Begriff und allgemeine Bedeutung des Festhaltens im Recht
Das Festhalten ist ein rechtlich relevanter Begriff, der insbesondere im Zusammenhang mit der Beschränkung der Bewegungsfreiheit einer Person auftaucht. Er wird sowohl im Strafrecht, Polizeirecht, Zivilrecht als auch im öffentlichen Recht verwendet und beschreibt das erzwungene oder freiwillige Verbleiben einer Person an einem bestimmten Ort gegen oder ohne deren ausdrücklichen Willen. Das Festhalten kann hierbei von natürlichen Personen oder staatlichen Organen vorgenommen werden und ist stets an spezifische gesetzliche Voraussetzungen geknüpft.
Festhalten im Strafrecht
Vorläufige Festnahme durch Privatpersonen (§ 127 Abs. 1 StPO)
Im Bereich des Strafprozessrechts bezeichnet das Festhalten insbesondere die Möglichkeit, eine Person, die bei einer Straftat auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird, vorläufig festzuhalten. Nach § 127 Absatz 1 der Strafprozessordnung (StPO) ist jedermann befugt, eine solche Person bis zum Eintreffen der Polizei festzuhalten, sofern Fluchtgefahr besteht oder die Identität des Täters nicht sofort festgestellt werden kann. Dieses Festhalten ist jedoch nur zulässig, wenn die Voraussetzungen der Norm erfüllt sind und darf nicht über das zur Sicherung notwendige Maß hinausgehen.
Rechtfertigung und Grenzen
Das Festhalten als vorläufige Freiheitsentziehung muss stets verhältnismäßig erfolgen. Übermäßige Gewaltanwendung oder unverhältnismäßige Dauer sind unzulässig. Die einschlägigen Notwehr- und Nothilferegelungen (§§ 32, 34 StGB) sowie das Rechtfertigungsprinzip greifen ebenfalls.
Polizeiliche Maßnahmen zum Festhalten
Neben Privatpersonen sind insbesondere Polizei- und Ordnungsbehörden zum Festhalten befugt, beispielsweise bei einer Festnahme nach erfolgtem Haftbefehl oder zur Verhinderung von Gefahr. Die Staatsschutzvorschriften der Länderpolizeigesetze regeln die Grundsätze des polizeilichen Festhaltens. Die Polizei darf eine Person unter bestimmten Voraussetzungen zur Identitätsfeststellung, Gefahrenabwehr oder Durchsetzung eines Haftbefehls festhalten.
Festhalten nach dem Polizeirecht
Identitätsfeststellung und Gewahrsam
Nach den Landespolizeigesetzen ist das Festhalten erlaubt zur Feststellung der Identität (§ 163b StPO, § 12 PolG NRW), zur Gefahrenabwehr oder zur Durchsetzung eines Platzverweises bzw. einer Durchsuchung. Das Festhalten wird als zeitlich begrenzte Freiheitsbeschränkung verstanden und darf nur solange Bestand haben, wie dies zur Erfüllung des polizeilichen Zwecks erforderlich ist. Wird die Freiheitsentziehung länger andauern, ist die Genehmigung durch einen Richter einzuholen (Richtervorbehalt, Art. 104 GG).
Vorläufiger Gewahrsam
Für länger andauerndes Festhalten (Gewahrsam) bedarf es einer richterlichen Entscheidung, es sei denn, es besteht Gefahr in Verzug. Der Betroffene ist spätestens bis zum Ende des darauffolgenden Tages dem Richter vorzuführen. Dies entspricht einer kontrollierten Einschränkung der Grundrechte, insbesondere des Grundrechts auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2, Art. 104 GG).
Das Festhalten im Zivilrecht
Selbsthilfemaßnahme gemäß § 229 BGB
Das Zivilrecht regelt das Festhalten vor allem im Rahmen der Selbsthilfe (§ 229 BGB). Hiernach darf eine Person einen anderen vorläufig festhalten, wenn dieser beispielsweise dabei ist, sich einer unerlaubten Handlung zu entziehen und unmittelbare staatliche Hilfe nicht rechtzeitig erreichbar ist. Voraussetzung ist stets die Unmöglichkeit zeitnaher Hilfe durch staatliche Behörden sowie das Verhältnismäßigkeitsprinzip.
Besitzwehr und Besitzkehr (§ 859 BGB)
Das Festhalten erlebt auch im Rahmen der Besitzwehr und Besitzkehr nach § 859 BGB Bedeutung. Wird der Besitzer durch verbotene Eigenmacht gestört oder ihm der Besitz entzogen, ist er kurzfristig zur Selbsthilfe berechtigt, etwa indem er den Täter bis zum Eintreffen der Polizei festhält.
Abgrenzung des Festhaltens von anderen Rechtsbegriffen
Unterschied zur Freiheitsentziehung und -beschränkung
Das Festhalten ist von der vollwertigen Freiheitsentziehung, etwa durch Inhaftierung oder Verwahrung in einer geschlossenen Anstalt, zu unterscheiden. Während das Festhalten regelmäßig kurzfristig geschieht und einen konkreten, legitimierten Zweck verfolgt, ist die Freiheitsentziehung deutlich einschneidender und bedarf strengerer rechtlicher Voraussetzungen sowie umfassenden Rechtsschutzes.
Körperliche Gewalt und Festhalten
Das Festhalten als tatsächliche körperliche Einwirkung ist eine Form der körperlichen Gewalt im Sinne des § 240 StGB (Nötigung). Auch der bloße Zwang zum Verbleib an einem bestimmten Ort erfüllt diese Voraussetzung. Rechtswidriges Festhalten kann eine strafbare Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) darstellen oder zivilrechtliche Schadensersatzansprüche auslösen.
Verfassungsrechtliche Aspekte
Schutz der Bewegungsfreiheit
Das Festhalten berührt das Grundgesetz insbesondere im Rahmen des Rechts auf Freiheit der Person (Art. 2 Abs. 2 Satz 2 GG). Eingriffe sind nur bei ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage zulässig, müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und unterliegen richterlicher Kontrolle. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, angemessene rechtliche und tatsächliche Sicherungen gegen Missbrauch vorzusehen.
Richtervorbehalt
Sobald das Festhalten über eine kurzfristige Maßnahme hinausgeht, schreibt Art. 104 GG die Vorlage bei einem Richter zwingend vor. Andernfalls ist die Maßnahme rechtswidrig.
Rechtsschutz bei unrechtmäßigem Festhalten
Gegen rechtswidriges Festhalten stehen dem Betroffenen verschiedene Rechtsschutzmöglichkeiten offen. Hierzu zählen:
- Beschwerde im Polizeirecht
- Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahme
- Schadensersatzforderungen nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG bei Amtspflichtverletzung
- Strafanzeige bei Freiheitsberaubung (§ 239 StGB)
Zusammenfassung
Das Festhalten ist ein im deutschen Recht klar definierter Begriff, der unterschiedliche Bedeutungen und rechtliche Konsequenzen in verschiedenen Rechtsgebieten hat. Gesetzlich bedarf das Festhalten stets einer rechtlichen Grundlage, muss verhältnismäßig erfolgen und unterliegt im Regelfall richterlicher Kontrolle. Jede Form der Einschränkung der Bewegungsfreiheit stellt einen Eingriff in verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen dar und ist daher nur in engen gesetzlichen Grenzen zulässig. Unrechtmäßiges Festhalten kann sowohl strafrechtlich als auch zivilrechtlich verfolgt werden.
Literatur und weiterführende Vorschriften
- Strafgesetzbuch (StGB)
- Strafprozessordnung (StPO), insbesondere § 127 StPO
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), insbesondere §§ 229, 859 BGB
- Polizeigesetze der Länder
- Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Art. 2, Art. 104 GG)
Die genaue Anwendung des Begriffs Festhalten hängt stets von den Umständen des Einzelfalls und dem jeweils anzuwendenden Rechtsgebiet ab.
Häufig gestellte Fragen
Wann ist das Festhalten einer Person nach deutschem Recht zulässig?
Das Festhalten einer Person ist im deutschen Recht grundsätzlich nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. Maßgebliche Rechtsgrundlagen sind § 127 StPO (vorläufige Festnahme durch Jedermann) und ggf. Regelungen des Polizeigesetzes der Länder. Nach § 127 Abs. 1 StPO darf jeder – unabhängig davon, ob er Polizist oder Privatperson ist – eine Person vorläufig festhalten (Anwendung unmittelbaren Zwangs), wenn sie auf frischer Tat betroffen oder verfolgt wird und Fluchtgefahr besteht oder die Identität nicht sofort feststellbar ist. Dies gilt ausdrücklich als Ausnahmeregelung zum Schutz berechtigter Interessen (z. B. für die Ergreifung eines Straftäters). Die Festhaltung darf nur bis zum Eintreffen der Polizei andauern und muss in ihrer Intensität verhältnismäßig sein. Darüber hinaus steht der Polizei nach den jeweiligen Polizeigesetzen ein eigenes Recht zur Festnahme zu, sofern es zur Gefahrenabwehr oder Strafverfolgung erforderlich ist. Eine unrechtmäßige oder übermäßige Festhaltung kann zu strafrechtlichen Konsequenzen (Nötigung, Freiheitsberaubung) oder zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen führen.
Welche Voraussetzungen müssen bei einer privaten Festnahme beachtet werden?
Für eine rechtmäßige Festnahme durch Privatpersonen gemäß § 127 Abs. 1 StPO müssen folgende Voraussetzungen vorliegen: Zunächst muss die festzuhaltende Person bei der Begehung einer Straftat (nicht bloß einer Ordnungswidrigkeit) „auf frischer Tat” betroffen oder verfolgt werden. Es genügt, dass die unmittelbare Tatbegehung beobachtet wird beziehungsweise die Verfolgung ohne Zeitverzug einsetzt. Weiterhin muss Fluchtgefahr bestehen oder aber die Identität des Täters kann nicht augenblicklich festgestellt werden. Als letzter Punkt ist das sogenannte Übermaßverbot entscheidend: Die Maßnahmen dürfen nicht weiter gehen als zum Zweck der Festhaltung erforderlich. Zudem muss die Polizei unverzüglich verständigt werden, damit diese die erforderlichen weiteren Maßnahmen trifft und die Haftfrage prüft. Ein eigenmächtiges Festhalten über die notwendigen Maßnahmen hinaus ist rechtlich unzulässig und kann strafbar sein.
Welche Rechte hat eine festgehaltene Person?
Auch im Fall einer rechtmäßigen Festhaltung ist die betroffene Person durch zahlreiche Schutzvorschriften abgesichert. Insbesondere dürfen Festgehaltene nicht körperlich misshandelt, gedemütigt oder länger als unbedingt notwendig festgehalten werden. Die Grundrechte auf körperliche Unversehrtheit und Menschenwürde sind ohne Ausnahme zu beachten. Die Maßnahme ist nur solange erlaubt, wie der Festhaltegrund fortbesteht – also etwa bis zum Eintreffen der Polizei. Dem Festgehaltenen steht das Recht zu, umgehend über den Grund der Festhaltung informiert zu werden. Er darf nicht gezwungen werden, Aussagen oder ein Geständnis abzulegen. Zudem müssen Verletzungen, die das Festhalten mit sich bringt, möglichst verhindert werden; andernfalls können Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend gemacht werden.
Welche strafrechtlichen Risiken bestehen bei einem unberechtigten Festhalten?
Wer jemanden unrechtmäßig festhält – also ohne die tatbestandlichen Voraussetzungen oder unter Anwendung unverhältnismäßiger Mittel -, macht sich strafrechtlich wegen Nötigung (§ 240 StGB) oder Freiheitsberaubung (§ 239 StGB) strafbar. Solche Delikte werden mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe geahndet. Darüber hinaus können zivilrechtliche Ansprüche auf Schadenersatz oder Schmerzensgeld entstehen, falls die festgehaltene Person durch die unangemessene Maßnahme körperlich oder seelisch geschädigt wurde. Das Risiko strafrechtlicher Konsequenzen besteht insbesondere dann, wenn das Festhalten ohne jeden Tatverdacht erfolgt oder weit länger oder härter durchgeführt wird, als gesetzlich erforderlich oder zugelassen ist.
Wie unterscheidet das Gesetz zwischen Festhalten und vorläufiger Festnahme?
Im juristischen Sprachgebrauch wird häufig zwischen „Festhalten” und „vorläufiger Festnahme” unterschieden. Das Festhalten beschreibt die faktische Einschränkung der Bewegungsfreiheit einer Person, etwa durch das Verhindern des Weggehens. Eine (vorläufige) Festnahme ist dagegen ein rechtstechnischer Begriff und bezeichnet die rechtmäßige, meist durch staatliche Organe (Polizei, Staatsanwaltschaft), unter bestimmten Voraussetzungen angeordnete Freiheitsentziehung zur Strafverfolgung oder Gefahrenabwehr. Während Privatpersonen nach § 127 Abs. 1 StPO im Ausnahmefall das Recht zur vorläufigen Festnahme haben, ist eine Festnahme im eigentlichen Sinne regelmäßig hoheitlichen Organen vorbehalten und unterliegt strengeren gesetzlichen Regelungen, etwa Richtervorbehalt bei längerer Freiheitsentziehung (§ 104 StPO, Art. 104 GG).
Welche Besonderheiten gelten beim Festhalten von Kindern oder Jugendlichen?
Das Festhalten von Kindern oder Jugendlichen unterliegt zusätzlichen rechtlichen und tatsächlichen Anforderungen. Grundsätzlich gilt auch hier das Übermaßverbot und das Recht auf Schutz der Person. Da Minderjährige einen erhöhten Schutzanspruch genießen, sind Maßnahmen gegenüber Jugendlichen besonders behutsam und zurückhaltend durchzuführen. Körperliche Gewalt oder Einschüchterung ist zu vermeiden. Zudem sollte die Polizei schnellstmöglich hinzugezogen werden, damit – spätestens bei Festhalten von Personen unter 14 Jahren – die Einbindung von Erziehungsberechtigten und Jugendbehörden gewährleistet ist. Das Gesetz schreibt vor, dass Minderjährige grundsätzlich nicht in Betracht kommen, um eigenständig Festnahmen durchzuführen; auch bei der Festhaltung durch Erwachsene muss stets das Kindeswohl berücksichtigt werden.
Kann eine Einwilligung einer Person zum Festhalten die Rechtswidrigkeit ausschließen?
Die Einwilligung einer Person, dass sie festgehalten wird, kann unter bestimmten Bedingungen die Rechtswidrigkeit der Maßnahme ausschließen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn die Einwilligung freiwillig, informiert und ernsthaft erfolgt und keine entgegenstehenden schutzwürdigen Interessen Dritter oder der Allgemeinheit berührt werden. Im Strafrecht ist insbesondere zu bedenken, dass bei massiven Eingriffen in die persönliche Freiheit (etwa zur Umgehung staatlicher Strafverfolgung) eine Einwilligung nicht stets als Rechtfertigungsgrund anerkannt wird. Zudem können Einwilligungen bei besonders Schutzbedürftigen (Minderjährigen, geistig Beeinträchtigten) infrage gestellt werden, wenn die Person die Tragweite der Einwilligung nicht erfassen kann. In Zweifelsfällen ist stets Zurückhaltung geboten und die Rechtmäßigkeit einer Festhaltung mit Einwilligung sollte kritisch geprüft werden.