Definition und Wesen des Fernunterrichtsvertrags
Ein Fernunterrichtsvertrag ist eine besondere Form des Dienstleistungsvertrags, durch den sich ein Anbieter verpflichtet, Teilnehmern Lehrinhalte überwiegend im Wege des Fernunterrichts zu vermitteln. Charakteristisch für den Fernunterricht ist, dass Lehrende und Lernende während der Vertragslaufzeit überwiegend räumlich getrennt sind und der Lernerfolg regelmäßig überwacht wird. Fernunterrichtsverträge sind insbesondere durch das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) gesetzlich geregelt und unterliegen daneben allgemeinen zivilrechtlichen Vorschriften.
Gesetzliche Grundlage des Fernunterrichtsvertrags
Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG)
Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) bildet die rechtliche Grundlage für Fernunterrichtsverträge in Deutschland. Ziel des Gesetzes ist es, Teilnehmer vor unseriösen Angeboten und Benachteiligungen zu schützen. Es enthält grundlegende Regelungen zu Form, Inhalt, Zulassung und Wirksamkeit von Fernunterrichtsverträgen und sieht die Aufsicht durch die zuständige Landesbehörde vor.
Geltungsbereich
Der Geltungsbereich des FernUSG erstreckt sich auf alle entgeltlichen Fernlehrgänge, bei denen der Lernerfolg kontrolliert wird und zwischen Anbieter und Teilnehmer ein zivilrechtlicher Vertrag geschlossen wird. Ausgenommen hiervon sind unentgeltliche Lehrangebote, Lehrgänge an staatlich anerkannten Hochschulen und vergleichbaren Institutionen sowie unmittelbar dienstliche Fortbildungen im öffentlichen Dienst.
Vertragsschluss und Formvorschriften
Abschluss des Fernunterrichtsvertrags
Der Fernunterrichtsvertrag kommt durch Angebot des Anbieters (Fernlehrinstitut) und Annahme durch den Teilnehmer zustande. Der Vertrag ist grundsätzlich schriftlich abzuschließen (§ 3 Abs. 1 FernUSG). Laut Gesetz muss dem Teilnehmer vor Vertragsschluss eine ausführliche Information über Lehrgangsinhalte, Dauer, Kosten, Kündigungsrechte und Widerrufsrechte bereitgestellt werden.
Schriftform und Inhalt
Der Vertrag muss nach § 3 FernUSG bestimmte Mindestangaben enthalten:
- genaue Bezeichnung des Lehrgangs
- Name und Anschrift des Anbieters
- Laufzeit des Vertrags
- Kosten und Zahlungsmodalitäten
- Regelungen zur Kündigung und Widerruf
- Hinweis auf die behördliche Zulassung des Lehrgangs
Verträge, die diese Anforderungen nicht erfüllen, sind nichtig.
Zulassungspflicht und Überwachung
Zulassung von Fernlehrgängen
Nach § 12 FernUSG dürfen Fernunterrichtsverträge nur über staatlich zugelassene Lehrgänge abgeschlossen werden. Die Zulassung erfolgt durch die Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU). Bei unerlaubtem Handel mit nicht zugelassenen Lehrgängen ist der Vertrag nichtig und der Anbieter kann keinen Anspruch auf Vergütung geltend machen.
Behördliche Überwachung
Die zuständige Behörde überwacht, ob die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Verstöße gegen Zulassungspflichten oder sonstige Bestimmungen können mit Bußgeldern belegt werden (§ 16 FernUSG).
Widerrufsrecht und Kündigung
Widerrufsrecht
Fernunterrichtsverträge fallen unter die Vorschriften des Fernabsatzes nach §§ 312c ff. BGB. Teilnehmer haben ein gesetzliches Widerrufsrecht von 14 Tagen. Darüber hinaus schreibt das FernUSG ein 14-tägiges Widerrufsrecht ab Vertragsbeginn vor (§ 4 FernUSG). Die Widerrufsbelehrung muss in Textform erfolgen.
Kündigungsmöglichkeiten
Nach § 5 FernUSG kann der Vertrag erstmals nach sechs Monaten mit einer Frist von sechs Wochen zum Monatsende und danach jederzeit mit gleicher Frist gekündigt werden. Eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund bleibt hiervon unberührt. Für den Zeitraum nach Zugang der Kündigungserklärung muss der Teilnehmer keine weiteren Entgelte zahlen.
Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
Pflichten des Anbieters
Der Anbieter ist zur ordnungsgemäßen Erbringung der vertraglich vereinbarten Lehrleistungen verpflichtet. Außerdem muss er über Änderungen im Lehrgang, insbesondere Anpassungen an Lehrinhalten oder Kostensteigerungen, rechtzeitig informieren. Die Überwachung des Lernerfolgs ist integraler Bestandteil der Leistungspflicht.
Pflichten der Teilnehmer
Die Teilnehmer sind zur Zahlung der vereinbarten Entgelte verpflichtet und haben in der Regel dem Anbieter die bearbeiteten Einsendeaufgaben oder Prüfungen im vorgeschriebenen Zeitraum einzureichen, damit der Lernerfolg dokumentiert und bewertet werden kann.
Rechtsfolgen bei Verstößen und Unwirksamkeit
Nichtigkeit und Rückabwicklung
Verstöße gegen gesetzliche Formvorschriften oder die Durchführung nicht zugelassener Lehrgänge führen zur Nichtigkeit des Vertrags. Bereits geleistete Zahlungen sind dem Teilnehmer zurückzuerstatten, sofern keine oder eine nicht anerkennenswerte Teilleistung erfolgt ist.
Schadensersatz und Rücktritt
Teilnehmer können bei Pflichtverletzungen durch den Anbieter – etwa bei mangelnder Lehrqualität oder Nichterfüllung des Lehrgangs – gemäß §§ 280 ff. BGB Schadensersatzforderungen oder Rücktritt geltend machen, sofern ein Verschulden vorliegt.
Steuerrechtliche Behandlung von Fernunterrichtsverträgen
Die Entgelte aus Fernunterrichtsverträgen unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer, sofern der Anbieter kein gemeinnütziger Bildungsträger ist. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht jedoch eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 21 UStG, zum Beispiel bei staatlich anerkannten Bildungsmaßnahmen.
Internationale Aspekte
Europaweit bestehen ähnliche Regelungen zum Fernstudium und Fernunterricht, die die Verbraucherschutzrechte stärken und Mindeststandards für die Vertragsgestaltung setzen. Innerhalb der EU greifen etwa die Vorschriften der Verbraucherrechte-Richtlinie (2011/83/EU), die auch auf deutsche Fernunterrichtsverträge einwirken.
Zusammenfassung
Der Fernunterrichtsvertrag ist eine gesetzlich genau geregelte Vertragsform, die dem Schutz der Teilnehmer dient und Anbieter zu umfangreichen Informations- und Leistungspflichten verpflichtet. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, insbesondere im Hinblick auf Vertragsabschluss, formelle Anforderungen, Widerrufs- und Kündigungsrechte sowie staatliche Zulassung, ist Voraussetzung für die Wirksamkeit des Vertrags und die Rechtmäßigkeit der Durchführung von Fernlehrgängen nach dem Fernunterrichtsschutzgesetz.
Häufig gestellte Fragen
Welche gesetzlichen Vorschriften gelten für Fernunterrichtsverträge in Deutschland?
Fernunterrichtsverträge in Deutschland unterliegen primär den Vorgaben des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG). Das FernUSG bildet die rechtliche Grundlage für sämtliche Verträge, durch die sich ein Anbieter verpflichtet, entgeltlich Wissen oder Fertigkeiten mittels Fernkommunikation zu vermitteln. Zu den wichtigsten Bestimmungen zählen etwa das Erfordernis einer behördlichen Zulassung des jeweiligen Fernlehrgangs (§ 12 FernUSG), besondere Informationspflichten gegenüber dem Teilnehmer (§ 3 FernUSG), ein gesetzlich verbrieftes Widerrufsrecht des Teilnehmers (§ 4 FernUSG) sowie detaillierte Regelungen zu Vertragsinhalt, Laufzeit und Kündigungsmöglichkeiten (§§ 5-7 FernUSG). Neben dem FernUSG finden auch allgemeine zivilrechtliche Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Anwendung, vor allem betreffend Fernabsatzverträge (§§ 312 ff. BGB), Verbraucherschutzbestimmungen und AGB-Recht (§§ 305 ff. BGB).
Unter welchen Voraussetzungen ist ein Fernunterrichtsvertrag wirksam?
Die Wirksamkeit eines Fernunterrichtsvertrags setzt zunächst voraus, dass der abgeschlossene Vertrag sowohl formell als auch inhaltlich den gesetzlichen Anforderungen des FernUSG genügt. Der Vertrag muss schriftlich abgeschlossen werden (§ 3 Abs. 2 FernUSG) und klare Angaben über Lehrinhalte, Lehrmittel, Dauer, Kosten, Kündigungsrechte und Zahlungsmodalitäten enthalten. Ein wesentliches Erfordernis ist zudem die behördliche Zulassung des Fernlehrgangs durch die Staatliche Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU), ohne die der Vertrag grundsätzlich nichtig ist (§ 7 FernUSG). Fehlt die vorgeschriebene Zulassung oder werden die gesetzlichen Informationspflichten verletzt, ist der Vertrag entweder unwirksam oder kann vom Teilnehmer vorzeitig beendet werden. Darüber hinaus muss der Vertrag den Vorgaben zum Verbraucherschutz, etwa zu Widerrufsrechten, genügen.
Welche besonderen Widerrufs- und Kündigungsrechte bestehen für Vertragsnehmer?
Fernunterrichtsteilnehmer genießen nach dem FernUSG ein besonderes, verbraucherschützendes Widerrufsrecht (§ 4 FernUSG). Nach Abschluss des Vertrags kann die Teilnehmerin oder der Teilnehmer den Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Der Anbieter ist verpflichtet, über dieses Recht bereits vor Vertragsschluss explizit und verständlich zu informieren. Zusätzlich besteht nach Ablauf des Widerrufsrechts ein jederzeitiges ordentliches Kündigungsrecht, das mit einer Frist von sechs Wochen erstmals zum Ende der ersten sechs Monate nach Vertragsschluss ausgeübt werden kann, danach ist eine Kündigung jederzeit mit einer Frist von drei Monaten möglich. Bei einer wesentlichen Vertragsverletzung (z.B. bei mangelhafter Leistungserbringung) steht dem Teilnehmer zudem ein außerordentliches Kündigungsrecht aus wichtigem Grund zu.
Welche Pflichten obliegen dem Fernunterrichtsanbieter gemäß FernUSG?
Der Anbieter von Fernunterricht ist verpflichtet, vor Vertragsschluss umfassende und transparente Informationen bereitzustellen. Dazu gehören insbesondere Angaben zum Gegenstand, Ablauf, Dauer, Kosten und zu den Kündigungsmöglichkeiten des Lehrgangs. Dem Teilnehmer ist ferner ein exemplarischer Vertragstext in Textform auszuhändigen (§ 3 FernUSG). Die Unterrichtsmaterialien müssen sachlich korrekt und für das Selbststudium geeignet sein; diese Eignung wird im Rahmen der Zulassung durch die ZFU geprüft. Der Anbieter muss ebenfalls sicherstellen, dass die vertraglich versprochenen Betreuungsleistungen tatsächlich erbracht werden. Verstöße gegen diese Pflichten können zivilrechtliche Schadenersatzansprüche sowie aufsichtsrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.
Was sind die rechtlichen Folgen einer fehlenden behördlichen Zulassung des Fernunterrichts?
Wurde ein Fernunterrichtsvertrag für einen Lehrgang abgeschlossen, der nicht über die erforderliche staatliche Zulassung nach § 12 FernUSG verfügt, ist der Vertrag gemäß § 7 Abs. 1 FernUSG nichtig. Das bedeutet, der Vertrag entfaltet keinerlei rechtliche Wirkung, und der Teilnehmer ist nicht zur Zahlung von Lehrgangsgebühren verpflichtet. Bereits geleistete Zahlungen sind vom Anbieter zu erstatten. Anbieter, die ohne entsprechende Zulassung agieren, begehen zudem eine Ordnungswidrigkeit, die mit Bußgeldern geahndet werden kann. Auch eventuelle vertragliche Verpflichtungen hinsichtlich Rückgabe des Lehrmaterials oder Herausgabe erstellter Arbeitsproben sind in diesem Fall gegenstandslos.
Welche Ansprüche kann ein Teilnehmer bei Vertragsverstößen des Anbieters geltend machen?
Verstößt der Anbieter gegen die gesetzlichen oder vertraglichen Bestimmungen, kann der Teilnehmer verschiedene Ansprüche geltend machen. Dies kann die Rückforderung bereits gezahlter Entgelte, Schadensersatz wegen mangelhafter oder gar nicht erbrachter Leistungen sowie ggf. ein außerordentliches Kündigungsrecht umfassen. Mängel bei der Vermittlung von Wissen, wie fehlerhafte Materialien oder unzureichende Betreuung, müssen in einer angemessenen Frist abgestellt werden. Andernfalls besteht die Möglichkeit, den Vertrag aus wichtigem Grund fristlos zu kündigen und Ersatz für eventuell entstandene Schäden zu verlangen. Der Teilnehmer kann seine Ansprüche im Streitfall zivilrechtlich durchsetzen.
Welche besonderen Regelungen gelten für Minderjährige beim Abschluss eines Fernunterrichtsvertrags?
Minderjährige benötigen zur Wirksamkeit des Fernunterrichtsvertrages grundsätzlich die Einwilligung ihrer gesetzlichen Vertreter, da es sich bei Fernunterrichtsverträgen regelmäßig nicht um lediglich rechtlich vorteilhafte Geschäfte handelt (§ 107 ff. BGB). Schließt ein Minderjähriger einen Vertrag ohne diese Zustimmung ab, so ist der Vertrag schwebend unwirksam und wird erst mit der Genehmigung der Eltern vollständig rechtskräftig. Der Anbieter ist verpflichtet, sich im Zweifel die entsprechende Zustimmung vorlegen zu lassen; andernfalls trägt er das Risiko der Unwirksamkeit des Vertrags und ist zur vollständigen Rückabwicklung verpflichtet.