Begriff und Wesen der Fehlbelegungsabgabe
Die Fehlbelegungsabgabe ist eine öffentlich-rechtliche Abgabe, die in bestimmten deutschen Bundesländern im wohnungsrechtlichen Kontext erhoben wird. Ziel der Abgabe ist es, sogenannte Fehlbelegungen von öffentlich gefördertem Wohnraum finanziell zu sanktionieren und darüber hinaus Fehlanreize zur dauerhaften Nutzung durch nicht mehr berechtigte Bewohner zu vermeiden. Sie dient somit der besseren Steuerung der Nutzung von Sozialwohnungen und der Förderung des sozialen Wohnungsbaus, indem sie den Rückfluss öffentlich geförderter Wohnungen an tatsächlich Wohnberechtigte sichern soll.
Rechtliche Grundlagen
Gesetzliche Regelungen
Die Befugnis zur Einführung und Erhebung der Fehlbelegungsabgabe ist auf Landesebene geregelt und ergibt sich aus den jeweiligen Wohnraumförderungsgesetzen der Länder. Während das bundesweit einheitliche Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) die grundlegenden Vorschriften enthält, bestimmen die Landesgesetze die spezifischen Ausgestaltungsmöglichkeiten.
Typische Rechtsgrundlagen für die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe sind beispielsweise:
- Wohnungsbindungsgesetze der Länder (z. B. Wohnungsbindungsgesetz Nordrhein-Westfalen, Hamburgisches Wohnraumförderungsgesetz)
- Landesrechtliche Rechtsverordnungen, die die Höhe, Erhebung und Verwaltung der Abgabe regeln
Für die konkrete Anwendung und Ausgestaltung ist stets das jeweilige Landesrecht einschlägig. Nicht alle Bundesländer erheben die Fehlbelegungsabgabe.
Anwendungsbereich
Die Abgabe betrifft ausschließlich öffentlich geförderte Wohnungen, für die eine Sozialbindung besteht. Sie greift in Fällen, in denen sich die Einkommensverhältnisse der Mieter über die Bindungsdauer so verändern, dass die fortgesetzte Nutzung der Wohnung nicht mehr den ursprünglichen Förderzielen entspricht. Daraus ergibt sich ein gesetzlich definierter Kreis Pflichtiger, der regelmäßig an das Überschreiten von Einkommensgrenzen anknüpft.
Pflicht zur Abgabenentrichtung
Sofern nach den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften die Einkommensgrenze überschritten wird und gleichwohl kein freiwilliger Auszug aus der Sozialwohnung erfolgt, entsteht die Abgabepflicht. Maßgeblich sind häufig:
- das Familieneinkommen,
- die Ermittlung des Überschreitens der maßgeblichen Wohnberechtigungsgrenze,
- die gesetzlichen Befreiungs- und Ausnahmetatbestände.
Berechnung und Bemessung der Fehlbelegungsabgabe
Kriterien der Abgabenhöhe
Die Höhe der Fehlbelegungsabgabe richtet sich in den meisten Ländern nach dem Ausmaß der Überschreitung der maßgeblichen Einkommensgrenze. In der Regel besteht ein abgestuftes Modell:
- Grundbetrag für geringe Überschreitungen,
- weiter ansteigende Beträge in höheren Stufen entsprechend prozentualem Überschreiten des zulässigen Einkommens.
Manche Länder gewähren Abzugs- oder Ermäßigungsbeträge, etwa bei Vorliegen besonderer Härten oder bei Unterhaltspflichten.
Bemessungsgrundlage
Die Bemessung basiert typischerweise auf dem Gesamteinkommen aller Haushaltsangehörigen unter Berücksichtigung von gesetzlichen Freibeträgen (z. B. für Kinder und bestimmte Lebenslagen). Die maßgeblichen Grenzen orientieren sich regelmäßig an der Einkommensdefinition des Sozialen Wohnungsrechts.
Erhebung und Verwaltung
Die Erhebung der Fehlbelegungsabgabe erfolgt durch die zuständigen örtlichen Verwaltungsbehörden. Sie fordern die Betroffenen zur Offenlegung ihrer Einkommensverhältnisse auf und setzen die Abgabe durch Bescheid fest. Es besteht eine Anzeigepflicht bei Änderung der relevanten Verhältnisse.
Rechtsschutz und Verfahren
Verwaltungsverfahren
Gegen die Festsetzung der Fehlbelegungsabgabe kann der Betroffene im Wege des Verwaltungsverfahrens Rechtsmittel (insbesondere Widerspruch und anschließende Klage vor dem Verwaltungsgericht) einlegen. Dabei sind die Vorschriften des jeweiligen Landesverwaltungsverfahrensgesetzes einschlägig.
Prüfrechte und Mitwirkungsobliegenheiten
Die Verwaltung ist befugt, die Richtigkeit der vom Mieter gemachten Angaben zu überprüfen. Dies kann beispielsweise durch Einsichtnahme in Einkommensunterlagen geschehen. Die Mitwirkungspflichten des Mieters ergeben sich in der Regel aus den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften.
Wirkung und Zweck der Fehlbelegungsabgabe
Sozialpolitische Funktion
Die Fehlbelegungsabgabe verfolgt das Ziel, die Belegung von Sozialwohnungen an die ursprünglichen Förderkriterien zu binden und einen Missbrauch der öffentlichen Wohnraumförderung durch unberechtigte Belegung zu verhindern. Die über die Abgabe generierten Mittel werden in der Regel zweckgebunden für Maßnahmen der sozialen Wohnraumförderung eingesetzt.
Kritik und Reformüberlegungen
Die Einführung und praktische Umsetzung der Fehlbelegungsabgabe ist Gegenstand politischer und gesellschaftlicher Diskussionen. Kritisiert werden insbesondere:
- der mit der Erhebung verbundene Verwaltungsaufwand,
- die soziale Ausgewogenheit im Einzelfall und
- die tatsächliche Steuerungswirkung.
Einige Bundesländer haben die Fehlbelegungsabgabe daher wieder abgeschafft oder durch alternative Steuerungsinstrumente ersetzt.
Fehlbelegungsabgabe im Zusammenhang mit Mietrecht und Wohnungsbindung
Verhältnis zu Mietvertrag und Räumung
Die Verpflichtung zur Zahlung der Fehlbelegungsabgabe berührt nicht das Mietverhältnis an sich. Der Mieter bleibt in der Wohnung, muss jedoch die zusätzliche Abgabe zahlen, solange die Einkommensgrenzen überschritten sind. Ein Kündigungsgrund für den Vermieter entsteht nicht allein durch Überschreiten der Einkommensgrenzen.
Beendigung der Sozialbindung
Mit Ablauf der Sozialbindung oder bei Entfallen der Bindungsvoraussetzungen entfällt auch die Abgabepflicht. Die Verwaltungen sind verpflichtet, beim Inkrafttreten neuer Rechtslagen über das Ende der Abgabepflicht zu informieren.
Literatur
- Wohnraumförderungsgesetz (WoFG)
- Wohnungsbindungsgesetze und Wohnraumförderungsgesetze der Länder
- Aktuelle Kommentierungen sozialrechtlicher Wohnraumförderung
Weblinks
Hinweis: Die konkrete Rechtslage kann je nach Bundesland erheblich variieren und unterliegt regelmäßig Änderungen durch Gesetzgebung sowie Verwaltungspraxis. Bei der Prüfung von Einzelheiten empfiehlt sich eine sorgfältige Kontrolle der örtlich geltenden Vorschriften.
Häufig gestellte Fragen
Wer ist aus rechtlicher Sicht zur Zahlung einer Fehlbelegungsabgabe verpflichtet?
Zur Zahlung einer Fehlbelegungsabgabe sind nach den einschlägigen landesrechtlichen Vorschriften in der Regel solche Personen verpflichtet, die in einer mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnung wohnen, ohne die festgelegten Voraussetzungen – insbesondere hinsichtlich des Haushaltseinkommens – weiterhin zu erfüllen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie ursprünglich als bezugsberechtigt galten, sich ihre Einkommensverhältnisse jedoch nachträglich über die maßgeblichen Schwellen hinaus erhöht haben. Die genaue Definition, wer als zahlungspflichtige Person (meist der Mieter oder Nutzungsberechtigte) gilt, regeln die jeweiligen Wohnraumförderungsgesetze der Bundesländer. Darüber hinaus können in bestimmten Fällen auch andere im Mietvertrag genannte Personen – z.B. Erben – in die Pflicht genommen werden. Ein rechtliches Erfordernis besteht zudem für die vorherige Feststellung der Einkommensüberschreitung durch die zuständige Behörde und die förmliche Bekanntgabe gegenüber dem Betroffenen.
Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine Fehlbelegungsabgabe erhoben werden darf?
Für die Erhebung einer Fehlbelegungsabgabe müssen verschiedene rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein. Zunächst muss es sich bei dem Wohnraum um eine durch öffentliche Mittel geförderte Wohnung handeln, für die eine Belegungsbindung und eine Zweckbindung für eine bestimmte Personengruppe (insbesondere einkommensschwächere Haushalte) besteht. Zusätzlich muss der Mieter oder die in der Wohnung lebende Person die maßgeblichen Einkommensgrenzen – die für den Bezug von Sozialwohnungen bzw. gefördertem Wohnraum individuell bzw. für die Haushaltsgröße festgelegt sind – nachweislich überschreiten. Die Überschreitung muss in einem behördlichen Verfahren festgestellt werden; dabei obliegt es in der Regel dem Wohnungsnutzer, auf behördliche Aufforderung Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen zu machen. Ferner muss seitens der Behörde durch einen fehlerfreien Verwaltungsakt (z.B. schriftlicher Festsetzungsbescheid) die Abgabepflicht festgestellt werden. Grundlage hierfür ist regelmäßig das jeweilige Landesgesetz etwa über die Fehlbelegungsabgabe.
Wie gestaltet sich aus rechtlicher Sicht das Verfahren zur Festsetzung und Durchsetzung der Fehlbelegungsabgabe?
Das Verfahren zur Festsetzung der Fehlbelegungsabgabe verläuft verwaltungsrechtlich strukturiert. Zunächst fordert die zuständige Behörde (zumeist die kommunale Wohnraumförderungsstelle) die Mieter oder Wohnungsnutzer auf, ihre Einkommensverhältnisse offen zu legen. Kommt der Betroffene dieser Mitwirkungspflicht nicht rechtzeitig nach, kann die Behörde das Einkommen unter Würdigung aller bekannten Umstände schätzen. Nach Prüfung erfolgt ein Festsetzungsbescheid, in dem die Abgabepflicht dem Grunde und der Höhe nach festgestellt wird. Gegen diesen Verwaltungsakt kann der Betroffene innerhalb der jeweils vorgeschriebenen Frist Widerspruch einlegen und/oder Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Kommt der Verpflichtete seiner Zahlungsverpflichtung nach Bestandskraft des Bescheides nicht nach, kann die Behörde gemäß den Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsrechts Zwangsmaßnahmen einleiten, etwa Kontopfändungen oder andere Vollstreckungsmittel.
Welche rechtlichen Mittel stehen Mietern zur Verfügung, die sich zu Unrecht zur Zahlung der Fehlbelegungsabgabe herangezogen fühlen?
Mieter, die die Festsetzung einer Fehlbelegungsabgabe für rechtswidrig halten, können dagegen nach den allgemeinen Regeln des Verwaltungsverfahrensrechts vorgehen. Primäres Rechtsmittel ist der Widerspruch, welcher innerhalb der im Bescheid genannten Widerspruchsfrist (meist einen Monat) bei der erlassenden Behörde einzulegen ist. Bei Zurückweisung des Widerspruchs kann der Betroffene Klage vor dem zuständigen Verwaltungsgericht erheben. Eine Anfechtungsklage hat in aller Regel aufschiebende Wirkung, das heißt, die Zahlung muss bis zur gerichtlichen Entscheidung oft nicht geleistet werden. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, im Rahmen eines Eilverfahrens einstweiligen Rechtsschutz gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Abgabe zu beantragen. Im gerichtlichen Verfahren werden insbesondere die Rechtmäßigkeit der Feststellung der Einkommensgrenzen, der behördliche Ermessensspielraum und die ordnungsgemäße Durchführung des Verwaltungsverfahrens überprüft.
Welche Pflichten bestehen hinsichtlich der Mitwirkung und Offenlegung für die betroffenen Mieter?
Betroffene Mieter sind rechtlich verpflichtet, gegenüber der zuständigen Behörde auf Verlangen sämtliche Angaben zu den Einkommensverhältnissen der Haushaltsangehörigen offen zu legen und entsprechende Nachweise (z.B. Lohnabrechnungen, Steuerbescheide, Mitteilungen über Transferleistungen) fristgerecht einzureichen. Diese Mitwirkungspflicht ist gesetzlich normiert und Voraussetzung für eine korrekte Feststellung der Abgabepflicht nach Maßgabe der jeweiligen landesgesetzlichen Vorschriften. Wird der Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, ist die Behörde nach Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen berechtigt, das Haushaltseinkommen zu schätzen, wobei für den Betroffenen ggf. ein höheres Einkommen und damit eine höhere Fehlbelegungsabgabe angesetzt werden kann. Bei vorsätzlich falschen Angaben drohen zudem ordnungswidrigkeits- bzw. strafrechtliche Konsequenzen, insbesondere wegen Subventionsbetrugs.
Wie lange und in welcher Höhe ist die Fehlbelegungsabgabe aus rechtlicher Sicht zu leisten?
Die Dauer und Höhe der zu entrichtenden Fehlbelegungsabgabe bestimmen sich nach den einschlägigen landesrechtlichen Regelungen, die sich ihrerseits an der Differenz zwischen dem tatsächlichen Haushaltseinkommen und der maßgeblichen Einkommensgrenze orientieren. Die Abgabepflicht besteht grundsätzlich solange, wie eine Überschreitung der maßgeblichen Einkommensgrenze und die Nutzung des geförderten Wohnraums besteht. Die Höhe ist gestaffelt und orientiert sich an dem Ausmaß des Einkommensüberschusses, wobei bestimmte Freibeträge und Staffelungen zur Anwendung kommen. Der genaue Zahlbetrag wird durch die Festsetzungsbehörde jeweils im Einzelfall berechnet und mit Verwaltungsakt auferlegt. Eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse oder das Ende der Belegung mit einer nicht berechtigten Person führen zur Anpassung oder zum Wegfall der Abgabepflicht.