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Familiengesellschaft


Begriff und rechtliche Einordnung der Familiengesellschaft

Die Familiengesellschaft ist ein rechtlich unscharf definierter, jedoch in der Praxis sowie im Steuerrecht häufig verwendeter Begriff zur Bezeichnung von Gesellschaftsformen, deren Gesellschafter ausschließlich oder überwiegend Angehörige einer Familie oder eines Familienverbunds sind. Diese Gesellschaftsform wird in der Regel zur Verwaltung und Erhaltung des Familienvermögens, der Unternehmensnachfolge sowie zur Vermögensstrukturierung eingesetzt.

Rechtlich ist die Familiengesellschaft keine eigenständige Gesellschaftsform, sondern ein Sammelbegriff für verschiedene Gesellschaftsarten, die von Familienmitgliedern gegründet werden, etwa die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die Kommanditgesellschaft (KG), die GmbH & Co. KG, die GmbH oder auch die Aktiengesellschaft (AG). Der Familiencharakter ergibt sich aus dem exklusiven Gesellschafterkreis, der regelmäßig durch familiäre Bande bestimmt ist.

Merkmale der Familiengesellschaft

Die wichtigsten Merkmale einer Familiengesellschaft sind:

  • Gesellschafterkreis: Die Beteiligung ist ausschließlich oder überwiegend Familienangehörigen vorbehalten.
  • Zweck: Vermögenserhalt, -verwaltung und ggf. der Betrieb eines Familienunternehmens.
  • Regelungen zur Nachfolge: Ausführliche vertragliche Bestimmungen zur Nachfolgeregelung und Vermögensübertragung.
  • Ausschluss Dritter: Vertragliche Vorkehrungen, um Nichtfamilienmitglieder vom Einfluss oder Erwerb von Geschäftsanteilen auszuschließen.

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen

Familiengesellschaften nutzen die gesetzlichen Rahmenbedingungen bestehender Gesellschaftsformen. Gesellschaftsrechtlich lassen sich dabei folgende Hauptformen unterscheiden:

Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)

Die GbR ist die einfachste Form der rechtsfähigen Personengesellschaft. Sie wird häufig bei der Verwaltung von Immobilienvermögen innerhalb einer Familie gewählt, weil sie flexibel gestaltbar ist und in der Regel keine Eintragung ins Handelsregister erfordert.

Vorteile der GbR

  • Einfache Gründung und geringe formale Anforderungen
  • Vertragsfreiheit hinsichtlich Nachfolgeregelungen und Stimmrechten

Nachteile der GbR

  • Persönliche und gesamtschuldnerische Haftung der Gesellschafter
  • Keine Haftungsbeschränkung

Kommanditgesellschaft (KG) und GmbH & Co. KG

Die KG ist eine weitverbreitete Familiengesellschaft, da sie die Möglichkeit bietet, einzelne Familienmitglieder als persönlich haftende Gesellschafter (Komplementäre) und andere als nur mit ihrer Einlage haftende Gesellschafter (Kommanditisten) einzubinden. Die GmbH & Co. KG erweitert dies, indem eine GmbH als Komplementär fungiert und somit die Haftung beschränkt.

Besonderheiten

  • Haftungsbeschränkung durch Einsatz einer haftungsbeschränkten Komplementär-GmbH
  • Flexibilität hinsichtlich der Einbringung von Familienmitgliedern in verschiedenen Rollen

Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH)

Familien können auch eine GmbH gründen, die dann als reine Familiengesellschaft geführt wird. Hier steht die Haftungsbeschränkung im Vordergrund.

Vorteile der GmbH

  • Trennung von Gesellschaftsvermögen und Privatvermögen der Gesellschafter
  • Möglichkeit, Gesellschaftsanteile treuhänderisch zu halten oder nach Familienlinien zu splitten

Aktiengesellschaft (AG)

In seltenen Fällen wird auch die Rechtsform der AG für größere Familienunternehmen gewählt. Die AG eignet sich vor allem dann, wenn eine Vielzahl von Familienmitgliedern beteiligt werden soll oder die Möglichkeit zur späteren Öffnung für externe Investoren angestrebt wird.

Gesellschaftsvertrag und rechtliche Gestaltung

Der Gesellschaftsvertrag einer Familiengesellschaft ist das zentrale Regelungsinstrument. Er enthält in der Regel umfangreiche Bestimmungen zu folgenden Aspekten:

Nachfolge und Anteilsübertragung

Zur Erhaltung des familiären Charakters der Gesellschaft ist im Gesellschaftsvertrag meist detailliert geregelt, unter welchen Voraussetzungen und an wen Anteile übertragen werden dürfen. Üblich sind Zustimmungs- und Vorkaufsrechte für verbleibende Gesellschafter.

Stimmrechte und Geschäftsführung

In Familiengesellschaften werden Stimmrechte häufig unterschiedlich gewichtet, etwa zugunsten von erfahrenen Familienmitgliedern oder zur Sicherung der Stimmenmehrheit einer Familienlinie. Die Geschäftsführung wird entweder einzelnen Familienmitgliedern oder externen Geschäftsführern übertragen, wobei letzteres vor allem mit Kontrollmechanismen versehen wird.

Ausschlussklauseln und Abfindungsregelungen

Zur Sicherung des Familienvermögens enthalten Gesellschaftsverträge oft Regelungen zum Ausschluss von Gesellschaftern sowie zum Bewertungsmaßstab bei der Abfindung ausscheidender Familienmitglieder.

Verträge unter Familienangehörigen

Verträge innerhalb der Familie, etwa über Darlehen, Nutzungsüberlassungen oder Arbeitsverhältnisse, sind aus steuerrechtlichen Gründen besonders sorgfältig zu dokumentieren und müssen dem sogenannten Fremdvergleich standhalten.

Steuerrechtliche Aspekte der Familiengesellschaft

Familiengesellschaften bieten zahlreiche steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten, sind jedoch auch Gegenstand umfangreicher steuerlicher Regelungen und Prüfung.

Erbschaftsteuer und Schenkungsteuer

Eine zentrale Rolle spielt die Übertragung von Gesellschaftsanteilen auf die nächste Generation unter Ausnutzung von Steuerfreibeträgen sowie Begünstigungsregelungen des § 13a ErbStG, insbesondere bei Unternehmensvermögen.

Einkommensteuerliche Behandlung

Ausschüttungen, Entnahmen und die Nutzung von Betriebsvermögen durch Gesellschafter unterliegen speziellen einkommensteuerlichen Regelungen. Zahlungen an Familienmitglieder müssen zum Fremdvergleich erfolgen, um steuerlich anerkannt zu werden.

Grunderwerbsteuer

Übertragungen von Immobilien auf Familiengesellschaften oder innerhalb des Gesellschafterkreises können unter bestimmten Voraussetzungen grunderwerbsteuerfrei erfolgen (siehe § 3 GrEStG).

Umsatzsteuer

Leistungen der Gesellschaft an Gesellschafter oder innerhalb des Familienverbundes unterliegen regelmäßig der Umsatzsteuer, sofern eine unternehmerische Tätigkeit vorliegt.

Vorteile und Risiken der Familiengesellschaft

Vorteile

  • Langfristiger Erhalt von Familienvermögen und unternehmerischer Strukturen
  • Klare Regelungen zur Nachfolge und Vermögensverteilung
  • Nutzung steuerlicher Gestaltungspotenziale
  • Schutz vor Zersplitterung des Vermögens

Risiken

  • Konfliktpotential innerhalb der Familie bei Meinungsverschiedenheiten
  • Steuerliche Risiken bei unzureichender Dokumentation von Rechtsgeschäften
  • Haftungsrisiken je nach gewählter Gesellschaftsform

Anwendungsfelder der Familiengesellschaft

Typische Anwendungsfelder sind:

  • Verwaltung von Immobilienvermögen („Familien-Immobiliengesellschaft“)
  • Betrieb von Familienunternehmen
  • Bündelung und Verwaltung von Wertpapier- und Beteiligungsvermögen
  • Nachfolgeplanung, insbesondere im Mittelstand und bei Unternehmensgruppen

Zusammenfassung und rechtliche Bedeutung

Die Familiengesellschaft stellt eine bewährte Struktur für den gemeinsamen Vermögensaufbau und die Sicherung des Generationenübergangs innerhalb der Familie dar. Ihre Gestaltung bedarf aufgrund der Vielzahl rechtlicher und steuerlicher Vorschriften sorgfältiger Planung, um den Familienzusammenhalt und den gesellschaftsrechtlichen wie steuerlichen Bestand langfristig zu sichern. Als rechtliches Konstrukt bietet die Familiengesellschaft vielfältige Möglichkeiten zur Wahrung familiärer Interessen sowie zur nachhaltigen Vermögensbewahrung und -übertragung.

Häufig gestellte Fragen

Was sind die wichtigsten rechtlichen Voraussetzungen für die Gründung einer Familiengesellschaft?

Eine Familiengesellschaft kann grundsätzlich in verschiedenen Rechtsformen gegründet werden, etwa als Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), offene Handelsgesellschaft (OHG), Kommanditgesellschaft (KG) oder GmbH & Co. KG. Rechtlich maßgeblich ist dabei stets die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben für die jeweilige Gesellschaftsform, insbesondere des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und des Handelsgesetzbuches (HGB). Für die Gründung sind ein Gesellschaftsvertrag, die notarielle Beurkundung (je nach Rechtsform), die Eintragung ins Handelsregister (bei Handelsgesellschaften) und die Bestimmung der Gesellschafter essenziell. Bei Familiengesellschaften besteht die Besonderheit, dass nur Familienmitglieder oder nahe Angehörige als Gesellschafter beteiligt werden. Zu beachten sind hier das Rechtsgeschäft unter nahen Angehörigen (§ 138 BGB) und – insbesondere bei steuerlichen Begünstigungen – der Fremdvergleichsgrundsatz. Darüber hinaus sind bei Minderjährigen als Gesellschafter familien- und betreuungsrechtliche Vorgaben für die Vertretung und die Genehmigung bestimmter Geschäfte einzuhalten. Auch gesellschaftsvertragliche Regelungen für Nachfolge, Stimmrechte und Entnahmerechte müssen rechtssicher ausgestaltet werden.

Welche speziellen Regelungen gelten im Gesellschaftsvertrag einer Familiengesellschaft?

Der Gesellschaftsvertrag bildet die rechtliche Grundlage der Familiengesellschaft und bedarf, abhängig von der Gesellschaftsform, gegebenenfalls der notariellen Beurkundung. Besondere Bedeutung kommt dabei familienbezogenen Regelungen zu: Hierzu gehören Beschränkungen der Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen, Nachfolgeklauseln (z.B. Eintritt von Abkömmlingen im Erbfall), Regelungen zur Gewinnverwendung, Ausschüttungspolitik sowie Stimmrechtsregelungen zur Verhinderung von Pattsituationen. Geregelt werden sollte zudem, wie der Kreis der Gesellschafter bestimmt wird, wann und unter welchen Voraussetzungen Familienfremde beitreten können und welche Bedingungen für den Ein- und Austritt gelten. Zugriffsbeschränkungen zur Wahrung des Familienvermögens, Regelungen zur Abfindung ausscheidender Gesellschafter und Vorgaben zur Geschäftsführung und Vertretung sind weitere zentrale Aspekte. Je nach Gesellschaftsform sind ergänzend Vorgaben des Handelsrechts, des GmbH-Gesetzes oder steuerlicher Vorschriften zu beachten. Individuelle Gestaltungen wie Vetorechte, Mehrheitsquoren oder Regelungen zu nießbrauchsberechtigten Familienmitgliedern spielen eine wichtige Rolle.

Welche rechtlichen Besonderheiten gelten bei Minderjährigen als Gesellschafter?

Sind Minderjährige Gesellschafter, gelten zusätzliche rechtliche Vorschriften. Minderjährige sind nicht uneingeschränkt geschäftsfähig (§§ 104 ff. BGB), sodass sie für die Übernahme einer Gesellschafterstellung und für gesellschaftsbezogene Rechtsgeschäfte durch ihre gesetzlichen Vertreter – meist die Eltern – handeln müssen. Kommt es zu besonders gravierenden Geschäften wie der Aufnahme als Gesellschafter, der Übertragung/Belastung von Anteilen oder der Verpflichtung zur Leistung von Einlagen, ist regelmäßig die Zustimmung des Familiengerichts erforderlich (§§ 1643, 1822 Nr. 3 BGB). Die Mitwirkung der Eltern muss frei von Interessenkonflikten erfolgen, bei Interessenskollisionen kann ein Ergänzungspfleger bestellt werden. Weiterhin ist sicherzustellen, dass mögliche Haftungsrisiken der Minderjährigen gemäß den gesellschaftsrechtlichen und schuldrechtlichen Vorgaben minimiert werden.

Wie sind Verfügungs-, Vererbungs- und Ausscheidensbeschränkungen rechtlich zu gestalten?

Familiengesellschaften enthalten häufig Verfügungs- und Nachfolgebeschränkungen, um das Vermögen in der Familie zu halten. Diese können gesellschaftsvertraglich durch Vinkulierungsklauseln (Zustimmungserfordernisse für die Übertragung von Anteilen) oder durch Nachfolgeklauseln zur Rechtsnachfolge im Todesfall geregelt werden. Auch können Abfindungsregelungen für ausscheidende Gesellschafter und Vormerkungen zur Anteilsübernahme implementiert werden. Die Gestaltung muss jeweils mit geltendem Gesellschaftsrecht, ggf. auch mit zwingenden Erbrechtsbestimmungen, im Einklang stehen (z.B. Pflichtteilansprüche nach §§ 2303 ff. BGB). Auch die gesellschaftsrechtliche Unverbrüchlichkeit bestimmter Regelungen, etwa im GmbH-Recht, ist zu beachten. Gesellschafterbeschlüsse, die gegen zwingendes Recht oder die guten Sitten (§ 138 BGB) verstoßen, sind unwirksam.

Welche Haftungsregelungen bestehen für Gesellschafter einer Familiengesellschaft?

Die Haftung richtet sich nach der gewählten Rechtsform. In der GbR und OHG haften die Gesellschafter unbeschränkt, persönlich und gesamtschuldnerisch mit ihrem Privatvermögen (§§ 128, 421 BGB). In der KG haften Kommanditisten gemäß § 171 HGB nur bis zur Höhe ihrer Hafteinlage; Komplementäre dagegen haften unbegrenzt. Bei der GmbH & Co. KG übernimmt eine GmbH die Stellung des unbeschränkt haftenden Komplementärs, wodurch die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen begrenzt ist. Bei der klassischen Familien-GmbH haften die Gesellschafter ebenfalls nur bis zur Höhe ihrer Einlage. Ergänzende Haftungsbeschränkungen und Haftungsfreistellungen können im Gesellschaftsvertrag geregelt werden, dürfen jedoch keine Verpflichtungen gegenüber Dritten außer Kraft setzen; etwaige Regelungen entfalten regelmäßig nur Innenwirkung.

Welche Mitwirkungs- und Kontrollrechte stehen den Gesellschaftern rechtlich zu?

Gesellschafter einer Familiengesellschaft haben grundsätzlich das Recht, an Gesellschafterversammlungen teilzunehmen, Informationen über die Gesellschaft einzuholen (z.B. Einsicht in die Bücher und Papiere gemäß § 716 BGB, § 51a GmbHG) sowie bei wichtigen Entscheidungen mitzuwirken. Die Ausübung dieser Rechte kann durch Regelungen im Gesellschaftsvertrag konkretisiert oder beschränkt werden – dies darf jedoch nicht zu einer vollständigen Entziehung der Rechte führen, da Kernrechte (z.B. das Informationsrecht) dem Schutz der Gesellschafter und der Kontrolle der Geschäftsführung dienen. Besonders in Familiengesellschaften werden oft spezifische Stimmrechte oder Vetorechte zugunsten einzelner Familienzweige oder Stämme eingeräumt. Die Mitwirkung an bedeutenden Geschäften (z.B. Grundstücksgeschäfte, Aufnahme neuer Gesellschafter) kann mittels qualifizierter Mehrheiten oder Zustimmungserfordernisse organisiert werden.

Welche gesetzlichen Offenlegungs- und Publizitätsvorschriften bestehen für Familiengesellschaften?

Ob und welche Offenlegungspflichten bestehen, ist abhängig von der Gesellschaftsform. Personengesellschaften wie die GbR unterliegen grundsätzlich keinen gesetzlichen Offenlegungspflichten. Handelsgesellschaften wie OHG, KG oder GmbH (auch GmbH & Co. KG) müssen je nach Größe gemäß §§ 325 ff. HGB den Jahresabschluss oder zumindest eine Bilanz im Bundesanzeiger veröffentlichen. Bei Unternehmensgruppen mit familieneigener Holdingstruktur sind zusätzliche Vorschriften des Konzernrechts zu beachten. Gesellschaftsverträge, Geschäftsführungsprotokolle und Gesellschafterlisten sind, soweit handelsregisterpflichtig, auch Dritten – etwa Gläubigern oder Behörden – zugänglich (§ 9 HGB). In bestimmten Konstellationen sind auch datenschutzrechtliche Vorgaben einzuhalten, etwa bei der Offenlegung personenbezogener Daten von Familienmitgliedern.