frist im Unternehmenssitz der beteiligten Rechtsträger zur Einsicht durch Gesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmer ausgelegt werden. Die Offenlegungspflichten dienen vor allem dem Schutz von Gläubigern und Minderheitsgesellschaftern. Erst nach Ablauf bestimmter Veröffentlichungsfristen, in denen Einwendungen geltend gemacht werden können, ist die Eintragung der Fusion ins Handelsregister zulässig. Im Rahmen grenzüberschreitender Fusionen richten sich die Publizitätspflichten auch nach dem Recht der beteiligten ausländischen Staaten, was die Komplexität weiter erhöht.