Legal Lexikon

Firmenwert


Definition und Begriff des Firmenwerts

Der Firmenwert, auch als „Goodwill“ bezeichnet, ist ein immaterieller Vermögenswert, der im Rahmen von Unternehmensbewertungen und Unternehmensübernahmen eine wesentliche Rolle spielt. Er stellt die Differenz zwischen dem Kaufpreis eines Unternehmens und dem Marktwert seiner einzeln bewerteten Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten dar. Der Firmenwert umfasst zahlreich nicht einzeln identifizier- oder bewertbare Faktoren wie Image, Kundenstamm, Mitarbeiterqualifikation, Organisationsstruktur oder Marktposition.

Firmenwert im deutschen Recht

Begriffliche Abgrenzung

Im deutschen Rechtsraum findet sich der Begriff „Firmenwert“ sowohl im Handelsrecht als auch im Steuerrecht. Während im allgemeinen Sprachgebrauch und Rechnungswesen oft die Begriffe „Firmenwert“ und „Goodwill“ synonym verwendet werden, differenziert die rechtliche Betrachtung zwischen dem originären und dem derivativen Firmenwert:

  • Originärer Firmenwert: Dieser entsteht im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit und ist nicht bilanziell aktivierungsfähig.
  • Derivativer Firmenwert: Wird im Zuge eines Unternehmenserwerbs gegen Entgelt sichtbar und darf unter bestimmten Voraussetzungen aktiviert werden.

Handelsrechtliche Regelungen (§§ 246, 255 HGB)

Bilanzierung des Firmenwerts

Das Handelsgesetzbuch (HGB) unterscheidet zwischen dem originären und dem derivativen Firmenwert. Nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB darf ein selbst geschaffener Firmenwert (originärer Goodwill) nicht aktiviert werden. Demgegenüber regelt § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB für den derivativen Firmenwert, dass dieser als immaterieller Vermögensgegenstand zu aktivieren ist, wenn er entgeltlich erworben wurde, etwa im Rahmen eines Unternehmenszukaufs.

Bewertung und Abschreibung

Die Bewertung des derivativen Firmenwerts erfolgt nach Maßgabe des § 255 Abs. 4 HGB, wonach der Firmenwert mit den Anschaffungskosten anzusetzen ist. Handelsrechtlich ist der aktivierte Firmenwert planmäßig über einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren abzuschreiben (§ 253 Abs. 3 Satz 3 HGB), sofern die Nutzungsdauer nicht verlässlich geschätzt werden kann.

Außerplanmäßige Abschreibungen

Sollte der erwartete Nutzen des Firmenwerts dauerhaft gemindert sein, ist eine außerplanmäßige Abschreibung nach § 253 Abs. 3 Satz 5 HGB durchzuführen.

Steuerliche Behandlung des Firmenwerts

Steuerrechtliche Aktivierung

Im Steuerrecht wird grundsätzlich ebenfalls nur der derivative Firmenwert anerkannt (§ 5 Abs. 2 EStG). Ein originärer Firmenwert ist steuerlich nicht aktivierungsfähig.

Abschreibung im Steuerrecht

Nach § 7 Abs. 1 Satz 3 EStG ist der derivative Firmenwert über 15 Jahre linear abzuschreiben. Eine kürzere Abschreibungsdauer ist nach Auffassung der Finanzverwaltung nicht zulässig.

Auswirkungen auf die Steuerbilanz

Die steuerliche Aktivierung und Abschreibung des Firmenwerts führt zu korrespondierenden Aufwendungen in der steuerlichen Gewinnermittlung und beeinflusst somit die Höhe der steuerlichen Belastung.

Firmenwert bei Unternehmensübertragungen

Asset Deal versus Share Deal

Beim Unternehmensverkauf werden je nach Übertragungsform unterschiedliche Rechtsfolgen für den Firmenwert ausgelöst:

  • Asset Deal: Der Unternehmenskäufer erwirbt einzelne Vermögensgegenstände und Verbindlichkeiten. Ein etwaig entstehender Als-Ob-Firmenwert (Goodwill) wird regelmäßig als derivativer Firmenwert aktiviert.
  • Share Deal: Der Anteilserwerb an einer Gesellschaft begründet grundsätzlich keinen aktivierungsfähigen Firmenwert, da auf Ebene der Gesellschaft kein Erwerb vorliegt. Ausnahmen bestehen bei Konzernabschlüssen.

Firmenwert im Konzernabschluss

Nach den Vorgaben des § 301 HGB und internationalen Rechnungslegungsstandards (wie IFRS 3) wird der beim Anteilserwerb entstehende Firmenwert im Konzernabschluss als immaterieller Vermögensgegenstand ausgewiesen und nach spezifischen Regeln behandelt.

Internationale Vorschriften zum Firmenwert

IFRS (International Financial Reporting Standards)

Nach IFRS darf ein selbst geschaffener Firmenwert nicht aktiviert werden. Ein beim Unternehmenserwerb entstandener (derivativer) Goodwill wird aktiviert, jedoch nicht planmäßig abgeschrieben. Stattdessen ist er mindestens einmal jährlich einem sogenannten Impairment-Test zu unterziehen (IAS 36), mit dem geprüft wird, ob eine Wertminderung vorliegt.

US-GAAP

Die US-amerikanischen Rechnungslegungsstandards (US-GAAP) behandeln den Firmenwert im Wesentlichen ähnlich wie die IFRS. Nach US-GAAP ist der Firmenwert nicht planmäßig abzuschreiben, sondern es erfolgen regelmäßig Wertminderungstests (Impairment-Test).

Firmenwert in der Insolvenz und Haftung

Der Firmenwert erfährt in Krisensituationen sowie bei Insolvenz eine besondere Bedeutung. Im Insolvenzverfahren ist der Firmenwert mit sämtlichen anderen Komponenten Teil der Massebewertung. Beim Unternehmensverkauf aus der Insolvenz ist zu beachten, dass nur der tatsächlich erzielbare Wert maßgeblich ist und die Fortführungsfähigkeit des Unternehmens eine bedeutende Rolle spielt.

In Haftungssachverhalten, etwa bei Verstoß gegen Bilanzierungsvorschriften oder fehlerhafte Bewertungsansätze infolge unterlassener Firmenwertabschreibungen, können sich zivilrechtliche oder strafrechtliche Konsequenzen ergeben.

Firmenwert in anderen Rechtsgebieten

Wettbewerbsrecht

Der Firmenwert kann mittelbar auch wettbewerbsrechtliche Relevanz entfalten, insbesondere im Kontext von unlauterem Wettbewerb gemäß UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb), wenn durch rufschädigendes Verhalten Dritter wirtschaftliche Nachteile entstehen.

Gesellschaftsrecht

Im Gesellschaftsrecht ist der Firmenwert unter anderem im Rahmen der Bewertung bei Umwandlungen, Verschmelzungen und Spaltungen nach dem Umwandlungsgesetz von Bedeutung.

Zusammenfassung und Bedeutung

Der Firmenwert bildet einen zentralen Begriff im deutschen Handels-, Steuer- und Rechnungslegungsrecht. Seine zutreffende Definition, bilanziellen Behandlung und Bewertung sind von sowohl wirtschaftlicher als auch rechtlicher Relevanz. Fehlerhafte Erfassung oder Bewertung des Firmenwerts kann erhebliche rechtliche Folgen nach sich ziehen. Durch die Vielzahl der einschlägigen Vorschriften auf nationaler und internationaler Ebene kommt dem Firmenwert eine besondere Bedeutung zu, sowohl bei unternehmerischen Transaktionen als auch bei der laufenden Finanzberichterstattung.

Häufig gestellte Fragen

Wie wird der Firmenwert rechtlich bei der Unternehmensübernahme behandelt?

Im rechtlichen Kontext gilt der Firmenwert (auch Goodwill genannt) im Rahmen einer Unternehmensübernahme als immaterielles Wirtschaftsgut, welches gemäß § 246 Abs. 1 HGB (Handelsgesetzbuch) aktivierungspflichtig ist, sofern dieser entgeltlich erworben wurde. Der Firmenwert wird in diesem Fall als Differenz zwischen dem Kaufpreis für das Unternehmen und dem Zeitwert der einzelnen identifizierbaren Vermögensgegenstände sowie der übernommenen Schulden berechnet. Nach deutschem Handelsrecht ist der entgeltlich erworbene Firmenwert als selbstständiger Vermögensgegenstand in der Bilanz auszuweisen und gemäß § 253 Abs. 3 Satz 3 HGB planmäßig über einen Zeitraum von höchstens zehn Jahren abzuschreiben, sofern keine verlässliche Nutzungsdauer ermittelt werden kann. Der originäre Firmenwert – also der im eigenen Unternehmen entstandene Firmenwert – darf hingegen nicht aktiviert werden. Im steuerlichen Kontext kann es zu abweichenden Bewertungen kommen, beispielsweise im Hinblick auf Abschreibungszeiträume oder die Voraussetzungen der Aktivierung.

Wie wird der Firmenwert bei der Auseinandersetzung von Gesellschaften berücksichtigt?

Bei der Auflösung oder Beendigung von Gesellschaften (wie der GmbH oder der OHG) ist der Firmenwert bei der Auseinandersetzungsrechnung zu berücksichtigen, vorausgesetzt, ihm wird nach objektiven Maßstäben ein konkreter Wert beigemessen. Hier spielt insbesondere die aktuelle Rechtsprechung eine Rolle, die verlangt, dass auch der immaterielle Firmenwert zur Ermittlung des Auseinandersetzungsguthabens eines ausscheidenden Gesellschafters einzubeziehen ist. Die genaue Bewertungsmethode kann von Gesellschaftsvertrag, Branche und Umständen des Einzelfalls abhängen und muss oftmals durch sachverständige Gutachten oder anhand von Bewertungsmodellen (z.B. Ertragswertmethode) bestimmt werden. Nicht selten führt die Bewertung und Zuteilung des Firmenwerts bei der Auseinandersetzung zu Streitigkeiten zwischen den Parteien, weshalb häufig gerichtliche oder schiedsgerichtliche Entscheidungen in Anspruch genommen werden.

Welche Rolle spielt der Firmenwert im Insolvenzverfahren aus rechtlicher Sicht?

Im Insolvenzverfahren ist der Firmenwert ein wesentlicher Bestandteil der Insolvenzmasse, sofern er nach den Vorschriften des Handelsrechts bilanzierungsfähig ist. Das bedeutet, wenn das insolvente Unternehmen einen aktivierten, entgeltlich erworbenen Firmenwert in der Bilanz ausweist, fällt dieser ebenfalls in die Insolvenzmasse und wird bei der Verwertung im Rahmen der Veräußerung des Unternehmens oder von Unternehmensteilen berücksichtigt. Der Insolvenzverwalter ist nach den §§ 80 ff. InsO berechtigt, über den Firmenwert zu verfügen und diesen zu realisieren, beispielsweise durch einen Asset oder Share Deal. Der erzielte Erlös wird zur Masse gezogen und dient der Befriedigung der Gläubiger.

Welche steuerrechtlichen Besonderheiten gibt es beim Firmenwert?

In steuerrechtlicher Hinsicht ist insbesondere zu beachten, dass der entgeltlich erworbene Firmenwert gemäß § 5 Abs. 2 EStG (Einkommensteuergesetz) als abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut gilt und daher abzuschreiben ist. Die Abschreibung des Firmenwerts muss linear über einen Zeitraum von 15 Jahren erfolgen, unabhängig von der handelsrechtlichen Nutzungsdauer. Der originäre, selbst geschaffene Firmenwert darf steuerrechtlich auch nicht aktiviert und folglich nicht abgeschrieben werden. Bei Betriebsaufgabe oder -veräußerung wird der Firmenwert Teil des Aufgabe- beziehungsweise Veräußerungsgewinns und ist entsprechend zu besteuern.

Welche Pflichten bestehen bei der Bilanzierung und Offenlegung des Firmenwerts?

Kapitalgesellschaften sind gemäß § 264 HGB verpflichtet, den entgeltlich erworbenen Firmenwert in der Bilanz auszuweisen. Im Anhang der Jahresabschlüsse (§ 285 Nr. 13 HGB) müssen zudem Angaben zu den angewandten Abschreibungsdauern und -methoden gemacht werden. Zweck dieser Pflicht ist die Transparenz für Kapitalgeber sowie sonstige Bilanzleser. Fehlerhafte oder unterlassene Aktivierung bzw. Abschreibung des Firmenwerts kann zu bilanziellen Korrekturen und ggf. straf- oder haftungsrechtlichen Konsequenzen für die Geschäftsleitung führen.

Wie ist der Firmenwert im Rahmen des Unternehmenskaufs rechtlich zu schützen?

Der Schutz des Firmenwerts im Rahmen eines Unternehmenskaufs erfolgt vor allem durch vertragliche Gestaltung, insbesondere durch Regelungen zu Wettbewerbsverboten, Kundenschutz und zum Umgang mit wesentlichen Mitarbeitern oder Know-how. Kaufverträge enthalten üblicherweise Garantien und Freistellungsklauseln, um den Wert des gekauften Goodwills abzusichern. Verletzungen dieser Vertragspflichten können zu Schadensersatzansprüchen führen. Darüber hinaus kann der Firmenwert als Bestandteil des Unternehmens durch gewerbliche Schutzrechte (z.B. Markenrechte, Namensrechte) weiter abgesichert werden, sofern seine Werthaltigkeit auf solche Rechte zurückzuführen ist.

Was sind die rechtlichen Folgen bei fehlerhafter Bewertung des Firmenwerts?

Eine fehlerhafte Bewertung des Firmenwerts kann gravierende rechtliche Folgen haben. Überhöhte Aktivierung kann eine Bilanzierungstäuschung darstellen und haftungs- oder gar strafrechtliche Konsequenzen für die Geschäftsführung nach sich ziehen (z.B. wegen Bilanzbetrugs nach § 331 HGB). Unterbewertung kann wiederum die Ausschüttungsfähigkeit von Gewinnen beeinflussen und zu Nachteilen für Gesellschafter führen. In Transaktionsfällen kann eine falsche Bewertung im Nachhinein zu Anfechtungen, Rückabwicklungen oder Schadensersatzforderungen führen. Steuerlich können unzutreffende Werte die Bemessung von Abschreibungen und damit die Steuerlast unzutreffend gestalten, was im Rahmen einer Betriebsprüfung zu Steuernachforderungen und Zinsen führen kann.