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Formelles Gesetz


Definition und Begriff des Formellen Gesetzes

Ein formelles Gesetz bezeichnet im deutschen und zahlreichen anderen Rechtssystemen ein Gesetz, das von dem dazu durch die Verfassung ermächtigten Organ – in Deutschland der Gesetzgeber, also insbesondere Bundestag und gegebenenfalls Bundesrat – in einem formellen Gesetzgebungsverfahren erlassen wird. Es ist von dem sogenannten materiellen Gesetz zu unterscheiden, das inhaltlich allgemeine und abstrakte Regelungen bezweckt, unabhängig davon, durch welche Instanz es erlassen wurde.

Das formelle Gesetz erfüllt somit primär methodische Kriterien im Hinblick auf das Verfahren und auf das gesetzgebende Organ, während es für das materielle Gesetz auf den Inhalt und die allgemeine Geltung ankommt.

Rechtliche Grundlagen des Formellen Gesetzes

Verfassungsrechtlicher Rahmen

Formelle Gesetze sind im Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland fest verankert. Art. 76 bis 82 GG regeln das Gesetzgebungsverfahren, das von der Einbringung eines Gesetzesentwurfs über die parlamentarische Beratung bis zur Ausfertigung durch den Bundespräsidenten reicht.

Gesetzgebungszuständigkeit

Die Zuständigkeit für den Erlass von Gesetzen ergibt sich aus dem Grundgesetz. Die wichtigsten Gesetzgebungsorgane sind:

  • Bundestag: Zentrale Volksvertretung und primäres Gesetzgebungsorgan.
  • Bundesrat: Vertretung der Länder, Mitwirkung insbesondere bei zustimmungsbedürftigen Gesetzen.
  • Bundespräsident: Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen.

Formelles Gesetzgebungsverfahren

Das formelle Gesetz durchläuft ein mehrstufiges Verfahren, das folgende Schritte umfasst:

  1. Gesetzesinitiative: Vorschlagsrecht für Gesetze besitzen Bundesrat, Bundesregierung und Mitglieder des Bundestages (Fraktionen oder mindestens 5 % der Abgeordneten).
  2. Beratung und Beschlussfassung: Mehrmalige Lesungen und Beratungen in Bundestagsausschüssen und im Plenum, ggf. Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat.
  3. Mitwirkung des Bundesrates: Je nach Gesetzestyp (Einspruchsgesetz, Zustimmungsgesetz) unterschiedlich stark.
  4. Ausfertigung und Verkündung: Nach Abschluss aller parlamentarischen Beratungen zeichnet der Bundespräsident das Gesetz und ordnet seine Verkündung im Bundesgesetzblatt an.

Abgrenzung zu materiellen Gesetzen

Ein formelles Gesetz zeichnet sich durch seine Herkunft vom parlamentarischen Gesetzgeber aus, während das materielle Gesetz durch abstrakt-generelle Regelungen von Rechtsverhältnissen charakterisiert wird. Ein formelles Gesetz kann auch Verwaltungsvorgänge oder Einzelregelungen betreffen und muss nicht zwingend materielles Gesetz sein.

Funktionen und Bedeutung des Formellen Gesetzes

Rechtsstaatsprinzip und Gesetzesvorbehalt

Formelle Gesetze erfüllen eine elementare Funktion im Rechtsstaat. Sie stellen sicher, dass wesentliche staatliche Eingriffe und Regelungen der parlamentarischen Kontrolle unterliegen. Das Rechtsstaatsprinzip verlangt insbesondere für Grundrechtseingriffe eine formell-gesetzliche Grundlage (Vorbehalt des Gesetzes). Dies dient der demokratischen Legitimation und Transparenz staatlichen Handelns.

Gesetzgebungsbindung der Verwaltung und Justiz

Sämtliche Behörden und Gerichte sind an die durch das formelle Gesetz geschaffenen Normen gebunden (Art. 20 Abs. 3 GG). Dadurch wird der Vorrang und die Bindungswirkung des formellen Gesetzes im staatsorganisatorischen Gefüge deutlich.

Kontrolle und Rechtsschutz

Formelle Gesetze unterliegen der Kontrolle durch das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 93 GG und können auf ihre Verfassungsmäßigkeit überprüft werden. Sie bieten hierdurch wesentliche Justiziabilität und gewährleisten Rechtsschutz gegenüber staatlichen Maßnahmen.

Arten und Beispiele formeller Gesetze

Arten von formellen Gesetzen

  • Bundesgesetze: Erlassen durch den Bundestag (und ggf. mit Zustimmung des Bundesrats).
  • Landesgesetze: Von den jeweiligen Landesparlamenten gemäß Landesverfassungen erlassen.

Beispiele für formelle Gesetze

  • Grundgesetz (GG): Das zentrale Verfassungsdokument als formelles Gesetz.
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Kodifizierung des Zivilrechts, typisch für den Norminhalt eines formellen und materiellen Gesetzes.
  • Bundeshaushaltsgesetz: Regelt ausschließlich und jedes Jahr neu die staatlichen Haushaltsausgaben, in der Praxis meist ein formelles Gesetz ohne abstrakt-generellen Regelungsgehalt.

Verhältnisse des Formellen Gesetzes zu anderen Rechtsquellen

Verhältnis zu Rechtsverordnungen und Satzungen

Rechtsverordnungen und Satzungen stehen im Rang unterhalb des formellen Gesetzes. Sie dürfen nur innerhalb der Grenzen und auf Grundlage eines formellen Gesetzes erlassen werden (sogenannte Ermächtigungsgrundlage). Das formelle Gesetz fun­giert dabei als wesentliche Legitimationsquelle und Schranke für die Exekutive.

Überordnung in der Normenhierarchie

Das formelle Gesetz ist nach der Verfassung die höchste Rechtsquelle der Bundesrepublik Deutschland, unterhalb der Verfassung selbst. Alle nachrangigen Rechtsnormen müssen mit den Bestimmungen des formellen Gesetzes übereinstimmen.

Formelles Gesetz im internationalen Vergleich

Auch andere parlamentarisch organisierte Staaten kennen das Konzept des formellen Gesetzes. Das genaue Gesetzgebungsverfahren, die Bezeichnung der gesetzgebenden Organe und die zugrunde liegenden verfassungsrechtlichen Vorgaben unterscheiden sich allerdings je nach nationalem Recht. International wird häufig zwischen „Act of Parliament“ (Großbritannien) oder „Loi formelle“ (Frankreich) sowie dem materiellen Gesetz unterschieden.

Literatur und weiterführende Informationen

  • Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (GG)
  • Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG)
  • Lehrbücher zum Staats- und Verfassungsrecht, insbesondere zur Gesetzgebungslehre

Dieser Beitrag erläutert den Begriff des formellen Gesetzes aus umfassender rechtswissenschaftlicher Perspektive und stellt zentrale Strukturen, Prinzipien und Verfahren dar, die im Zusammenhang mit dem formellen Gesetz stehen. Die klare Unterscheidung zu anderen Rechtsformen, der verfassungsrechtliche Rahmen sowie die Bedeutung für Rechtsstaat und Demokratie werden detailliert beleuchtet.

Häufig gestellte Fragen

Wie unterscheidet sich das formelle Gesetz vom materiellen Gesetz im rechtlichen Kontext?

Das formelle Gesetz unterscheidet sich vom materiellen Gesetz primär hinsichtlich der Entstehung und des rechtlichen Verfahrens. Ein formelles Gesetz ist eine Rechtsnorm, die im verfassungsrechtlich vorgesehenen Gesetzgebungsverfahren von den zuständigen Gesetzgebungsorganen (in Deutschland meist Bundestag und Bundesrat) erlassen wird. Dabei steht die Form der Entstehung im Vordergrund, unabhängig davon, welchen Regelungsinhalt das Gesetz tatsächlich hat. Materielle Gesetze hingegen sind alle staatlichen Anordnungen, die für eine unbestimmte Vielzahl von Personen generell-abstrakte Regelungen treffen – hierzu zählen auch Verordnungen und Satzungen, die jedoch häufig nicht im formellen Gesetzgebungsverfahren entstehen. Formelle Gesetze sind also immer parlamentarisch beschlossene Gesetze, wie beispielsweise das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) oder das Strafgesetzbuch (StGB), während materielle Gesetze inhaltlich auf die Allgemeinheit wirken, jedoch auch von anderen Stellen als dem Parlament erlassen werden können.

Welche Organe sind an der Schaffung formeller Gesetze beteiligt?

Im deutschen Rechtssystem sind an der Schaffung formeller Gesetze verschiedene verfassungsmäßige Organe beteiligt. Das wichtigste Gesetzgebungsorgan ist der Deutsche Bundestag, der die Gesetzesinitiative prüft, berät und verabschiedet. Je nach Gesetzgebungsbereich ist auch der Bundesrat beteiligt, der insbesondere bei Zustimmungsgesetzen eine wesentliche Rolle spielt. Die Bundesregierung oder der Bundesrat selbst können ebenfalls Gesetzesinitiativen einbringen. Nach der Beschlussfassung wird das Gesetz dem Bundespräsidenten zur Ausfertigung vorgelegt. Erst mit der Verkündung im Bundesgesetzblatt tritt das formelle Gesetz in Kraft. Das genaue Verfahren ist im Grundgesetz geregelt und stellt sicher, dass das Gesetzgebungsverfahren demokratisch und rechtsstaatlich abläuft.

Kann ein formelles Gesetz verfassungswidrig sein und was sind die Folgen?

Ja, ein formelles Gesetz kann verfassungswidrig sein, wenn es gegen höherrangiges Recht, insbesondere das Grundgesetz, verstößt. Dies kann beispielsweise dann der Fall sein, wenn das Gesetz Grundrechte verletzt oder das Gesetzgebungsverfahren nicht ordnungsgemäß eingehalten wurde. Die Feststellung der Verfassungswidrigkeit obliegt dem Bundesverfassungsgericht. Erklärt das Bundesverfassungsgericht ein formelles Gesetz für nichtig, so verliert es rückwirkend seine Gültigkeit (Nichtigkeit). Das Gesetz darf dann von Gerichten und Behörden nicht mehr angewendet werden. In bestimmten Fällen kann das Bundesverfassungsgericht die Fortgeltung des Gesetzes für einen Übergangszeitraum anordnen, um Regelungslücken zu vermeiden.

Welche Bedeutung hat das formelle Gesetz im Rangverhältnis der Rechtsnormen?

Im deutschen Rechtssystem steht das formelle Gesetz im Rang direkt unterhalb der Verfassung (Grundgesetz) und oberhalb der Rechtsverordnungen und Satzungen. Das bedeutet, dass formelle Gesetze nur durch Gesetze aufgehoben oder geändert werden können, die denselben Rang besitzen und im selben Verfahren zustande gekommen sind. Rechtsverordnungen und Satzungen dürfen formelle Gesetze nicht widersprechen und müssen sich an deren Bestimmungen orientieren. Sollte ein Konflikt zwischen einer Rechtsverordnung und einem formellen Gesetz bestehen, so geht das Gesetz als höherrangige Norm vor. Dieses Hierarchieverhältnis wird als Normenpyramide bezeichnet.

Wie erfolgt die Publikation und das Inkrafttreten formeller Gesetze?

Die Publikation formeller Gesetze ist ein essentieller Schritt im Gesetzgebungsverfahren. Nach der Ausfertigung durch den Bundespräsidenten wird das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Erst mit dieser Veröffentlichung erlangt das Gesetz Rechtskraft und kann von Behörden, Gerichten und Bürgern beachtet und angewendet werden. Das Gesetz tritt in der Regel am Tag nach seiner Verkündung in Kraft, sofern nicht ein anderer Zeitpunkt im Gesetz selbst festgelegt ist. Die ordnungsgemäße Publikation ist Voraussetzung dafür, dass das Gesetz verbindlich wird; unterbleibt sie, entfaltet das Gesetz keine Rechtswirkungen.

Können formelle Gesetze rückwirkend erlassen werden?

Grundsätzlich ist die Rückwirkung von Gesetzen im deutschen Recht aus Gründen des Rechtsstaatsprinzips eingeschränkt. Eine echte Rückwirkung liegt vor, wenn ein Gesetz nachträglich in abgeschlossene, bereits der Vergangenheit angehörende Lebenssachverhalte eingreift, und ist grundsätzlich unzulässig. Eine unechte Rückwirkung, bei der das Gesetz auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte mit Wirkung für die Vergangenheit eingreift, kann hingegen ausnahmsweise zulässig sein, wenn zwingende Gründe des Gemeinwohls dies erfordern und das Vertrauen der Betroffenen auf die bestehende Rechtslage nicht schutzwürdig ist. Über die Zulässigkeit der Rückwirkung befinden letztlich die Gerichte, insbesondere das Bundesverfassungsgericht.

Gibt es Unterschiede bei formellen Gesetzen auf Bundes- und Landesebene?

Ja, im föderalen System Deutschlands gibt es sowohl formelle Bundesgesetze als auch formelle Landesgesetze. Während das Verfahren und die Zuständigkeiten auf Bundesebene im Grundgesetz verankert sind (z.B. Bundestag, Bundesrat), ist die Gesetzgebung auf Landesebene in den jeweiligen Landesverfassungen geregelt. Die Landesparlamente (z.B. Landtage) sind die Organe, die Landesgesetze im formellen Verfahren beschließen. Auch auf Landesebene müssen bestimmte formelle Anforderungen und Verfahren eingehalten werden, sie unterscheiden sich jedoch im Detail in Abhängigkeit von der jeweiligen Landesverfassung. Grundsätzlich sind die formellen Landesgesetze den Landesverordnungen übergeordnet und müssen im Rahmen der Bundesverfassung ergehen.