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Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger


Rechtsgrundlagen der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger

Die „Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger“ ist eine strafrechtliche Tatbestandsgruppe im deutschen Recht, die insbesondere dem Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexuellen Gefährdungen und Übergriffen dient. Sie ist vor allem im deutschen Strafgesetzbuch (StGB) geregelt und betrifft das gezielte Herbeiführen, Begünstigen oder Unterstützen von sexuellen Handlungen durch Minderjährige, also Personen unter 18 Jahren. Der rechtliche Rahmen differenziert dabei nach Alter, Intensität der Handlung, Täterschaft und möglichen Schutzmaßstäben.

Tatbestand der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger

Definition

Die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger umfasst nach § 174 Absatz 1 und § 176 ff. StGB Handlungen, durch die einer Person unter 18 Jahren auf irgendeine Weise geholfen, sie angestiftet, unterstützt oder dazu animiert wird, sexuelle Handlungen vorzunehmen oder an sich vornehmen zu lassen. Dies kann sowohl aktiv (z. B. durch Anregen oder Organisieren) als auch passiv (z. B. durch Duldung oder Unterlassen eines Einschreitens in Garantenstellung) erfolgen.

Rechtsquellen

Zentrale Vorschriften im deutschen Recht sind:

  • § 174 StGB: Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen
  • § 176 StGB: Sexueller Missbrauch von Kindern
  • § 176a StGB: Schwerer sexueller Missbrauch von Kindern
  • § 180 StGB: Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger
  • § 182 StGB: Sexueller Missbrauch von Jugendlichen

Von besonderer Bedeutung für die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger ist § 180 StGB.

§ 180 StGB: Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger

Tatbeschreibung

Nach § 180 StGB macht sich strafbar, wer eine Person unter 18 Jahren zu sexuellen Handlungen anstiftet, sie dazu bestimmt oder fördert, insbesondere indem er den Kontakt zu anderen Personen herbeiführt oder erleichtert. Dies umfasst z. B. das Verschaffen von Gelegenheiten zur Anbahnung sexueller Kontakte, die stillschweigende Duldung von Prostitution Minderjähriger oder auch das Unterlassen von Schutzmaßnahmen als Verantwortlicher im Rahmen von Erziehungs-, Ausbildungs- oder Betreuungsverhältnissen.

Täterkreis

Tatbeteiligte können natürliche Personen, Erziehungsberechtigte, Aufsichtspersonen sowie Dritte sein, die eine Förderungshandlung im Sinne des Gesetzes vornehmen. Eine Beteiligung kann sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig erfolgen, letztere jedoch nur unter eingeschränkten Voraussetzungen.

Schutzgut

Schutzgut der Vorschrift ist das sexuelle Selbstbestimmungsrecht und die ungestörte Entwicklung Minderjähriger, insbesondere von Kindern und Jugendlichen in ihrer psychischen und physischen Integrität.

Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger grenzt sich insbesondere gegenüber dem direkten sexuellen Missbrauch (§ 176, § 182 StGB) und der Ausbeutung in Abhängigkeitsverhältnissen (§ 174 StGB) ab. Im Unterschied zu diesen Straftatbeständen steht bei § 180 StGB primär das Unterstützungshandeln im Mittelpunkt, während bei den anderen Normen die unmittelbare Tatbegehung im Vordergrund steht.

Strafzumessung und Strafrahmen

Im Falle einer Verurteilung nach § 180 StGB drohen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Liegen besonders schwere Umstände vor, etwa bei gewerbs- oder bandenmäßiger Tat, kann eine Strafschärfung erfolgen. Das einfache Unterstützen oder Dulden kann mit einem Jahr Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe geahndet werden.

Versuch, Täterschaft, Teilnahme und Unterlassung

Auch der Versuch der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger ist strafbar. Es können sowohl Täter als auch Mittäter, Anstifter und Gehilfen belangt werden. Unterlassungen sind unabhängig von der aktiven Förderung unter bestimmten Voraussetzungen gleichwertig strafbar, sofern eine besondere Rechtspflicht zum Handeln bestand (zum Beispiel bei Eltern, Lehrkräften, Betreuern).

Opferkreis: Definition des Minderjährigen

Minderjährige sind nach gesetzlicher Definition Personen, die das achtzehnte Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Innerhalb der Vorschriften existiert eine Feinabstufung:

  • Kinder: Personen unter 14 Jahren
  • Jugendliche: Personen von 14 bis unter 18 Jahren

Besonders strenge Schutzbestimmungen gelten für Handlungen zum Nachteil von Kindern.

Verhältnis zu anderen Rechtsgebieten

Familienrecht

Die strafrechtlichen Regelungen zur Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger können familienrechtliche Maßnahmen wie den Entzug der elterlichen Sorge (§ 1666 BGB) nach sich ziehen.

Opfer- und Zeugenschutz

Spezielle Vorschriften sichern die Interessen und den Schutz betroffener Minderjähriger im Ermittlungs- und Strafverfahren (§ 241b StPO, psychosoziale Prozessbegleitung).

Internationales Recht

Zusätzlich zu den nationalen Vorschriften sind verschiedene internationale Abkommen, wie die Kinderrechtskonvention der Vereinten Nationen und die Lanzarote-Konvention des Europarates, Grundlage für weitere Schutzmaßnahmen zum Wohl Minderjähriger.

Strafprozessuale Besonderheiten

Minderjährige Opfer werden im Ermittlungs- und Gerichtsverfahren besonders geschützt. Dies beinhaltet ein Fragerecht unter Berücksichtigung des Alters, die Möglichkeit zur Videovernehmung sowie Begleitung durch Vertrauenspersonen.

Prävention und Maßnahmen

Neben den Strafvorschriften bestehen zahlreiche präventive Maßnahmen, die das Risiko von Förderhandlungen minimieren sollen. Hierzu zählen Erziehungsmaßnahmen, Aufklärungskampagnen, Schulungen in pädagogischen Einrichtungen und Kinderschutzkonzepte.

Zusammenfassung

Die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger umfasst sämtliche Handlungen, die darauf abzielen, einen minderjährigen Menschen zu sexuellen Handlungen zu bestimmen, zu begünstigen oder zu unterstützen. Der Gesetzgeber schützt dabei sowohl das Rechtsgut der sexuellen Selbstbestimmung als auch die gesunde Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Die Vorschriften sind in ihrer Anwendung strikt auszulegen und unterliegen einer differenzierten Betrachtung hinsichtlich Täterkreis, Opferkreis, Strafmaß und ergänzender Schutzmaßnahmen. Die rechtlichen Bestimmungen werden durch internationale Abkommen und nationale Präventionsprogramme ergänzt und fortlaufend weiterentwickelt.


Siehe auch:

Häufig gestellte Fragen

Welche Strafen drohen bei der Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger?

Im deutschen Strafrecht wird die Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger nach § 174 StGB ff. sowie insbesondere § 180 StGB geregelt. Wer wissentlich und willentlich darauf hinwirkt, dass eine Minderjähriger sexuelle Handlungen vornimmt, duldet oder an sich geschehen lässt, macht sich strafbar. Die gesetzliche Strafe reicht dabei von Geldstrafe bis hin zu Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren. Erfolgt die Förderung gewerbsmäßig oder zugunsten einer dritten Person, kann das Strafmaß sogar noch höher liegen. Es ist unerheblich, ob letztlich eine sexuelle Handlung tatsächlich vollzogen wurde; schon die Förderung an sich ist strafbar. In besonders schweren Fällen, etwa wenn eine Nötigung oder eine Ausnutzung einer Zwangslage vorliegt, sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr vor.

Gibt es Unterschiede bei der Strafbarkeit je nach Alter der beteiligten Minderjährigen?

Ja, das Strafrecht unterscheidet zwischen Kindern (unter 14 Jahren) und Jugendlichen (14 bis unter 18 Jahren). Die Förderung sexueller Handlungen an Kindern ist dabei besonders streng geregelt (§ 176 StGB), und jede Förderung ist unabhängig vom Einverständnis des Kindes oder dessen Reifegrad unter Strafe gestellt. Bei Jugendlichen ab 14 Jahren hängt die Strafbarkeit unter § 180 StGB davon ab, ob die sexuelle Selbstbestimmung des Jugendlichen durch die Förderung gefährdet wird. Entscheidend ist die Fähigkeit zur freien Willensbildung und ob eine Beeinflussung oder Ausnutzung vorliegt. Bei Jugendlichen gelten also etwas differenzierte Kriterien, die der Einzelfallbetrachtung unterliegen.

Ist ein Versuch bereits strafbar oder muss die Förderung zum Erfolg führen?

Bereits der Versuch, sexuelle Handlungen Minderjähriger zu fördern, ist gemäß § 180 Abs. 3 StGB strafbar. Das bedeutet, dass strafverfolgt werden kann, wer konkrete Schritte unternimmt, um eine entsprechende Handlung herbeizuführen, selbst wenn es letztlich nicht zur Durchführung der sexuellen Handlung kommt. Das Strafmaß orientiert sich dabei grundsätzlich an dem des vollendeten Delikts, wobei bei Versuch je nach Gefährdungsgrad und Tatintensität ein gewisses Ermessen besteht. Die Strafbarkeit setzt voraus, dass der Täter mit Vorsatz handelt und die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten hat.

Welche Rolle spielt das Einverständnis des minderjährigen Opfers?

Das Einverständnis des Minderjährigen ist – insbesondere bei Kindern unter 14 Jahren – rechtlich unerheblich. Hier schützt das Gesetz die Unversehrtheit und Entwicklung der Minderjährigen unabhängig von deren subjektiver Zustimmung. Bei Jugendlichen ab 14 Jahren kann das Einverständnis in der Einzelfallbetrachtung ein Aspekt sein, der das Ausmaß der Gefährdung der sexuellen Selbstbestimmung beeinflusst, stellt jedoch keine allgemeingültige Rechtfertigung dar. Vor allem bei Abhängigkeitsverhältnissen (zum Beispiel Lehrer-Schüler-Verhältnis) bleibt die Handlung sowohl moralisch als auch strafrechtlich relevant.

Gibt es Ausnahmen oder Rechtfertigungsgründe, die eine Strafbarkeit ausschließen könnten?

Eine Strafbarkeit wegen Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger kann im Ausnahmefall entfallen, wenn ein Rechtfertigungsgrund greift, etwa im Rahmen eng ausgelegter Aufklärungs- oder Präventionsmaßnahmen durch Erziehungsberechtigte, wobei auch hier enge Grenzen gesetzt sind. Einvernehmliche sexuelle Kontakte unter gleichaltrigen Jugendlichen werden grundsätzlich nicht geahndet, solange keine Ausnutzung einer Zwangslage oder ein Abhängigkeitsverhältnis vorliegt. Im Zweifel wird allerdings stets geprüft, ob wirklich keine Gefährdung der sexuellen Selbstbestimmung gegeben war. Weiterhin ist zu beachten, dass auch ein Irrtum über das Alter des Opfers im Regelfall nicht entschuldigt; eine sorgfältige Überprüfung ist hier verpflichtend.

Welche Mitteilungs- und Meldepflichten bestehen für Verdachtsfälle?

Personen, die beruflich oder ehrenamtlich mit Minderjährigen arbeiten, wie Lehrer, Sozialarbeiter oder Vereinsbetreuer, unterliegen zurzeit keiner generellen strafrechtlichen Meldepflicht bei Verdacht auf Förderung sexueller Handlungen Minderjähriger. Allerdings ergeben sich Melde- und Anzeigepflichten aus anderen Rechtsvorschriften, etwa aus dem Kinderschutzgesetz sowie dem SGB VIII. Eine Meldung an das Jugendamt oder geeignete Behörden kann verpflichtend werden, sobald das Kindeswohl gefährdet erscheint. Unterlassene Meldungen können arbeits- oder dienstrechtliche Konsequenzen, in besonders gravierenden Fällen auch strafrechtliche Folgen wegen unterlassener Hilfeleistung nach sich ziehen.