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Friedensrichter


Friedensrichter – Definition, Rechtsgrundlagen und Aufgaben im deutschen Recht

Begriff und geschichtliche Entwicklung des Friedensrichters

Der Begriff Friedensrichter bezeichnet eine Person, die mit Aufgaben der einfachen Streitschlichtung und der außergerichtlichen Konfliktlösung betraut ist. Die Funktion des Friedensrichters leitet sich von historischen Vorbildern ab, insbesondere dem aus dem französischen Recht bekannten „juge de paix”. In Deutschland existierte das Amt des Friedensrichters bereits im 19. Jahrhundert, insbesondere in der Rheinprovinz, wurde jedoch später durch das System der Amtsgerichte abgelöst.

Heute ist das Amt des Friedensrichters in unterschiedlichen Ausprägungen in einzelnen Bundesländern, insbesondere in den östlichen Bundesländern (z. B. Brandenburg, Sachsen, Thüringen) als ehrenamtliche Schlichtungsstelle (§ 11 ff. Sächsisches Schiedsstellengesetz und vergleichbare Regelungen anderer Länder) wieder eingeführt worden.

Rechtsgrundlagen der Friedensrichter in Deutschland

Bundesgesetzliche Grundlagen

Auf Bundesebene gibt es keine eigenständige, einheitliche Regelung für Friedensrichter. Die Einrichtung, Kompetenzen und Verfahren von Friedensrichtern sind Gegenstand der Landesgesetzgebung. Es handelt sich um ein Instrument der außergerichtlichen Streitbeilegung, das durch die Bundesländer gemäß deren Gesetzgebungsbefugnissen ausgestaltet wird. Wesentliche Rechtsquellen für Friedensrichter stellen daher die jeweiligen Schlichtungs- und Schiedsstellengesetze der Länder dar.

Wichtige Landesgesetze

  • Brandenburg: Gesetz über die Schiedsstellen in den Gemeinden und Ämtern des Landes Brandenburg (Schiedsstellen- und Schlichtungsgesetz – SchStG)
  • Sachsen: Gesetz über den Friedensrichter und die Schiedsstellen (SächsSchiedsG)
  • Thüringen: Thüringer Schiedsamtsgesetz (ThürSchAG)

Europäische und internationale Einflüsse

In Deutschland hat das Amt des Friedensrichters vor allem historische und länderspezifische Bedeutung. In anderen europäischen Staaten existieren vergleichbare Institutionen, etwa in Italien („giudice di pace”) oder Frankreich („juge de proximité”, inzwischen abgeschafft).

Aufgaben und Zuständigkeiten der Friedensrichter

Allgemeiner Aufgabenbereich

Friedensrichter vermitteln in zivilrechtlichen Streitigkeiten von geringer Bedeutung sowie in bestimmten strafrechtlichen Angelegenheiten im Rahmen von Privatklagedelikten. Ziel ihrer Tätigkeit ist die einvernehmliche Streitbeilegung ohne ein kosten- oder zeitintensives Gerichtsverfahren.

Konkrete Zuständigkeiten

Zivilrechtliche Zuständigkeit

  • Nachbarrechtliche Streitigkeiten, insbesondere im Zusammenhang mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§§ 903 bis 924 BGB)
  • Vermögensrechtliche Ansprüche, sofern keine besonderen gesetzlichen Zuständigkeiten entgegenstehen
  • Ehrverletzungsdelikte (bei Privatklagesachen)
Strafrechtliche Zuständigkeit

Im Bereich minderer Straftaten, die im Wege der Privatklage verfolgt werden können (z.B. Beleidigung, Hausfriedensbruch, einfache Körperverletzung gemäß §§ 374 ff. StPO), führen Friedensrichter zunächst das Sühneverfahren durch. Es handelt sich hierbei um ein obligatorisches außergerichtliches Vorverfahren.

Schlichtungsverfahren

Friedensrichter leiten sogenannte Schlichtungsverfahren. Dabei geht es um das Finden einvernehmlicher Lösungen zwischen den Parteien. Das Verfahren folgt rechtsförmlichen Grundsätzen, ist jedoch weniger formal als ein Gerichtsverfahren. Am Ende steht in der Regel ein Vergleich, der unter bestimmten Voraussetzungen vollstreckbar sein kann (§ 797a ZPO analog).

Verfahren vor dem Friedensrichter

Einleitung und Ablauf

Das Verfahren beginnt in der Regel durch Anrufung des Friedensrichters durch eine der Parteien. Beide Parteien werden zu einem Termin geladen. Der Friedensrichter nimmt eine vermittelnde, moderierende Rolle ein und unterstützt die Parteien darin, eine einvernehmliche Regelung zu finden.

Anwesenheitspflicht und Rechtsfolgen

Bei bestimmten Streitigkeiten (insbesondere nachbarrechtlichen und vielen Privatklagedelikten) besteht eine obligatorische Schlichtung. Erst wenn das Schlichtungsverfahren gescheitert ist, ist der Weg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet. Das Nicht-Erscheinen zum Termin kann Kostenfolgen haben oder in bestimmten Fällen ein Verfahren blockieren.

Abschluss

Das Verfahren endet:

  • mit einem Vergleich (einvernehmliche Lösung)
  • mit einer Erfolglosigkeitsbescheinigung (wenn keine Einigung erzielt wird; Voraussetzung für das Anstrengen eines Gerichtsverfahrens)

Rechtswirkung von Schiedssprüchen und Vergleichen

Vergleiche vor Friedensrichtern können gemäß den landesrechtlichen Vorschriften eine vollstreckbare Urkunde darstellen. Damit können z.B. Zahlungspflichten unmittelbar vollstreckt werden, ohne dass ein gerichtliches Urteil eingeholt werden muss (§ 797a ZPO, entsprechende landesrechtliche Regelungen).

Vergleiche und Schiedssprüche binden die Parteien; sie haben ähnlich einer titulierenden Wirkung bei einem gerichtlichen Vergleich.

Auswahl und Amtsdauer der Friedensrichter

Bestellung

Friedensrichter werden in den betreffenden Gemeinden gewählt oder von den Kommunalvertretungen berufen. Die Einzelheiten, insbesondere zu Auswahlverfahren, Amtsdauer und etwaigen Ablehnungsgründen, bestimmen die jeweiligen Landesgesetze.

Voraussetzungen

In der Regel müssen Kandidaten volljährig und geschäftsfähig sein sowie ihren Wohnsitz im Amtsbezirk haben. Vorstrafen, laufende Gerichtsverfahren oder bestimmte Tätigkeiten können das Amt ausschließen.

Ausbildungs- und Fortbildungsverpflichtung

Die Bundesländer stellen sicher, dass Friedensrichter für ihre Aufgaben geschult werden. Die Themen umfassend sind Verfahrensführung, Mediation, Sozialkompetenz, rechtliche Grundlagen der Streitbeilegung.

Bedeutung des Friedensrichters im deutschen Rechtssystem

Das Amt des Friedensrichters trägt dazu bei, die Justiz zu entlasten, insbesondere durch die Förderung von außergerichtlichen Streitbeilegungen bei alltäglichen, nachbarschaftlichen oder geringfügigen strafrechtlichen Konflikten. Darüber hinaus trägt die Institution zur sozialen Befriedung und zum Ausbau außergerichtlicher Konfliktlösungskultur bei.

Die Einbindung von Laien in die Streitschlichtung verstärkt zudem das Vertrauen der Bevölkerung in den Rechtsstaat und bietet eine niedrigschwellige, bürgernahe Möglichkeit zur Klärung privater Konflikte.

Abgrenzung zu anderen Institutionen und vergleichbare Einrichtungen

Das Amt des Friedensrichters ist abzugrenzen von

  • Ehrenamtlichen Richtern und Schöffen an Amts- und Landgerichten (diese wirken an gerichtlichen Entscheidungen mit)
  • Mediatoren nach dem Mediationsgesetz
  • Schiedsstellen und Schiedspersonen nach den jeweiligen Landesgesetzen (je nach Bundesland ist der Begriff Friedensrichter mit Schiedsperson weitgehend synonym)
  • Gütestellen nach § 15a EGZPO (außergerichtliche Konfliktlösungsstellen nach bundesrechtlicher Regelung)

Literatur und weiterführende Informationen

  • Gesetzestexte der jeweiligen Bundesländer (z. B. ThürSchAG, SächsSchiedsG, SchStG Brandenburg)
  • E. Limmer: Das deutsche Schieds- und Schlichtungswesen, 2022
  • Bundesvereinigung der Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V.: www.schiedsamt.de

Zusammenfassung

Der Friedensrichter ist in bestimmten deutschen Bundesländern ein wichtiges Element der außergerichtlichen Streitbeilegung. Durch seinen vermittelnden, niedrigschwelligen Ansatz fördert er die einvernehmliche Lösung von Konflikten und entlastet die Justiz. Die genaue Ausgestaltung, die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie die verfahrensrechtlichen Details sind in den jeweiligen Landesgesetzen geregelt. Durch seine Tätigkeit stärkt der Friedensrichter die soziale Friedensfunktion des Rechtssystems.

Häufig gestellte Fragen

Welche Aufgaben hat ein Friedensrichter im deutschen Rechtssystem?

Im deutschen Rechtssystem ist der Friedensrichter eine Person, der vorrangig Schlichtungs- und Vermittlungsaufgaben in zivilrechtlichen Streitigkeiten zukommen. Die Aufgabe des Friedensrichters besteht darin, in außergerichtlichen Verfahren Einigungen zwischen streitenden Parteien herbeizuführen, bevor ein förmlicher Rechtsstreit vor einem staatlichen Gericht durchgeführt wird. Er wird insbesondere in sogenannten obligatorischen Schlichtungsverfahren tätig, die gesetzlich in bestimmten Angelegenheiten – etwa Nachbarschaftsstreitigkeiten, Streitigkeiten über Ansprüche wegen Verletzung der persönlichen Ehre außerhalb der Presse sowie in einigen anderen Privatrechtsstreitigkeiten – vorgeschrieben sind (§ 15a EGZPO in einigen Bundesländern). Neben der Leitung des Schlichtungsverfahrens protokolliert der Friedensrichter die Verhandlung, formuliert den Schlichtungsvorschlag und dokumentiert das Ergebnis. Ein von ihm erzielter Vergleich ist vollstreckbar, sofern die Parteien hierauf vertrauen und dies beurkunden lassen. Allerdings hat der Friedensrichter keine Entscheidungsbefugnis wie ein Richter, sondern ist rein vermittelnd tätig, um Rechtsstreitigkeiten möglichst einvernehmlich zu beenden und Gerichte dadurch zu entlasten.

Wie werden Friedensrichter bestellt und wie lange dauert ihre Amtszeit?

Die Bestellung des Friedensrichters erfolgt in Deutschland auf Grundlage landesrechtlicher Regelungen, da die Schlichtungsstellen und deren Organisation eine Angelegenheit der Länder ist. In der Regel erfolgt die Wahl durch den Gemeinderat oder ein vergleichbares Organ für den örtlichen Bereich der Schiedsamtsstelle. Die Eignung der Kandidaten ergibt sich aus persönlicher Integrität, Lebenserfahrung, Konfliktlösungskompetenz sowie Wohnsitz im jeweiligen Schiedsamtsbezirk. Die Amtszeit eines Friedensrichters beträgt, abhängig vom jeweiligen Landesrecht, in der Regel fünf Jahre, wobei eine Wiederwahl zulässig ist. Amtliche Bestätigung und Vereidigung erfolgen im Nachgang der Wahl. Während der Amtszeit unterliegt der Friedensrichter bestimmten Pflichten, wie Schweigepflicht, Unparteilichkeit und Verschwiegenheitspflicht hinsichtlich aller Verfahrensinhalte.

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für ein Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichter erfüllt sein?

Für ein Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichter muss zwischen den Parteien ein zivilrechtlicher Streitfall bestehen, welcher nach Landesrecht schiedsamtsfähig ist. Diese umfassen regelmäßig vermögensrechtliche Streitigkeiten, solche des Nachbarschaftsrechts sowie Ehrverletzungssachen, sofern kein öffentliches Interesse für eine staatsanwaltschaftliche Verfolgung vorliegt. Außerdem darf keine besondere Zuständigkeit eines anderen Gerichts (z.B. Familiengericht) gegeben sein. In den meisten Bundesländern ist das Schlichtungsverfahren für bestimmte Klagearten obligatorisch, das heißt, die Klage vor dem Amtsgericht ist erst nach erfolgloser Schlichtung zulässig (sogenannte Zulässigkeitsvoraussetzung – § 15a EGZPO). Parteien müssen einen förmlichen Schlichtungsantrag stellen, woraufhin der Friedensrichter die Verhandlung einberuft. Kommt eine Einigung zustande, wird diese protokolliert und von beiden Parteien sowie dem Friedensrichter unterzeichnet.

Ist der Schlichtungsvorschlag oder Vergleich des Friedensrichters rechtlich bindend?

Der vom Friedensrichter vermittelte Vergleich erlangt, sofern beide Parteien ihn anerkennen und unterzeichnen, eine rechtliche Bindungswirkung zwischen den Beteiligten. Er gilt dann als Vollstreckungstitel im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO. Das bedeutet, aus diesem Vergleich heraus können Zwangsvollstreckungsmaßnahmen betrieben werden, wenn eine Partei ihren Verpflichtungen nicht nachkommt. Anders ist es beim Schlichtungsvorschlag, den der Friedensrichter im Verlauf des Verfahrens unterbreiten kann: Dieser Vorschlag ist lediglich als Empfehlung zu verstehen und rechtlich nicht verbindlich, sofern er nicht zum Vergleich erhoben und entsprechend unterzeichnet wird. Einigen sich die Parteien nicht, steht ihnen der Weg zum ordentlichen Gericht offen.

Welche formellen Anforderungen gelten für das Verfahren vor dem Friedensrichter?

Das Schlichtungsverfahren vor dem Friedensrichter ist durch eine niedrige Förmlichkeit geprägt, um die Hürde für die Streitparteien möglichst gering zu halten. Dennoch gibt es wesentliche Anforderungen: Der Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens muss schriftlich oder zur Niederschrift beim Schiedsmann eingereicht werden. Die Parteien werden ordnungsgemäß geladen und haben das Recht auf Anhörung. Alle Ergebnisse, insbesondere Vergleichsschlüsse, müssen protokolliert werden. Der Friedensrichter hat unparteiisch zu agieren, jegliche Befangenheit ist auszuschließen. Zeugen oder Beistände können – soweit gesetzlich nicht ausgeschlossen – hinzugezogen werden. Bei Erfolglosigkeit stellt der Friedensrichter eine Bescheinigung über das Scheitern des Verfahrens aus, ohne die eine Klage zum zuständigen Gericht nicht zulässig ist.

Entstehen für die Parteien Kosten und wie bemessen sich diese?

Das Schlichtungsverfahren beim Friedensrichter ist mit vergleichsweise geringen Kosten verbunden, um eine niederschwellige Möglichkeit der Konfliktlösung zu ermöglichen. Die Kosten richten sich nach landesrechtlichen Gebührenordnungen und betragen meist zwischen 10 und 40 Euro für das gesamte Verfahren; bei Abschluss eines Vergleichs kann sich die Gebühr erhöhen. Hinzu kommen gegebenenfalls Auslagen beispielsweise für Zustellungen oder Zeugenladungen. Die Kostenpflicht trifft in der Regel beide Streitparteien gleichermaßen, außer es erfolgt eine abweichende Einigung. Die Zahlung ist nach Gebührenbescheid an den Friedensrichter oder die zuständige Kommune zu entrichten.

Welche Rechtsmittel bestehen gegen die Entscheidung des Friedensrichters?

Da der Friedensrichter keine abschließenden Entscheidungen mit Rechtsprechungswirkung trifft, sondern allenfalls eine Einigung vermittelt oder das Scheitern protokolliert, gibt es im eigentlichen Sinne kein Rechtsmittel gegen seine Tätigkeit. Vielmehr bleibt es den Parteien nach erfolglosem Schlichtungsverfahren unbenommen, die Streitsache durch Klage vor ein staatliches Gericht zu bringen. Stellt der Friedensrichter eine Verfahrensbescheinigung aus, kann mit dieser innerhalb festgelegter Fristen der ordentliche Rechtsweg beschritten werden. Einwände gegen Verfahrensführung oder das Protokoll können direkt im Rahmen des Schlichtungsverfahrens geltend gemacht werden. Die gerichtliche Überprüfung ist ansonsten auf formelle Verstöße oder die Frage der Zulässigkeit des Schlichtungsverfahrens beschränkt.