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Fortgesetzte Gütergemeinschaft


Begriff und Einführung: Fortgesetzte Gütergemeinschaft

Die Fortgesetzte Gütergemeinschaft ist ein rechtlicher Begriff aus dem deutschen Familienrecht. Sie beschreibt einen besonderen Zustand des ehelichen Güterstands der Gütergemeinschaft, der nach dem Tod eines Ehegatten eintritt. Die Fortgesetzte Gütergemeinschaft ist in den §§ 1482 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geregelt. Ziel dieser Regelungen ist es, die wirtschaftliche Einheit des gemeinschaftlichen Vermögens nach dem Tod eines Ehegatten im Interesse des überlebenden Ehegatten und der gemeinschaftlichen Abkömmlinge aufrechtzuerhalten.


Rechtlicher Hintergrund und Voraussetzungen

Die Gütergemeinschaft als Ausgangspunkt

Die Gütergemeinschaft ist einer der möglichen gesetzlichen Güterstände nach deutschem Familienrecht. Bei der Gütergemeinschaft entsteht durch ausdrücklichen Ehevertrag zwischen den Ehegatten kraft Gesetzes ein gemeinschaftliches Vermögen, das sogenannte Gesamtgut.

Eintritt der Fortgesetzten Gütergemeinschaft

Mit dem Tod eines Ehegatten endet die persönliche Gemeinschaft der Ehegatten. Das Vermögen ist zu diesem Zeitpunkt grundsätzlich aufzuteilen. Die Fortgesetzte Gütergemeinschaft verhindert jedoch, dass das Gesamtgut unmittelbar auseinanderfällt. Sie tritt ein, wenn nach dem Tod eines Ehegatten gemeinschaftliche Abkömmlinge vorhanden sind und der überlebende Ehegatte nicht ausdrücklich widerspricht oder sich für die Auseinandersetzung des Gesamtguts entscheidet (§ 1482 BGB).


Beteiligte Personen und Rechtsstellung

Überlebender Ehegatte

Der überlebende Ehegatte bleibt nach dem Eintritt der Fortgesetzten Gütergemeinschaft Gesamtgutberechtigter. Ihm steht hinsichtlich des Gesamtgutes weiterhin ein Verfügungsrecht zu, das allerdings durch die Rechte der Abkömmlinge eingeschränkt wird.

Abkömmlinge

An die Stelle des verstorbenen Ehegatten treten dessen gemeinschaftliche Abkömmlinge, typischerweise also die gemeinsamen Kinder. Sie werden (anstelle des Verstorbenen) gemeinschaftlich berechtigt am Gesamtgut.

Rechte und Pflichten der Beteiligten

Die Verfügungsbefugnisse des überlebenden Ehegatten bestehen fort. Jedoch sind die Rechte der Abkömmlinge dahingehend zu beachten, dass Verfügungen über das Gesamtgut, die über den gewöhnlichen Rahmen der Verwaltung hinausgehen, ihrer Zustimmung bedürfen (§ 1486 BGB). Gläubiger des Verstorbenen können sich weiterhin an das Gesamtgut halten.


Umfang des Gesamtguts während der Fortgesetzten Gütergemeinschaft

Abgrenzung zum Sondergut und Vorbehaltsgut

Das Gesamtgut umfasst das während der Ehe gemeinschaftlich eingebrachte Vermögen, soweit es nicht als Sondergut oder Vorbehaltsgut einem der Ehegatten vorbehalten wurde. Sondergut bleibt das jeweilige Eigentum des Ehegatten bzw. in der Fortgesetzten Gütergemeinschaft entsprechend dem überlebenden Ehegatten oder den Abkömmlingen.

Verwaltung und Nutzung

Während der Fortgesetzten Gütergemeinschaft bleibt die Verwaltung des Gesamtguts dem überlebenden Ehegatten grundsätzlich allein überlassen, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart oder gesetzlich geregelt ist. Die Abkömmlinge wirken lediglich mit bei außergewöhnlichen oder das Gesamtgut wesentlich betreffenden Maßnahmen.


Beendigung und Auseinandersetzung der Fortgesetzten Gütergemeinschaft

Gründe für die Beendigung

Die Fortgesetzte Gütergemeinschaft wird entweder durch ausdrückliche Erklärung des überlebenden Ehegatten beendet (§ 1484 BGB) oder durch Tod des überlebenden Ehegatten. Ein weiterer Beendigungsgrund kann die Ausschließung der Abkömmlinge auf deren Antrag sein, wenn wichtige Gründe vorliegen.

Verfahren der Auseinandersetzung

Am Ende der Fortgesetzten Gütergemeinschaft erfolgt die sog. Auseinandersetzung. Das Gesamtgut wird dabei unter den Berechtigten entsprechend den gesetzlichen Erbquoten bzw. ihrer Beteiligung aufgeteilt (§§ 1485, 1486 BGB). Regelungen über die Art der Auseinandersetzung enthält das BGB in den §§ 1485 und 1486.


Stellung der Nachlassgläubiger

Die Gläubiger des verstorbenen Ehegatten können sich gemäß § 1483 BGB weiterhin aus dem Gesamtgut befriedigen, solange die Fortgesetzte Gütergemeinschaft andauert. Dies dient dem Schutz der Gläubigerinteressen.


Bedeutung in der Praxis

Die Fortgesetzte Gütergemeinschaft ist in Deutschland, aufgrund ihrer Nachteile und des administrativen Aufwands, heute selten geworden. In der familienrechtlichen Beratung hat sie dennoch Bedeutung, insbesondere bei bestehenden Altverträgen oder in speziellen Vermögenskonstellationen.


Rechtliche Einordnung und Kritik

Die Fortgesetzte Gütergemeinschaft wird im deutschen Recht als Schutzmechanismus für den überlebenden Ehegatten und die gemeinschaftlichen Kinder betrachtet. Kritisch wird jedoch angemerkt, dass die Vermögensverwaltung vielfach erschwert wird und die notwendige Zusammenarbeit aller Beteiligten zu Konflikten führen kann.


Zusammenfassung

Die Fortgesetzte Gütergemeinschaft stellt eine besondere Phase des Güterstands der Gütergemeinschaft nach dem Tod eines Ehegatten dar, die das gemeinschaftliche Vermögen im Sinne des Gesetzes erhalten soll. Ihre detaillierte gesetzliche Ausgestaltung dient dem Schutz der wirtschaftlichen Interessen von überlebendem Ehegatten und gemeinschaftlichen Abkömmlingen, bringt jedoch praktische und verwaltungstechnische Herausforderungen mit sich.


Gesetzliche Grundlagen

  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): §§ 1482 bis 1491

Hinweis: Die Fortgesetzte Gütergemeinschaft ist ein speziell geregelter Tatbestand im deutschen Familienrecht, der einer gründlichen rechtlichen Prüfung im Einzelfall bedarf.

Häufig gestellte Fragen

Wie erfolgt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Vermögens in der fortgesetzten Gütergemeinschaft?

In der fortgesetzten Gütergemeinschaft wird das gemeinschaftliche Vermögen nach dem Tod eines Ehegatten durch die fortgesetzte Miteigentümerschaft der überlebenden Ehefrau und der zum Vermögen berufenen Abkömmlinge verwaltet. Grundsätzlich obliegt die Verwaltung den Teilhabern gemeinschaftlich, wobei hierbei die gesetzlichen Regelungen zur Gemeinschaft nach Bruchteilen gemäß §§ 2032 ff. BGB zur Anwendung kommen. Entscheidungen, die das Gemeinschaftsvermögen betreffen, bedürfen in der Regel der Zustimmung aller Miteigentümer. Jedoch ist im Rahmen der fortgesetzten Gütergemeinschaft zugunsten des überlebenden Ehepartners eine Alleinvertretungsbefugnis vorgesehen, sofern die Ehegatten dies testamentarisch oder durch Ehevertrag bestimmt haben und keine entgegenstehenden Verfügungen getroffen wurden. Diese Vertretungsmacht umfasst gewöhnliche Verwaltungsgeschäfte und endet bei Maßnahmen, die einer Verfügung über das Vermögen im Ganzen gleichkommen, für solche bleibt die Zustimmung aller Teilhaber erforderlich. Auch Schutzvorschriften zugunsten minderjähriger Abkömmlinge finden durch Verweis auf das Vormundschaftsrecht Anwendung.

Welche Auswirkungen hat die fortgesetzte Gütergemeinschaft auf die Schulden des gemeinschaftlichen Vermögens?

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft bewirkt, dass sämtliche, auf dem gemeinschaftlichen Vermögen lastenden Schulden, auch weiterhin von allen Teilhabern gemeinschaftlich getragen werden. Das bedeutet, dass nach dem Tod des Ehegatten sowohl die überlebende Ehefrau als auch die Abkömmlinge für alle während des Bestehens der Gütergemeinschaft begründeten Verbindlichkeiten haften, soweit das Gemeinschaftsvermögen betroffen ist. Eine persönliche Haftung mit dem eigenen Vermögen der Teilhaber entsteht grundsätzlich nicht; gehaftet wird vorrangig mit den gemeinschaftlichen Gegenständen. Jedoch kann es bei nicht ausreichendem Gemeinschaftsvermögen im Einzelfall zur Durchgriffshaftung auf das Eigenvermögen kommen, sofern dies individuell vereinbart wurde oder gesetzliche Ausnahmen greifen. Auch neu entstehende Verbindlichkeiten, die im Rahmen der ordentlichen Verwaltung von der fortgesetzt gütergemeinschaftlichen Masse begründet werden, haften alle Teilhaber gesamtschuldnerisch. Besonderheiten ergeben sich bei aufgenommenen Darlehen oder Bürgschaften, die unter Umständen gesondert geregelt werden müssen.

Kann ein Teilhaber der fortgesetzten Gütergemeinschaft über seinen Anteil am Gemeinschaftsvermögen verfügen?

Die Verfügung über den ideellen Anteil am gemeinschaftlichen Vermögen einer fortgesetzten Gütergemeinschaft ist beschränkt. Ein einzelner Teilhaber kann grundsätzlich nicht über einzelne Vermögensgegenstände verfügen, sondern lediglich über seinen Anteil insgesamt, und dies auch nur unter bestimmten Voraussetzungen. Die Veräußerung des Anteils an Dritte ist grundsätzlich möglich, bedarf aber der Zustimmung aller anderen Teilhaber, da das Wesen der fortgesetzten Gütergemeinschaft auf die Bewahrung des Familienvermögens ausgerichtet ist. Außerdem verlangt das Gesetz Schutzvorschriften, insbesondere zugunsten minderjähriger Miterben, die gegebenenfalls die Genehmigung des Familien- oder Vormundschaftsgerichts erfordern. Liegt eine entsprechende Verfügung vor, tritt der Erwerber in die fortgesetzte Gütergemeinschaft ein und übernimmt die Rechte und Pflichten des veräußerten Anteils.

Wie und wann endet die fortgesetzte Gütergemeinschaft?

Das Ende der fortgesetzten Gütergemeinschaft kann auf verschiedene Weisen eintreten. Sie endet grundsätzlich durch die vollständige Auseinandersetzung des Gemeinschaftsvermögens, das heißt, durch die einvernehmliche oder gerichtlich durchgesetzte Teilung und Zuweisung der einzelnen Vermögenswerte an die jeweiligen Teilhaber. Daneben kann die Gütergemeinschaft durch einstimmigen Beschluss aller Teilhaber aufgehoben werden. Weitere Beendigungsgründe finden sich durch Zeitablauf (sofern eine Befristung im Ehevertrag vorgesehen ist), durch gerichtliches Urteil oder im Fall, dass nur noch ein Teilhaber nach Ausscheiden aller anderen verbleibt, wodurch das Gemeinschaftsvermögen in dessen alleiniges Eigentum übergeht. Zu beachten ist, dass der überlebende Ehegatte die Fortsetzung jederzeit durch Erklärung beenden kann, wodurch das Vermögen zu einer Erbengemeinschaft wird, die den allgemeinen erbrechtlichen Vorschriften unterliegt.

Welche Mitwirkungsrechte und -pflichten haben die Abkömmlinge in der fortgesetzten Gütergemeinschaft?

Die Abkömmlinge, die Teilhaber an der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind, haben umfassende Mitwirkungsrechte bezüglich der Verwaltung und Verfügung über das gemeinschaftliche Vermögen. Sie sind insbesondere an allen wesentlichen Entscheidungen, die über die gewöhnliche Verwaltung hinausgehen, zu beteiligen und müssen diesen zustimmen. Dazu zählen insbesondere außerordentliche Verfügungen oder Maßnahmen, die nicht zum normalen Verwaltungsgeschäft gehören, etwa der Verkauf eines Grundstücks oder die Aufnahme größerer Kredite auf Kosten des Gemeinschaftsvermögens. Gleichzeitig treffen sie entsprechende Mitwirkungspflichten, etwa zur Mitarbeit bei der Verwaltung, zur Aufklärung über Vermögenswerte und zum Handeln im Interesse der Gemeinschaft. Bei Minderjährigkeit werden diese Rechte durch die gesetzlichen Vertreter – in der Regel durch den verbliebenen Elternteil oder einen gerichtlich bestellten Vormund – ausgeübt.

Welche steuerlichen Konsequenzen ergeben sich aus der fortgesetzten Gütergemeinschaft?

Die fortgesetzte Gütergemeinschaft hat bedeutende steuerrechtliche Auswirkungen, insbesondere im Bereich der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Das Vermögen bleibt zunächst gemeinschaftliches Vermögen der Teilhaber, was dazu führen kann, dass bestimmte Steuerbefreiungen oder Freibeträge mehrfach zur Anwendung kommen. Beim Tod des erstverstorbenen Ehegatten erfolgt keine unmittelbare Zurechnung der einzelnen Vermögensteile, so dass im ersten Schritt lediglich ein Vermögensübergang im Rahmen der Gemeinschaft stattfindet. Erst mit Auflösung der Gemeinschaft werden den einzelnen Teilhabern die entsprechenden Vermögenswerte zugerechnet, was eine spätere erbschaftsteuerliche Bewertung auslöst. Auch die steuerliche Behandlung laufender Einkünfte aus dem Gemeinschaftsvermögen erfolgt nach den Grundsätzen der Bruchteilsgemeinschaft. Soweit einzelne Teilhaber ihren Anteil übertragen, etwa durch Schenkung oder Erbfolge, sind die jeweiligen steuerlichen Regeln, insbesondere unter Berücksichtigung der persönlichen Freibeträge, zu beachten. Steuerliche Beratung ist daher in diesen Fällen dringend angeraten, um steuerlich nachteilige Folgen zu vermeiden.