Begriff und Definition des Falscheids
Der Falscheid ist ein rechtlicher Begriff, der eine strafbare Handlung im Zusammenhang mit der falschen Abgabe oder Bestätigung einer Eidesleistung bezeichnet. Kennzeichnend für einen Falscheid ist die unzutreffende Angabe oder Versicherung einer Tatsache vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle, in der Regel einem Gericht oder einer Behörde. Die Bedeutung des Begriffs ist in der deutschen Strafrechtsordnung detailliert geregelt und stellt eine der schwerwiegendsten Formen des Meineids dar.
Rechtliche Einordnung und Abgrenzung
Unterschied zum Meineid
Ein Falscheid ist eng mit dem Begriff des Meineids verwandt. Während der Begriff des „Meineids“ speziell die vorsätzlich falsche Eidesleistung vor Gericht beschreibt, umfasst der Falscheid allgemeiner jede unwahre Eidesleistung, auch außerhalb gerichtlicher Verfahren. Beide Delikte sind im Kern Straftaten nach dem Strafgesetzbuch (StGB).
Abgrenzung zu Falschaussage und eidesstattlicher Versicherung
Die falsche uneidliche Aussage (§ 153 StGB) und die falsche eidesstattliche Versicherung (§ 156 StGB) sind von der Strafbarkeit des Falscheids abzugrenzen. Der Falscheid erfordert stets die bewusste Abgabe eines Eides. Bei der Falschaussage fehlt es an der Eidesleistung, bei der eidesstattlichen Versicherung liegt eine schriftliche Versicherung vor, die zwar strafrechtlich relevant, aber geringer sanktioniert ist.
Gesetzliche Grundlagen
Falscheid nach deutschem Strafrecht
Im deutschen Strafrecht ist der Falscheid im § 154 StGB geregelt. Dort heißt es:
Wer vor Gericht oder einer anderen zur Abnahme von Eiden zuständigen Stelle einen Eid falsch ablegt, wird mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft.
Die Vorschrift unterstreicht die besondere Bedeutung der Wahrheitspflicht vor Gericht und anderen staatlichen Stellen und droht mit einer Mindestfreiheitsstrafe, um der abschreckenden Wirkung Nachdruck zu verleihen.
Subjektiver Tatbestand
- Vorsatz: Der Täter muss in Kenntnis der Unwahrheit der zu versichernden Tatsache handeln und die Falscheidsleistung willentlich und wissentlich erbringen.
- Dolus eventualis (bedingter Vorsatz): Ausreichend, wenn der Täter die Möglichkeit falscher Angaben billigend in Kauf nimmt.
Objektiver Tatbestand
- Abgabe eines Eides: Notwendig ist die tatsächliche Leistung oder Bekräftigung eines Eides vor einem Gericht oder einer dazu ermächtigten Behörde.
- Falsche Tatsache: Die mit dem Eid bestätigte Tatsache muss objektiv unwahr sein.
Strafzumessung und Strafrahmen
Die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe beträgt ein Jahr Freiheitsstrafe, der Regelstrafrahmen schließt aber auch höhere Strafen bis zu fünfzehn Jahren nicht aus. In minder schweren Fällen kann das Gericht die Strafe auf sechs Monate bis fünf Jahre Freiheitsstrafe beschränken.
Versuchte Falscheidsleistung
Der Versuch des Falscheids ist nach § 159 StGB ebenfalls strafbar. Dies greift etwa dann, wenn der Täter zur Eidleistung ansetzt, die Falscheidsvollendung aber ausbleibt, beispielsweise durch Unterbrechung der Sitzung oder Rücknahme der Aussage in letzter Sekunde.
Historie und gesellschaftliche Funktion
Die strafrechtliche Sanktionierung des Falscheids ist seit jeher Ausdruck der hohen Bedeutung, die der Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit der Aussagen vor staatlichen Stellen zukommt. Der Eid dient historisch als feierliche Bekräftigung der Aussagebereitschaft und stellt ein zentrales Instrument zur Sicherung der Rechtsfindung dar. Die Strafbarkeit des Falscheids schützt sowohl das öffentliche Interesse an der Wahrheitsermittlung als auch das Vertrauen in die Integrität der Rechtspflege.
Bedeutung im Zivil- und Strafprozess
Rolle im Zivilprozess
Im Zivilprozess finden Eidesleistungen insbesondere bei Zeugenaussagen, Gutachten und Parteivernehmungen Anwendung. Die Abgabe eines Falscheids im Zivilprozess stellt ein erhebliches Hemmnis für die Wahrheitsfindung dar und wird daher streng verfolgt.
Rolle im Strafprozess
Im Strafprozess entfaltet der Falscheid eine besonders gewichtige Bedeutung, da die Glaubhaftigkeit von Zeugen- und Parteiaussagen häufig entscheidend für den Verlauf und die Entscheidung des Verfahrens ist. Die Falscheidsleistung kann die gesamte gerichtliche Feststellung der Wahrheit verfälschen.
Verfahrensrechtliche Aspekte
Ermittlungsverfahren und Beweislast
Im Fall des Verdachts auf Falscheid obliegt es der Staatsanwaltschaft, Ermittlungen einzuleiten. Für eine Verurteilung ist der Nachweis zu führen, dass der Beschuldigte mit Wissen und Wollen eine falsche Eidesleistung erbracht hat. Die Beweisführung gestaltet sich häufig komplex, da Aussagen über innere Tatsachen geprüft werden müssen.
Selbstanzeige und Rücktritt
Nach § 158 StGB ist in bestimmten Konstellationen beim Falscheid ein Rücktritt möglich, wenn der Täter die falsche Aussage rechtzeitig und freiwillig berichtigt. Hierdurch entfällt die Strafbarkeit, sofern die Berichtigung nicht erst nach Aufdeckung erfolgt.
Internationaler Vergleich
Auch in anderen Rechtssystemen ist der Falscheid eine schwer sanktionierte Straftat. Im angloamerikanischen Rechtskreis ist der Eidbruch als „perjury“ bekannt und wird ähnlich empfindlich geahndet. Unterschiede bestehen insbesondere in den Voraussetzungen und dem Umfang der Strafbarkeit.
Praxisrelevanz und Fallkonstellationen
Der Falscheid ist im Alltag von Gerichtsverfahren glücklicherweise selten, jedoch ist jedem, der zu einer Eidesleistung herangezogen wird, die erhebliche strafrechtliche Bedeutung bewusstzumachen. Besonders betroffene Personenkreise sind Zeugen, Sachverständige und Parteien im Verfahren.
Literatur und weiterführende Normen
- Strafgesetzbuch (StGB), insbesondere §§ 153 ff.
- Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), § 48 und folgende
- Leitfäden zu Eidesleistungen und Zeugenaussagen im gerichtlichen Verfahren
Hinweis: Dieser Artikel bietet eine umfassende Übersicht zur Bedeutung, rechtlichen Grundlage und praktischen Relevanz des Falscheids im deutschen Rechtssystem. Alle Darstellungen erfolgen sachlich und dienen der Wissensvermittlung für Interessierte an rechtlichen Zusammenhängen.
Häufig gestellte Fragen
Wann liegt im rechtlichen Sinn eine Falschaussage im Rahmen des § 153 StGB vor?
Eine Falschaussage im Sinne des § 153 Strafgesetzbuch (StGB) liegt vor, wenn eine Person als Zeuge oder Sachverständiger vor Gericht, bei einem Gericht oder vor einer anderen zur eidlichen Vernehmung zuständigen Stelle objektiv unwahre Angaben macht. Entscheidend ist, dass die Aussage im Zusammenhang mit einer förmlichen Vernehmung geschieht und dass das Verfahren der Wahrheitsermittlung dient. Die Falschaussage bezieht sich ausschließlich auf Tatsachenbehauptungen, nicht auf Werturteile oder Meinungsäußerungen. Für die Strafbarkeit ist weiterhin kein Vorsatz bezüglich der Strafbarkeit erforderlich, sondern lediglich, dass der Aussagende wissentlich oder zumindest billigend in Kauf nehmend die Unwahrheit sagt. Selbst wenn der Zeuge einen Eid schwört und dennoch eine Falschaussage tätigt, kann dies den Straftatbestand der uneidlichen Falschaussage (nach § 153 StGB) erfüllen. Die Aussage muss inhaltlich falsch sein – eine bloße Erinnerungslücke oder ein Irrtum führen nicht zur Strafbarkeit, solange keine bewusste Unwahrheit zum Ausdruck gebracht wird.
Was sind die strafrechtlichen Konsequenzen einer Falschaussage?
Wer nachweislich eine Falschaussage gemäß § 153 StGB tätigt, macht sich strafbar und muss mit empfindlichen Strafen rechnen. Die Sanktion reicht von einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Wird die Falschaussage unter Eid gemacht, also der Tatbestand des Meineids (§ 154 StGB) verwirklicht, erhöht sich der Strafrahmen auf mindestens ein Jahr bis zu fünfzehn Jahren. Neben der eigentlichen Strafverfolgung kann eine Falschaussage auch berufsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, etwa für Beamte, Anwälte oder Ärzte. Außerdem kann die Glaubwürdigkeit der Person in weiteren juristischen oder behördlichen Verfahren dauerhaft beeinträchtigt werden. Es besteht grundsätzlich keine Möglichkeit, im Rahmen eines strafbefreienden Rücktritts nach erfolgter Falschaussage straffrei zu bleiben, sobald die Aussage zu Protokoll genommen wurde.
Inwieweit unterscheidet sich die Falschaussage vom Meineid?
Die Falschaussage (§ 153 StGB) bezieht sich auf eine objektiv falsche Aussage vor einer zur Entgegennahme eidesstattlicher Versicherungen befugten Stelle, ohne dass diese Aussage unter Eid erfolgt. Dagegen setzt der Meineid (§ 154 StGB) voraus, dass die falsche Aussage unter Schwur – also unter Eid – getätigt wird. Der Unterscheid liegt somit im Tatmodalität: Während bei der Falschaussage „nur“ die unwahre Aussage entscheidend ist, ist beim Meineid zusätzlich das bewusste Ablassen des Eides (Schwurs) erforderlich. Die Strafandrohung beim Meineid ist weitaus höher, da das Gericht den Eid als erhebliches Werkzeug zur Wahrheitsfindung ansieht und der Vertrauensbruch hier besonders gravierend wiegt.
Kann eine fahrlässig gemachte Falschaussage strafbar sein?
Nein, der Tatbestand der Falschaussage nach § 153 StGB erfordert Vorsatz. Das bedeutet, dass die Person die Unrichtigkeit ihrer Angaben zumindest erkannt und billigend in Kauf genommen haben muss. Fahrlässige Falschaussagen – also Aussagen, bei denen der Zeuge oder Sachverständige aus Nachlässigkeit oder Unachtsamkeit die Unwahrheit sagt, ohne den Vorsatz einer Falschaussage – sind nicht strafbar. Eine Ausnahme besteht lediglich bei bestimmten Sondertatbeständen, etwa im Steuerrecht. Wer sich bei einer Aussage jedoch nicht sicher ist, ist verpflichtet dies mitzuteilen und gegebenenfalls auf Gedächtnislücken hinzuweisen.
Welche Rolle spielt der Versuch bei Falschaussage?
Auch der Versuch einer Falschaussage ist gemäß § 159 StGB strafbar. Das bedeutet, dass bereits das unmittelbare Ansetzen zur Falschaussage, etwa das Beginnen einer objektiv unwahren Aussage, eine Strafbarkeit begründen kann, auch wenn es letztlich nicht zur endgültigen Falschaussage kommt. Die Vorschrift zielt darauf ab, schon vorbereitende Handlungen im Zusammenhang mit einer bevorstehenden Falschaussage zu sanktionieren, etwa wenn der Zeuge kurz vor der Abgabe einer Falschaussage von dieser Tat wieder Abstand nimmt oder gestoppt wird.
Gibt es rechtliche Ausnahmen, in denen eine Falschaussage erlaubt oder straffrei ist?
Im deutschen Strafrecht gibt es keine generelle Ausnahme, die eine Falschaussage erlaubt. Allerdings bestehen für bestimmte Personen ein Aussageverweigerungsrecht oder Zeugnisverweigerungsrecht (z. B. nach § 52 StPO für Angehörige des Beschuldigten oder nach §§ 53, 53a StPO für Berufsgeheimnisträger wie Anwälte oder Ärzte). Wer berechtigt schweigt, macht sich nicht strafbar. Es ist jedoch nicht gestattet, statt eines Schweigens eine unwahre Aussage zu treffen. Nur in sehr engen Ausnahmefällen – etwa wenn die Aussage zur Abwendung ernster Gefahren für Leib und Leben eigener oder nahestehender Personen gemacht wird (Notstand, § 34 StGB) – kann eine Rechtfertigung möglich sein. Die Hürde hierfür ist allerdings sehr hoch und wird von Gerichten restriktiv gehandhabt.
Welche Bedeutung hat die Aussage-gegen-Aussage-Konstellation im Zusammenhang mit Falschaussagevorwürfen?
In Fällen, in denen Aussage gegen Aussage steht – das heißt, die Versionen zweier Beteiligter widersprechen sich und es gibt keine weiteren Beweismittel -, ist die Verfolgung und Verurteilung wegen Falschaussage mit erheblichen rechtlichen Schwierigkeiten verbunden. Die Gerichte verlangen in diesen Fällen eine besonders sorgfältige Beweisaufnahme und brauchen für eine Verurteilung mehr als nur den Widerspruch selbst. Es muss feststehen, dass die beschuldigte Person tatsächlich wissentlich objektiv die Unwahrheit gesagt hat; bloße Zweifel reichen für eine Verurteilung nicht aus. Im Zweifel ist das Gericht verpflichtet, zugunsten des Angeklagten zu entscheiden („in dubio pro reo“). Das schützt insbesondere Zeugen davor, bei unklaren Sachverhalten wegen Falschaussage belangt zu werden.