Legal Lexikon

Wiki»Formwechsel

Formwechsel


Begriff und Grundlagen des Formwechsels

Der Formwechsel ist ein zentraler Begriff im deutschen Gesellschaftsrecht und bezeichnet eine spezielle Art der Umwandlung einer bestehenden Rechtseinheit, bei der deren Rechtsform geändert wird, während die Identität und das Vermögen der Gesellschaft erhalten bleiben. Der Formwechsel ist ein im Umwandlungsgesetz (UmwG) geregelter Umwandlungsvorgang, der die Fortführung der Gesellschaft in einer anderen Rechtsform ermöglicht, ohne dass eine Vermögensübertragung, Liquidation oder Auflösung erforderlich ist.

Abgrenzung zu anderen Umwandlungsarten

Der Formwechsel unterscheidet sich von anderen Umwandlungsarten wie der Verschmelzung, der Spaltung oder der Vermögensübertragung. Während bei diesen Vorgängen ein Vermögensübergang auf andere Rechtseinheiten erfolgt, bleibt beim Formwechsel die Gesellschaft als solche unverändert bestehen – lediglich die äußere Rechtsform ändert sich.

Rechtliche Grundlagen des Formwechsels

Gesetzliche Regelung

Die rechtlichen Grundlagen des Formwechsels finden sich insbesondere in den §§ 190 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG). Relevante Vorschriften finden sich zudem in den jeweiligen Einzelgesetzen der betroffenen Gesellschaftsformen, etwa im Aktiengesetz (AktG), im GmbH-Gesetz (GmbHG), im Handelsgesetzbuch (HGB) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB).

Zulässige Gesellschaftsformen

Ein Formwechsel ist grundsätzlich zwischen verschiedenen Gesellschaftsformen möglich. Zu den typischen Beispielen zählen:

  • GmbH in eine AG oder umgekehrt (§ 190 UmwG)
  • Personengesellschaft in Kapitalgesellschaft (§§ 214, 223 UmwG)
  • Kapitalgesellschaft in Personengesellschaft (§§ 191, 226 UmwG)

Nicht zulässig ist der Formwechsel in oder aus bestimmten Rechtsformen (zum Beispiel in ein Einzelunternehmen oder ausländische Gesellschaften außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums), soweit dies das Gesetz ausschließt.

Voraussetzungen und Ablauf des Formwechsels

Formwechselnde Gesellschaft

Für einen wirksamen Formwechsel muss die betreffende Gesellschaft über ein formwechselbares Vermögen verfügen und sämtliche gesetzlichen, insbesondere auch schuldrechtliche und gesellschaftsvertragliche Vorgaben erfüllen.

Formwechselbeschluss

Zentraler Schritt ist der Formwechselbeschluss, der nach den §§ 194 ff. UmwG in einer Gesellschafterversammlung gefasst werden muss. Dabei ist eine qualifizierte Mehrheit (meist drei Viertel der abgegebenen Stimmen) vorgeschrieben. Bei kleinen Gesellschaften kann der Gesellschaftsvertrag abweichende Mehrheiten oder Zustimmungserfordernisse vorsehen.

Formwechselbericht und Prüfung

Das Gesetz sieht gem. §§ 193, 197 UmwG einen Formwechselbericht der Geschäftsführung vor, der den Gesellschaftern die Gründe, Vorgehensweise und Folgen des Formwechsels erläutert. In bestimmten Konstellationen ist zudem die Prüfung durch einen sachkundigen Prüfer (Formwechselprüfer) notwendig, der insbesondere den Formwechselplan, die Angemessenheit der Beteiligungsverhältnisse und die Wahrung von Gläubigerinteressen prüft.

Schutz der Anteilsinhaber und Gläubiger

Das Umwandlungsgesetz regelt umfassende Schutzrechte für Anteilsinhaber und Gläubiger. Dazu gehören:

  • Widerspruchsrecht: Anteilsinhaber haben ein Recht auf Auszahlung im Fall des Widerspruchs (§ 207 UmwG).
  • Gläubigerschutz: Gläubigern stehen kündbare Rechte oder Sicherheitsleistungen nach § 22 UmwG zu, um mögliche Nachteile durch den Formwechsel auszugleichen.

Registereintragung und Wirksamwerden

Der Formwechsel wird durch Eintragung in das zuständige Handelsregister wirksam (§ 202 UmwG). Erst mit dieser Anmeldung wird die neue Rechtsform rechtlich relevant und die Umwandlung abgeschlossen.

Rechtsfolgen des Formwechsels

Kontinuität der Rechtseinheit

Die zentrale Rechtsfolge des Formwechsels ist, dass die umgewandelte Gesellschaft als Rechtsträger erhalten bleibt. Es findet keine Vermögensübertragung, sondern lediglich ein Wechsel der Rechtsform statt. Verträge, Rechte und Pflichten bleiben bestehen.

Fortbestehen von Rechtsverhältnissen

Gemäß § 202 Absatz 1 UmwG bestehen sämtliche Rechtsverhältnisse mit Dritten fort. Dies betrifft insbesondere Arbeitsverhältnisse, Schuldverhältnisse, Gesellschaftsverträge und gerichtliche Verfahren.

Auswirkungen auf die Haftung

Die Haftungsregeln ändern sich entsprechend der neuen Rechtsform. Beispiel: Wandelt sich eine GbR (Gesellschaft bürgerlichen Rechts) in eine GmbH um, gelten die strengeren Haftungsregeln der GmbH ab dem Zeitpunkt der Eintragung.

Formwechsel im europäischen Kontext

Grenzüberschreitender Formwechsel

Seit der europäischen Mobilitätsrichtlinie (EU) 2019/2121 ist der grenzüberschreitende Formwechsel im EU-/EWR-Raum möglich. Nationale Gesellschaften können in eine gleichwertige Gesellschaftsform eines anderen Mitgliedstaates wechseln, ohne liquidiert zu werden. Die Umsetzung in deutsches Recht erfolgte mit dem Gesetz zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie (UmRUG).

Ablauf und Voraussetzungen

Ein grenzüberschreitender Formwechsel erfordert:

  • Erarbeitung eines Formwechselplans und -berichts
  • Einhaltung von Informations- sowie Beteiligungsrechten der Gesellschafter, Gläubiger und Arbeitnehmenden
  • Überprüfung und Bescheinigung durch die zuständige nationalen Behörde (in Deutschland: das Registergericht)

Die rechtlichen Anforderungen an Transparenz, Information und Mitwirkung wurden durch die EU-Richtlinie weiter verschärft.

Steuerrechtliche Aspekte des Formwechsels

Obwohl der Formwechsel keine Übertragung des Gesellschaftsvermögens darstellt, kann er steuerliche Konsequenzen haben. Die steuerliche Behandlung richtet sich nach dem Umwandlungssteuerrecht:

  • Unbeschränkte Steuerneutralität: In bestimmten Fällen kann der Formwechsel steuerneutral erfolgen.
  • Sperrfristen und Nachversteuerung: Werden bestimmte Haltefristen nicht eingehalten, kann dies zu Nachversteuerungen führen (insbesondere bei Kapitalgesellschaften).

Die genaue steuerliche Bewertung hängt von der individuell gewählten Rechtsform und der jeweiligen Steuerart ab; insbesondere Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer und Grunderwerbsteuer sind zu beachten.

Zusammenfassung

Der Formwechsel ist ein gesetzlich geregelter Umwandlungsvorgang, bei dem eine Gesellschaft ihre Rechtsform ändert, jedoch rechtlich und wirtschaftlich fortbesteht. Die maßgeblichen Vorschriften finden sich im Umwandlungsgesetz und in den jeweiligen Rechtsgrundlagen der betroffenen Gesellschaften. Der Formwechsel ermöglicht die Anpassung der Rechtsform an sich wandelnde wirtschaftliche, strukturelle oder steuerliche Anforderungen, ohne die Notwendigkeit einer Vermögensübertragung oder Neugründung. Umfassende Schutzvorschriften sichern die Rechte von Gesellschaftern und Gläubigern. Steuerliche Implikationen sind sorgfältig zu prüfen. Grenzüberschreitende Formwechsel eröffnen vor dem Hintergrund des EU-Binnenmarktes zusätzliche rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten.

Häufig gestellte Fragen

Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen für einen Formwechsel erfüllt sein?

Für einen Formwechsel einer Gesellschaft müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen gemäß dem Umwandlungsgesetz (UmwG) erfüllt sein. Zunächst muss die Gesellschaft formwechselnd existieren und rechtsfähig sein, was bedeutet, dass sie die Rechtsform besitzt, die gemäß UmwG zur Umwandlung berechtigt ist (zum Beispiel GmbH, AG, KG, OHG). Es muss ein Umwandlungsbeschluss der Gesellschafterversammlung mit den erforderlichen Mehrheiten gefasst werden, wobei diese Mehrheiten je nach Gesellschaftsform variieren können. Zudem müssen die Gesellschafter formell über den geplanten Formwechsel informiert werden. Teilweise sind spezielle Fristen für die Einberufung der Versammlung, das Informationsrecht der Gesellschafter und die Offenlegung des Umwandlungsplans einzuhalten. Zu beachten ist außerdem, dass bei einigen Gesellschaftsformen eine notarielle Beurkundung des Beschlusses sowie eine Prüfung (etwa durch einen sachkundigen Prüfer) erforderlich sein kann. Schließlich muss der Formwechsel im Handelsregister angemeldet und eingetragen werden, damit dieser rechtliche Wirksamkeit entfaltet.

Können beim Formwechsel Gläubigerrechte beeinträchtigt werden und wie werden diese geschützt?

Beim Formwechsel wird sichergestellt, dass Gläubigerrechte nicht beeinträchtigt werden. Der Gesetzgeber sieht im Umwandlungsgesetz spezifische Gläubigerschutzvorschriften vor. Gläubiger der Gesellschaft müssen über den geplanten Formwechsel informiert werden, und ihnen steht grundsätzlich ein Recht auf Sicherheiten zu, falls sie befürchten müssen, durch die neue Rechtsform schlechter gestellt zu werden (§ 22 UmwG). Sie können innerhalb einer bestimmten Frist (typischerweise sechs Monate ab Bekanntmachung des Formwechsels) Sicherheiten verlangen, sofern die Erfüllung ihrer Ansprüche durch den Formwechsel gefährdet erscheint. Die Gesellschaft ist verpflichtet, auf diese Rechte hinzuweisen und gegebenenfalls Sicherheiten wie Bürgschaften oder Hypotheken zu leisten. Die Eintragung des Formwechsels im Handelsregister darf bei offenen Forderungen und berechtigten Einwänden der Gläubiger unter Umständen verzögert werden, bis eine Einigung erzielt wurde.

Welche Rolle spielt das Handelsregister beim Formwechsel?

Das Handelsregister ist beim Formwechsel von zentraler Bedeutung. Der Formwechsel wird erst mit der Eintragung im Handelsregister wirksam (§ 202 UmwG). Die Anmeldung zum Handelsregister muss die notwendigen Unterlagen, wie den Formwechselbeschluss, ggf. den neuen Gesellschaftsvertrag oder die Satzung sowie ggf. weitere Belege (z. B. Prüfungsbericht, Gläubigerschutzmaßnahmen), enthalten. Erst durch die Eintragung werden Rechte und Pflichten aus der alten Rechtsform auf die neue überführt, was auch für das Gesellschaftsvermögen und bestehende Verträge gilt. Gleichzeitig wird die Öffentlichkeit durch die Handelsregistereintragung über den Formwechsel informiert und Rechtsklarheit geschaffen. Auch Dritte können sich auf die Wirksamkeit des Formwechsels verlassen, sobald die Eintragung erfolgt ist.

Welche Mitteilungspflichten sind beim Formwechsel zu erfüllen?

Beim Formwechsel bestehen diverse Mitteilungspflichten gegenüber verschiedenen Adressaten. Innerhalb der Gesellschaft müssen alle Gesellschafter frühzeitig und umfassend über den geplanten Formwechsel informiert werden, gegebenenfalls mit Vorlage eines ausführlichen Umwandlungsberichts, falls dieser nach Gesellschaftsform verpflichtend ist. Darüber hinaus müssen externe Stellen informiert werden: Insbesondere sind das Handelsregister, ggf. Steuerbehörden sowie Sozialversicherungsträger zu benachrichtigen. Besonders wichtig ist die Veröffentlichung des Formwechsels im elektronischen Bundesanzeiger sowie die Information der Gläubiger, die über ihre Rechte aufgeklärt werden müssen. Dies ist Teil der umfassenden Publizität, die als Schutzinstrument für Dritte und insbesondere Gläubiger dient.

Welche Auswirkungen hat ein Formwechsel auf bestehende Verträge und Mitarbeiter?

Ein Formwechsel bewirkt grundsätzlich keine Änderung in der Identität der Gesellschaft – es handelt sich um sog. „Identitätswahrung“ (Grundsatz der Kontinuität). Die Gesellschaft bleibt Trägerin aller Rechte und Pflichten; sämtliche bestehenden Verträge, Genehmigungen und auch Arbeitsverhältnisse bestehen unverändert fort, lediglich unter der neuen Rechtsform. Es findet kein schuldrechtlicher Übergang, sondern eine Fortsetzung in neuer Rechtsform statt, sodass Zustimmungserfordernisse Dritter in der Regel nicht auslösbar sind. Arbeitsverhältnisse genießen durch § 613a BGB außerdem besonderen Bestandsschutz: Rechte und Pflichten bleiben vollständig erhalten, ohne dass eine Beendigung oder Änderung erforderlich wäre. Betriebsratsstrukturen sind allerdings zu überprüfen, da diese sich je nach Rechtsform und Betriebsgröße ändern können.

Können Gesellschafter beim Formwechsel ausscheiden, und wie ist deren Abfindung geregelt?

Gesellschaftern steht bei bestimmten Formwechseln ein Austrittsrecht, das sogenannte Sonderkündigungsrecht, zu. So besteht beispielsweise bei der Umwandlung einer GmbH in eine AG die Möglichkeit, dass nicht zustimmende Gesellschafter ausscheiden können (§ 207 UmwG). In diesen Fällen ist ein Anspruch auf eine angemessene Abfindung vorgesehen. Die Höhe der Abfindung richtet sich regelmäßig nach dem Wert des Gesellschaftsanteils, der durch einen Gutachter festgestellt wird. Die Modalitäten und Fristen für die Geltendmachung des Abfindungsanspruchs sowie die Auszahlung sind im UmwG detailliert geregelt. Zumeist ist der Anspruch bereits mit Eintragung des Formwechsels fällig; etwaige Streitigkeiten über die Abfindungshöhe können vor Gericht oder durch Schiedsgutachten geklärt werden.

Welche steuerlichen Aspekte sind im Zusammenhang mit dem Formwechsel zu berücksichtigen?

Obwohl der Formwechsel gesellschaftsrechtlich eine identitätswahrende Umwandlung ist, sind umfangreiche steuerliche Vorschriften zu beachten. Nach dem Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) können beim Formwechsel je nach Ausgangs- und Zielrechtsform stille Reserven aufgedeckt und somit steuerpflichtig werden. Ein Beispiel ist der Formwechsel von einer Personengesellschaft zu einer Kapitalgesellschaft, was zu einer fiktiven Veräußerung und Besteuerung stiller Reserven führen kann. Es gibt jedoch steuerliche Begünstigungen und Wahlrechte, etwa die Möglichkeit der Fortführung von Buchwerten unter bestimmten Voraussetzungen, um eine sofortige Besteuerung zu vermeiden. Wichtig ist, die geplante Umwandlung frühzeitig mit Steuerberatern abzustimmen, um steuerliche Nachteile auszuschließen oder zu minimieren. Ferner lösen der Formwechsel und die daran anknüpfenden Änderungen oftmals zusätzliche Melde- und Erklärungspflichten gegenüber dem Finanzamt aus.