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Friedensverrat


Begriff und Definition: Friedensverrat

Allgemeine Definition

Friedensverrat ist ein Straftatbestand, der in zahlreichen Rechtsordnungen als Angriff auf die äußere Sicherheit und Souveränität eines Staates eingeschätzt wird. Im deutschen Strafrecht ist Friedensverrat im Abschnitt der „Staatsschutzdelikte“ geregelt. Typisch hierfür sind Handlungen, die den Frieden zwischen dem eigenen Staat und anderen Staaten gefährden oder angreifen mit dem Ziel, einen Krieg oder Konflikt zu entfesseln. Die Strafbarkeit von Friedensverrat dient dem völkerrechtlich geschützten Interesse an friedlicher Koexistenz von Staaten und dem Erhalt des inneren und äußeren Friedens.

Historische Entwicklung

Die Wurzeln des Straftatbestands Friedensverrat reichen weit zurück, wobei insbesondere in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg eine eindeutige Regelung im Strafgesetzbuch etabliert wurde. Der Fokus liegt hierbei auf der Ächtung jeglicher Handlungen, die Krieg oder feindliche Handlungen zwischen Staaten erheblich fördern oder auslösen könnten.

Rechtliche Einordnung des Friedensverrats

Strafgesetzbuch (StGB) – Systematische Einordnung

Im deutschen Recht ist Friedensverrat in den §§ 80 bis 80b StGB (Strafgesetzbuch) geregelt. Diese Vorschriften sind Teil des besonderen Teils des Strafrechts und zählen zu den staatsschützenden Normen. Sie haben das Ziel, Angriffe auf den Frieden durch individuelles Verhalten mit kriminalistischen Sanktionen zu belegen.

Gesetzliche Tatbestände

§ 80 StGB: Friedensverrat – Tatbestandsmerkmale

Gemäß § 80 StGB begeht Friedensverrat, wer in der Absicht, den Frieden zu stören, eine Regierung zu einem Angriffskrieg gegen die Bundesrepublik Deutschland oder deren Verbündete zu bewegen versucht, an einer solchen Handlung mitwirkt oder diese unmittelbar vorbereitet. Der Tatbestand umfasst folgende zentrale Elemente:

  • Absichtlicher Angriff auf den Frieden: Der obrigkeitliche Wille, den Frieden zwischen Staaten zu stören, ist Tatbestandsvoraussetzung.
  • Handlungsform: Dazu zählt jede Handlung, die im weiteren Sinne dazu geeignet ist, einen Krieg vorzubereiten oder auszulösen, wie zum Beispiel das Treffen mit ausländischen Regierungsvertretern zum Zwecke eines Angriffs oder Sabotageakte.
  • Konkrete Gefahr: Es genügt bereits die ernsthafte Vorbereitung der Tat; der Ausbruch eines Krieges ist nicht erforderlich.

Weitere einschlägige Normen

  • § 80a StGB: Aufforderung zu Angriffskrieg – Unter Strafe steht auch die öffentliche Aufforderung zu einem Angriffskrieg.
  • § 80b StGB (Außer Kraft): Die in der Vergangenheit existierende Vorschrift regelte bestimmte Sonderfälle, ist aber mittlerweile außer Kraft gesetzt.

Strafmaß und Sanktionen

Strafandrohung

Das Strafmaß für Friedensverrat ist im deutschen Strafrecht hoch angesetzt, um die präventive Wirkung zu gewährleisten. Gemäß § 80 StGB wird Friedensverrat mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder einer zeitigen Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft.

Versuch und Teilnahme

Sowohl der Versuch als auch die Beteiligung an der Vorbereitung des Friedensverrats sind strafbar. Auch die bloße Vorbereitungshandlung, wie der Abschluss von Absprachen oder Logistikplanung, kann bereits als strafbare Handlung gewertet werden.

Weitere strafrechtliche Konsequenzen

Zusätzlich zu den Kernstrafen können Nebenstrafen verhängt werden, etwa Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte. In schweren Fällen kann eine Sicherungsverwahrung angeordnet werden.

Abgrenzung zu anderen Staatsschutzdelikten

Hochverrat und Landesverrat

Friedensverrat unterscheidet sich vom Hochverrat und Landesverrat im Ziel der Straftat. Während Friedensverrat auf den Schutz des äußeren Friedens zielt, geht es beim Hochverrat um Angriffe auf die staatliche Ordnung oder Verfassung, beim Landesverrat um die Preisgabe von Staatsgeheimnissen.

Kriegsverbrechen und weitere staatsschutzrelevante Delikte

Friedensverrat ist abzugrenzen von Kriegsverbrechen, die im Völkerstrafrecht geregelt sind und sich auf das Verhalten im Krieg beziehen, nicht auf dessen Auslösung.

Bedeutung im internationalen Recht

Bezug zu internationalen Abkommen

Der Tatbestand Friedensverrat hat seinen Ursprung in völkerrechtlichen Grundsätzen, wie sie unter anderem in der Charta der Vereinten Nationen (Artikel 2 Abs. 4 UN-Charta) oder in den Prinzipien des Nürnberger Tribunals zu finden sind. Das Verbot des Angriffskrieges ist als zwingendes Völkerrecht (ius cogens) global anerkannt.

Umsetzung im nationalen Recht anderer Staaten

Viele Rechtsordnungen kennen vergleichbare Straftatbestände. Beispielsweise existiert im österreichischen und Schweizer Recht eine ähnliche Regelung, welche den Schutz des Friedens als Rechtsgut vorsieht.

Prozessuale Besonderheiten beim Friedensverrat

Zuständigkeit und Verfahren

Strafsachen wegen Friedensverrat werden in Deutschland in der Regel vom Staatsschutzsenat der Oberlandesgerichte behandelt, da sie als besonders bedeutende Staatsschutzsachen klassifiziert sind. Die Ermittlungen werden häufig vom Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof geleitet.

Verfahrensrechte und Beschränkungen

Aufgrund der hohen Bedeutung für die innere und äußere Sicherheit können im Ermittlungsverfahren spezifische Maßnahmen wie Telefonüberwachung, Durchsuchung ohne richterliche Anordnung oder Kontrolle des Schriftverkehrs angeordnet werden.

Relevanz und Bewertung im aktuellen Kontext

Bedeutung für den Schutz der internationalen Sicherheit

Die strafrechtliche Sanktionierung des Friedensverrats ist ein wesentliches Instrument, um die Bundesrepublik Deutschland und ihre Bündnispartner vor Angriffskriegen und Destabilisierungsversuchen zu schützen.

Reformdiskussion und aktuelle Entwicklungen

Angesichts veränderter Bedrohungslagen, etwa durch hybride Kriegsführung und Cyberangriffe, wird in Rechtsprechung und Literatur diskutiert, ob der Tatbestand des Friedensverrats reformiert werden sollte, um neuartige Gefahren adäquat abzubilden.

Literatur und Quellen

  • Strafgesetzbuch (StGB), §§ 80 ff.
  • Charta der Vereinten Nationen (UN-Charta), Art. 2
  • EGMR, Rechtsprechung zum Schutz des Friedens
  • Fischer, StGB-Kommentar, aktuelle Auflage
  • Tröndle/Fischer, Strafgesetzbuch und Nebengesetze

Dieser Artikel bietet einen fundierten, umfassenden Überblick über den Begriff Friedensverrat, beleuchtet sämtliche rechtlichen Aspekte, die strafrechtliche Einordnung, Sanktionsmechanismen, prozessuale Besonderheiten und die Relevanz im internationalen und aktuellen Kontext.

Häufig gestellte Fragen

Welche Strafen drohen bei einer Verurteilung wegen Friedensverrats nach deutschem Recht?

Friedensverrat gemäß §§ 80 ff. StGB stellt eines der schwersten Delikte gegen den Bestand und die Sicherheit des Staates dar. Nach deutschem Strafrecht sieht insbesondere § 80 StGB („Vorbereitung eines Angriffskrieges“) für denjenigen, der einen Angriffskrieg vorbereitet und dadurch die Gefahr eines Krieges für die Bundesrepublik Deutschland herbeiführt, eine Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslange Freiheitsstrafe vor. Auch weniger weitreichende Varianten, wie etwa das öffentliche Aufrufen zu einem Angriffskrieg (§ 80a StGB) oder die Vorbereitung eines Hochverrats (§ 82 StGB), werden mit empfindlichen Freiheitsstrafen geahndet, wobei je nach Verhalten und Tathandlung Strafen von mehreren Jahren bis hin zu lebenslanger Inhaftierung möglich sind. Die Strafandrohungen sollen der Abschreckung dienen, da hier Rechtsgüter von besonders hohem Wert – der Friede, die staatliche Unversehrtheit und Sicherheit – betroffen sind. Während § 80 StGB in seiner ursprünglichen Fassung stark durch das Völkerstrafrecht beeinflusst wurde, ist die aktuelle Gesetzeslage mittlerweile auch durch völkerrechtliche Normen wie das Kriegsverbrechertribunal und die Charta der Vereinten Nationen geprägt.

Welche Tathandlungen können als Friedensverrat strafbar sein?

Die Tatbestände des Friedensverrats sind im deutschen Strafgesetzbuch eng definiert. Strafbare Handlungen umfassen insbesondere die Vorbereitung und das Einleiten eines Angriffskrieges gegen einen anderen Staat, wobei dies sowohl in Form von Planungshandlungen, organisatorischer Unterstützung (z. B. Bereitstellung von Material oder logistischer Infrastruktur) als auch durch konkrete Handlungen erfolgen kann. Dazu zählen etwa strategische Planungen, Kommunikation mit ausländischen Mächten zur Aggressionsvorbereitung, Sabotageakte, Destabilisierungsversuche gegen staatliche Institutionen oder die Unterstützung fremder Mächte beim Angriff auf das friedliche Zusammenleben zwischen Völkern. Auch jede sonstige Mitwirkung, die geeignet ist, die Gefahr eines Angriffskrieges herbeizuführen, fällt unter den Straftatbestand. Es bedarf eines konkreten Anfangsverdachts, wobei schon die bloße Vorbereitungshandlung für eine Strafbarkeit ausreichen kann.

Gibt es besondere Voraussetzungen für die Strafverfolgung wegen Friedensverrats?

Die Strafverfolgung wegen Friedensverrats ist an spezifische rechtliche Voraussetzungen gebunden. Zunächst muss ein Anfangsverdacht bestehen, der regelmäßig durch die Staatsanwaltschaft oder in besonders schweren Fällen durch Ermittlungen der Bundesanwaltschaft geprüft wird, da es sich um ein Delikt von erheblicher Bedeutung für die Sicherheit des Bundes handelt. Zudem ist für bestimmte Delikte ein Ermächtigungs- oder Strafantrag der Bundesregierung nötig, insbesondere wenn diplomatische oder außenpolitische Belange berührt werden (§ 120 Abs. 2 GVG). Weiterhin sind strenge Voraussetzungen hinsichtlich der Beweislage und der gerichtlichen Kontrollen einzuhalten. Die Verfahren sind häufig geheimhaltungsbedürftig und unterliegen entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen, um staatsgefährdende Informationen nicht öffentlich werden zu lassen.

Welche Rolle spielt das Völkerrecht beim Straftatbestand des Friedensverrats?

Das Völkerrecht spielt eine zentrale Rolle bei der Auslegung und Anwendung des Friedensverrats nach deutschem Recht. Die deutsche Rechtsordnung orientiert sich bei den Tatbeständen des Friedensverrats an den internationalen Verpflichtungen aus der Charta der Vereinten Nationen, insbesondere an der Ächtung des Angriffskrieges als „Verbrechen gegen den Frieden“ (Art. 2 Nr. 4 UN-Charta). Auch die Rechtsprechung internationaler Strafgerichte, wie etwa des Internationalen Strafgerichtshofs, fließt in die nationale Bewertung der Tatbestände ein. Die Umsetzung dieser völkerrechtlichen Vorgaben im Strafrecht stellt sicher, dass deutsches Recht dem internationalen Friedensschutz genügt und Verstöße auch auf nationaler Ebene verfolgt werden können. Eine enge völkerrechtliche Auslegung ist auch erforderlich, um den Schutzbereich der Straftatbestände nicht auszudehnen und dem Bestimmtheitsgebot Rechnung zu tragen.

Wie unterscheiden sich Hochverrat und Friedensverrat im deutschen Strafrecht?

Friedensverrat und Hochverrat sind zwei unterschiedliche, jedoch nah verwandte Straftatbestände im deutschen Strafrecht mit verschiedenem Schutzgut und Tatmodalitäten. Der Friedensverrat (§§ 80 ff. StGB) bezieht sich auf die Vorbereitung oder Durchführung eines Angriffskrieges sowie weitere Handlungen, die den äußeren Frieden der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Ziel ist der Schutz vor kriegerischen Auseinandersetzungen und Angriffen zwischen Staaten. Der Hochverrat (§§ 81 ff. StGB) hingegen betrifft Angriffe auf die Verfassungsordnung oder den Bestand der Bundesrepublik von innen, beispielsweise durch Umsturzversuche, Putschpläne oder andere Bestrebungen zur gewaltsamen Veränderung der Staatsstruktur. Während Friedensverrat auf internationalen Beziehungen basiert, ist der Hochverrat auf innere Vorgänge und den Schutz der demokratischen Grundordnung gerichtet. Beide Tatbestände sind Verbrechenstatbestände und werden mit hohen Freiheitsstrafen bedroht.

Welche Bedeutung haben Versuch und Vollendung beim Friedensverrat?

Im Bereich des Friedensverrats kommt dem Versuchstatbestand eine herausragende Bedeutung zu, da bereits die bloße Vorbereitung eines Angriffskrieges (§ 80 StGB) unter Strafe gestellt wird. Ein Vollendungserfolg – also der tatsächliche Ausbruch eines Krieges – ist für die Strafbarkeit nicht erforderlich. Der Gesetzgeber will somit schon frühe Handlungen, die objektiv geeignet sind, einen Krieg herbeizuführen, ahnden. Die Schwelle zur Versuchsstrafbarkeit wird daher im Vergleich zu anderen Delikten niedriger gezogen. Das Gericht muss prüfen, ob die Handlung bereits das Stadium der unmittelbaren Gefahr überschritten hat. Bereits das ernsthafte, zielgerichtete Vorbereiten – unabhängig von der tatsächlichen Umsetzung – ist ausreichend für die Strafverfolgung.

Können auch juristische Personen wegen Friedensverrats belangt werden?

Nach deutschem Strafrecht sind grundsätzlich nur natürliche Personen Täter eines Friedensverrats; das Strafrecht stellt auf individuelles schuldhaftes Verhalten ab. Juristische Personen im engeren Sinne (z. B. Unternehmen, Vereine) können nicht direkt strafrechtlich belangt werden. Allerdings besteht nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) die Möglichkeit, dass gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen eine Geldbuße verhängt wird, wenn durch Handlungen der Leitungspersonen Straftaten begangen wurden, aus denen das Unternehmen einen Vorteil erlangt hat (§ 30 OWiG). In der Praxis kommt es somit zu einer mittelbaren Verantwortlichkeit; die individuelle strafrechtliche Verantwortlichkeit bleibt aber auf die natürlichen handelnden Personen beschränkt.